Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.diesem Alter fängt der Mann an; und man wird so bedient, wie man andern aufgewartet hat. Mit hundert Jahren gehört man unter die Alten; es giebt aber hier Alte von 150 Jahren, die noch munter und aufgereimt sind. Jezt haben wir sogar drei von 200 Jahren. Man kan sich in iedem Alter des Lebens verheirathen. Da wir weniger Jünglinge als Mädchen haben, so giebt man die übrigen Mädchen denen Männern, deren Weiber stillen. Aus der Ursach habe ich gesagt, daß die Männer sich alle Jahr verheiratheten, die Weiber aber nur alle zwei Jahr; welches ohne unsere überzähligen Mädchen unmöglich wäre. Alle nicht verheirathete Weiber, sie mögen schwan- niessen X 3
dieſem Alter faͤngt der Mann an; und man wird ſo bedient, wie man andern aufgewartet hat. Mit hundert Jahren gehoͤrt man unter die Alten; es giebt aber hier Alte von 150 Jahren, die noch munter und aufgereimt ſind. Jezt haben wir ſogar drei von 200 Jahren. Man kan ſich in iedem Alter des Lebens verheirathen. Da wir weniger Juͤnglinge als Maͤdchen haben, ſo giebt man die uͤbrigen Maͤdchen denen Maͤnnern, deren Weiber ſtillen. Aus der Urſach habe ich geſagt, daß die Maͤnner ſich alle Jahr verheiratheten, die Weiber aber nur alle zwei Jahr; welches ohne unſere uͤberzaͤhligen Maͤdchen unmoͤglich waͤre. Alle nicht verheirathete Weiber, ſie moͤgen ſchwan- nieſſen X 3
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dieſem Alter faͤngt der Mann an; und man wird
ſo bedient, wie man andern aufgewartet hat. Mit
hundert Jahren gehoͤrt man unter die Alten; es
giebt aber hier Alte von 150 Jahren, die noch
munter und aufgereimt ſind. Jezt haben wir ſogar
drei von 200 Jahren. Man kan ſich in iedem
Alter des Lebens verheirathen. Da wir weniger
Juͤnglinge als Maͤdchen haben, ſo giebt man die
uͤbrigen Maͤdchen denen Maͤnnern, deren Weiber
ſtillen. Aus der Urſach habe ich geſagt, daß die
Maͤnner ſich alle Jahr verheiratheten, die Weiber
aber nur alle zwei Jahr; welches ohne unſere
uͤberzaͤhligen Maͤdchen unmoͤglich waͤre.
Alle nicht verheirathete Weiber, ſie moͤgen ſchwan-
ger ſein oder ſtillen, leben waͤhrend der ganzen Zeit
des Stillens bis zum Entwoͤhnen in einer beque-
men Wohnung von den uͤbrigen Buͤrgern abgeſon-
dert. Dann werden die Kindern denen Erziehern
uͤbergeben, welche man aus den ſanfteſten, arbeit-
ſamſten, verdienſtvolſten, mit einem Worte aus
den zu dieſer erhabenen Beſtimmung geſchickteſten
Perſonen beiderlei Geſchlechts waͤhlt, weil es un-
ter allen Ehrenſtellen unſrer Republik, die geehr-
teſte iſt. Man muß ſeine Schuldigkeit iederzeit aufs
genauſte erfuͤlt haben, um dazu zu gelangen. Die-
ſe Erzieher der Jugend ſind in ſolchem Anſehn und
Achtung wie unſere Prieſter ſelbſt; ihre Perſon iſt
naͤmlich gaͤnzlich heilig. Zwar iſt ieder einzelne
Menſch bei uns heilig; aber die Erzieher ſind es
auf eine beſondere und vorzuͤgliche Art. Sie ge-
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