Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Einrede der Papisten. I. Zum wenigsten aus diesem Spruch Christi: Matth. 15. v. II. Was zum Mund eingehet / verunreiniget den Menschen nicht/ kan nicht erwiesen werden/ daß der Mensch/ durch Niessung des Fleisches an verbottenen Tagen/ nicht sündige: Dann obschon das Fleisch/ so zum Munde eingehet/ die Seele nicht verunreiniget/ so verunreiniget doch selbe der böse Wille und Ungehorsam/ so sich dem Verbot der Kirchen hallstarriger Weise wiedersetzet: Gleich wie der Apffel an sich den Adam nicht hat verunreiniget/ sondern der böse Wille das Gebot zu übertreten. Antwort. Wann der Hochweiseste Lehr-Meister Christus nichts anders hätte sagen wollen / als daß die Speisen die Seele nicht besudelten/ hätte Er gegen die Pharisäer nichts besonders vorgetragen: Dann das verstunde sich schon von sich selbsten. Und gestehts ja auch der Jesuit Cornelius a Lapide in Matth. c. 15. v. 2. Daß schon dazumahl Christus mit obangezogenen Worten das Mosaische und Ceremonialische Gesetz habe wollen zum Ende richten: Und folgens hat Christus auch sagen wollen/ die Unterscheidung und Niessung der Speisen mit gewaschenen oder ungewaschenen Händen seye auffgehoben/ und werde demnach die Seele weder besudelt durch die Speise/ noch durch die Intention und Meinung selbige zu geniessen. Weilen dann Christus die Niessung des Fleisches ohne Unterscheid gestattet/ so kan diese Niessung kein GOtt mißfälliger Ungehorsam seyn wieder das Verbot der Kirchen: Dann/ wie das Sprüch-Wort sagt/ was Christus giebt/ kau H. Petrus nicht nehmen. II. Der Kirchen soll man gehorchen Matth. 18. v. 17. Nun aber hat die Kirche das Fasten mit Enthaltung von gewissen Speisen angeordnet: Derowegen soll man ihr dißfalls gehorchen. Antwort. Der Gehorsam gegen die Satzungen der Kirchen verbindet so weit/ als die Verordnungen der Kirchen sich verhalten in den Schrancken des göttlichen Worts/ oder nur betreffen die eusserliche Veranstaltungen/ so an sich selbst/ ihrer Natur nach / Mittel-Ding seyn und bleiben. Wann aber die Kirch will neue Glaubens-Artickel einführen / so muß sie selbige aus GOttes Wort behaupten: Sonsten ist man an dieselbige keines Weges gebunden. Uber das/ so heisst es nicht also bald/ das hat die Kirche geordnet und befohlen/ wann etwa etliche aberglaubische Menschen/ und fürnemlich der Pabst und die Pfaffen/ unter dem Nahmen der Kirchen/ der Christenheit etwas zu glauben tyrannischer Weise auffgetrungen haben/ wie im Pabstum geschicht. Und stehet es keinem Pabst zu ein Gebot von Unterscheid der Speisen einzuführen: Dann S. Petrus ware ja/ der Papisten Fürgeben nach/ der erste Pabst: Und dannoch sprach GOtt zu ihm: Die Speisen so GOtt gereiniget/ und zu geniessen erlaubet hat/ solst du nicht für gemein/ unrein und verboten halten. Act. 10. v. 15. Vielweniger der gantzen Gemeine als verboten aufftringen. III. Spricht doch S. Paulus: Welcher schwach ist/ der esse Kraut/ Rom. 14. v. 2. Derowegen so kan die Verbietung etlicher Speisen eingeführt werden. Antwort. Paulus redet daselbsten von den Schwach-Gläubigen/ welche im Anfang der Christenheit gar leicht geärgert wurden/ oder auch andere ärgeren konten mit Niessung der im alten Testament verbotenen Speisen: Welches zu verhüten er ihnen rahtet Kraut zu essen. Dannoch so setzet S. Paulus daselbst v. 3. hinzu: Welcher isset/ der verachte den nicht / der da nicht isset/ und welcher nicht isset/ der richte den nicht/ der da isset. Zeiget also Einrede der Papisten. I. Zum wenigsten aus diesem Spruch Christi: Matth. 