stine mit ihren drey Kindern flogen ihnen zur Seite, und in weniger als einer Stunde langte man auf dem unbesteiglichen Berge an.
Dieser Monarch wohnte in keiner Grotte mehr, der Maurer, welchen er entführt, und der Tochter der Vezinier zum Manne gegeben, hatte seine Wissenschaft allen jungen Leuten gelehrt. Sie hatten daher an der Seite des Bachs, auf dem Felsen einen nach Co- rinthischer Bauart sehr schön geordneten Pallast auf- geführt. Auf dem geebneten Gipfel des Felsen hatte man durch hingeschafte Erde, einen artigen Garten angelegt: und hier ließ Victorin mit seinem Schwie- gervater und seiner Familie sich nieder. Nach der Ankunft legte man sich zu Ruhe, und verschob die Besichtigung des Berges, so wie der übrigen Einrich- tungen bis zum Aufstehn des alten Herrn.
Er schlief wenig: die Neugierde, das Vergnügen und die Freude erlaubten ihm kaum einige Ruhestun- den. Er bewunderte gleich anfangs den Garten, in welchem das Wasser durch Hülfe eines Drukwerks sprang. Alsdann gieng er in den reichgezierten Pal- last, um die Zimmer zu besehn. Staunend fand er da eine sehr wohl eingerichtete und mit allem Noth- wendigen versehene Kapelle. Vorzüglich bewundert' er die Schönheit der jungen Einwohner, die ohne Zweifel die Reinigkeit der Luft, und noch mehr die Befreyung unangenehmer Leidenschaften zur Ursach hatte; denn die Schönheit ist dem Menschen so wie die Güte natürlich. Man zeigte ihm hierauf die Som- merpläne, worauf nur ein einziges Gebäude, aber
weit-
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ſtine mit ihren drey Kindern flogen ihnen zur Seite, und in weniger als einer Stunde langte man auf dem unbeſteiglichen Berge an.
Dieſer Monarch wohnte in keiner Grotte mehr, der Maurer, welchen er entfuͤhrt, und der Tochter der Vezinier zum Manne gegeben, hatte ſeine Wiſſenſchaft allen jungen Leuten gelehrt. Sie hatten daher an der Seite des Bachs, auf dem Felſen einen nach Co- rinthiſcher Bauart ſehr ſchoͤn geordneten Pallaſt auf- gefuͤhrt. Auf dem geebneten Gipfel des Felſen hatte man durch hingeſchafte Erde, einen artigen Garten angelegt: und hier ließ Victorin mit ſeinem Schwie- gervater und ſeiner Familie ſich nieder. Nach der Ankunft legte man ſich zu Ruhe, und verſchob die Beſichtigung des Berges, ſo wie der uͤbrigen Einrich- tungen bis zum Aufſtehn des alten Herrn.
Er ſchlief wenig: die Neugierde, das Vergnuͤgen und die Freude erlaubten ihm kaum einige Ruheſtun- den. Er bewunderte gleich anfangs den Garten, in welchem das Waſſer durch Huͤlfe eines Drukwerks ſprang. Alsdann gieng er in den reichgezierten Pal- laſt, um die Zimmer zu beſehn. Staunend fand er da eine ſehr wohl eingerichtete und mit allem Noth- wendigen verſehene Kapelle. Vorzuͤglich bewundert’ er die Schoͤnheit der jungen Einwohner, die ohne Zweifel die Reinigkeit der Luft, und noch mehr die Befreyung unangenehmer Leidenſchaften zur Urſach hatte; denn die Schoͤnheit iſt dem Menſchen ſo wie die Guͤte natuͤrlich. Man zeigte ihm hierauf die Som- merplaͤne, worauf nur ein einziges Gebaͤude, aber
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ſtine mit ihren drey Kindern flogen ihnen zur Seite,
und in weniger als einer Stunde langte man auf dem
unbeſteiglichen Berge an.
Dieſer Monarch wohnte in keiner Grotte mehr,
der Maurer, welchen er entfuͤhrt, und der Tochter der
Vezinier zum Manne gegeben, hatte ſeine Wiſſenſchaft
allen jungen Leuten gelehrt. Sie hatten daher an
der Seite des Bachs, auf dem Felſen einen nach Co-
rinthiſcher Bauart ſehr ſchoͤn geordneten Pallaſt auf-
gefuͤhrt. Auf dem geebneten Gipfel des Felſen hatte
man durch hingeſchafte Erde, einen artigen Garten
angelegt: und hier ließ Victorin mit ſeinem Schwie-
gervater und ſeiner Familie ſich nieder. Nach der
Ankunft legte man ſich zu Ruhe, und verſchob die
Beſichtigung des Berges, ſo wie der uͤbrigen Einrich-
tungen bis zum Aufſtehn des alten Herrn.
Er ſchlief wenig: die Neugierde, das Vergnuͤgen
und die Freude erlaubten ihm kaum einige Ruheſtun-
den. Er bewunderte gleich anfangs den Garten, in
welchem das Waſſer durch Huͤlfe eines Drukwerks
ſprang. Alsdann gieng er in den reichgezierten Pal-
laſt, um die Zimmer zu beſehn. Staunend fand er
da eine ſehr wohl eingerichtete und mit allem Noth-
wendigen verſehene Kapelle. Vorzuͤglich bewundert’
er die Schoͤnheit der jungen Einwohner, die ohne
Zweifel die Reinigkeit der Luft, und noch mehr die
Befreyung unangenehmer Leidenſchaften zur Urſach
hatte; denn die Schoͤnheit iſt dem Menſchen ſo wie die
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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/109>, abgerufen am 25.11.2024.
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