"Zum Henker, warum schlaft ihr alle so fest, daß man mein ganzes Schloß mit euch forttragen könnte."
"Jst ihre Reise glücklich gewesen, gnäd'ger Herr?"
"Recht glücklich, meine Beste; ich habe meine Tochter, meine Enkel, meinen Schwiegersohn ge- sehn: ach! einen Schwiegersohn. ... kurz er ge- fällt mir ausserordentlich und im ganzen Königreiche hätt' ich keine so vortheilhafte Heyrath finden kön- nen."
"So, gnädger Herr! desto besser, desto besser, mein theurer Gebieter! -- man darf zwar dem Gerede nicht trauen, aber jedermann hält Victorin dafür!"
"Nach Belieben! Gnug, ein Fürst hat meine Tochter geheurathet, und im kurzen wird sie noch mehr als Prinzessin seyn."
"Gottlob mein Herr!"
"So ists meine Beste, aber geht an eure Ar- beit, und laßt mich mit wichtigern Dingen beschäf- tigen."
Jch glaube, daß der gute Herr an dem Gesetzbuche für das künftige Königreich der Königin seiner Toch- ter arbeiten wollte; aber seine Gedanken, die ohne Zweifel sehr schön waren, sind nicht bekannt worden. Wir kehren zum unbesteiglichen Berge zurück.
Christine hatte zuweilen dem Gespräche ihres Va- ters mit ihrem Gemahl, über die künftige königliche
Wür-
„Zum Henker, warum ſchlaft ihr alle ſo feſt, daß man mein ganzes Schloß mit euch forttragen koͤnnte.‟
„Jſt ihre Reiſe gluͤcklich geweſen, gnaͤd’ger Herr?‟
„Recht gluͤcklich, meine Beſte; ich habe meine Tochter, meine Enkel, meinen Schwiegerſohn ge- ſehn: ach! einen Schwiegerſohn. … kurz er ge- faͤllt mir auſſerordentlich und im ganzen Koͤnigreiche haͤtt’ ich keine ſo vortheilhafte Heyrath finden koͤn- nen.‟
„So, gnaͤdger Herr! deſto beſſer, deſto beſſer, mein theurer Gebieter! — man darf zwar dem Gerede nicht trauen, aber jedermann haͤlt Victorin dafuͤr!‟
„Nach Belieben! Gnug, ein Fuͤrſt hat meine Tochter geheurathet, und im kurzen wird ſie noch mehr als Prinzeſſin ſeyn.‟
„Gottlob mein Herr!‟
„So iſts meine Beſte, aber geht an eure Ar- beit, und laßt mich mit wichtigern Dingen beſchaͤf- tigen.‟
Jch glaube, daß der gute Herr an dem Geſetzbuche fuͤr das kuͤnftige Koͤnigreich der Koͤnigin ſeiner Toch- ter arbeiten wollte; aber ſeine Gedanken, die ohne Zweifel ſehr ſchoͤn waren, ſind nicht bekannt worden. Wir kehren zum unbeſteiglichen Berge zuruͤck.
Chriſtine hatte zuweilen dem Geſpraͤche ihres Va- ters mit ihrem Gemahl, uͤber die kuͤnftige koͤnigliche
Wuͤr-
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„Zum Henker, warum ſchlaft ihr alle ſo feſt,
daß man mein ganzes Schloß mit euch forttragen
koͤnnte.‟
„Jſt ihre Reiſe gluͤcklich geweſen, gnaͤd’ger
Herr?‟
„Recht gluͤcklich, meine Beſte; ich habe meine
Tochter, meine Enkel, meinen Schwiegerſohn ge-
ſehn: ach! einen Schwiegerſohn. … kurz er ge-
faͤllt mir auſſerordentlich und im ganzen Koͤnigreiche
haͤtt’ ich keine ſo vortheilhafte Heyrath finden koͤn-
nen.‟
„So, gnaͤdger Herr! deſto beſſer, deſto beſſer,
mein theurer Gebieter! — man darf zwar dem Gerede
nicht trauen, aber jedermann haͤlt Victorin dafuͤr!‟
„Nach Belieben! Gnug, ein Fuͤrſt hat meine
Tochter geheurathet, und im kurzen wird ſie noch
mehr als Prinzeſſin ſeyn.‟
„Gottlob mein Herr!‟
„So iſts meine Beſte, aber geht an eure Ar-
beit, und laßt mich mit wichtigern Dingen beſchaͤf-
tigen.‟
Jch glaube, daß der gute Herr an dem Geſetzbuche
fuͤr das kuͤnftige Koͤnigreich der Koͤnigin ſeiner Toch-
ter arbeiten wollte; aber ſeine Gedanken, die ohne
Zweifel ſehr ſchoͤn waren, ſind nicht bekannt worden.
Wir kehren zum unbeſteiglichen Berge zuruͤck.
Chriſtine hatte zuweilen dem Geſpraͤche ihres Va-
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Wuͤr-
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/119>, abgerufen am 16.02.2025.
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