Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Anwendung unsrer Tage habt ihr gesehn.
Sie gleichen alle dem bei eurer hiesigen Ankunft.
Der Tag wird nämlich in zwei gleiche Theile ge-
theilt: in zwölf Stunden Schlaf oder gänzliche
Ruhe, und in zwölf Stunden Beschäftigung. Un-
ter den zwölf Ruhestunden begreift man auch die-
ienige Zeit, welche die Manspersonen der Liebe,
den Schönen und den häußlichen Geschäften im
Schoosse ihrer Familie widmen. Die übrigen
zwölf Stunden gehören dem gemeinen Wesen: sie
fangen um sechs Uhr des Morgens mit dem Tage
an, und hören mit ihm um sechs Uhr des Abends
auf. Die Geschäfte werden durch den Alt-Syn-
dikus eines ieden Viertels der Kolonie nach dem
Maas der Kräfte und Fähigkeiten unter alle Bür-
ger gleich vertheilt. Jede Kolonie enthält hun-
dert Familien und iedes Viertel fünf und zwanzig;
an deren Spitze der beiahrteste unter den Alten
steht, den man den Viertelsmeister nent. Wenn
derselbe fehlt, vertritt der folgende seine Stelle.
Dieienigen Alten, welche das hundert und funfzig-
ste Jahr erreicht haben, arbeiten nicht mehr, son-
dern befehlen: Kinder unter zwanzig Jahren, ar-
beiten noch gar nicht. Ein Alter übt sie in den
Erhohlungsstunden spielweise in verschiedenen Din-
gen. Jn den Arbeitsstunden lernen sie lesen,
schreiben, die benachbarten Sprachen, die wah-
ren Grundsätze der Muttersprache; dann die Mo-
ral, Geschichte und Naturlehre.

Wenn


Die Anwendung unſrer Tage habt ihr geſehn.
Sie gleichen alle dem bei eurer hieſigen Ankunft.
Der Tag wird naͤmlich in zwei gleiche Theile ge-
theilt: in zwoͤlf Stunden Schlaf oder gaͤnzliche
Ruhe, und in zwoͤlf Stunden Beſchaͤftigung. Un-
ter den zwoͤlf Ruheſtunden begreift man auch die-
ienige Zeit, welche die Mansperſonen der Liebe,
den Schoͤnen und den haͤußlichen Geſchaͤften im
Schooſſe ihrer Familie widmen. Die uͤbrigen
zwoͤlf Stunden gehoͤren dem gemeinen Weſen: ſie
fangen um ſechs Uhr des Morgens mit dem Tage
an, und hoͤren mit ihm um ſechs Uhr des Abends
auf. Die Geſchaͤfte werden durch den Alt-Syn-
dikus eines ieden Viertels der Kolonie nach dem
Maas der Kraͤfte und Faͤhigkeiten unter alle Buͤr-
ger gleich vertheilt. Jede Kolonie enthaͤlt hun-
dert Familien und iedes Viertel fuͤnf und zwanzig;
an deren Spitze der beiahrteſte unter den Alten
ſteht, den man den Viertelsmeiſter nent. Wenn
derſelbe fehlt, vertritt der folgende ſeine Stelle.
Dieienigen Alten, welche das hundert und funfzig-
ſte Jahr erreicht haben, arbeiten nicht mehr, ſon-
dern befehlen: Kinder unter zwanzig Jahren, ar-
beiten noch gar nicht. Ein Alter uͤbt ſie in den
Erhohlungsſtunden ſpielweiſe in verſchiedenen Din-
gen. Jn den Arbeitsſtunden lernen ſie leſen,
ſchreiben, die benachbarten Sprachen, die wah-
ren Grundſaͤtze der Mutterſprache; dann die Mo-
ral, Geſchichte und Naturlehre.

Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0339" n="331"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Die Anwendung un&#x017F;rer Tage habt ihr ge&#x017F;ehn.<lb/>
Sie gleichen alle dem bei eurer hie&#x017F;igen Ankunft.<lb/>
Der Tag wird na&#x0364;mlich in zwei gleiche Theile ge-<lb/>
theilt: in zwo&#x0364;lf Stunden Schlaf oder ga&#x0364;nzliche<lb/>
Ruhe, und in zwo&#x0364;lf Stunden Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung. Un-<lb/>
ter den zwo&#x0364;lf Ruhe&#x017F;tunden begreift man auch die-<lb/>
ienige Zeit, welche die Mansper&#x017F;onen der Liebe,<lb/>
den Scho&#x0364;nen und den ha&#x0364;ußlichen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften im<lb/>
Schoo&#x017F;&#x017F;e ihrer Familie widmen. Die u&#x0364;brigen<lb/>
zwo&#x0364;lf Stunden geho&#x0364;ren dem gemeinen We&#x017F;en: &#x017F;ie<lb/>
fangen um &#x017F;echs Uhr des Morgens mit dem Tage<lb/>
an, und ho&#x0364;ren mit ihm um &#x017F;echs Uhr des Abends<lb/>
auf. Die Ge&#x017F;cha&#x0364;fte werden durch den Alt-Syn-<lb/>
dikus eines ieden Viertels der Kolonie nach dem<lb/>
Maas der Kra&#x0364;fte und Fa&#x0364;higkeiten unter alle Bu&#x0364;r-<lb/>
ger gleich vertheilt. Jede Kolonie entha&#x0364;lt hun-<lb/>
dert Familien und iedes Viertel fu&#x0364;nf und zwanzig;<lb/>
an deren Spitze der beiahrte&#x017F;te unter den Alten<lb/>
&#x017F;teht, den man den Viertelsmei&#x017F;ter nent. Wenn<lb/>
der&#x017F;elbe fehlt, vertritt der folgende &#x017F;eine Stelle.<lb/>
Dieienigen Alten, welche das hundert und funfzig-<lb/>
&#x017F;te Jahr erreicht haben, arbeiten nicht mehr, &#x017F;on-<lb/>
dern befehlen: Kinder unter zwanzig Jahren, ar-<lb/>
beiten noch gar nicht. Ein Alter u&#x0364;bt &#x017F;ie in den<lb/>
Erhohlungs&#x017F;tunden &#x017F;pielwei&#x017F;e in ver&#x017F;chiedenen Din-<lb/>
gen. Jn den Arbeits&#x017F;tunden lernen &#x017F;ie le&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;chreiben, die benachbarten Sprachen, die wah-<lb/>
ren Grund&#x017F;a&#x0364;tze der Mutter&#x017F;prache; dann die Mo-<lb/>
ral, Ge&#x017F;chichte und Naturlehre.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0339] Die Anwendung unſrer Tage habt ihr geſehn. Sie gleichen alle dem bei eurer hieſigen Ankunft. Der Tag wird naͤmlich in zwei gleiche Theile ge- theilt: in zwoͤlf Stunden Schlaf oder gaͤnzliche Ruhe, und in zwoͤlf Stunden Beſchaͤftigung. Un- ter den zwoͤlf Ruheſtunden begreift man auch die- ienige Zeit, welche die Mansperſonen der Liebe, den Schoͤnen und den haͤußlichen Geſchaͤften im Schooſſe ihrer Familie widmen. Die uͤbrigen zwoͤlf Stunden gehoͤren dem gemeinen Weſen: ſie fangen um ſechs Uhr des Morgens mit dem Tage an, und hoͤren mit ihm um ſechs Uhr des Abends auf. Die Geſchaͤfte werden durch den Alt-Syn- dikus eines ieden Viertels der Kolonie nach dem Maas der Kraͤfte und Faͤhigkeiten unter alle Buͤr- ger gleich vertheilt. Jede Kolonie enthaͤlt hun- dert Familien und iedes Viertel fuͤnf und zwanzig; an deren Spitze der beiahrteſte unter den Alten ſteht, den man den Viertelsmeiſter nent. Wenn derſelbe fehlt, vertritt der folgende ſeine Stelle. Dieienigen Alten, welche das hundert und funfzig- ſte Jahr erreicht haben, arbeiten nicht mehr, ſon- dern befehlen: Kinder unter zwanzig Jahren, ar- beiten noch gar nicht. Ein Alter uͤbt ſie in den Erhohlungsſtunden ſpielweiſe in verſchiedenen Din- gen. Jn den Arbeitsſtunden lernen ſie leſen, ſchreiben, die benachbarten Sprachen, die wah- ren Grundſaͤtze der Mutterſprache; dann die Mo- ral, Geſchichte und Naturlehre. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/339
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/339>, abgerufen am 23.11.2024.