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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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zu thun als was nothwendig ist. ... Jch kehre
wieder auf eure Frage zurück. Wenn eine Son-
ne alle ihre Kometen und Planeten hervorgebracht
hat, so veralten diese und iene mit ihnen. Nach
und nach fallen sie dann gegen ihren Mittelpunkt,
erfüllen sie mit Ruinen und ersticken vollends seine
Lebenswärme, dann fällt sie selbst in ihren Anfang,
Gott, die vorzugsweise Substanz und Leben,
wieder zurück. Dieser bildet sie neu, borgt ihr
neues Leben und bringt sie von neuem so schön und
kraftvoll wieder hervor, als sie beim Anfange ih-
rer zuletzt geendigten Laufbahn war. Folglich kan
der höchste würkende Anfang, welcher alles um-
faßt, der stets hervorbringt und annimt, nie we-
der veralten noch sterben, eben darum, weil er
alles umfaßt und sein Leben und seine Wärme nie
die geringste Verminderung leiden kan. Dies ist
wenigstens alles, was unsre Vernunft von diesem
grossen Wesen, in welchem wir alle leben, sich
vorzustellen vermag. Wir können es daher weder
begreifen noch sehn, ob wir schon die endlichen
Wesen sahen, so gros sie auch sein mögen, die
wir iedoch bei ihrer Entfernung, mit unsern Au-
gen für die kleinsten Körper halten, selbst die Son-
ne, die Planeten und die Sterne; aber Gott
der alles umfaßt, kan unmöglich irgendwo gesehn
werden.

-- So ist denn alles lebend?

Alles: Eure europäischen Materialisten haben
die einfältigste Abgeschmacktheit gelehrt, wenn sie

behaup-
U 3



zu thun als was nothwendig iſt. … Jch kehre
wieder auf eure Frage zuruͤck. Wenn eine Son-
ne alle ihre Kometen und Planeten hervorgebracht
hat, ſo veralten dieſe und iene mit ihnen. Nach
und nach fallen ſie dann gegen ihren Mittelpunkt,
erfuͤllen ſie mit Ruinen und erſticken vollends ſeine
Lebenswaͤrme, dann faͤllt ſie ſelbſt in ihren Anfang,
Gott, die vorzugsweiſe Subſtanz und Leben,
wieder zuruͤck. Dieſer bildet ſie neu, borgt ihr
neues Leben und bringt ſie von neuem ſo ſchoͤn und
kraftvoll wieder hervor, als ſie beim Anfange ih-
rer zuletzt geendigten Laufbahn war. Folglich kan
der hoͤchſte wuͤrkende Anfang, welcher alles um-
faßt, der ſtets hervorbringt und annimt, nie we-
der veralten noch ſterben, eben darum, weil er
alles umfaßt und ſein Leben und ſeine Waͤrme nie
die geringſte Verminderung leiden kan. Dies iſt
wenigſtens alles, was unſre Vernunft von dieſem
groſſen Weſen, in welchem wir alle leben, ſich
vorzuſtellen vermag. Wir koͤnnen es daher weder
begreifen noch ſehn, ob wir ſchon die endlichen
Weſen ſahen, ſo gros ſie auch ſein moͤgen, die
wir iedoch bei ihrer Entfernung, mit unſern Au-
gen fuͤr die kleinſten Koͤrper halten, ſelbſt die Son-
ne, die Planeten und die Sterne; aber Gott
der alles umfaßt, kan unmoͤglich irgendwo geſehn
werden.

— So iſt denn alles lebend?

Alles: Eure europaͤiſchen Materialiſten haben
die einfaͤltigſte Abgeſchmacktheit gelehrt, wenn ſie

behaup-
U 3
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[309/0317] zu thun als was nothwendig iſt. … Jch kehre wieder auf eure Frage zuruͤck. Wenn eine Son- ne alle ihre Kometen und Planeten hervorgebracht hat, ſo veralten dieſe und iene mit ihnen. Nach und nach fallen ſie dann gegen ihren Mittelpunkt, erfuͤllen ſie mit Ruinen und erſticken vollends ſeine Lebenswaͤrme, dann faͤllt ſie ſelbſt in ihren Anfang, Gott, die vorzugsweiſe Subſtanz und Leben, wieder zuruͤck. Dieſer bildet ſie neu, borgt ihr neues Leben und bringt ſie von neuem ſo ſchoͤn und kraftvoll wieder hervor, als ſie beim Anfange ih- rer zuletzt geendigten Laufbahn war. Folglich kan der hoͤchſte wuͤrkende Anfang, welcher alles um- faßt, der ſtets hervorbringt und annimt, nie we- der veralten noch ſterben, eben darum, weil er alles umfaßt und ſein Leben und ſeine Waͤrme nie die geringſte Verminderung leiden kan. Dies iſt wenigſtens alles, was unſre Vernunft von dieſem groſſen Weſen, in welchem wir alle leben, ſich vorzuſtellen vermag. Wir koͤnnen es daher weder begreifen noch ſehn, ob wir ſchon die endlichen Weſen ſahen, ſo gros ſie auch ſein moͤgen, die wir iedoch bei ihrer Entfernung, mit unſern Au- gen fuͤr die kleinſten Koͤrper halten, ſelbſt die Son- ne, die Planeten und die Sterne; aber Gott der alles umfaßt, kan unmoͤglich irgendwo geſehn werden. — So iſt denn alles lebend? Alles: Eure europaͤiſchen Materialiſten haben die einfaͤltigſte Abgeſchmacktheit gelehrt, wenn ſie behaup- U 3

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/317>, abgerufen am 23.11.2024.