ner aussuchten, um sie losen, und alle übrigen muß- ten schwören, ihnen ihre Gattinnen im ruhigen Be- sitz zu lassen. Hierauf machten die fliegenden Män- ner ihnen eine Beschreibung von den Einwohnern die- ser Jnsel, und schlugen dem Schifsvolke vor, sich der Mädchen der Nachtwilden zu bedienen, weil dar- aus gewiß eine vermischte Gattung entstehen würde, die man zahm machen könnte. Alles dieses wurde in der Folge ins Werk gerichtet, denn die erstern Nächte dachte man blos auf den Genuß der Ruhe, so wie am Tag' auf die Verschaffung einiger Be- quemlichkeit.
Mit der Zeit bearbeitete man auch mit den Hän- den das Feld, nach der neuen Feldbaukunst, und säete einen Theil von dem aufm Schiffe befindlich ge- wesenen Gedreide hinein. Bis zur Erndte beschloß man sparsam mit dem Zwieback umzugehn, und von Brodfrucht, Wildpret und Milchspeisen zu leben; denn man merkte bald, daß die wilden Ziegen und Kühe sich zahm machen liessen. Man fand auch ei- ne Art Vögel den Perlenhühnern ähnlich, welche ih- nen Eyer verschaften: man legte einen Garten an und säete einiges vorräthige Gesäme hinein, und die fliegenden Männer beschlossen alle Arten derselben da- hin zu schaffen.
Als diese neue Kolonie im Gange war, begaben die Schifsleute sich zur grossen Höle der Nachtmen- schen und suchten sich da die schönsten Mädchen aus, die sie am hellen Tage wegführten, damit sie im Dunkeln desto folgsamer wären. Das Vergnügen
machte
ner ausſuchten, um ſie loſen, und alle uͤbrigen muß- ten ſchwoͤren, ihnen ihre Gattinnen im ruhigen Be- ſitz zu laſſen. Hierauf machten die fliegenden Maͤn- ner ihnen eine Beſchreibung von den Einwohnern die- ſer Jnſel, und ſchlugen dem Schifsvolke vor, ſich der Maͤdchen der Nachtwilden zu bedienen, weil dar- aus gewiß eine vermiſchte Gattung entſtehen wuͤrde, die man zahm machen koͤnnte. Alles dieſes wurde in der Folge ins Werk gerichtet, denn die erſtern Naͤchte dachte man blos auf den Genuß der Ruhe, ſo wie am Tag’ auf die Verſchaffung einiger Be- quemlichkeit.
Mit der Zeit bearbeitete man auch mit den Haͤn- den das Feld, nach der neuen Feldbaukunſt, und ſaͤete einen Theil von dem aufm Schiffe befindlich ge- weſenen Gedreide hinein. Bis zur Erndte beſchloß man ſparſam mit dem Zwieback umzugehn, und von Brodfrucht, Wildpret und Milchſpeiſen zu leben; denn man merkte bald, daß die wilden Ziegen und Kuͤhe ſich zahm machen lieſſen. Man fand auch ei- ne Art Voͤgel den Perlenhuͤhnern aͤhnlich, welche ih- nen Eyer verſchaften: man legte einen Garten an und ſaͤete einiges vorraͤthige Geſaͤme hinein, und die fliegenden Maͤnner beſchloſſen alle Arten derſelben da- hin zu ſchaffen.
Als dieſe neue Kolonie im Gange war, begaben die Schifsleute ſich zur groſſen Hoͤle der Nachtmen- ſchen und ſuchten ſich da die ſchoͤnſten Maͤdchen aus, die ſie am hellen Tage wegfuͤhrten, damit ſie im Dunkeln deſto folgſamer waͤren. Das Vergnuͤgen
machte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0133"n="125"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ner ausſuchten, um ſie loſen, und alle uͤbrigen muß-<lb/>
ten ſchwoͤren, ihnen ihre Gattinnen im ruhigen Be-<lb/>ſitz zu laſſen. Hierauf machten die fliegenden Maͤn-<lb/>
ner ihnen eine Beſchreibung von den Einwohnern die-<lb/>ſer Jnſel, und ſchlugen dem Schifsvolke vor, ſich<lb/>
der Maͤdchen der Nachtwilden zu bedienen, weil dar-<lb/>
aus gewiß eine vermiſchte Gattung entſtehen wuͤrde,<lb/>
die man zahm machen koͤnnte. Alles dieſes wurde<lb/>
in der Folge ins Werk gerichtet, denn die erſtern<lb/>
Naͤchte dachte man blos auf den Genuß der Ruhe,<lb/>ſo wie am Tag’ auf die Verſchaffung einiger Be-<lb/>
quemlichkeit.</p><lb/><p>Mit der Zeit bearbeitete man auch mit den Haͤn-<lb/>
den das Feld, nach der neuen Feldbaukunſt, und<lb/>ſaͤete einen Theil von dem aufm Schiffe befindlich ge-<lb/>
weſenen Gedreide hinein. Bis zur Erndte beſchloß<lb/>
man ſparſam mit dem Zwieback umzugehn, und von<lb/>
Brodfrucht, Wildpret und Milchſpeiſen zu leben;<lb/>
denn man merkte bald, daß die wilden Ziegen und<lb/>
Kuͤhe ſich zahm machen lieſſen. Man fand auch ei-<lb/>
ne Art Voͤgel den Perlenhuͤhnern aͤhnlich, welche ih-<lb/>
nen Eyer verſchaften: man legte einen Garten an<lb/>
und ſaͤete einiges vorraͤthige Geſaͤme hinein, und die<lb/>
fliegenden Maͤnner beſchloſſen alle Arten derſelben da-<lb/>
hin zu ſchaffen.</p><lb/><p>Als dieſe neue Kolonie im Gange war, begaben<lb/>
die Schifsleute ſich zur groſſen Hoͤle der Nachtmen-<lb/>ſchen und ſuchten ſich da die ſchoͤnſten Maͤdchen aus,<lb/>
die ſie am hellen Tage wegfuͤhrten, damit ſie im<lb/>
Dunkeln deſto folgſamer waͤren. Das Vergnuͤgen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">machte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[125/0133]
ner ausſuchten, um ſie loſen, und alle uͤbrigen muß-
ten ſchwoͤren, ihnen ihre Gattinnen im ruhigen Be-
ſitz zu laſſen. Hierauf machten die fliegenden Maͤn-
ner ihnen eine Beſchreibung von den Einwohnern die-
ſer Jnſel, und ſchlugen dem Schifsvolke vor, ſich
der Maͤdchen der Nachtwilden zu bedienen, weil dar-
aus gewiß eine vermiſchte Gattung entſtehen wuͤrde,
die man zahm machen koͤnnte. Alles dieſes wurde
in der Folge ins Werk gerichtet, denn die erſtern
Naͤchte dachte man blos auf den Genuß der Ruhe,
ſo wie am Tag’ auf die Verſchaffung einiger Be-
quemlichkeit.
Mit der Zeit bearbeitete man auch mit den Haͤn-
den das Feld, nach der neuen Feldbaukunſt, und
ſaͤete einen Theil von dem aufm Schiffe befindlich ge-
weſenen Gedreide hinein. Bis zur Erndte beſchloß
man ſparſam mit dem Zwieback umzugehn, und von
Brodfrucht, Wildpret und Milchſpeiſen zu leben;
denn man merkte bald, daß die wilden Ziegen und
Kuͤhe ſich zahm machen lieſſen. Man fand auch ei-
ne Art Voͤgel den Perlenhuͤhnern aͤhnlich, welche ih-
nen Eyer verſchaften: man legte einen Garten an
und ſaͤete einiges vorraͤthige Geſaͤme hinein, und die
fliegenden Maͤnner beſchloſſen alle Arten derſelben da-
hin zu ſchaffen.
Als dieſe neue Kolonie im Gange war, begaben
die Schifsleute ſich zur groſſen Hoͤle der Nachtmen-
ſchen und ſuchten ſich da die ſchoͤnſten Maͤdchen aus,
die ſie am hellen Tage wegfuͤhrten, damit ſie im
Dunkeln deſto folgſamer waͤren. Das Vergnuͤgen
machte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/133>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.