Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.die böse Lüsten gedämpffet werden: Nicht aber also/ daß hiermit/ durch einen Noht-Zwang und Verbindung einer schweren Sünde/ der Christlichen Freyheit etwas benommen werde/ oder daß man des Fastens sich bediene als eines besonders-verdienstlichen Mittels/ die Seligkeit oder Vergebung der Sünden dardurch zu verdienen: Solches hat in der Schrifft keinen Grund: Sondern wird vielmehr mit der Pharisäer Fasten Matt. 6. deutlich verworffen. Wann demnach die Papisten mit dem Cardinal Lugo de poenit. d. 24. n. 8. und anderen Theologen insgemein sagen/ man könne durch das Fasten und andere Buß-Werck/ nicht allein schlechthin die Göttliche Barmhertzigkeit zur Abwendung der zeitlichen Straffen bewegen: Sondern auch der Göttlichen Gerechtigkeit vollkommentlich/ mit sattsamer Abstattung aller Gebühr/ ein völliges Gnügen leisten/ also/ daß GOtt/ er möchte mit uns rechnen und rechten wie er wolle/ nichts mehr/ noch zeitlich noch/ ewig/ zu fordern hätte (welches die Papisten nennen satisfactionem de condigno, & ad aeqvalitatem justiae) so halten wir solches billich für einen Greuel/ und abscheuliche GOtts-Lästerung. XV. Haben doch die Niniviten und andere mehr durch ihr Fasten erlanget/ daß ihnen die zeitliche Straffen seynd gelindert worden. Daraus erscheinet ja klärlich/ daß man durch das Fasten etwas bey GOtt verdienen und zu wegen bringen könne. Antwort. Sie haben GOtt nicht das Geringste dardurch abverdienet: (Wie an seinem Ort vom Mißbrauch der Päbstischen Busse ist bewiesen worden) sondern die Gütigkeit GOttes aus Mittleyden bewogen hat ihnen die zeitliche Straffen gnädigst nachgesehen. Also hat auch der Gottlose König Achab/ dieweil er gefastet/ und einen Sack an seinen Leib gelegt / erlanget/ daß das gedräuete Unglück bey seinen Lebzeiten über sein Hauß nicht kommen ist 3. Reg. 21. v. 72. hat aber drum GOtt nichts abverdienet: Ist auch dardurch der ewigen Straffe nicht entgangen: Dann solche wird aufgehebt bloß durch den Glauben. Der zweyte Irrthum. Wegen des Gebots der Vierzig-Tägigen Fasten. AUch handelen die Papisten daran abergläubisch/ daß sie das Vierzig-Tägige Fasten der Kirchen mit Zwang und Gewalt aufftringen: Dann selbiges hat keinen eintzigen Grund aus GOttes Wort: Sondern nur die Gewohnheit der Päbstischen Kirchen ist das eintzige Beweißthum: Wie solches gestehen müssen die Papisten bey Adamo Burghaber controv. III. part. priore doct. 25. Einrede der Papisten. I. Hat doch Christus selbsten vierzig Tage gefastet Matth. 4. v. 2. Warum sollte man dann nicht auch/ dessen Exempel nach/ die viertzig-tägige Fasten-Zeit halten: Dann wir sollen ja Christi Exempel nachfolgen? Antwort. Eur Fasten gegen das Fasten Christi zu rechnen/ ist nur Affen-Werck. Worinnen wir aber Christi Exempel nachfolgen sollen/ das machet der H. Geist austrücklich in der Schrifft nahmhafft: Nemlich in Sanfftmuht/ Demuht/ Gedult in Creutz und Anfechtung: Aber von dem wunderbahrlichen Fasten Christi/ und anderen Miraculen und übernatürlichen Sachen haben wir keinen Befehl. Und wann alles solte geschehen nach dem Exempel Christi/ so hätten schon längst die Päbstische Ablaß-Krämer aus der Päbstischen Tax-Kammer und Kirchen / nicht allein zu Rom/ sondern auch zum Stromberg und anderen Orten in Teutschland/ mit Peitschen müssen aus- die böse Lüsten gedämpffet