Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.XXII. Wird doch in der Messe einem jeden insonderheit zugeeignet das Verdienst des Leydens und Sterbens Christi: so ist ja die Messe zum wenigsten eine gottseelige Ubung. Antwort. Wo stehet aber in H. Schrifft/ daß man eben durch die Messe die Wohlthaten Christi einemjeden insonderheit zuwenden und zueignen solle? Die Schrifft zeiget uns nur zweyerley Wege und Mittel/ durch welche wir uns die erworbene Wohlthaten Christi zum Nutzen wenden sollen und mögen. Die erste Zueignung geschicht ohne eusserliches Element durch das gepredigte/ gehörte/ und geglaubte Wort GOttes/ und also durch das Wort und den Glauben. Die andere aber geschicht durch äusserliche Element/ Gebräuch und Ceremonien / welche in den H. Sacramenten hierzu bestimmet und verordnet seyn. Läst sich also die Messe hierein gar übel/ jagar nicht mit einflicken. XXIII. Es haben ja die Vorbilde des Alten Testaments von dem täglichen Opffer gedeutet auf das tägliche Opffer der Christen/ welches ja nichts anders ist als die Messe. Antwort. Die Opffer im alten Testament waren Fürbild des eintzigen Opfers Christi: können doch auch wohl genennet werden geistliche Fürbild der Opfer der Christen: nemlich des Evangelii/ der Heil. Sacramenten/ des Lob- und Danck-Opfers sc. Keines weges aber der Aberglaubischen Messe. XXIV. Der Prophet Daniel weissaget von dem Anti-Christ, daß er werde das tägliche Opffer aufheben Dan. 8. v. II. nun aber kan solches Aufheben und Abschaffen/ von geistlichen Lob- und Danck-Opffern (als welche die Tyrannen aus der Gläubigen Hertzen nicht können ausrotten) nicht verstanden werden. Derowegen so muß es ja ein äusserlich sichtbarlich Opffer seyn/ das Daniel meynet/ nemlich die H. Meß. Antwort. Erstlich so ist gewiß/ daß der Prophet Daniel daselbst fürnemlich von dem Tyrannen Antiocho rede/ welcher den wahren Gottesdienst verfälschet und vierdtehalb Jahr das tägliche Opffer gantz und gar abgeschaffet hat. Auf allegorische Weise aber/ redet der Prophet auch von dem Römischen Anti-Christ, welcher den reinen wahren Gottesdienst / so da öffentlich von denen recht-gläubigen Christen geübt worden/ abgeschaffet/ und an statt desselbigen allerley Abgötterey hat eingeführt; Dann es hat der Pabst die tägliche Opffer der Christen aufgehoben/ oder zum wenigsten verfälschet/ indem er die gottseelige Gebeht (welche Opffer genennet werden Hebr. 5. v. 7. Apoc. 5. v. 8. Ps. 141. v. 2.) dem Herrn Christo entzogen/ und auf die verstorbene Heiligen gewendet hat/ und befohlen / daß man dieselbige hinführo darmit anruffen und beehren solle. Wie er dann auch die reine unverfälschte Predigt des H. Evangelii/ beneben dem rechten wahrhafftigen Brauch der Heil. Sacramenten/ dermassen verfälschet/ zerstümmelt und verkehrt hat/ daß man freylich wohl sagen mag/ er habe solches alles abgeschafft/ und daß also warhafftig und eigentlich die Prophezeyung Danielis von Abschaffung der täglichen/ geistlichen / warhafften/ GOtt angenehmen Opfferen der Christen an ihm erfüllet/ und wahr gemacht worden seye. XXV. Die Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 10. spricht: Wir haben einen Altar/ davon nicht Macht haben zu essen die dem Tabernackel dienen. Folglich müssen wir auch ein Opffer haben/ nemlich die Messe: dann ein Altar und Opffer seynd correlativa die zusammen gehören/ und sich nicht zertrennen lassen. Antwort. Der H. Paulus am obgemelten Ort handelt wider diejenige/ so mit Enthaltung von gewissen Speisen (nach Jüdischer Art/ wie noch heutiges Ta- XXII. Wird doch in der Messe einem jeden insonderheit zugeeignet das Verdienst des Leydens und Sterbens Christi: so ist ja die Messe zum wenigsten eine gottseelige Ubung. Antwort. Wo stehet aber in H. Schrifft/ daß man eben durch die Messe die Wohlthaten Christi einemjeden insonderheit zuwenden und zueignen solle? Die Schrifft zeiget uns nur zweyerley Wege und Mittel/ durch welche wir uns die erworbene Wohlthaten Christi zum Nutzen wenden sollen und mögen. Die erste Zueignung geschicht ohne eusserliches Element durch das gepredigte/ gehörte/ und geglaubte Wort GOttes/ und also durch das Wort und den Glauben. Die andere aber geschicht durch äusserliche Element/ Gebräuch und Ceremonien / welche in den H. Sacramenten hierzu bestimmet und verordnet seyn. Läst sich also die Messe hierein gar übel/ jagar nicht mit einflicken. XXIII. Es haben ja die Vorbilde des Alten Testaments von dem täglichen Opffer gedeutet auf das tägliche Opffer der Christen/ welches ja nichts anders ist als die Messe. Antwort. Die Opffer im alten Testament waren Fürbild des eintzigen Opfers Christi: können doch auch wohl genennet werden geistliche Fürbild der Opfer der Christen: nemlich des Evangelii/ der Heil. Sacramenten/ des Lob- und Danck-Opfers sc. Keines weges aber der Aberglaubischen Messe. XXIV. Der Prophet Daniel weissaget von dem Anti-Christ, daß er werde das tägliche Opffer aufheben Dan. 8. v. II. nun aber kan solches Aufheben und Abschaffen/ von geistlichen Lob- und Danck-Opffern (als welche die Tyrannen aus der Gläubigen Hertzen nicht können ausrotten) nicht verstanden werden. Derowegen so muß es ja ein äusserlich sichtbarlich Opffer seyn/ das Daniel meynet/ nemlich die H. Meß. Antwort. Erstlich so ist gewiß/ daß der Prophet Daniel daselbst fürnemlich von dem Tyrannen Antiocho rede/ welcher den wahren Gottesdienst verfälschet und vierdtehalb Jahr das tägliche Opffer gantz und gar abgeschaffet hat. Auf allegorische Weise aber/ redet der Prophet auch von dem Römischen Anti-Christ, welcher den reinen wahren Gottesdienst / so da öffentlich von denen recht-gläubigen Christen geübt worden/ abgeschaffet/ und an statt desselbigen allerley Abgötterey hat eingeführt; Dann es hat der Pabst die tägliche Opffer der Christen aufgehoben/ oder zum wenigsten verfälschet/ indem er die gottseelige Gebeht (welche Opffer genennet werden Hebr. 5. v. 7. Apoc. 5. v. 8. Ps. 141. v. 2.) dem Herrn Christo entzogen/ und auf die verstorbene Heiligen gewendet hat/ und befohlen / daß man dieselbige hinführo darmit anruffen und beehren solle. Wie er dann auch die reine unverfälschte Predigt des H. Evangelii/ beneben dem rechten wahrhafftigen Brauch der Heil. Sacramenten/ dermassen verfälschet/ zerstümmelt und verkehrt hat/ daß man freylich wohl sagen mag/ er habe solches alles abgeschafft/ und daß also warhafftig und eigentlich die Prophezeyung Danielis von Abschaffung der täglichen/ geistlichen / warhafften/ GOtt angenehmen Opfferen der Christen an ihm erfüllet/ und wahr gemacht worden seye. XXV. Die Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 10. spricht: Wir haben einen Altar/ davon nicht Macht haben zu essen die dem Tabernackel dienen. Folglich müssen wir auch ein Opffer haben/ nemlich die Messe: dann ein Altar und Opffer seynd correlativa die zusammen gehören/ und sich nicht zertrennen lassen. Antwort. Der H. Paulus am obgemelten Ort handelt wider diejenige/ so mit Enthaltung von gewissen Speisen (nach Jüdischer Art/ wie noch heutiges Ta- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0416" n="116"/> <p>XXII. 