folgen. Bei dieser überlegten Handlung zweifelten Victorin und Alexander keinesweges mehr, daß dies Menschen wären. Sie flogen mit dem Ent- schlusse davon, wo möglich ein Männlein und ein Weiblein davon mit auf die Christineninsel zu neh- men. Die Ausführung dieses Vorhabens ward ih- nen aber schwer. Das Bärkind, welches sie weg- genommen hatten, war so erschrocken, daß es auf dem ganzen unbedeckten Theile der Jnsel Lerm mach- te. Aber die beiden Fliegenden versteckten sich etliche Tage und bekamen dadurch Gelegenheit ein paar iunge Leute aufzufinden, die sie wegnahmen, und auf die Christineninsel trugen.
Hier fanden sie, daß der Knabe und das Mäd- chen von dem Affengeschlecht schon ziemlich glückli- che Fortschritte gemacht hatten. Sie wurden von ihnen erkannt und erhielten sogar einige Freund- schaftsbezeigungen; welches sie für eine gute Be- deutung hielten. Jndeß hatte sich ein Zufall er- eignet, der beinah ein Misverständnis zwischen den Tage- und Nachtmenschen veranlaßt hätte: der iunge Affenmensch ging einen Abend mit seinem Führer spazieren, und sahe einen Nachtmenschen sorglos vor sich hingehn. Den Augenblick fuhr er ihn auf den Hals und wollte ihn mit abscheu- lichem Geschrei erwürgen, wenn verschiedene Chri- stinier ihm denselben nicht aus den Händen gerun- gen hätten. Dieser erschreckte und verwundete Mensch machte Lerm bei seinen Landsleuten, wel-
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folgen. Bei dieſer uͤberlegten Handlung zweifelten Victorin und Alexander keinesweges mehr, daß dies Menſchen waͤren. Sie flogen mit dem Ent- ſchluſſe davon, wo moͤglich ein Maͤnnlein und ein Weiblein davon mit auf die Chriſtineninſel zu neh- men. Die Ausfuͤhrung dieſes Vorhabens ward ih- nen aber ſchwer. Das Baͤrkind, welches ſie weg- genommen hatten, war ſo erſchrocken, daß es auf dem ganzen unbedeckten Theile der Jnſel Lerm mach- te. Aber die beiden Fliegenden verſteckten ſich etliche Tage und bekamen dadurch Gelegenheit ein paar iunge Leute aufzufinden, die ſie wegnahmen, und auf die Chriſtineninſel trugen.
Hier fanden ſie, daß der Knabe und das Maͤd- chen von dem Affengeſchlecht ſchon ziemlich gluͤckli- che Fortſchritte gemacht hatten. Sie wurden von ihnen erkannt und erhielten ſogar einige Freund- ſchaftsbezeigungen; welches ſie fuͤr eine gute Be- deutung hielten. Jndeß hatte ſich ein Zufall er- eignet, der beinah ein Misverſtaͤndnis zwiſchen den Tage- und Nachtmenſchen veranlaßt haͤtte: der iunge Affenmenſch ging einen Abend mit ſeinem Fuͤhrer ſpazieren, und ſahe einen Nachtmenſchen ſorglos vor ſich hingehn. Den Augenblick fuhr er ihn auf den Hals und wollte ihn mit abſcheu- lichem Geſchrei erwuͤrgen, wenn verſchiedene Chri- ſtinier ihm denſelben nicht aus den Haͤnden gerun- gen haͤtten. Dieſer erſchreckte und verwundete Menſch machte Lerm bei ſeinen Landsleuten, wel-
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folgen. Bei dieſer uͤberlegten Handlung zweifelten
Victorin und Alexander keinesweges mehr, daß
dies Menſchen waͤren. Sie flogen mit dem Ent-
ſchluſſe davon, wo moͤglich ein Maͤnnlein und ein
Weiblein davon mit auf die Chriſtineninſel zu neh-
men. Die Ausfuͤhrung dieſes Vorhabens ward ih-
nen aber ſchwer. Das Baͤrkind, welches ſie weg-
genommen hatten, war ſo erſchrocken, daß es auf
dem ganzen unbedeckten Theile der Jnſel Lerm mach-
te. Aber die beiden Fliegenden verſteckten ſich etliche
Tage und bekamen dadurch Gelegenheit ein paar iunge
Leute aufzufinden, die ſie wegnahmen, und auf die
Chriſtineninſel trugen.
Hier fanden ſie, daß der Knabe und das Maͤd-
chen von dem Affengeſchlecht ſchon ziemlich gluͤckli-
che Fortſchritte gemacht hatten. Sie wurden von
ihnen erkannt und erhielten ſogar einige Freund-
ſchaftsbezeigungen; welches ſie fuͤr eine gute Be-
deutung hielten. Jndeß hatte ſich ein Zufall er-
eignet, der beinah ein Misverſtaͤndnis zwiſchen
den Tage- und Nachtmenſchen veranlaßt haͤtte:
der iunge Affenmenſch ging einen Abend mit ſeinem
Fuͤhrer ſpazieren, und ſahe einen Nachtmenſchen
ſorglos vor ſich hingehn. Den Augenblick fuhr
er ihn auf den Hals und wollte ihn mit abſcheu-
lichem Geſchrei erwuͤrgen, wenn verſchiedene Chri-
ſtinier ihm denſelben nicht aus den Haͤnden gerun-
gen haͤtten. Dieſer erſchreckte und verwundete
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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