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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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dern. Jch bemerke sogar, daß auch hier zwar Un-
schuld und Befreyung von Lastern herrscht, aber
daß auch wenig Betriebsamkeit da sey, und ohne dei-
ne Gesetze, und angeordnete Geschäfte, kurz, oh-
ne dich, die Seele der Bewohner des unbesteiglichen
Berges, würden sie bald einschläfern."

"Du urtheilst sehr richtig, liebste Gattin, und
ich kenne deinen Verstand; aber wenn rühmliche Un-
ternehmungen ohne Wagnis, Gefahr und Mühe wä-
ren, wo wäre denn das Verdienst? Jn Ueberstei-
gung derselben besteht eben der Ruhm und auf ihn
hoff' ich: übrigens haben wir Kinder, für welche die-
se Einrichtung hier zu enge wird. Jch will sogleich
auf die Endeckung meiner Jnsel, oder Halbinsel,
dies macht nichts aus, denken; nur muß sie unbe-
völkert oder wenigstens von keinen mächtigen Natio-
nen, denen unsere Nachbarschaft beschwerlich seyn
möchte, bewohnt seyn. Find' ich keine von der lez-
tern Art, so werde ich mich wohl hüten, sie den Eu-
ropäern zu entdecken. Jch werde mir Mühe um ein
fruchtbares Land zwischen dem vierzigsten oder fünf
und vierzigsten Grade geben, welche nach den Reise-
beschreibern, die ich gelesen, ohngefähr dem funfzig-
sten auf unserer nordlichen Halbkugel gleich kommen
sollen; denn auf dieser Breite sind die Menschen mehr
Menschen. Haben wir uns denn recht eingerichtet,
dann will ich zu diesen Völkern Künst' und Wissen-
schaften bringen; aber mit größter Sorgfalt werd'
ich verbitten allzu weite Schiffahrt vorzunehmen, ih-
re Küsten zu verlassen und nur sehr wenig über die

Mittags-
d. fl. Mensch. H



dern. Jch bemerke ſogar, daß auch hier zwar Un-
ſchuld und Befreyung von Laſtern herrſcht, aber
daß auch wenig Betriebſamkeit da ſey, und ohne dei-
ne Geſetze, und angeordnete Geſchaͤfte, kurz, oh-
ne dich, die Seele der Bewohner des unbeſteiglichen
Berges, wuͤrden ſie bald einſchlaͤfern.‟

„Du urtheilſt ſehr richtig, liebſte Gattin, und
ich kenne deinen Verſtand; aber wenn ruͤhmliche Un-
ternehmungen ohne Wagnis, Gefahr und Muͤhe waͤ-
ren, wo waͤre denn das Verdienſt? Jn Ueberſtei-
gung derſelben beſteht eben der Ruhm und auf ihn
hoff’ ich: uͤbrigens haben wir Kinder, fuͤr welche die-
ſe Einrichtung hier zu enge wird. Jch will ſogleich
auf die Endeckung meiner Jnſel, oder Halbinſel,
dies macht nichts aus, denken; nur muß ſie unbe-
voͤlkert oder wenigſtens von keinen maͤchtigen Natio-
nen, denen unſere Nachbarſchaft beſchwerlich ſeyn
moͤchte, bewohnt ſeyn. Find’ ich keine von der lez-
tern Art, ſo werde ich mich wohl huͤten, ſie den Eu-
ropaͤern zu entdecken. Jch werde mir Muͤhe um ein
fruchtbares Land zwiſchen dem vierzigſten oder fuͤnf
und vierzigſten Grade geben, welche nach den Reiſe-
beſchreibern, die ich geleſen, ohngefaͤhr dem funfzig-
ſten auf unſerer nordlichen Halbkugel gleich kommen
ſollen; denn auf dieſer Breite ſind die Menſchen mehr
Menſchen. Haben wir uns denn recht eingerichtet,
dann will ich zu dieſen Voͤlkern Kuͤnſt’ und Wiſſen-
ſchaften bringen; aber mit groͤßter Sorgfalt werd’
ich verbitten allzu weite Schiffahrt vorzunehmen, ih-
re Kuͤſten zu verlaſſen und nur ſehr wenig uͤber die

Mittags-
d. fl. Menſch. H
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[113/0121] dern. Jch bemerke ſogar, daß auch hier zwar Un- ſchuld und Befreyung von Laſtern herrſcht, aber daß auch wenig Betriebſamkeit da ſey, und ohne dei- ne Geſetze, und angeordnete Geſchaͤfte, kurz, oh- ne dich, die Seele der Bewohner des unbeſteiglichen Berges, wuͤrden ſie bald einſchlaͤfern.‟ „Du urtheilſt ſehr richtig, liebſte Gattin, und ich kenne deinen Verſtand; aber wenn ruͤhmliche Un- ternehmungen ohne Wagnis, Gefahr und Muͤhe waͤ- ren, wo waͤre denn das Verdienſt? Jn Ueberſtei- gung derſelben beſteht eben der Ruhm und auf ihn hoff’ ich: uͤbrigens haben wir Kinder, fuͤr welche die- ſe Einrichtung hier zu enge wird. Jch will ſogleich auf die Endeckung meiner Jnſel, oder Halbinſel, dies macht nichts aus, denken; nur muß ſie unbe- voͤlkert oder wenigſtens von keinen maͤchtigen Natio- nen, denen unſere Nachbarſchaft beſchwerlich ſeyn moͤchte, bewohnt ſeyn. Find’ ich keine von der lez- tern Art, ſo werde ich mich wohl huͤten, ſie den Eu- ropaͤern zu entdecken. Jch werde mir Muͤhe um ein fruchtbares Land zwiſchen dem vierzigſten oder fuͤnf und vierzigſten Grade geben, welche nach den Reiſe- beſchreibern, die ich geleſen, ohngefaͤhr dem funfzig- ſten auf unſerer nordlichen Halbkugel gleich kommen ſollen; denn auf dieſer Breite ſind die Menſchen mehr Menſchen. Haben wir uns denn recht eingerichtet, dann will ich zu dieſen Voͤlkern Kuͤnſt’ und Wiſſen- ſchaften bringen; aber mit groͤßter Sorgfalt werd’ ich verbitten allzu weite Schiffahrt vorzunehmen, ih- re Kuͤſten zu verlaſſen und nur ſehr wenig uͤber die Mittags- d. fl. Menſch. H

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/121>, abgerufen am 23.11.2024.