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Es haben ja die Vorbilde des Alten Testaments von dem täglichen Opffer gedeutet auf das tägliche Opffer der Christen/ welches ja nichts anders ist als die Messe.</p> <p>Antwort. Die Opffer im alten Testament waren Fürbild des eintzigen Opfers Christi: können doch auch wohl genennet werden geistliche Fürbild der Opfer der Christen: nemlich des Evangelii/ der Heil. Sacramenten/ des Lob- und Danck-Opfers sc. Keines weges aber der Aberglaubischen Messe.</p> <p>XXIV. Der Prophet Daniel weissaget von dem Anti-Christ, daß er werde das tägliche Opffer aufheben Dan. 8. v. II. nun aber kan solches Aufheben und Abschaffen/ von geistlichen Lob- und Danck-Opffern (als welche die Tyrannen aus der Gläubigen Hertzen nicht können ausrotten) nicht verstanden werden. Derowegen so muß es ja ein äusserlich sichtbarlich Opffer seyn/ das Daniel meynet/ nemlich die H. Meß.</p> <p>Antwort. Erstlich so ist gewiß/ daß der Prophet Daniel daselbst fürnemlich von dem Tyrannen Antiocho rede/ welcher den wahren Gottesdienst verfälschet und vierdtehalb Jahr das tägliche Opffer gantz und gar abgeschaffet hat. Auf allegorische Weise aber/ redet der Prophet auch von dem Römischen Anti-Christ, welcher den reinen wahren Gottesdienst / so da öffentlich von denen recht-gläubigen Christen geübt worden/ abgeschaffet/ und an statt desselbigen allerley Abgötterey hat eingeführt; Dann es hat der Pabst die tägliche Opffer der Christen aufgehoben/ oder zum wenigsten verfälschet/ indem er die gottseelige Gebeht (welche Opffer genennet werden Hebr. 5. v. 7. Apoc. 5. v. 8. Ps. 141. v. 2.) dem Herrn Christo entzogen/ und auf die verstorbene Heiligen gewendet hat/ und befohlen / daß man dieselbige hinführo darmit anruffen und beehren solle. Wie er dann auch die reine unverfälschte Predigt des H. Evangelii/ beneben dem rechten wahrhafftigen Brauch der Heil. Sacramenten/ dermassen verfälschet/ zerstümmelt und verkehrt hat/ daß man freylich wohl sagen mag/ er habe solches alles abgeschafft/ und daß also warhafftig und eigentlich die Prophezeyung Danielis von Abschaffung der täglichen/ geistlichen / warhafften/ GOtt angenehmen Opfferen der Christen an ihm erfüllet/ und wahr gemacht worden seye.</p> <p>XXV. Die Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 10. spricht: Wir haben einen Altar/ davon nicht Macht haben zu essen die dem Tabernackel dienen. Folglich müssen wir auch ein Opffer haben/ nemlich die Messe: dann ein Altar und Opffer seynd correlativa die zusammen gehören/ und sich nicht zertrennen lassen.</p> <p>Antwort. Der H. Paulus am obgemelten Ort handelt wider diejenige/ so mit Enthaltung von gewissen Speisen (nach Jüdischer Art/ wie noch heutiges Ta- </p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0416]
XXII. Wird doch in der Messe einem jeden insonderheit zugeeignet das Verdienst des Leydens und Sterbens Christi: so ist ja die Messe zum wenigsten eine gottseelige Ubung.