werden: Nicht aber also/ daß hiermit/ durch einen Noht-Zwang und Verbindung einer schweren Sünde/ der Christlichen Freyheit etwas benommen werde/ oder daß man des Fastens sich bediene als eines besonders-verdienstlichen Mittels/ die Seligkeit oder Vergebung der Sünden dardurch zu verdienen: Solches hat in der Schrifft keinen Grund: Sondern wird vielmehr mit der Pharisäer Fasten Matt. 6. deutlich verworffen. Wann demnach die Papisten mit dem Cardinal Lugo de poenit. d. 24. n. 8. und anderen Theologen insgemein sagen/ man könne durch das Fasten und andere Buß-Werck/ nicht allein schlechthin die Göttliche Barmhertzigkeit zur Abwendung der zeitlichen Straffen bewegen: Sondern auch der Göttlichen Gerechtigkeit vollkommentlich/ mit sattsamer Abstattung aller Gebühr/ ein völliges Gnügen leisten/ also/ daß GOtt/ er möchte mit uns rechnen und rechten wie er wolle/ nichts mehr/ noch zeitlich noch/ ewig/ zu fordern hätte (welches die Papisten nennen satisfactionem de condigno, & ad aeqvalitatem justiae) so halten wir solches billich für einen Greuel/ und abscheuliche GOtts-Lästerung. XV. Haben doch die Niniviten und andere mehr durch ihr Fasten erlanget/ daß ihnen die zeitliche Straffen seynd gelindert worden. Daraus erscheinet ja klärlich/ daß man durch das Fasten etwas bey GOtt verdienen und zu wegen bringen könne. Antwort. Sie haben GOtt nicht das Geringste dardurch abverdienet: (Wie an seinem Ort vom Mißbrauch der Päbstischen Busse ist bewiesen worden) sondern die Gütigkeit GOttes aus Mittleyden bewogen hat ihnen die zeitliche Straffen gnädigst nachgesehen. Also hat auch der Gottlose König Achab/ dieweil er gefastet/ und einen Sack an seinen Leib gelegt / erlanget/ daß das gedräuete Unglück bey seinen Lebzeiten über sein Hauß nicht kommen ist 3. Reg. 21. v. 72. hat aber drum GOtt nichts abverdienet: Ist auch dardurch der ewigen Straffe nicht entgangen: Dann solche wird aufgehebt bloß durch den Glauben. Der zweyte Irrthum. Wegen des Gebots der Vierzig-Tägigen Fasten. AUch handelen die Papisten daran abergläubisch/ daß sie das Vierzig-Tägige Fasten der Kirchen mit Zwang und Gewalt aufftringen: Dann selbiges hat keinen eintzigen Grund aus GOttes Wort: Sondern nur die Gewohnheit der Päbstischen Kirchen ist das eintzige Beweißthum: Wie solches gestehen müssen die Papisten bey Adamo Burghaber controv. III. part. priore doct. 25. Einrede der Papisten. I. Hat doch Christus selbsten vierzig Tage gefastet Matth. 4. v. 2. Warum sollte man dann nicht auch/ dessen Exempel nach/ die viertzig-tägige Fasten-Zeit halten: Dann wir sollen ja Christi Exempel nachfolgen? Antwort. Eur Fasten gegen das Fasten Christi zu rechnen/ ist nur Affen-Werck. Worinnen wir aber Christi Exempel nachfolgen sollen/ das machet der H. Geist austrücklich in der Schrifft nahmhafft: Nemlich in Sanfftmuht/ Demuht/ Gedult in Creutz und Anfechtung: Aber von dem wunderbahrlichen Fasten Christi/ und anderen Miraculen und übernatürlichen Sachen haben wir keinen Befehl. Und wann alles solte geschehen nach dem Exempel Christi/ so hätten schon längst die Päbstische Ablaß-Krämer aus der Päbstischen Tax-Kammer und Kirchen / nicht allein zu Rom/ sondern auch zum Stromberg und anderen Orten in Teutschland/ mit Peitschen müssen aus- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0511" n="211"/> die böse Lüsten gedämpffet werden: Nicht aber