15. v. II. Was zum Mund eingehet / verunreiniget den Menschen nicht/ kan nicht erwiesen werden/ daß der Mensch/ durch Niessung des Fleisches an verbottenen Tagen/ nicht sündige: Dann obschon das Fleisch/ so zum Munde eingehet/ die Seele nicht verunreiniget/ so verunreiniget doch selbe der böse Wille und Ungehorsam/ so sich dem Verbot der Kirchen hallstarriger Weise wiedersetzet: Gleich wie der Apffel an sich den Adam nicht hat verunreiniget/ sondern der böse Wille das Gebot zu übertreten. Antwort. Wann der Hochweiseste Lehr-Meister Christus nichts anders hätte sagen wollen / als daß die Speisen die Seele nicht besudelten/ hätte Er gegen die Pharisäer nichts besonders vorgetragen: Dann das verstunde sich schon von sich selbsten. Und gestehts ja auch der Jesuit Cornelius â Lapide in Matth. c. 15. v. 2. Daß schon dazumahl Christus mit obangezogenen Worten das Mosaische und Ceremonialische Gesetz habe wollen zum Ende richten: Und folgens hat Christus auch sagen wollen/ die Unterscheidung und Niessung der Speisen mit gewaschenen oder ungewaschenen Händen seye auffgehoben/ und werde demnach die Seele weder besudelt durch die Speise/ noch durch die Intention und Meinung selbige zu geniessen. Weilen dann Christus die Niessung des Fleisches ohne Unterscheid gestattet/ so kan diese Niessung kein GOtt mißfälliger Ungehorsam seyn wieder das Verbot der Kirchen: Dann/ wie das Sprüch-Wort sagt/ was Christus giebt/ kau H. Petrus nicht nehmen. II. Der Kirchen soll man gehorchen Matth. 18. v. 17. Nun aber hat die Kirche das Fasten mit Enthaltung von gewissen Speisen angeordnet: Derowegen soll man ihr dißfalls gehorchen. Antwort. Der Gehorsam gegen die Satzungen der Kirchen verbindet so weit/ als die Verordnungen der Kirchen sich verhalten in den Schrancken des göttlichen Worts/ oder nur betreffen die eusserliche Veranstaltungen/ so an sich selbst/ ihrer Natur nach / Mittel-Ding seyn und bleiben. Wann aber die Kirch will neue Glaubens-Artickel einführen / so muß sie selbige aus GOttes Wort behaupten: Sonsten ist man an dieselbige keines Weges gebunden. Uber das/ so heisst es nicht also bald/ das hat die Kirche geordnet und befohlen/ wann etwa etliche aberglaubische Menschen/ und fürnemlich der Pabst und die Pfaffen/ unter dem Nahmen der Kirchen/ der Christenheit etwas zu glauben tyrannischer Weise auffgetrungen haben/ wie im Pabstum geschicht. Und stehet es keinem Pabst zu ein Gebot von Unterscheid der Speisen einzuführen: Dann S. Petrus ware ja/ der Papisten Fürgeben nach/ der erste Pabst: Und dannoch sprach GOtt zu ihm: Die Speisen so GOtt gereiniget/ und zu geniessen erlaubet hat/ solst du nicht für gemein/ unrein und verboten halten. Act. 10. v. 15. Vielweniger der gantzen Gemeine als verboten aufftringen. III. Spricht doch S. Paulus: Welcher schwach ist/ der esse Kraut/ Rom. 14. v. 2. Derowegen so kan die Verbietung etlicher Speisen eingeführt werden. Antwort. Paulus redet daselbsten von den Schwach-Gläubigen/ welche im Anfang der Christenheit gar leicht geärgert wurden/ oder auch andere ärgeren konten mit Niessung der im alten Testament verbotenen Speisen: Welches zu verhüten er ihnen rahtet Kraut zu essen. Dannoch so setzet S. Paulus daselbst v. 3. hinzu: Welcher isset/ der verachte den nicht / der da nicht isset/ und welcher nicht isset/ der richte den nicht/ der da isset. Zeiget also <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0506" n="206"/> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Zum wenigsten aus diesem Spruch Christi: Matth. 