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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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Endlich brachten sie ihre Flügel zur Vollkommen-
heit: durch einige Zusätze und durch den Gebrauch
des Taffets anstatt der Leinewand, gelangten sie da-
hin, sich eine gerade fortschreitende Bewegung zu
geben, sich nach Belieben umzuwenden, in gerader
Linie zu erheben und niederzulassen. Jhre Uebungen
stellten sie aufm Felde an einsamen Oertern an.
Beyde flogen zusammen; aber unglücklicher Weise
sprang eine Feder des Vezinier, und er fiel von einer
gewaltigen Höhe in einen Teich hinab und ertrank.

Victorin war nicht stark genug ihm zu helfen.
Er kehrte nach Hause und erzählte das Unglück des
Bedienten, ohne die Ursache davon anzugeben. Man
eilte zum Teich und zog Vezinier heraus; was die
beschmutzte Maschine, mit der er geharnischt war,
bedeuten sollte, wußte niemand. Victorin zerschnitt
sie mit Bedacht in Stücken, um ihn davon los zu
machen, und zerbrach die Räder, damit man da-
von nichts merken sollte.

Johann ward völlig todt nach Hause geschafft.
Vielleicht wär' er wieder zum Leben zu bringen ge-
wesen, wenn man die neuerlich in Frankreich ge-
machten Endeckungen gekannt hätte; aber die Mit-
tel, welche man damals anwandte, dienten nur sei-
nen Tod zu beschleunigen.

Nun war Victorin allein, und seinem eigenen
Genie überlassen. Oft kehrt' er in jene Einsamkeit
zurück, um da über seinen Entwurf nachzudenken, sich
mit Christinen zu beschäftigen, und zugleich seine junge
Seele mit dem Ambrosia der Freyheit zu erquicken.

Einst


Endlich brachten ſie ihre Fluͤgel zur Vollkommen-
heit: durch einige Zuſaͤtze und durch den Gebrauch
des Taffets anſtatt der Leinewand, gelangten ſie da-
hin, ſich eine gerade fortſchreitende Bewegung zu
geben, ſich nach Belieben umzuwenden, in gerader
Linie zu erheben und niederzulaſſen. Jhre Uebungen
ſtellten ſie aufm Felde an einſamen Oertern an.
Beyde flogen zuſammen; aber ungluͤcklicher Weiſe
ſprang eine Feder des Vezinier, und er fiel von einer
gewaltigen Hoͤhe in einen Teich hinab und ertrank.

Victorin war nicht ſtark genug ihm zu helfen.
Er kehrte nach Hauſe und erzaͤhlte das Ungluͤck des
Bedienten, ohne die Urſache davon anzugeben. Man
eilte zum Teich und zog Vezinier heraus; was die
beſchmutzte Maſchine, mit der er geharniſcht war,
bedeuten ſollte, wußte niemand. Victorin zerſchnitt
ſie mit Bedacht in Stuͤcken, um ihn davon los zu
machen, und zerbrach die Raͤder, damit man da-
von nichts merken ſollte.

Johann ward voͤllig todt nach Hauſe geſchafft.
Vielleicht waͤr’ er wieder zum Leben zu bringen ge-
weſen, wenn man die neuerlich in Frankreich ge-
machten Endeckungen gekannt haͤtte; aber die Mit-
tel, welche man damals anwandte, dienten nur ſei-
nen Tod zu beſchleunigen.

Nun war Victorin allein, und ſeinem eigenen
Genie uͤberlaſſen. Oft kehrt’ er in jene Einſamkeit
zuruͤck, um da uͤber ſeinen Entwurf nachzudenken, ſich
mit Chriſtinen zu beſchaͤftigen, und zugleich ſeine junge
Seele mit dem Ambroſia der Freyheit zu erquicken.

Einſt
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[15/0023] Endlich brachten ſie ihre Fluͤgel zur Vollkommen- heit: durch einige Zuſaͤtze und durch den Gebrauch des Taffets anſtatt der Leinewand, gelangten ſie da- hin, ſich eine gerade fortſchreitende Bewegung zu geben, ſich nach Belieben umzuwenden, in gerader Linie zu erheben und niederzulaſſen. Jhre Uebungen ſtellten ſie aufm Felde an einſamen Oertern an. Beyde flogen zuſammen; aber ungluͤcklicher Weiſe ſprang eine Feder des Vezinier, und er fiel von einer gewaltigen Hoͤhe in einen Teich hinab und ertrank. Victorin war nicht ſtark genug ihm zu helfen. Er kehrte nach Hauſe und erzaͤhlte das Ungluͤck des Bedienten, ohne die Urſache davon anzugeben. Man eilte zum Teich und zog Vezinier heraus; was die beſchmutzte Maſchine, mit der er geharniſcht war, bedeuten ſollte, wußte niemand. Victorin zerſchnitt ſie mit Bedacht in Stuͤcken, um ihn davon los zu machen, und zerbrach die Raͤder, damit man da- von nichts merken ſollte. Johann ward voͤllig todt nach Hauſe geſchafft. Vielleicht waͤr’ er wieder zum Leben zu bringen ge- weſen, wenn man die neuerlich in Frankreich ge- machten Endeckungen gekannt haͤtte; aber die Mit- tel, welche man damals anwandte, dienten nur ſei- nen Tod zu beſchleunigen. Nun war Victorin allein, und ſeinem eigenen Genie uͤberlaſſen. Oft kehrt’ er in jene Einſamkeit zuruͤck, um da uͤber ſeinen Entwurf nachzudenken, ſich mit Chriſtinen zu beſchaͤftigen, und zugleich ſeine junge Seele mit dem Ambroſia der Freyheit zu erquicken. Einſt

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/23>, abgerufen am 24.11.2024.