also/ daß hiermit/ durch einen Noht-Zwang und Verbindung einer schweren Sünde/ der Christlichen Freyheit etwas benommen werde/ oder daß man des Fastens sich bediene als eines besonders-verdienstlichen Mittels/ die Seligkeit oder Vergebung der Sünden dardurch zu verdienen: Solches hat in der Schrifft keinen Grund: Sondern wird vielmehr mit der Pharisäer Fasten Matt. 6. deutlich verworffen. Wann demnach die Papisten mit dem Cardinal Lugo de poenit. d. 24. n. 8. und anderen Theologen insgemein sagen/ man könne durch das Fasten und andere Buß-Werck/ nicht allein schlechthin die Göttliche Barmhertzigkeit zur Abwendung der zeitlichen Straffen bewegen: Sondern auch der Göttlichen Gerechtigkeit vollkommentlich/ mit sattsamer Abstattung aller Gebühr/ ein völliges Gnügen leisten/ also/ daß GOtt/ er möchte mit uns rechnen und rechten wie er wolle/ nichts mehr/ noch zeitlich noch/ ewig/ zu fordern hätte (welches die Papisten nennen satisfactionem de condigno, & ad aeqvalitatem justiae) so halten wir solches billich für einen Greuel/ und abscheuliche GOtts-Lästerung.</p> <p>XV. Haben doch die Niniviten und andere mehr durch ihr Fasten erlanget/ daß ihnen die zeitliche Straffen seynd gelindert worden. Daraus erscheinet ja klärlich/ daß man durch das Fasten etwas bey GOtt verdienen und zu wegen bringen könne.</p> <p>Antwort. Sie haben GOtt nicht das Geringste dardurch abverdienet: (Wie an seinem Ort vom Mißbrauch der Päbstischen Busse ist bewiesen worden) sondern die Gütigkeit GOttes aus Mittleyden bewogen hat ihnen die zeitliche Straffen gnädigst nachgesehen. Also hat auch der Gottlose König Achab/ dieweil er gefastet/ und einen Sack an seinen Leib gelegt / erlanget/ daß das gedräuete Unglück bey seinen Lebzeiten über sein Hauß nicht kommen ist 3. Reg. 21. v. 72. hat aber drum GOtt nichts abverdienet: Ist auch dardurch der ewigen Straffe nicht entgangen: Dann solche wird aufgehebt bloß durch den Glauben.</p> <p>Der zweyte Irrthum.</p> <p>Wegen des Gebots der Vierzig-Tägigen Fasten.</p> <p>AUch handelen die Papisten daran abergläubisch/ daß sie das Vierzig-Tägige Fasten der Kirchen mit Zwang und Gewalt aufftringen:</p> <p>Dann selbiges hat keinen eintzigen Grund aus GOttes Wort: Sondern nur die Gewohnheit der Päbstischen Kirchen ist das eintzige Beweißthum: Wie solches gestehen müssen die Papisten bey Adamo Burghaber controv. III. part. priore doct. 25.</p> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Hat doch Christus selbsten vierzig Tage gefastet Matth. 4. v. 2. Warum sollte man dann nicht auch/ dessen Exempel nach/ die viertzig-tägige Fasten-Zeit halten: Dann wir sollen ja Christi Exempel nachfolgen?</p> <p>Antwort. Eur Fasten gegen das Fasten Christi zu rechnen/ ist nur Affen-Werck. Worinnen wir aber Christi Exempel nachfolgen sollen/ das machet der H. Geist austrücklich in der Schrifft nahmhafft: Nemlich in Sanfftmuht/ Demuht/ Gedult in Creutz und Anfechtung: Aber von dem wunderbahrlichen Fasten Christi/ und anderen Miraculen und übernatürlichen Sachen haben wir keinen Befehl. Und wann alles solte geschehen nach dem Exempel Christi/ so hätten schon längst die Päbstische Ablaß-Krämer aus der Päbstischen Tax-Kammer und Kirchen / nicht allein zu Rom/ sondern auch zum Stromberg und anderen Orten in Teutschland/ mit Peitschen müssen aus- </p> </div> </body> </text> </TEI> [211/0511]
