Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



stens die Beschaffenheit der Amphibien die sie hör-
ten, entdecken könten. Gleich die erste Nacht klär-
te ihnen ihre Zweifel auf. Sie sahen deutlich
menschliche Amphibien aus dem See kommen, und
Früchte, Kräuter und Wurzeln auf der Erde su-
chen. Sie bemerkten, daß sie einander verständ-
liche Zeichen gaben, ob sie gleich keine Sprache
zu haben schienen. Diese Amphibien hatten, statt
der Haare, kleine Schuppen auf dem Kopfe und
ihre Finger an Händen und Füssen hingen, mittelst
einer dichten Haut zusammen. Sie nahmen ihre
Speise auf dem Lande zu sich, während einige
von ihnen Wache standen, (ohne Zweifel wegen
Erscheinung der fliegenden Menschen). Auf das ge-
ringste Geräusch, welches die Posten hörten, trieb
ein Brrrr-rrr-ke-ke-krax kraxe die ganze
Versammlung ins Wasser. Alexander gab alle
Hofnung auf, eins von diesen mistrauischen Ge-
schöpfen zu erlangen, die, wie alle andere Amphi-
bien sich überhaupt nicht behandeln lassen würden.
Er hatte daher beschlossen, sie zu verlassen, diese
gewissermaassen veranstaltete Jnsel, als wüste an-
zusehn und folglich sie denen Abkömlingen, welche die
Christinier mit Beischläferinnen aus niedern Gat-
tungen zeugen würden, anzuweisen. Aber sein
ältster Sohn war durch Hülfe seines Vetters Dago-
bert, so glücklich einen Jüngling und ein Mädchen
von dem Froschgeschlecht, in dem Augenblick, als
sie sich den Vergnügungen der Liebe überliessen, zu
erhaschen. Sie wickelten sie in eine Art von Netz
und trugen sie ohne Schaden nach der Christininsel,

indem



ſtens die Beſchaffenheit der Amphibien die ſie hoͤr-
ten, entdecken koͤnten. Gleich die erſte Nacht klaͤr-
te ihnen ihre Zweifel auf. Sie ſahen deutlich
menſchliche Amphibien aus dem See kommen, und
Fruͤchte, Kraͤuter und Wurzeln auf der Erde ſu-
chen. Sie bemerkten, daß ſie einander verſtaͤnd-
liche Zeichen gaben, ob ſie gleich keine Sprache
zu haben ſchienen. Dieſe Amphibien hatten, ſtatt
der Haare, kleine Schuppen auf dem Kopfe und
ihre Finger an Haͤnden und Fuͤſſen hingen, mittelſt
einer dichten Haut zuſammen. Sie nahmen ihre
Speiſe auf dem Lande zu ſich, waͤhrend einige
von ihnen Wache ſtanden, (ohne Zweifel wegen
Erſcheinung der fliegenden Menſchen). Auf das ge-
ringſte Geraͤuſch, welches die Poſten hoͤrten, trieb
ein Brrrr-rrr-ke-ke-krax kraxe die ganze
Verſammlung ins Waſſer. Alexander gab alle
Hofnung auf, eins von dieſen mistrauiſchen Ge-
ſchoͤpfen zu erlangen, die, wie alle andere Amphi-
bien ſich uͤberhaupt nicht behandeln laſſen wuͤrden.
Er hatte daher beſchloſſen, ſie zu verlaſſen, dieſe
gewiſſermaaſſen veranſtaltete Jnſel, als wuͤſte an-
zuſehn und folglich ſie denen Abkoͤmlingen, welche die
Chriſtinier mit Beiſchlaͤferinnen aus niedern Gat-
tungen zeugen wuͤrden, anzuweiſen. Aber ſein
aͤltſter Sohn war durch Huͤlfe ſeines Vetters Dago-
bert, ſo gluͤcklich einen Juͤngling und ein Maͤdchen
von dem Froſchgeſchlecht, in dem Augenblick, als
ſie ſich den Vergnuͤgungen der Liebe uͤberlieſſen, zu
erhaſchen. Sie wickelten ſie in eine Art von Netz
und trugen ſie ohne Schaden nach der Chriſtininſel,

