Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.sie dessen einen Schein machen/ so singen sie/ oder heulen vielmehr aus ihrem Brevier ihre also genannte Vesper, (welche sich auff den Abend zu verrichten gehörte /) um den Vormittag/ damit ihre Fasten-Zeit nach dem vollzogenen Vesper-Geplärre desto früher geendiget seye/ und sie also destoweniger an ihrem Wohlleben verhindert werden/ und die Mahlzeit in die länge fortsetzen und prassen können: Und diß muß dann heissen gefastet. Zum dritten: So heisst es alsdann die Fasten gantz streng gehalten/ wann sie nach völliger Mittags-Mahlzeit darauff am Abend eine Collation halten von Confecturen / eingemachten Schlecker-Werck/ und kalten Fasten-Speisen: Woran weilen sie das Maul nicht verbrennen/ vermeinen sie auch sie verletzen das Gewissen nicht. Und obschon die Papisten sich selbsten nicht vertragen/ wie viel zulässig seye des Abends zur Fasten-Collation zu nehmen/ und etliche mit Stoz in Theologia morali darfür halten/ drey Viertel Pfund seye nicht zuviel für einen teuschen Magen: Andere aber etwas wenigers zulegen: So nehmen sie doch insgemein so viel/ daß sie dessentwegen keine Ohnmacht des Nachts zu befahren haben. Zum vierten: Trifft das Gebot des Fastens nur die schlecht-bemittelte/ und geringeren Stands Personen: Dann weilen die Reichen allzu zarter Complexion seyn/ daß sie des Papstes Gebot mit den Fischen nicht verdäuen können/ so lägt die dispensation der geistlichen Obrigkeit ihnen ein gelindes Fleisch-Pflaster auff den schwachen Magen. Zum fünfften: Obschon etliche Papisten mit strengem Fasten sich abmatten/ so betriegen sie sich doch/ und werden betrogen wegen der übel-eingerichteter Meinung/ indem sie ihr Fasten einrichten/ die Gnade GOttes und Seligkeit dardurch zu verdienen: Da doch GOttes Gnade zu erhalten dem Glauben allein eigenthümlich ist/ und des Fastens eigentliches Absehen dahin zielet/ daß die zeitliche Straffe werde/ ohne eintzigem Verdienst/ nur durch mitleydige Barmhertzigkeit GOttes/ abgekehrt/ und der Zucht-Ruhten GOttes hierdurch vorgebogen/ oder auch daß der Mensch hierdurch zum eyffrigen Gebet desto besser werde beqvemet. Derowegen dann auff solches übel-eingerichtetes Fasten GOTT sein Miß-Vergnügen zu verstehen giebt Esa. 58. v. I. da er spricht: Schreye/ laß nicht ab / erhebe deine Stimme wie eine Posaune/ und verkündige meinem Volck ihre Boßheit: Dann sie suchen mich täglich/ und wollen meine Wege wissen/ als ein Volck daß Gerechtigkeit gethan/ und das Recht seines GOttes nicht verlassen hätte: Sie fordern mich zu Recht / warum fasten wir/ und du siehest es nicht an? Warum thun wir unserm Leib wehe/ und du wilsts nicht wissen? Siehe/ wann ihr fastet/ so thut ihr euren Willen (oder aber des Pabstes Willen) Soll das ein Fasten seyn daß ich erwehlen soll/ daß ein Mensch seinem Leibe des Tages übel thue/ oder seinen Kopff hänge wie ein Schilff/ oder auff einem Sack und in der Aschen liege? Wollet ihr daß eine Fasten nennen/ und einen Tag dem HErrn angenehm? sc. Zum sechsten: So macht der H. Paulus vom Päbstischen Gebot/ wegen Enthaltung gewisser Speisen/ den kurtzen und klaren Ausspruch I. Tim. 4. v. I. 2. Da er spricht: Es seye eine Lehr der Teuffel und verführischen Geister: Und die solches lehren oder gebieten/ haben Brandmahl in ihrem Gewissen. sie dessen einen Schein machen/ so singen sie/ oder heulen vielmehr aus ihrem Brevier ihre also genannte Vesper, (welche sich auff den Abend zu verrichten gehörte /) um den Vormittag/ damit ihre Fasten-Zeit nach dem vollzogenen Vesper-Geplärre desto früher geendiget seye/ und sie also destoweniger an ihrem Wohlleben verhindert werden/ und die Mahlzeit in die länge fortsetzen und prassen können: Und diß muß dann heissen gefastet. Zum dritten: So heisst es alsdann die Fasten gantz streng gehalten/ wann sie nach völliger Mittags-Mahlzeit darauff am Abend eine Collation halten von Confecturen / eingemachten Schlecker-Werck/ und kalten Fasten-Speisen: Woran weilen sie das Maul nicht verbrennen/ vermeinen sie auch sie verletzen das Gewissen nicht. Und obschon die Papisten sich selbsten nicht vertragen/ wie viel zulässig seye des Abends zur Fasten-Collation zu nehmen/ und etliche mit Stoz in Theologia morali darfür halten/ drey Viertel Pfund seye nicht zuviel für einen teuschen Magen: Andere aber etwas wenigers zulegen: So nehmen sie doch insgemein so viel/ daß sie dessentwegen keine Ohnmacht des Nachts zu befahren haben. Zum vierten: Trifft das Gebot des Fastens nur die schlecht-bemittelte/ und geringeren Stands Personen: Dann weilen die Reichen allzu zarter Complexion seyn/ daß sie des Papstes Gebot mit den Fischen nicht verdäuen können/ so lägt die dispensation der geistlichen Obrigkeit ihnen ein gelindes