15. v. II. Was zum Mund eingehet / verunreiniget den Menschen nicht/ kan nicht erwiesen werden/ daß der Mensch/ durch Niessung des Fleisches an verbottenen Tagen/ nicht sündige: Dann obschon das Fleisch/ so zum Munde eingehet/ die Seele nicht verunreiniget/ so verunreiniget doch selbe der böse Wille und Ungehorsam/ so sich dem Verbot der Kirchen hallstarriger Weise wiedersetzet: Gleich wie der Apffel an sich den Adam nicht hat verunreiniget/ sondern der böse Wille das Gebot zu übertreten.</p> <p>Antwort. Wann der Hochweiseste Lehr-Meister Christus nichts anders hätte sagen wollen / als daß die Speisen die Seele nicht besudelten/ hätte Er gegen die Pharisäer nichts besonders vorgetragen: Dann das verstunde sich schon von sich selbsten. Und gestehts ja auch der Jesuit Cornelius â Lapide in Matth. c. 15. v. 2. Daß schon dazumahl Christus mit obangezogenen Worten das Mosaische und Ceremonialische Gesetz habe wollen zum Ende richten: Und folgens hat Christus auch sagen wollen/ die Unterscheidung und Niessung der Speisen mit gewaschenen oder ungewaschenen Händen seye auffgehoben/ und werde demnach die Seele weder besudelt durch die Speise/ noch durch die Intention und Meinung selbige zu geniessen. Weilen dann Christus die Niessung des Fleisches ohne Unterscheid gestattet/ so kan diese Niessung kein GOtt mißfälliger Ungehorsam seyn wieder das Verbot der Kirchen: Dann/ wie das Sprüch-Wort sagt/ was Christus giebt/ kau H. Petrus nicht nehmen.</p> <p>II. Der Kirchen soll man gehorchen Matth. 18. v. 17. Nun aber hat die Kirche das Fasten mit Enthaltung von gewissen Speisen angeordnet: Derowegen soll man ihr dißfalls gehorchen.</p> <p>Antwort. Der Gehorsam gegen die Satzungen der Kirchen verbindet so weit/ als die Verordnungen der Kirchen sich verhalten in den Schrancken des göttlichen Worts/ oder nur betreffen die eusserliche Veranstaltungen/ so an sich selbst/ ihrer Natur nach / Mittel-Ding seyn und bleiben. Wann aber die Kirch will neue Glaubens-Artickel einführen / so muß sie selbige aus GOttes Wort behaupten: Sonsten ist man an dieselbige keines Weges gebunden. Uber das/ so heisst es nicht also bald/ das hat die Kirche geordnet und befohlen/ wann etwa etliche aberglaubische Menschen/ und fürnemlich der Pabst und die Pfaffen/ unter dem Nahmen der Kirchen/ der Christenheit etwas zu glauben tyrannischer Weise auffgetrungen haben/ wie im Pabstum geschicht. Und stehet es keinem Pabst zu ein Gebot von Unterscheid der Speisen einzuführen: Dann S. Petrus ware ja/ der Papisten Fürgeben nach/ der erste Pabst: Und dannoch sprach GOtt zu ihm: Die Speisen so GOtt gereiniget/ und zu geniessen erlaubet hat/ solst du nicht für gemein/ unrein und verboten halten. Act. 10. v. 15. Vielweniger der gantzen Gemeine als verboten aufftringen.</p> <p>III. Spricht doch S. Paulus: Welcher schwach ist/ der esse Kraut/ Rom. 14. v. 2. Derowegen so kan die Verbietung etlicher Speisen eingeführt werden.</p> <p>Antwort. Paulus redet daselbsten von den Schwach-Gläubigen/ welche im Anfang der Christenheit gar leicht geärgert wurden/ oder auch andere ärgeren konten mit Niessung der im alten Testament verbotenen Speisen: Welches zu verhüten er ihnen rahtet Kraut zu essen. Dannoch so setzet S. Paulus daselbst v. 3. hinzu: Welcher isset/ der verachte den nicht / der da nicht isset/ und welcher nicht isset/ der richte den nicht/ der da isset. Zeiget also </p> </div> </body> </text> </TEI> [206/0506]
Einrede der Papisten.
