Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.Stunde, sahe man den stärksten aus ihrer Mitte hervortreten, und mit den Merkmahlen aller mög- lichen Gelassenheit auf sie zukommen; aber in sei- nen Augen, las man Treulosigkeit und Grausam- keit. Hermantin war daher auf seiner Hut, als er sich näherte, um ihm die Hand zu reichen, und alle seine Gefährten, der iüngste ausgenommen, schwebten wohlgewafnet über ihm. Der Löwen- mensch bot seine Klaue dar und Hermantin wolte sie zum Zeichen der Freundschaft eben ergreifen, als er ein Löwenweib, ziemlich artig für ihre Gattung ankommen sah. Sie lehnte sich auf die Schulter des Löwenmannes und blickte den Her- mantin mit einer zärtlichen wilden Miene an. Neu- gierig betrachtete sie seine Flügel uud schien sie zu bewundern. Als man sichs aber am wenigsten versah, faßte sie den iungen Kameraden des Her- mantin und wolte ihn wegtragen. Allein die fünf Fliegenden hielten sie an, und wurden, da der Löwenmann mit seinen Krallen ihr zu Hülfe kommen wolte, genöthiget, ihm mit ihren Dol- chen einige leichte Stiche zu versetzen. Die Wun- den von diesen unbekanten Waffen, setzten den Lö- wenmann in Erstaunen und durchdrangen ihn mit Schrecken. Er sahe sie an und berührte eine Spitze, die ihn verwundete; worüber er einen Schrei that, daß alle seine Landsleute ihm zu Hülfe eilten. Hermantin winkte ihnen zurück zu bleiben, als sie aber nicht drauf achteten, ließ er durch einen der oben Fliegenden mit einem Kara- biener Feuer geben; wodurch dreien der nächsten der
Stunde, ſahe man den ſtaͤrkſten aus ihrer Mitte hervortreten, und mit den Merkmahlen aller moͤg- lichen Gelaſſenheit auf ſie zukommen; aber in ſei- nen Augen, las man Treuloſigkeit und Grauſam- keit. Hermantin war daher auf ſeiner Hut, als er ſich naͤherte, um ihm die Hand zu reichen, und alle ſeine Gefaͤhrten, der iuͤngſte ausgenommen, ſchwebten wohlgewafnet uͤber ihm. Der Loͤwen- menſch bot ſeine Klaue dar und Hermantin wolte ſie zum Zeichen der Freundſchaft eben ergreifen, als er ein Loͤwenweib, ziemlich artig fuͤr ihre Gattung ankommen ſah. Sie lehnte ſich auf die Schulter des Loͤwenmannes und blickte den Her- mantin mit einer zaͤrtlichen wilden Miene an. Neu- gierig betrachtete ſie ſeine Fluͤgel uud ſchien ſie zu bewundern. Als man ſichs aber am wenigſten verſah, faßte ſie den iungen Kameraden des Her- mantin und wolte ihn wegtragen. Allein die fuͤnf Fliegenden hielten ſie an, und wurden, da der Loͤwenmann mit ſeinen Krallen ihr zu Huͤlfe kommen wolte, genoͤthiget, ihm mit ihren Dol- chen einige leichte Stiche zu verſetzen. Die Wun- den von dieſen unbekanten Waffen, ſetzten den Loͤ- wenmann in Erſtaunen und durchdrangen ihn mit Schrecken. Er ſahe ſie an und beruͤhrte eine Spitze, die ihn verwundete; woruͤber er einen Schrei that, daß alle ſeine Landsleute ihm zu Huͤlfe eilten. Hermantin winkte ihnen zuruͤck zu bleiben, als ſie aber nicht drauf achteten, ließ er durch einen der oben Fliegenden mit einem Kara- biener Feuer geben; wodurch dreien der naͤchſten der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0268" n="260"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Stunde, ſahe man den ſtaͤrkſten aus ihrer