die böse Lüsten gedämpffet werden: Nicht aber also/ daß hiermit/ durch einen Noht-Zwang und Verbindung einer schweren Sünde/ der Christlichen Freyheit etwas benommen werde/ oder daß man des Fastens sich bediene als eines besonders-verdienstlichen Mittels/ die Seligkeit oder Vergebung der Sünden dardurch zu verdienen: Solches hat in der Schrifft keinen Grund: Sondern wird vielmehr mit der Pharisäer Fasten Matt. 6. deutlich verworffen. Wann demnach die Papisten mit dem Cardinal Lugo de poenit. d. 24. n. 8. und anderen Theologen insgemein sagen/ man könne durch das Fasten und andere Buß-Werck/ nicht allein schlechthin die Göttliche Barmhertzigkeit zur Abwendung der zeitlichen Straffen bewegen: Sondern auch der Göttlichen Gerechtigkeit vollkommentlich/ mit sattsamer Abstattung aller Gebühr/ ein völliges Gnügen leisten/ also/ daß GOtt/ er möchte mit uns rechnen und rechten wie er wolle/ nichts mehr/ noch zeitlich noch/ ewig/ zu fordern hätte (welches die Papisten nennen satisfactionem de condigno, & ad aeqvalitatem justiae) so halten wir solches billich für einen Greuel/ und abscheuliche GOtts-Lästerung.
XV. Haben doch die Niniviten und andere mehr durch ihr Fasten erlanget/ daß ihnen die zeitliche Straffen seynd gelindert worden. Daraus erscheinet ja klärlich/ daß man durch das Fasten etwas bey GOtt verdienen und zu wegen bringen könne.
Antwort. Sie haben GOtt nicht das Geringste dardurch abverdienet: (Wie an seinem Ort vom Mißbrauch der Päbstischen Busse ist bewiesen worden) sondern die Gütigkeit GOttes aus Mittleyden bewogen hat ihnen die zeitliche Straffen gnädigst nachgesehen. Also hat auch der Gottlose König Achab/ dieweil er gefastet/ und einen Sack an seinen Leib gelegt / erlanget/ daß das gedräuete Unglück bey seinen Lebzeiten über sein Hauß nicht kommen ist 3. Reg. 21. v. 72. hat aber drum GOtt nichts abverdienet: Ist auch dardurch der ewigen Straffe nicht entgangen: Dann solche wird aufgehebt bloß durch den Glauben.
Der zweyte Irrthum.
Wegen des Gebots der Vierzig-Tägigen Fasten.
AUch handelen die Papisten daran abergläubisch/ daß sie das Vierzig-Tägige Fasten der Kirchen mit Zwang und Gewalt aufftringen:
Dann selbiges hat keinen eintzigen Grund aus GOttes Wort: Sondern nur die Gewohnheit der Päbstischen Kirchen ist das eintzige Beweißthum: Wie solches gestehen müssen die Papisten bey Adamo Burghaber controv. III. part. priore doct. 25.
Einrede der Papisten.
I. Hat doch Christus selbsten vierzig Tage gefastet Matth. 4. v. 2. Warum sollte man dann nicht auch/ dessen Exempel nach/ die viertzig-tägige Fasten-Zeit halten: Dann wir sollen ja Christi Exempel nachfolgen?
Antwort. Eur Fasten gegen das Fasten Christi zu rechnen/ ist nur Affen-Werck. Worinnen wir aber Christi Exempel nachfolgen sollen/ das machet der H. Geist austrücklich in der Schrifft nahmhafft: Nemlich in Sanfftmuht/ Demuht/ Gedult in Creutz und Anfechtung: Aber von dem wunderbahrlichen Fasten Christi/ und anderen Miraculen und übernatürlichen Sachen haben wir keinen Befehl. Und wann alles solte geschehen nach dem Exempel Christi/ so hätten schon längst die Päbstische Ablaß-Krämer aus der Päbstischen Tax-Kammer und Kirchen / nicht allein zu Rom/ sondern auch zum Stromberg und anderen Orten in Teutschland/ mit Peitschen müssen aus-
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/511>, abgerufen am 31.07.2024. |