Fleisch-Pflaster auff den schwachen Magen. Zum fünfften: Obschon etliche Papisten mit strengem Fasten sich abmatten/ so betriegen sie sich doch/ und werden betrogen wegen der übel-eingerichteter Meinung/ indem sie ihr Fasten einrichten/ die Gnade GOttes und Seligkeit dardurch zu verdienen: Da doch GOttes Gnade zu erhalten dem Glauben allein eigenthümlich ist/ und des Fastens eigentliches Absehen dahin zielet/ daß die zeitliche Straffe werde/ ohne eintzigem Verdienst/ nur durch mitleydige Barmhertzigkeit GOttes/ abgekehrt/ und der Zucht-Ruhten GOttes hierdurch vorgebogen/ oder auch daß der Mensch hierdurch zum eyffrigen Gebet desto besser werde beqvemet. Derowegen dann auff solches übel-eingerichtetes Fasten GOTT sein Miß-Vergnügen zu verstehen giebt Esa. 58. v. I. da er spricht: Schreye/ laß nicht ab / erhebe deine Stimme wie eine Posaune/ und verkündige meinem Volck ihre Boßheit: Dann sie suchen mich täglich/ und wollen meine Wege wissen/ als ein Volck daß Gerechtigkeit gethan/ und das Recht seines GOttes nicht verlassen hätte: Sie fordern mich zu Recht / warum fasten wir/ und du siehest es nicht an? Warum thun wir unserm Leib wehe/ und du wilsts nicht wissen? Siehe/ wann ihr fastet/ so thut ihr euren Willen (oder aber des Pabstes Willen) Soll das ein Fasten seyn daß ich erwehlen soll/ daß ein Mensch seinem Leibe des Tages übel thue/ oder seinen Kopff hänge wie ein Schilff/ oder auff einem Sack und in der Aschen liege? Wollet ihr daß eine Fasten nennen/ und einen Tag dem HErrn angenehm? sc. Zum sechsten: So macht der H. Paulus vom Päbstischen Gebot/ wegen Enthaltung gewisser Speisen/ den kurtzen und klaren Ausspruch I. Tim. 4. v. I. 2. 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Und obschon die Papisten sich selbsten nicht vertragen/ wie viel zulässig seye des Abends zur Fasten-Collation zu nehmen/ und etliche mit Stoz in Theologia morali darfür halten/ drey Viertel Pfund seye nicht zuviel für einen teuschen Magen: Andere aber etwas wenigers zulegen: So nehmen sie doch insgemein so viel/ daß sie dessentwegen keine Ohnmacht des Nachts zu befahren haben.</p> <p>Zum vierten: Trifft das Gebot des Fastens nur die schlecht-bemittelte/ und geringeren Stands Personen: Dann weilen die Reichen allzu zarter Complexion seyn/ daß sie des Papstes Gebot mit den Fischen nicht verdäuen können/ so lägt die dispensation der geistlichen Obrigkeit ihnen ein gelindes Fleisch-Pflaster auff den schwachen Magen.</p> <p>Zum fünfften: Obschon etliche Papisten mit strengem Fasten sich abmatten/ so betriegen sie sich doch/ und werden betrogen wegen der übel-eingerichteter Meinung/ indem sie ihr Fasten einrichten/ die Gnade GOttes und Seligkeit dardurch zu verdienen: Da doch GOttes Gnade zu erhalten dem Glauben allein eigenthümlich ist/ und des Fastens eigentliches Absehen dahin zielet/ daß die zeitliche Straffe werde/ ohne eintzigem Verdienst/ nur durch mitleydige Barmhertzigkeit GOttes/ abgekehrt/ und der Zucht-Ruhten GOttes hierdurch vorgebogen/ oder auch daß der Mensch hierdurch zum eyffrigen Gebet desto besser werde beqvemet. Derowegen dann auff solches übel-eingerichtetes Fasten GOTT sein Miß-Vergnügen zu verstehen giebt Esa. 58. v. I. da er spricht: Schreye/ laß nicht ab / erhebe deine Stimme wie eine Posaune/ und verkündige meinem Volck ihre Boßheit: Dann sie suchen mich täglich/ und wollen meine Wege wissen/ als ein Volck daß Gerechtigkeit gethan/ und das Recht seines GOttes nicht verlassen hätte: Sie fordern mich zu Recht / warum fasten wir/ und du siehest es nicht an? Warum thun wir unserm Leib wehe/ und du wilsts nicht wissen? Siehe/ wann ihr fastet/ so thut ihr euren Willen (oder aber des Pabstes Willen) Soll das ein Fasten seyn daß ich erwehlen soll/ daß ein Mensch seinem Leibe des Tages übel thue/ oder seinen Kopff hänge wie ein Schilff/ oder auff einem Sack und in der Aschen liege? Wollet ihr daß eine Fasten nennen/ und einen Tag dem HErrn angenehm? sc.</p> <p>Zum sechsten: So macht der H. Paulus vom Päbstischen Gebot/ wegen Enthaltung gewisser Speisen/ den kurtzen und klaren Ausspruch I. Tim. 4. v. I. 2. Da er spricht: Es seye eine Lehr der Teuffel und verführischen Geister: Und die solches lehren oder gebieten/ haben Brandmahl in ihrem Gewissen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [213/0513]
sie dessen einen Schein machen/ so singen sie/ oder heulen vielmehr aus ihrem Brevier ihre also genannte Vesper, (welche sich auff den Abend zu verrichten gehörte /) um den Vormittag/ damit ihre Fasten-Zeit nach dem vollzogenen Vesper-Geplärre desto früher geendiget seye/ und sie also destoweniger an ihrem Wohlleben verhindert werden/ und die Mahlzeit in die länge fortsetzen und prassen können: Und diß muß dann heissen gefastet.
Zum dritten: So heisst es alsdann die Fasten gantz streng gehalten/ wann sie nach völliger Mittags-Mahlzeit darauff am Abend eine Collation halten von Confecturen / eingemachten Schlecker-Werck/ und kalten Fasten-Speisen: Woran weilen sie das Maul nicht verbrennen/ vermeinen sie auch sie verletzen das Gewissen nicht. Und obschon die Papisten sich selbsten nicht vertragen/ wie viel zulässig seye des Abends zur Fasten-Collation zu nehmen/ und etliche mit Stoz in Theologia morali darfür halten/ drey Viertel Pfund seye nicht zuviel für einen teuschen Magen: Andere aber etwas wenigers zulegen: So nehmen sie doch insgemein so viel/ daß sie dessentwegen keine Ohnmacht des Nachts zu befahren haben.
Zum vierten: Trifft das Gebot des Fastens nur die schlecht-bemittelte/ und geringeren Stands Personen: Dann weilen die Reichen allzu zarter Complexion seyn/ daß sie des Papstes Gebot mit den Fischen nicht verdäuen können/ so lägt die dispensation der geistlichen Obrigkeit ihnen ein gelindes Fleisch-Pflaster auff den schwachen Magen.
Zum fünfften: Obschon etliche Papisten mit strengem Fasten sich abmatten/ so betriegen sie sich doch/ und werden betrogen wegen der übel-eingerichteter Meinung/ indem sie ihr Fasten einrichten/ die Gnade GOttes und Seligkeit dardurch zu verdienen: Da doch GOttes Gnade zu erhalten dem Glauben allein eigenthümlich ist/ und des Fastens eigentliches Absehen dahin zielet/ daß die zeitliche Straffe werde/ ohne eintzigem Verdienst/ nur durch mitleydige Barmhertzigkeit GOttes/ abgekehrt/ und der Zucht-Ruhten GOttes hierdurch vorgebogen/ oder auch daß der Mensch hierdurch zum eyffrigen Gebet desto besser werde beqvemet. Derowegen dann auff solches übel-eingerichtetes Fasten GOTT sein Miß-Vergnügen zu verstehen giebt Esa. 58. v. I. da er spricht: Schreye/ laß nicht ab / erhebe deine Stimme wie eine Posaune/ und verkündige meinem Volck ihre Boßheit: Dann sie suchen mich täglich/ und wollen meine Wege wissen/ als ein Volck daß Gerechtigkeit gethan/ und das Recht seines GOttes nicht verlassen hätte: Sie fordern mich zu Recht / warum fasten wir/ und du siehest es nicht an? Warum thun wir unserm Leib wehe/ und du wilsts nicht wissen? Siehe/ wann ihr fastet/ so thut ihr euren Willen (oder aber des Pabstes Willen) Soll das ein Fasten seyn daß ich erwehlen soll/ daß ein Mensch seinem Leibe des Tages übel thue/ oder seinen Kopff hänge wie ein Schilff/ oder auff einem Sack und in der Aschen liege? Wollet ihr daß eine Fasten nennen/ und einen Tag dem HErrn angenehm? sc.
Zum sechsten: So macht der H. Paulus vom Päbstischen Gebot/ wegen Enthaltung gewisser Speisen/ den kurtzen und klaren Ausspruch I. Tim. 4. v. I. 2. Da er spricht: Es seye eine Lehr der Teuffel und verführischen Geister: Und die solches lehren oder gebieten/ haben Brandmahl in ihrem Gewissen.
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/513>, abgerufen am 31.07.2024. |