Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.haben eingenommen: Da hingegen in den Evangelischen Kirchen immerhin wird Christ-Fest gehalten/ und der süsseste Namen JEsus allenthalben/ so wohl voran/ als in der mitte/ und am ende erklinget/ und Er allein als ein Urheber unserer Erlösung und Seligmacher wird gelobet und gepriesen. So verdunckelen auch die Papisten in ihren Gebehten nur die Verdiensten Christi/ und heben hervor die Verdiensten der Heiligen: Zum Exempel/ da sie also behten und singen am Fest der Nonnen Scholasticae: GOtt der du die Seele der heiligen Scholasticae in Gestalt einer Tauben hast lassen durch die Wolcken in den Himmel hinein dringen/ verleihe uns durch ihre Verdiensten alhier die Unschuld des Lebens/ und nachmahls die ewige Freuden im Himmel. In welchem eintzigen Gebeht (andere aberglaubische Gebehter alhier zu geschweigen) neben der Gefahr des Irrthums/ daß die Seele der Nonnen Scholasticae in Gestalt einer Tauben seye zum Himmel gefahren/ auch zugleich eingeschlossen ist die abgöttische Ketzerey/ daß sie uns die Unschuld und das ewige Leben mit ihren Verdiensten könne erwerben/ wozu allein erklecklich seyn die Verdiensten Christi. So behten auch die päbstische Pfaffen von allen ihren heiligen Fürsprecheren insgemein in der Collecte an ihrem Fest-Tage also: HErr seye deinen Dieneren gnädig durch die glor-reiche Verdiensten deiner Heiligen/ unser Fürsprecheren sc. Weilen dann nun das Verdienst der Heiligen nichtig ist/ und sie selbsten aus lauter Gnaden seynd selig worden / so ist auch solches Gebeht und Anruffen nichtig/ und gleich wie die Supplique irrig ist eingerichtet/ also füget sich auch darauff die Erhörung GOttes mit abschlägiger Beantwortung. So muß auch nohtwendig ein Theil der Papisten im Irrthum schweben/ wann sie feyerlich begehen das Fest der unbefleckten Empfängnüß Mariä: Dann weilen die Franciscaner und Jesuiten die Empfängnüß Mariä für unbefleckt ausgeben/ die Dominicaner aber selbige nicht ohne Macul wollen durchgehen lassen/ so muß nohtwendig ein Theil bey ihrem Gottes-Dienst irr-gehen. Wozu nutzet dann/ durch Verehrung der Heiligen/ GOtt dienen wollen mit Irrthum? Zum dritten: Was mag doch der gecreutzigte Heyland gedencken/ wann die Papisten seiner uneingedenck zu dem Holtz des Creutzes sich wendend beten/ schreyen und ruffen/ auff denen zu Ehren des Creutzes angestelleten Fest-Tagen/ O crux ave spes unica, auge piis justitiam, reisque dona veniam Sey gegrüsset O heiliges Creutz du eintzige Hoffnung! Vermehre in den Frommen die Gerechtigkeit/ gib den Sündern Gnad und ewige Seligkeit. Ist diß nun zu verstehen vom Seel-losen Holtz des Creutzes/ so ist es ohne Zweiffel aberglaubisch und abgöttisch: Ist es aber von Christo dem gecreutzigten geredet/ so haben die Papisten eine Sprache/ welche weder GOtt/ noch die Menschen verstehen. Einrede der Papisten. I. Verständige Leute wissen wohl/ daß die hohe Ehren-Titulen der Heiligen nur figurirter / oder auch hyperbolischer/ und mit Zierlichkeit der Rede verblühmter weise sollen gebrauchet werden: Deswegen kan man ja nicht sagen/ daß Christo hierdurch zu nahe oder zu kurtz geschehe. Antwort. Ohne Ehrabschneidung zu reden/ gibts bey den Papisten nicht lauter gelehrte und geschliffene Leute: Sondern auch einfältige haben eingenommen: Da