I. Zum wenigsten aus diesem Spruch Christi: Matth. 15. v. II. Was zum Mund eingehet / verunreiniget den Menschen nicht/ kan nicht erwiesen werden/ daß der Mensch/ durch Niessung des Fleisches an verbottenen Tagen/ nicht sündige: Dann obschon das Fleisch/ so zum Munde eingehet/ die Seele nicht verunreiniget/ so verunreiniget doch selbe der böse Wille und Ungehorsam/ so sich dem Verbot der Kirchen hallstarriger Weise wiedersetzet: Gleich wie der Apffel an sich den Adam nicht hat verunreiniget/ sondern der böse Wille das Gebot zu übertreten.
Antwort. Wann der Hochweiseste Lehr-Meister Christus nichts anders hätte sagen wollen / als daß die Speisen die Seele nicht besudelten/ hätte Er gegen die Pharisäer nichts besonders vorgetragen: Dann das verstunde sich schon von sich selbsten. Und gestehts ja auch der Jesuit Cornelius â Lapide in Matth. c. 15. v. 2. Daß schon dazumahl Christus mit obangezogenen Worten das Mosaische und Ceremonialische Gesetz habe wollen zum Ende richten: Und folgens hat Christus auch sagen wollen/ die Unterscheidung und Niessung der Speisen mit gewaschenen oder ungewaschenen Händen seye auffgehoben/ und werde demnach die Seele weder besudelt durch die Speise/ noch durch die Intention und Meinung selbige zu geniessen. Weilen dann Christus die Niessung des Fleisches ohne Unterscheid gestattet/ so kan diese Niessung kein GOtt mißfälliger Ungehorsam seyn wieder das Verbot der Kirchen: Dann/ wie das Sprüch-Wort sagt/ was Christus giebt/ kau H. Petrus nicht nehmen.
II. Der Kirchen soll man gehorchen Matth. 18. v. 17. Nun aber hat die Kirche das Fasten mit Enthaltung von gewissen Speisen angeordnet: Derowegen soll man ihr dißfalls gehorchen.
Antwort. Der Gehorsam gegen die Satzungen der Kirchen verbindet so weit/ als die Verordnungen der Kirchen sich verhalten in den Schrancken des göttlichen Worts/ oder nur betreffen die eusserliche Veranstaltungen/ so an sich selbst/ ihrer Natur nach / Mittel-Ding seyn und bleiben. Wann aber die Kirch will neue Glaubens-Artickel einführen / so muß sie selbige aus GOttes Wort behaupten: Sonsten ist man an dieselbige keines Weges gebunden. Uber das/ so heisst es nicht also bald/ das hat die Kirche geordnet und befohlen/ wann etwa etliche aberglaubische Menschen/ und fürnemlich der Pabst und die Pfaffen/ unter dem Nahmen der Kirchen/ der Christenheit etwas zu glauben tyrannischer Weise auffgetrungen haben/ wie im Pabstum geschicht. Und stehet es keinem Pabst zu ein Gebot von Unterscheid der Speisen einzuführen: Dann S. Petrus ware ja/ der Papisten Fürgeben nach/ der erste Pabst: Und dannoch sprach GOtt zu ihm: Die Speisen so GOtt gereiniget/ und zu geniessen erlaubet hat/ solst du nicht für gemein/ unrein und verboten halten. Act. 10. v. 15. Vielweniger der gantzen Gemeine als verboten aufftringen.
III. Spricht doch S. Paulus: Welcher schwach ist/ der esse Kraut/ Rom. 14. v. 2. Derowegen so kan die Verbietung etlicher Speisen eingeführt werden.
Antwort. Paulus redet daselbsten von den Schwach-Gläubigen/ welche im Anfang der Christenheit gar leicht geärgert wurden/ oder auch andere ärgeren konten mit Niessung der im alten Testament verbotenen Speisen: Welches zu verhüten er ihnen rahtet Kraut zu essen. Dannoch so setzet S. Paulus daselbst v. 3. hinzu: Welcher isset/ der verachte den nicht / der da nicht isset/ und welcher nicht isset/ der richte den nicht/ der da isset. Zeiget also
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/506>, abgerufen am 31.07.2024. |