Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


Wenn iederman seine Arbeit von dem Alt-Syn-
dikus erhalten hat, so wird dieselbe sorgfältig,
ohne Uebereilung, und mit aller möglichen Ge-
schicklichkeit verrichtet. Diese Arbeit dauert vier
Stunden, worauf man sich in einen gemeinschaft-
lichen der ganzen Kolonie gehörigen Saal versam-
let, um die Mahlzeit zu sich zu nehmen, welche
von einigen Mitbürgern, während der vierstündi-
gen Arbeit, ist zubereitet worden. Nach dem Es-
sen genüßt man die in diesen heissen Ländern nöthi-
ge Ruhe, der Schlaf dauert anderthalb Stunden.
dann überläßt man sich verschiedenen Arten von Zeit-
vertreiben bis zum Abendessen, nach dessen Endi-
gung sich ein ieder mit seiner Frau und Kindern nach
Hause begiebt.

Man ist nicht gebunden, immer die nämliche
Arbeit vorzunehmen. Dieienigen, welche wechseln
wollen, finden bei dem Alt-Syndikus nicht das
mindeste Hindernis. Man ermahnt sogar die
Bürger dazu: und nur die, welche es ausdrück-
lich verlangen, arbeiten immer einerlei.

Die Mannspersonen bekommen alle auswärtigen
harten Arbeiten, die Weiber aber die innern häußlichen,
wenn es keine Verrichtungen sind, die Kräfte verlan-
gen, und wobei es auf die Bearbeitung der Me-
talle, des Kupfers, der Platina, der Steine
und des Holzes ankömt. Alle Handwerker, die
mit der Nadel arbeiten, werden blos von Frauen-
zimmern getrieben, das Schumacherhandwerk aus-

genom-


Wenn iederman ſeine Arbeit von dem Alt-Syn-
dikus erhalten hat, ſo wird dieſelbe ſorgfaͤltig,
ohne Uebereilung, und mit aller moͤglichen Ge-
ſchicklichkeit verrichtet. Dieſe Arbeit dauert vier
Stunden, worauf man ſich in einen gemeinſchaft-
lichen der ganzen Kolonie gehoͤrigen Saal verſam-
let, um die Mahlzeit zu ſich zu nehmen, welche
von einigen Mitbuͤrgern, waͤhrend der vierſtuͤndi-
gen Arbeit, iſt zubereitet worden. Nach dem Eſ-
ſen genuͤßt man die in dieſen heiſſen Laͤndern noͤthi-
ge Ruhe, der Schlaf dauert anderthalb Stunden.
dann uͤberlaͤßt man ſich verſchiedenen Arten von Zeit-
vertreiben bis zum Abendeſſen, nach deſſen Endi-
gung ſich ein ieder mit ſeiner Frau und Kindern nach
Hauſe begiebt.

Man iſt nicht gebunden, immer die naͤmliche
Arbeit vorzunehmen. Dieienigen, welche wechſeln
wollen, finden bei dem Alt-Syndikus nicht das
mindeſte Hindernis. Man ermahnt ſogar die
Buͤrger dazu: und nur die, welche es ausdruͤck-
lich verlangen, arbeiten immer einerlei.

Die Mannsperſonen bekommen alle auswaͤrtigen
harten Arbeiten, die Weiber aber die innern haͤußlichen,
wenn es keine Verrichtungen ſind, die Kraͤfte verlan-
gen, und wobei es auf die Bearbeitung der Me-
talle, des Kupfers, der Platina, der Steine
und des Holzes ankoͤmt. Alle Handwerker, die
mit der Nadel arbeiten, werden blos von Frauen-
zimmern getrieben, das Schumacherhandwerk aus-