hingegen in den Evangelischen Kirchen immerhin wird Christ-Fest gehalten/ und der süsseste Namen JEsus allenthalben/ so wohl voran/ als in der mitte/ und am ende erklinget/ und Er allein als ein Urheber unserer Erlösung und Seligmacher wird gelobet und gepriesen. So verdunckelen auch die Papisten in ihren Gebehten nur die Verdiensten Christi/ und heben hervor die Verdiensten der Heiligen: Zum Exempel/ da sie also behten und singen am Fest der Nonnen Scholasticae: GOtt der du die Seele der heiligen Scholasticae in Gestalt einer Tauben hast lassen durch die Wolcken in den Himmel hinein dringen/ verleihe uns durch ihre Verdiensten alhier die Unschuld des Lebens/ und nachmahls die ewige Freuden im Himmel. In welchem eintzigen Gebeht (andere aberglaubische Gebehter alhier zu geschweigen) neben der Gefahr des Irrthums/ daß die Seele der Nonnen Scholasticae in Gestalt einer Tauben seye zum Himmel gefahren/ auch zugleich eingeschlossen ist die abgöttische Ketzerey/ daß sie uns die Unschuld und das ewige Leben mit ihren Verdiensten könne erwerben/ wozu allein erklecklich seyn die Verdiensten Christi. So behten auch die päbstische Pfaffen von allen ihren heiligen Fürsprecheren insgemein in der Collecte an ihrem Fest-Tage also: HErr seye deinen Dieneren gnädig durch die glor-reiche Verdiensten deiner Heiligen/ unser Fürsprecheren sc. Weilen dann nun das Verdienst der Heiligen nichtig ist/ und sie selbsten aus lauter Gnaden seynd selig worden / so ist auch solches Gebeht und Anruffen nichtig/ und gleich wie die Supplique irrig ist eingerichtet/ also füget sich auch darauff die Erhörung GOttes mit abschlägiger Beantwortung. So muß auch nohtwendig ein Theil der Papisten im Irrthum schweben/ wann sie feyerlich begehen das Fest der unbefleckten Empfängnüß Mariä: Dann weilen die Franciscaner und Jesuiten die Empfängnüß Mariä für unbefleckt ausgeben/ die Dominicaner aber selbige nicht ohne Macul wollen durchgehen lassen/ so muß nohtwendig ein Theil bey ihrem Gottes-Dienst irr-gehen. Wozu nutzet dann/ durch Verehrung der Heiligen/ GOtt dienen wollen mit Irrthum? Zum dritten: Was mag doch der gecreutzigte Heyland gedencken/ wann die Papisten seiner uneingedenck zu dem Holtz des Creutzes sich wendend beten/ schreyen und ruffen/ auff denen zu Ehren des Creutzes angestelleten Fest-Tagen/ O crux ave spes unica, auge piis justitiam, reisque dona veniam Sey gegrüsset O heiliges Creutz du eintzige Hoffnung! Vermehre in den Frommen die Gerechtigkeit/ gib den Sündern Gnad und ewige Seligkeit. Ist diß nun zu verstehen vom Seel-losen Holtz des Creutzes/ so ist es ohne Zweiffel aberglaubisch und abgöttisch: Ist es aber von Christo dem gecreutzigten geredet/ so haben die Papisten eine Sprache/ welche weder GOtt/ noch die Menschen verstehen. Einrede der Papisten. I. Verständige Leute wissen wohl/ daß die hohe Ehren-Titulen der Heiligen nur figurirter / oder auch hyperbolischer/ und mit Zierlichkeit der Rede verblühmter weise sollen gebrauchet werden: Deswegen kan man ja nicht sagen/ daß Christo hierdurch zu nahe oder zu kurtz geschehe. Antwort. Ohne Ehrabschneidung zu reden/ gibts bey den Papisten nicht lauter gelehrte und geschliffene Leute: Sondern auch einfältige <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0457" n="157"/> haben eingenommen: Da