Mitte<lb/> hervortreten, und mit den Merkmahlen aller moͤg-<lb/> lichen Gelaſſenheit auf ſie zukommen; aber in ſei-<lb/> nen Augen, las man Treuloſigkeit und Grauſam-<lb/> keit. Hermantin war daher auf ſeiner Hut, als<lb/> er ſich naͤherte, um ihm die Hand zu reichen, und<lb/> alle ſeine Gefaͤhrten, der iuͤngſte ausgenommen,<lb/> ſchwebten wohlgewafnet uͤber ihm. Der Loͤwen-<lb/> menſch bot ſeine Klaue dar und Hermantin wolte<lb/> ſie zum Zeichen der Freundſchaft eben ergreifen,<lb/> als er ein Loͤwenweib, ziemlich artig fuͤr ihre<lb/> Gattung ankommen ſah. Sie lehnte ſich auf die<lb/> Schulter des Loͤwenmannes und blickte den Her-<lb/> mantin mit einer zaͤrtlichen wilden Miene an. Neu-<lb/> gierig betrachtete ſie ſeine Fluͤgel uud ſchien ſie zu<lb/> bewundern. Als man ſichs aber am wenigſten<lb/> verſah, faßte ſie den iungen Kameraden des Her-<lb/> mantin und wolte ihn wegtragen. Allein die<lb/> fuͤnf Fliegenden hielten ſie an, und wurden, da<lb/> der Loͤwenmann mit ſeinen Krallen ihr zu Huͤlfe<lb/> kommen wolte, genoͤthiget, ihm mit ihren Dol-<lb/> chen einige leichte Stiche zu verſetzen. Die Wun-<lb/> den von dieſen unbekanten Waffen, ſetzten den Loͤ-<lb/> wenmann in Erſtaunen und durchdrangen ihn mit<lb/> Schrecken. Er ſahe ſie an und beruͤhrte eine<lb/> Spitze, die ihn verwundete; woruͤber er einen<lb/> Schrei that, daß alle ſeine Landsleute ihm zu<lb/> Huͤlfe eilten. Hermantin winkte ihnen zuruͤck zu<lb/> bleiben, als ſie aber nicht drauf achteten, ließ er<lb/> durch einen der oben Fliegenden mit einem Kara-<lb/> biener Feuer geben; wodurch dreien der naͤchſten<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [260/0268]
Stunde, ſahe man den ſtaͤrkſten aus ihrer Mitte
hervortreten, und mit den Merkmahlen aller moͤg-
lichen Gelaſſenheit auf ſie zukommen; aber in ſei-
nen Augen, las man Treuloſigkeit und Grauſam-
keit. Hermantin war daher auf ſeiner Hut, als
er ſich naͤherte, um ihm die Hand zu reichen, und
alle ſeine Gefaͤhrten, der iuͤngſte ausgenommen,
ſchwebten wohlgewafnet uͤber ihm. Der Loͤwen-
menſch bot ſeine Klaue dar und Hermantin wolte
ſie zum Zeichen der Freundſchaft eben ergreifen,
als er ein Loͤwenweib, ziemlich artig fuͤr ihre
Gattung ankommen ſah. Sie lehnte ſich auf die
Schulter des Loͤwenmannes und blickte den Her-
mantin mit einer zaͤrtlichen wilden Miene an. Neu-
gierig betrachtete ſie ſeine Fluͤgel uud ſchien ſie zu
bewundern. Als man ſichs aber am wenigſten
verſah, faßte ſie den iungen Kameraden des Her-
mantin und wolte ihn wegtragen. Allein die
fuͤnf Fliegenden hielten ſie an, und wurden, da
der Loͤwenmann mit ſeinen Krallen ihr zu Huͤlfe
kommen wolte, genoͤthiget, ihm mit ihren Dol-
chen einige leichte Stiche zu verſetzen. Die Wun-
den von dieſen unbekanten Waffen, ſetzten den Loͤ-
wenmann in Erſtaunen und durchdrangen ihn mit
Schrecken. Er ſahe ſie an und beruͤhrte eine
Spitze, die ihn verwundete; woruͤber er einen
Schrei that, daß alle ſeine Landsleute ihm zu
Huͤlfe eilten. Hermantin winkte ihnen zuruͤck zu
bleiben, als ſie aber nicht drauf achteten, ließ er
durch einen der oben Fliegenden mit einem Kara-
biener Feuer geben; wodurch dreien der naͤchſten
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |