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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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den Ufern der Flüsse und Seen, ziemlich bevölkert,
in allen trocknen, obgleich fruchtbaren Gegenden
aber wüste. Von Thieren waren blos solche anzu-
treffen, die denen in China und Jndien glichen.

Man sahe kein schickliches Mittel hier, wie
auf den andern von Halbthieren oder Thiermen-
schen bewohnten Jnseln, einen Statthalter und ei-
nen Lehrer zur Erziehung anzustellen. Dies Ele-
phantenvolk schien sehr stolz zu sein. Da aber
der Verstand unendlich über die Stärke erhaben
ist, so kam es nur darauf an, ihre natürlichen An-
lagen hinlänglich zu ergründen, um zu wissen, wel-
chen Vortheil man von ihnen ziehn könte. Sie wa-
ren deshalb in keiner geringen Verlegenheit. Wie
solten sie zwei von diesen ungeheuren Klumpen weg-
führen, und nicht etwa auf die Christininsel son-
dern nur auf das Schif, das eben die Jnsel er-
reicht hatte, bringen! Nachdem Hermantin und
seine Gefährten lange darüber nachgedacht hatten,
erfunden sie endlich eine Maschine, welche ihrer
drei tragen konnten, und die zugleich zur Schlin-
ge dienen solte, einen iungen Elephantenmenschen
zu fangen und fortzuschaffen. Als sie fertig war,
versuchten sie solche an sich selbst, und an grossen
Thieren. Nach einigen Verbesserungen, fand sich
dieselbe zur Entführung eines iungen Elephanten-
menschen tauglich. Jm Kurzen verfertigten sie ei-
ne zweite, um auch ein iunges Elephantenmädchen
zu fangen, damit das Männchen vor Gram über
die Entfernung von seinem Vaterlande nicht sterben

möchte.



den Ufern der Fluͤſſe und Seen, ziemlich bevoͤlkert,
in allen trocknen, obgleich fruchtbaren Gegenden
aber wuͤſte. Von Thieren waren blos ſolche anzu-
treffen, die denen in China und Jndien glichen.

Man ſahe kein ſchickliches Mittel hier, wie
auf den andern von Halbthieren oder Thiermen-
ſchen bewohnten Jnſeln, einen Statthalter und ei-
nen Lehrer zur Erziehung anzuſtellen. Dies Ele-
phantenvolk ſchien ſehr ſtolz zu ſein. Da aber
der Verſtand unendlich uͤber die Staͤrke erhaben
iſt, ſo kam es nur darauf an, ihre natuͤrlichen An-
lagen hinlaͤnglich zu ergruͤnden, um zu wiſſen, wel-
chen Vortheil man von ihnen ziehn koͤnte. Sie wa-
ren deshalb in keiner geringen Verlegenheit. Wie
ſolten ſie zwei von dieſen ungeheuren Klumpen weg-
fuͤhren, und nicht etwa auf die Chriſtininſel ſon-
dern nur auf das Schif, das eben die Jnſel er-
reicht hatte, bringen! Nachdem Hermantin und
ſeine Gefaͤhrten lange daruͤber nachgedacht hatten,
erfunden ſie endlich eine Maſchine, welche ihrer
drei tragen konnten, und die zugleich zur Schlin-
ge dienen ſolte, einen iungen Elephantenmenſchen
zu fangen und fortzuſchaffen. Als ſie fertig war,
verſuchten ſie ſolche an ſich ſelbſt, und an groſſen
Thieren. Nach einigen Verbeſſerungen, fand ſich
dieſelbe zur Entfuͤhrung eines iungen Elephanten-
menſchen tauglich. Jm Kurzen verfertigten ſie ei-
ne zweite, um auch ein iunges Elephantenmaͤdchen
zu fangen, damit das Maͤnnchen vor Gram uͤber
die Entfernung von ſeinem Vaterlande nicht ſterben

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[251/0259] den Ufern der Fluͤſſe und Seen, ziemlich bevoͤlkert, in allen trocknen, obgleich fruchtbaren Gegenden aber wuͤſte. Von Thieren waren blos ſolche anzu- treffen, die denen in China und Jndien glichen. Man ſahe kein ſchickliches Mittel hier, wie auf den andern von Halbthieren oder Thiermen- ſchen bewohnten Jnſeln, einen Statthalter und ei- nen Lehrer zur Erziehung anzuſtellen. Dies Ele- phantenvolk ſchien ſehr ſtolz zu ſein. Da aber der Verſtand unendlich uͤber die Staͤrke erhaben iſt, ſo kam es nur darauf an, ihre natuͤrlichen An- lagen hinlaͤnglich zu ergruͤnden, um zu wiſſen, wel- chen Vortheil man von ihnen ziehn koͤnte. Sie wa- ren deshalb in keiner geringen Verlegenheit. Wie ſolten ſie zwei von dieſen ungeheuren Klumpen weg- fuͤhren, und nicht etwa auf die Chriſtininſel ſon- dern nur auf das Schif, das eben die Jnſel er- reicht hatte, bringen! Nachdem Hermantin und ſeine Gefaͤhrten lange daruͤber nachgedacht hatten, erfunden ſie endlich eine Maſchine, welche ihrer drei tragen konnten, und die zugleich zur Schlin- ge dienen ſolte, einen iungen Elephantenmenſchen zu fangen und fortzuſchaffen. Als ſie fertig war, verſuchten ſie ſolche an ſich ſelbſt, und an groſſen Thieren. Nach einigen Verbeſſerungen, fand ſich dieſelbe zur Entfuͤhrung eines iungen Elephanten- menſchen tauglich. Jm Kurzen verfertigten ſie ei- ne zweite, um auch ein iunges Elephantenmaͤdchen zu fangen, damit das Maͤnnchen vor Gram uͤber die Entfernung von ſeinem Vaterlande nicht ſterben moͤchte.

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/259>, abgerufen am 23.11.2024.