hingegen in den Evangelischen Kirchen immerhin wird Christ-Fest gehalten/ und der süsseste Namen JEsus allenthalben/ so wohl voran/ als in der mitte/ und am ende erklinget/ und Er allein als ein Urheber unserer Erlösung und Seligmacher wird gelobet und gepriesen. So verdunckelen auch die Papisten in ihren Gebehten nur die Verdiensten Christi/ und heben hervor die Verdiensten der Heiligen: Zum Exempel/ da sie also behten und singen am Fest der Nonnen Scholasticae: GOtt der du die Seele der heiligen Scholasticae in Gestalt einer Tauben hast lassen durch die Wolcken in den Himmel hinein dringen/ verleihe uns durch ihre Verdiensten alhier die Unschuld des Lebens/ und nachmahls die ewige Freuden im Himmel. In welchem eintzigen Gebeht (andere aberglaubische Gebehter alhier zu geschweigen) neben der Gefahr des Irrthums/ daß die Seele der Nonnen Scholasticae in Gestalt einer Tauben seye zum Himmel gefahren/ auch zugleich eingeschlossen ist die abgöttische Ketzerey/ daß sie uns die Unschuld und das ewige Leben mit ihren Verdiensten könne erwerben/ wozu allein erklecklich seyn die Verdiensten Christi. So behten auch die päbstische Pfaffen von allen ihren heiligen Fürsprecheren insgemein in der Collecte an ihrem Fest-Tage also: HErr seye deinen Dieneren gnädig durch die glor-reiche Verdiensten deiner Heiligen/ unser Fürsprecheren sc. Weilen dann nun das Verdienst der Heiligen nichtig ist/ und sie selbsten aus lauter Gnaden seynd selig worden / so ist auch solches Gebeht und Anruffen nichtig/ und gleich wie die Supplique irrig ist eingerichtet/ also füget sich auch darauff die Erhörung GOttes mit abschlägiger Beantwortung. So muß auch nohtwendig ein Theil der Papisten im Irrthum schweben/ wann sie feyerlich begehen das Fest der unbefleckten Empfängnüß Mariä: Dann weilen die Franciscaner und Jesuiten die Empfängnüß Mariä für unbefleckt ausgeben/ die Dominicaner aber selbige nicht ohne Macul wollen durchgehen lassen/ so muß nohtwendig ein Theil bey ihrem Gottes-Dienst irr-gehen. Wozu nutzet dann/ durch Verehrung der Heiligen/ GOtt dienen wollen mit Irrthum?</p> <p>Zum dritten: Was mag doch der gecreutzigte Heyland gedencken/ wann die Papisten seiner uneingedenck zu dem Holtz des Creutzes sich wendend beten/ schreyen und ruffen/ auff denen zu Ehren des Creutzes angestelleten Fest-Tagen/ O crux ave spes unica, auge piis justitiam, reisque dona veniam Sey gegrüsset O heiliges Creutz du eintzige Hoffnung! Vermehre in den Frommen die Gerechtigkeit/ gib den Sündern Gnad und ewige Seligkeit. Ist diß nun zu verstehen vom Seel-losen Holtz des Creutzes/ so ist es ohne Zweiffel aberglaubisch und abgöttisch: Ist es aber von Christo dem gecreutzigten geredet/ so haben die Papisten eine Sprache/ welche weder GOtt/ noch die Menschen verstehen.</p> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Verständige Leute wissen wohl/ daß die hohe Ehren-Titulen der Heiligen nur figurirter / oder auch hyperbolischer/ und mit Zierlichkeit der Rede verblühmter weise sollen gebrauchet werden: Deswegen kan man ja nicht sagen/ daß Christo hierdurch zu nahe oder zu kurtz geschehe.</p> <p>Antwort. Ohne Ehrabschneidung zu reden/ gibts bey den Papisten nicht lauter gelehrte und geschliffene Leute: Sondern auch einfältige </p> </div> </body> </text> </TEI> [157/0457]
