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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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meines Vaters bloß ihren Namen. -- Sophie ist ein
reizendes Mädchen, wenn sie sie sehen sollten, wür-
den sie sie für meine Mutter halten, als sie noch bey
ihnen war. Mein Vater und meine Mutter haben
sogar gesagt, daß, wenn sie minder sie hochschätzten,
man sie in einen tiefen Schlaf versenken, hernach
wegführen, und beym Erwachen überreden können,
daß alles vorgefallene nur ein Traum gewesen, indem
man ihnen Sophien an Christinens statt, eben so
gekleidet, als wie sie am Tage ihrer Entführung war,
vorstellte."

"O mein Sohn! wie begierig machst du mich,
sie alle zu sehn. Denn da Victorin Regent ist, wär'
es auch nur von dem geringsten Neste, so kann ich weiter
nichts wider ihn haben, und seine Verbindung ge-
reicht mir zur Ehre. Wohlan wir wollen frühstü-
cken und noch heute abreifen."

"Dies kann erst in der Nacht geschehn, mein
lieber Großpapa; mein Vater, der mich bis in das
nächste Gebüsche gebracht hat, wird dann kommen
Nachricht von mir einzuholen, und ich will ihm vor-
läufige Eröfnung von ihren guten Gesinnungen gegen
uns thun."

"Der Tag verstrich in lauter Freuden, und der
alte Herr konnte nicht satt werden seinen Enkel zu be-
wundern. Von der Natur überwältigt wich alles
Vorurtheil, ehmaliger Haß und Entwürfe der Rache,
der süssen väterlichen Empfindung. Er stellte den
jungen B-m-t unter diesem Namen, allen seinen Vas-
sallen vor, und wünschte ihn der ganzen Welt zeigen

zu



meines Vaters bloß ihren Namen. — Sophie iſt ein
reizendes Maͤdchen, wenn ſie ſie ſehen ſollten, wuͤr-
den ſie ſie fuͤr meine Mutter halten, als ſie noch bey
ihnen war. Mein Vater und meine Mutter haben
ſogar geſagt, daß, wenn ſie minder ſie hochſchaͤtzten,
man ſie in einen tiefen Schlaf verſenken, hernach
wegfuͤhren, und beym Erwachen uͤberreden koͤnnen,
daß alles vorgefallene nur ein Traum geweſen, indem
man ihnen Sophien an Chriſtinens ſtatt, eben ſo
gekleidet, als wie ſie am Tage ihrer Entfuͤhrung war,
vorſtellte.‟

„O mein Sohn! wie begierig machſt du mich,
ſie alle zu ſehn. Denn da Victorin Regent iſt, waͤr’
es auch nur von dem geringſten Neſte, ſo kann ich weiter
nichts wider ihn haben, und ſeine Verbindung ge-
reicht mir zur Ehre. Wohlan wir wollen fruͤhſtuͤ-
cken und noch heute abreifen.‟

„Dies kann erſt in der Nacht geſchehn, mein
lieber Großpapa; mein Vater, der mich bis in das
naͤchſte Gebuͤſche gebracht hat, wird dann kommen
Nachricht von mir einzuholen, und ich will ihm vor-
laͤufige Eroͤfnung von ihren guten Geſinnungen gegen
uns thun.‟

„Der Tag verſtrich in lauter Freuden, und der
alte Herr konnte nicht ſatt werden ſeinen Enkel zu be-
wundern. Von der Natur uͤberwaͤltigt wich alles
Vorurtheil, ehmaliger Haß und Entwuͤrfe der Rache,
der ſuͤſſen vaͤterlichen Empfindung. Er ſtellte den
jungen B-m-t unter dieſem Namen, allen ſeinen Vaſ-
ſallen vor, und wuͤnſchte ihn der ganzen Welt zeigen

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[98/0106] meines Vaters bloß ihren Namen. — Sophie iſt ein reizendes Maͤdchen, wenn ſie ſie ſehen ſollten, wuͤr- den ſie ſie fuͤr meine Mutter halten, als ſie noch bey ihnen war. Mein Vater und meine Mutter haben ſogar geſagt, daß, wenn ſie minder ſie hochſchaͤtzten, man ſie in einen tiefen Schlaf verſenken, hernach wegfuͤhren, und beym Erwachen uͤberreden koͤnnen, daß alles vorgefallene nur ein Traum geweſen, indem man ihnen Sophien an Chriſtinens ſtatt, eben ſo gekleidet, als wie ſie am Tage ihrer Entfuͤhrung war, vorſtellte.‟ „O mein Sohn! wie begierig machſt du mich, ſie alle zu ſehn. Denn da Victorin Regent iſt, waͤr’ es auch nur von dem geringſten Neſte, ſo kann ich weiter nichts wider ihn haben, und ſeine Verbindung ge- reicht mir zur Ehre. Wohlan wir wollen fruͤhſtuͤ- cken und noch heute abreifen.‟ „Dies kann erſt in der Nacht geſchehn, mein lieber Großpapa; mein Vater, der mich bis in das naͤchſte Gebuͤſche gebracht hat, wird dann kommen Nachricht von mir einzuholen, und ich will ihm vor- laͤufige Eroͤfnung von ihren guten Geſinnungen gegen uns thun.‟ „Der Tag verſtrich in lauter Freuden, und der alte Herr konnte nicht ſatt werden ſeinen Enkel zu be- wundern. Von der Natur uͤberwaͤltigt wich alles Vorurtheil, ehmaliger Haß und Entwuͤrfe der Rache, der ſuͤſſen vaͤterlichen Empfindung. Er ſtellte den jungen B-m-t unter dieſem Namen, allen ſeinen Vaſ- ſallen vor, und wuͤnſchte ihn der ganzen Welt zeigen zu

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/106>, abgerufen am 25.11.2024.