genom-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0340" n="332"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Wenn iederman &#x017F;eine Arbeit von dem Alt-Syn-<lb/>
dikus erhalten hat, &#x017F;o wird die&#x017F;elbe &#x017F;orgfa&#x0364;ltig,<lb/>
ohne Uebereilung, und mit aller mo&#x0364;glichen Ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit verrichtet. Die&#x017F;e Arbeit dauert vier<lb/>
Stunden, worauf man &#x017F;ich in einen gemein&#x017F;chaft-<lb/>
lichen der ganzen Kolonie geho&#x0364;rigen Saal ver&#x017F;am-<lb/>
let, um die Mahlzeit zu &#x017F;ich zu nehmen, welche<lb/>
von einigen Mitbu&#x0364;rgern, wa&#x0364;hrend der vier&#x017F;tu&#x0364;ndi-<lb/>
gen Arbeit, i&#x017F;t zubereitet worden. Nach dem E&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en genu&#x0364;ßt man die in die&#x017F;en hei&#x017F;&#x017F;en La&#x0364;ndern no&#x0364;thi-<lb/>
ge Ruhe, der Schlaf dauert anderthalb Stunden.<lb/>
dann u&#x0364;berla&#x0364;ßt man &#x017F;ich ver&#x017F;chiedenen Arten von Zeit-<lb/>
vertreiben bis zum Abende&#x017F;&#x017F;en, nach de&#x017F;&#x017F;en Endi-<lb/>
gung &#x017F;ich ein ieder mit &#x017F;einer Frau und Kindern nach<lb/>
Hau&#x017F;e begiebt.</p><lb/>
          <p>Man i&#x017F;t nicht gebunden, immer die na&#x0364;mliche<lb/>
Arbeit vorzunehmen. Dieienigen, welche wech&#x017F;eln<lb/>
wollen, finden bei dem Alt-Syndikus nicht das<lb/>
minde&#x017F;te Hindernis. Man ermahnt &#x017F;ogar die<lb/>
Bu&#x0364;rger dazu: und nur die, welche es ausdru&#x0364;ck-<lb/>
lich verlangen, arbeiten immer einerlei.</p><lb/>
          <p>Die Mannsper&#x017F;onen bekommen alle auswa&#x0364;rtigen<lb/>
harten Arbeiten, die Weiber aber die innern ha&#x0364;ußlichen,<lb/>
wenn es keine Verrichtungen &#x017F;ind, die Kra&#x0364;fte verlan-<lb/>
gen, und wobei es auf die Bearbeitung der Me-<lb/>
talle, des Kupfers, der Platina, der Steine<lb/>
und des Holzes anko&#x0364;mt. Alle Handwerker, die<lb/>
mit der Nadel arbeiten, werden blos von Frauen-<lb/>
zimmern getrieben, das Schumacherhandwerk aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">genom-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0340] Wenn iederman ſeine Arbeit von dem Alt-Syn- dikus erhalten hat, ſo wird dieſelbe ſorgfaͤltig, ohne Uebereilung, und mit aller moͤglichen Ge- ſchicklichkeit verrichtet. Dieſe Arbeit dauert vier Stunden, worauf man ſich in einen gemeinſchaft- lichen der ganzen Kolonie gehoͤrigen Saal verſam- let, um die Mahlzeit zu ſich zu nehmen, welche von einigen Mitbuͤrgern, waͤhrend der vierſtuͤndi- gen Arbeit, iſt zubereitet worden. Nach dem Eſ- ſen genuͤßt man die in dieſen heiſſen Laͤndern noͤthi- ge Ruhe, der Schlaf dauert anderthalb Stunden. dann uͤberlaͤßt man ſich verſchiedenen Arten von Zeit- vertreiben bis zum Abendeſſen, nach deſſen Endi- gung ſich ein ieder mit ſeiner Frau und Kindern nach Hauſe begiebt. Man iſt nicht gebunden, immer die naͤmliche Arbeit vorzunehmen. Dieienigen, welche wechſeln wollen, finden bei dem Alt-Syndikus nicht das mindeſte Hindernis. Man ermahnt ſogar die Buͤrger dazu: und nur die, welche es ausdruͤck- lich verlangen, arbeiten immer einerlei. Die Mannsperſonen bekommen alle auswaͤrtigen harten Arbeiten, die Weiber aber die innern haͤußlichen, wenn es keine Verrichtungen ſind, die Kraͤfte verlan- gen, und wobei es auf die Bearbeitung der Me- talle, des Kupfers, der Platina, der Steine und des Holzes ankoͤmt. Alle Handwerker, die mit der Nadel arbeiten, werden blos von Frauen- zimmern getrieben, das Schumacherhandwerk aus- genom-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/340
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/340>, abgerufen am 23.11.2024.