haben eingenommen: Da hingegen in den Evangelischen Kirchen immerhin wird Christ-Fest gehalten/ und der süsseste Namen JEsus allenthalben/ so wohl voran/ als in der mitte/ und am ende erklinget/ und Er allein als ein Urheber unserer Erlösung und Seligmacher wird gelobet und gepriesen. So verdunckelen auch die Papisten in ihren Gebehten nur die Verdiensten Christi/ und heben hervor die Verdiensten der Heiligen: Zum Exempel/ da sie also behten und singen am Fest der Nonnen Scholasticae: GOtt der du die Seele der heiligen Scholasticae in Gestalt einer Tauben hast lassen durch die Wolcken in den Himmel hinein dringen/ verleihe uns durch ihre Verdiensten alhier die Unschuld des Lebens/ und nachmahls die ewige Freuden im Himmel. In welchem eintzigen Gebeht (andere aberglaubische Gebehter alhier zu geschweigen) neben der Gefahr des Irrthums/ daß die Seele der Nonnen Scholasticae in Gestalt einer Tauben seye zum Himmel gefahren/ auch zugleich eingeschlossen ist die abgöttische Ketzerey/ daß sie uns die Unschuld und das ewige Leben mit ihren Verdiensten könne erwerben/ wozu allein erklecklich seyn die Verdiensten Christi. So behten auch die päbstische Pfaffen von allen ihren heiligen Fürsprecheren insgemein in der Collecte an ihrem Fest-Tage also: HErr seye deinen Dieneren gnädig durch die glor-reiche Verdiensten deiner Heiligen/ unser Fürsprecheren sc. Weilen dann nun das Verdienst der Heiligen nichtig ist/ und sie selbsten aus lauter Gnaden seynd selig worden / so ist auch solches Gebeht und Anruffen nichtig/ und gleich wie die Supplique irrig ist eingerichtet/ also füget sich auch darauff die Erhörung GOttes mit abschlägiger Beantwortung. So muß auch nohtwendig ein Theil der Papisten im Irrthum schweben/ wann sie feyerlich begehen das Fest der unbefleckten Empfängnüß Mariä: Dann weilen die Franciscaner und Jesuiten die Empfängnüß Mariä für unbefleckt ausgeben/ die Dominicaner aber selbige nicht ohne Macul wollen durchgehen lassen/ so muß nohtwendig ein Theil bey ihrem Gottes-Dienst irr-gehen. Wozu nutzet dann/ durch Verehrung der Heiligen/ GOtt dienen wollen mit Irrthum?
Zum dritten: Was mag doch der gecreutzigte Heyland gedencken/ wann die Papisten seiner uneingedenck zu dem Holtz des Creutzes sich wendend beten/ schreyen und ruffen/ auff denen zu Ehren des Creutzes angestelleten Fest-Tagen/ O crux ave spes unica, auge piis justitiam, reisque dona veniam Sey gegrüsset O heiliges Creutz du eintzige Hoffnung! Vermehre in den Frommen die Gerechtigkeit/ gib den Sündern Gnad und ewige Seligkeit. Ist diß nun zu verstehen vom Seel-losen Holtz des Creutzes/ so ist es ohne Zweiffel aberglaubisch und abgöttisch: Ist es aber von Christo dem gecreutzigten geredet/ so haben die Papisten eine Sprache/ welche weder GOtt/ noch die Menschen verstehen.
Einrede der Papisten.
I. Verständige Leute wissen wohl/ daß die hohe Ehren-Titulen der Heiligen nur figurirter / oder auch hyperbolischer/ und mit Zierlichkeit der Rede verblühmter weise sollen gebrauchet werden: Deswegen kan man ja nicht sagen/ daß Christo hierdurch zu nahe oder zu kurtz geschehe.
Antwort. Ohne Ehrabschneidung zu reden/ gibts bey den Papisten nicht lauter gelehrte und geschliffene Leute: Sondern auch einfältige
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/457>, abgerufen am 16.02.2025. |