Antwort. Wo stehet aber in H. Schrifft/ daß man eben durch die Messe die Wohlthaten Christi einemjeden insonderheit zuwenden und zueignen solle? Die Schrifft zeiget uns nur zweyerley Wege und Mittel/ durch welche wir uns die erworbene Wohlthaten Christi zum Nutzen wenden sollen und mögen. Die erste Zueignung geschicht ohne eusserliches Element durch das gepredigte/ gehörte/ und geglaubte Wort GOttes/ und also durch das Wort und den Glauben. Die andere aber geschicht durch äusserliche Element/ Gebräuch und Ceremonien / welche in den H. Sacramenten hierzu bestimmet und verordnet seyn. Läst sich also die Messe hierein gar übel/ jagar nicht mit einflicken.
XXIII. Es haben ja die Vorbilde des Alten Testaments von dem täglichen Opffer gedeutet auf das tägliche Opffer der Christen/ welches ja nichts anders ist als die Messe.
Antwort. Die Opffer im alten Testament waren Fürbild des eintzigen Opfers Christi: können doch auch wohl genennet werden geistliche Fürbild der Opfer der Christen: nemlich des Evangelii/ der Heil. Sacramenten/ des Lob- und Danck-Opfers sc. Keines weges aber der Aberglaubischen Messe.
XXIV. Der Prophet Daniel weissaget von dem Anti-Christ, daß er werde das tägliche Opffer aufheben Dan. 8. v. II. nun aber kan solches Aufheben und Abschaffen/ von geistlichen Lob- und Danck-Opffern (als welche die Tyrannen aus der Gläubigen Hertzen nicht können ausrotten) nicht verstanden werden. Derowegen so muß es ja ein äusserlich sichtbarlich Opffer seyn/ das Daniel meynet/ nemlich die H. Meß.
Antwort. Erstlich so ist gewiß/ daß der Prophet Daniel daselbst fürnemlich von dem Tyrannen Antiocho rede/ welcher den wahren Gottesdienst verfälschet und vierdtehalb Jahr das tägliche Opffer gantz und gar abgeschaffet hat. Auf allegorische Weise aber/ redet der Prophet auch von dem Römischen Anti-Christ, welcher den reinen wahren Gottesdienst / so da öffentlich von denen recht-gläubigen Christen geübt worden/ abgeschaffet/ und an statt desselbigen allerley Abgötterey hat eingeführt; Dann es hat der Pabst die tägliche Opffer der Christen aufgehoben/ oder zum wenigsten verfälschet/ indem er die gottseelige Gebeht (welche Opffer genennet werden Hebr. 5. v. 7. Apoc. 5. v. 8. Ps. 141. v. 2.) dem Herrn Christo entzogen/ und auf die verstorbene Heiligen gewendet hat/ und befohlen / daß man dieselbige hinführo darmit anruffen und beehren solle. Wie er dann auch die reine unverfälschte Predigt des H. Evangelii/ beneben dem rechten wahrhafftigen Brauch der Heil. Sacramenten/ dermassen verfälschet/ zerstümmelt und verkehrt hat/ daß man freylich wohl sagen mag/ er habe solches alles abgeschafft/ und daß also warhafftig und eigentlich die Prophezeyung Danielis von Abschaffung der täglichen/ geistlichen / warhafften/ GOtt angenehmen Opfferen der Christen an ihm erfüllet/ und wahr gemacht worden seye.
XXV. Die Epistel zun Hebreern cap. 13. v. 10. spricht: Wir haben einen Altar/ davon nicht Macht haben zu essen die dem Tabernackel dienen. Folglich müssen wir auch ein Opffer haben/ nemlich die Messe: dann ein Altar und Opffer seynd correlativa die zusammen gehören/ und sich nicht zertrennen lassen.
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/416>, abgerufen am 31.07.2024. |