mit einander zu versuchen, was sie zuwege bringen könnten.
Dem zu Folge verbargen sie sich, und suchten so viel Zeit als möglich auf diese nützliche Beschäfti- gung zu wenden. Sie setzten verschiedene Räder zu- sammen, die eine Bewegung verursachten und brach- ten ein Räderwerk von Holze zu Stande, welches zwey leinene Flügel bewegte. Diese schwere Ma- schine konnte einen Menschen von der Erde empor heben; aber nur eine sehr ermüdende Anftrengung vermochte die Räder in Gang zu bringen. Jndeß entschloß sich der erfinderische Vezinier doch es zu ver- suchen, weil er den Sohn seines Herrn nicht der Ge- fahr aussetzen wollte.
Sie giengen hinaus auf einen Berg, stiegen auf einen Felsen, und von da überließ sich Vezinier dem Winde. Er hatte seinen Flügeln eine gewisse Bie- gung, wie der Vögel ihre gegeben, im ganzen aber glichen die seinen fast durchgängig denen einer gro- ßen Fledermauß. Es fand sich dabey ein unvorher- gesehenes Hinderniß, man mußte sich blos dem Win- de überlassen, weil die Flügel keine fortschreitende Bewegung hatten. Dem ungeachtet flog er ziemlich weit. Der junge Victorin, als er dies sahe, war für Freuden außer sich, denn er schloß, daß durch einen neuen Zusatz, und mit etwas leichtern Flügeln es möglich seyn würde, sich außer der fortschreiten- den Bewegung auch eine erhebende zu geben, um höher, und eine erniedrigende, um herab zur Erde zu steigen.
Johann
mit einander zu verſuchen, was ſie zuwege bringen koͤnnten.
Dem zu Folge verbargen ſie ſich, und ſuchten ſo viel Zeit als moͤglich auf dieſe nuͤtzliche Beſchaͤfti- gung zu wenden. Sie ſetzten verſchiedene Raͤder zu- ſammen, die eine Bewegung verurſachten und brach- ten ein Raͤderwerk von Holze zu Stande, welches zwey leinene Fluͤgel bewegte. Dieſe ſchwere Ma- ſchine konnte einen Menſchen von der Erde empor heben; aber nur eine ſehr ermuͤdende Anftrengung vermochte die Raͤder in Gang zu bringen. Jndeß entſchloß ſich der erfinderiſche Vezinier doch es zu ver- ſuchen, weil er den Sohn ſeines Herrn nicht der Ge- fahr ausſetzen wollte.
Sie giengen hinaus auf einen Berg, ſtiegen auf einen Felſen, und von da uͤberließ ſich Vezinier dem Winde. Er hatte ſeinen Fluͤgeln eine gewiſſe Bie- gung, wie der Voͤgel ihre gegeben, im ganzen aber glichen die ſeinen faſt durchgaͤngig denen einer gro- ßen Fledermauß. Es fand ſich dabey ein unvorher- geſehenes Hinderniß, man mußte ſich blos dem Win- de uͤberlaſſen, weil die Fluͤgel keine fortſchreitende Bewegung hatten. Dem ungeachtet flog er ziemlich weit. Der junge Victorin, als er dies ſahe, war fuͤr Freuden außer ſich, denn er ſchloß, daß durch einen neuen Zuſatz, und mit etwas leichtern Fluͤgeln es moͤglich ſeyn wuͤrde, ſich außer der fortſchreiten- den Bewegung auch eine erhebende zu geben, um hoͤher, und eine erniedrigende, um herab zur Erde zu ſteigen.
Johann
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mit einander zu verſuchen, was ſie zuwege bringen
koͤnnten.
Dem zu Folge verbargen ſie ſich, und ſuchten
ſo viel Zeit als moͤglich auf dieſe nuͤtzliche Beſchaͤfti-
gung zu wenden. Sie ſetzten verſchiedene Raͤder zu-
ſammen, die eine Bewegung verurſachten und brach-
ten ein Raͤderwerk von Holze zu Stande, welches
zwey leinene Fluͤgel bewegte. Dieſe ſchwere Ma-
ſchine konnte einen Menſchen von der Erde empor
heben; aber nur eine ſehr ermuͤdende Anftrengung
vermochte die Raͤder in Gang zu bringen. Jndeß
entſchloß ſich der erfinderiſche Vezinier doch es zu ver-
ſuchen, weil er den Sohn ſeines Herrn nicht der Ge-
fahr ausſetzen wollte.
Sie giengen hinaus auf einen Berg, ſtiegen auf
einen Felſen, und von da uͤberließ ſich Vezinier dem
Winde. Er hatte ſeinen Fluͤgeln eine gewiſſe Bie-
gung, wie der Voͤgel ihre gegeben, im ganzen aber
glichen die ſeinen faſt durchgaͤngig denen einer gro-
ßen Fledermauß. Es fand ſich dabey ein unvorher-
geſehenes Hinderniß, man mußte ſich blos dem Win-
de uͤberlaſſen, weil die Fluͤgel keine fortſchreitende
Bewegung hatten. Dem ungeachtet flog er ziemlich
weit. Der junge Victorin, als er dies ſahe, war
fuͤr Freuden außer ſich, denn er ſchloß, daß durch
einen neuen Zuſatz, und mit etwas leichtern Fluͤgeln
es moͤglich ſeyn wuͤrde, ſich außer der fortſchreiten-
den Bewegung auch eine erhebende zu geben, um
hoͤher, und eine erniedrigende, um herab zur Erde
zu ſteigen.
Johann
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/21>, abgerufen am 23.11.2024.
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