indem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0246" n="238"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;tens die Be&#x017F;chaffenheit der Amphibien die &#x017F;ie ho&#x0364;r-<lb/>
ten, entdecken ko&#x0364;nten. Gleich die er&#x017F;te Nacht kla&#x0364;r-<lb/>
te ihnen ihre Zweifel auf. Sie &#x017F;ahen deutlich<lb/>
men&#x017F;chliche Amphibien aus dem See kommen, und<lb/>
Fru&#x0364;chte, Kra&#x0364;uter und Wurzeln auf der Erde &#x017F;u-<lb/>
chen. Sie bemerkten, daß &#x017F;ie einander ver&#x017F;ta&#x0364;nd-<lb/>
liche Zeichen gaben, ob &#x017F;ie gleich keine Sprache<lb/>
zu haben &#x017F;chienen. Die&#x017F;e Amphibien hatten, &#x017F;tatt<lb/>
der Haare, kleine Schuppen auf dem Kopfe und<lb/>
ihre Finger an Ha&#x0364;nden und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en hingen, mittel&#x017F;t<lb/>
einer dichten Haut zu&#x017F;ammen. Sie nahmen ihre<lb/>
Spei&#x017F;e auf dem Lande zu &#x017F;ich, wa&#x0364;hrend einige<lb/>
von ihnen Wache &#x017F;tanden, (ohne Zweifel wegen<lb/>
Er&#x017F;cheinung der fliegenden Men&#x017F;chen). Auf das ge-<lb/>
ring&#x017F;te Gera&#x0364;u&#x017F;ch, welches die Po&#x017F;ten ho&#x0364;rten, trieb<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Brrrr-rrr-ke-ke-krax kraxe</hi> die ganze<lb/>
Ver&#x017F;ammlung ins Wa&#x017F;&#x017F;er. Alexander gab alle<lb/>
Hofnung auf, eins von die&#x017F;en mistraui&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen zu erlangen, die, wie alle andere Amphi-<lb/>
bien &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt nicht behandeln la&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rden.<lb/>
Er hatte daher be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie zu verla&#x017F;&#x017F;en, die&#x017F;e<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ermaa&#x017F;&#x017F;en veran&#x017F;taltete Jn&#x017F;el, als wu&#x0364;&#x017F;te an-<lb/>
zu&#x017F;ehn und folglich &#x017F;ie denen Abko&#x0364;mlingen, welche die<lb/>
Chri&#x017F;tinier mit Bei&#x017F;chla&#x0364;ferinnen aus niedern Gat-<lb/>
tungen zeugen wu&#x0364;rden, anzuwei&#x017F;en. Aber &#x017F;ein<lb/>
a&#x0364;lt&#x017F;ter Sohn war durch Hu&#x0364;lfe &#x017F;eines Vetters Dago-<lb/>
bert, &#x017F;o glu&#x0364;cklich einen Ju&#x0364;ngling und ein Ma&#x0364;dchen<lb/>
von dem Fro&#x017F;chge&#x017F;chlecht, in dem Augenblick, als<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich den Vergnu&#x0364;gungen der Liebe u&#x0364;berlie&#x017F;&#x017F;en, zu<lb/>
erha&#x017F;chen. Sie wickelten &#x017F;ie in eine Art von Netz<lb/>
und trugen &#x017F;ie ohne Schaden nach der Chri&#x017F;tinin&#x017F;el,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">indem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0246] ſtens die Beſchaffenheit der Amphibien die ſie hoͤr- ten, entdecken koͤnten. Gleich die erſte Nacht klaͤr- te ihnen ihre Zweifel auf. Sie ſahen deutlich menſchliche Amphibien aus dem See kommen, und Fruͤchte, Kraͤuter und Wurzeln auf der Erde ſu- chen. Sie bemerkten, daß ſie einander verſtaͤnd- liche Zeichen gaben, ob ſie gleich keine Sprache zu haben ſchienen. Dieſe Amphibien hatten, ſtatt der Haare, kleine Schuppen auf dem Kopfe und ihre Finger an Haͤnden und Fuͤſſen hingen, mittelſt einer dichten Haut zuſammen. Sie nahmen ihre Speiſe auf dem Lande zu ſich, waͤhrend einige von ihnen Wache ſtanden, (ohne Zweifel wegen Erſcheinung der fliegenden Menſchen). Auf das ge- ringſte Geraͤuſch, welches die Poſten hoͤrten, trieb ein Brrrr-rrr-ke-ke-krax kraxe die ganze Verſammlung ins Waſſer. Alexander gab alle Hofnung auf, eins von dieſen mistrauiſchen Ge- ſchoͤpfen zu erlangen, die, wie alle andere Amphi- bien ſich uͤberhaupt nicht behandeln laſſen wuͤrden. Er hatte daher beſchloſſen, ſie zu verlaſſen, dieſe gewiſſermaaſſen veranſtaltete Jnſel, als wuͤſte an- zuſehn und folglich ſie denen Abkoͤmlingen, welche die Chriſtinier mit Beiſchlaͤferinnen aus niedern Gat- tungen zeugen wuͤrden, anzuweiſen. Aber ſein aͤltſter Sohn war durch Huͤlfe ſeines Vetters Dago- bert, ſo gluͤcklich einen Juͤngling und ein Maͤdchen von dem Froſchgeſchlecht, in dem Augenblick, als ſie ſich den Vergnuͤgungen der Liebe uͤberlieſſen, zu erhaſchen. Sie wickelten ſie in eine Art von Netz und trugen ſie ohne Schaden nach der Chriſtininſel, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/246
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/246>, abgerufen am 23.11.2024.