Theil nehmen. Sehr zufrieden mässigte die Schö- ne, in Betracht der Zärtlichkeit ihres lieben klei- nen Mannes, ihr wiederaufloderndes Feuer und be- wog ihn, auf ihrem Busen einzuschlafen.
Die beiden Damen unterliessen nicht, in Be- gleitung der Königin Christine, den andern Mor- gen wieder zu erscheinen. Man fand die Ehrenzeichen von dem Siege des iungen Prinzen: und da bey den Patagonen eben die Gewohnheit der Türken herrscht, sie im Triumph herumzutragen, so legte man sie auf die Spitze eines Steckens von funfzig Fuß und die nächste Anverwandtin der Jshmichtriß, sechs Jahr alt, setzte sich auf eine Girafe*) und trug sie, in Begleitung eines Chors iunger Mädchen, auf der ganzen Kolonie herum. Dies brachte manche patagonische Zunge zum Schweigen!
Die Feierlichkeiten dauerten drei ganzer Tage, nach deren Versluß Victorin um die Erlaubnis bat, seine Abreise zu nehmen. Man gestattete ihm solche ungern; denn die kleinen Leute hatten durch ihren Geist und durch ihre Artigkeit sich die Liebe der Grossen zu erwerben angefangen. Wäre der Ab- stand nicht zu gros gewesen, so würde der Bruder der Jshmichtriß, der grosse Skhapopantigho, mit der Sophie sehr wohl zu rechte gekommen sein: aber hiezu war schlechterdings kein Mittel. Auf
der
*) Ein Thier, das ziemlich die Farbe des Leoparden und viel von der Gestalt des Kamels hat. Uebers.
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Theil nehmen. Sehr zufrieden maͤſſigte die Schoͤ- ne, in Betracht der Zaͤrtlichkeit ihres lieben klei- nen Mannes, ihr wiederaufloderndes Feuer und be- wog ihn, auf ihrem Buſen einzuſchlafen.
Die beiden Damen unterlieſſen nicht, in Be- gleitung der Koͤnigin Chriſtine, den andern Mor- gen wieder zu erſcheinen. Man fand die Ehrenzeichen von dem Siege des iungen Prinzen: und da bey den Patagonen eben die Gewohnheit der Tuͤrken herrſcht, ſie im Triumph herumzutragen, ſo legte man ſie auf die Spitze eines Steckens von funfzig Fuß und die naͤchſte Anverwandtin der Jſhmichtriß, ſechs Jahr alt, ſetzte ſich auf eine Girafe*) und trug ſie, in Begleitung eines Chors iunger Maͤdchen, auf der ganzen Kolonie herum. Dies brachte manche patagoniſche Zunge zum Schweigen!
Die Feierlichkeiten dauerten drei ganzer Tage, nach deren Verſluß Victorin um die Erlaubnis bat, ſeine Abreiſe zu nehmen. Man geſtattete ihm ſolche ungern; denn die kleinen Leute hatten durch ihren Geiſt und durch ihre Artigkeit ſich die Liebe der Groſſen zu erwerben angefangen. Waͤre der Ab- ſtand nicht zu gros geweſen, ſo wuͤrde der Bruder der Jſhmichtriß, der groſſe Skhapopantighô, mit der Sophie ſehr wohl zu rechte gekommen ſein: aber hiezu war ſchlechterdings kein Mittel. Auf
der
*) Ein Thier, das ziemlich die Farbe des Leoparden und viel von der Geſtalt des Kamels hat. Ueberſ.
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Theil nehmen. Sehr zufrieden maͤſſigte die Schoͤ-
ne, in Betracht der Zaͤrtlichkeit ihres lieben klei-
nen Mannes, ihr wiederaufloderndes Feuer und be-
wog ihn, auf ihrem Buſen einzuſchlafen.
Die beiden Damen unterlieſſen nicht, in Be-
gleitung der Koͤnigin Chriſtine, den andern Mor-
gen wieder zu erſcheinen. Man fand die Ehrenzeichen
von dem Siege des iungen Prinzen: und da bey den
Patagonen eben die Gewohnheit der Tuͤrken herrſcht,
ſie im Triumph herumzutragen, ſo legte man ſie
auf die Spitze eines Steckens von funfzig Fuß und
die naͤchſte Anverwandtin der Jſhmichtriß, ſechs
Jahr alt, ſetzte ſich auf eine Girafe *) und trug
ſie, in Begleitung eines Chors iunger Maͤdchen,
auf der ganzen Kolonie herum. Dies brachte
manche patagoniſche Zunge zum Schweigen!
Die Feierlichkeiten dauerten drei ganzer Tage,
nach deren Verſluß Victorin um die Erlaubnis bat,
ſeine Abreiſe zu nehmen. Man geſtattete ihm ſolche
ungern; denn die kleinen Leute hatten durch ihren
Geiſt und durch ihre Artigkeit ſich die Liebe der
Groſſen zu erwerben angefangen. Waͤre der Ab-
ſtand nicht zu gros geweſen, ſo wuͤrde der Bruder
der Jſhmichtriß, der groſſe Skhapopantighô,
mit der Sophie ſehr wohl zu rechte gekommen ſein:
aber hiezu war ſchlechterdings kein Mittel. Auf
der
*) Ein Thier, das ziemlich die Farbe des Leoparden
und viel von der Geſtalt des Kamels hat. Ueberſ.
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/173>, abgerufen am 16.02.2025.
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