Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

oder man sagt: die Papisten habens ertichtet/ und hierdurch die Berdiensten Christi verkleinert.

X. Sagen doch die H. Vätter: als namentlich Augustinus tr. 124. in Joh. h. c. Chrysostomus conc. 4. de Lazaro &c. Daß GOtt auch die vergebene Sünde zeitlich straffet so wil ja GOtt/ daß der Mensch durch die zeitliche Straffe für die verübte Sünde gnug thue.

Antwort. Freylich strafft GOtt die Sunde: aber nicht/ daß der Mensch durch diese Straff für GOTT gnug thue: sondern wie auch Augustinus am gemelten Ort redet: velad demonstrationem debitae miseriae vel ad emendationem labilis vitae &c. Um dem Sünder zu zeigen die ihm der begangenen Sünden halber gebührende Armseeligkeit/ oder auch ihn anzutreiben zur Besserung des sündhafftigen Lebens sc. Ist also die von den Pfaffen zur Gnugthuung der Sünden in der Beicht auferlegte Buß nichts anders/ als ein dem Verdienst Christi gar nachtheiliger Greuel für GOtt.

Vierdter Irrthum.

Wegen gewisser in der Beicht vorbehaltenen Sünden.

DAmit der Römische Antichrist die arme Gewissen möchte aufs höchste und grausamste qvälen und martyren/ hat ihm der Satan in den Sinn gegeben die Vrbehaltung etlicher gewisser Sünden/ welche von den Papisten genennet werden casus reservati; Also hat der Pabst/ die Bischöffe/ die Obern in den Klöstern ihre Casus reservator oder vorbehaltene Süden/ von welchen keiner kan loßsprechen/ als eben sie. Zum Exempel/ wann ein Geistlicher in etlichen Orden mit einer Weibes-Persohn etwas zu weit gegen das Gelübd der Keuschheit sich hätte eingelassen/ und ein solcher schon mit wahrer Reu für tausend andern Priestern sich einstellete/ und ihnen seine Sünde in der Beicht offenbahrte/ so ist doch alles umsonst: sondern es muß der Ober auch selbst um diese Sünde wissen/ und den Historischen Verlauff berichtlich einnehmen: hätte sich aber einer zu nahe bey einer Nonnen oder geistlichen Kloster-Jungfrauen gewaget/ und sich an diesem Heiligthum vergriffen/ das möchte wohl gar ein dem Pabst selbsten vorbehaltener Mißtritt seyen müssen. Wie aber nur hiedurch ohn eintziges Anzeichen des Göttlichen Willens in H. Schrifft die Seelen in die Verwirrung und dem Satan ins Netz gebracht werden/ lehrt die Vernunfft.

Einrede der Papisten.

I. Spricht doch Christus ausdrücklich zu Petro und in dessen Persohn zu allen Päbsten und Vorstehern der Kirchen und Geistlichen Orden: Alles was du binden wirst auf Erden/ soll auch gebunden seyen im Himmel/ Matth. 16. v. 19. So wird ja durch diese Gewalt zu binden auch verstanden die Vorbehaltung gewisser Sünden nach Belieben und Gutdüncken der geistlichen Obrigkeit.

Antwort. So gehts/ wann man sich an die H. Schrifft nicht wil binden lassen/ sondern auf dem erdichteten päbstischen Felsen die Unfehlbarkeit der Kirchen steuern und gründen will/ dann wird den Pfaffen freye Gewalt gegeben über die bedrängte Gewissen Tyrannischer Weise zu herrschen/ und hat der Pabst eine uneingeschränckte Vollmacht zu schalten nach belieben: also daß Marius Altierius Tom. I. de censuris f. 25. schreiben darff: durch diese dem Petro aufgetragene Gewalt zu binden und zu lösen/ seye den Römischen Päbsten zugewachsen

oder man sagt: die Papisten habens ertichtet/ und hierdurch die Berdiensten Christi verkleinert.

X. Sagen doch die H. Vätter: als namentlich Augustinus tr. 124. in Joh. h. c. Chrysostomus conc. 4. de Lazaro &c. Daß GOtt auch die vergebene Sünde zeitlich straffet so wil ja GOtt/ daß der Mensch durch die zeitliche Straffe für die verübte Sünde gnug thue.

Antwort. Freylich strafft GOtt die Sunde: aber nicht/ daß der Mensch durch diese Straff für GOTT gnug thue: sondern wie auch Augustinus am gemelten Ort redet: velad demonstrationem debitae miseriae vel ad emendationem labilis vitae &c. Um dem Sünder zu zeigen die ihm der begangenen Sünden halber gebührende Armseeligkeit/ oder auch ihn anzutreiben zur Besserung des sündhafftigen Lebens sc. Ist also die von den Pfaffen zur Gnugthuung der Sünden in der Beicht auferlegte Buß nichts anders/ als ein dem Verdienst Christi gar nachtheiliger Greuel für GOtt.

Vierdter Irrthum.

Wegen gewisser in der Beicht vorbehaltenen Sünden.

DAmit der Römische Antichrist die arme Gewissen möchte aufs höchste und grausamste qvälen und martyren/ hat ihm der Satan in den Sinn gegeben die Vrbehaltung etlicher gewisser Sünden/ welche von den Papisten genennet werden casus reservati; Also hat der Pabst/ die Bischöffe/ die Obern in den Klöstern ihre Casus reservator oder vorbehaltene Süden/ von welchen keiner kan loßsprechen/ als eben sie. Zum Exempel/ wann ein Geistlicher in etlichen Orden mit einer Weibes-Persohn etwas zu weit gegen das Gelübd der Keuschheit sich hätte eingelassen/ und ein solcher schon mit wahrer Reu für tausend andern Priestern sich einstellete/ und ihnen seine Sünde in der Beicht offenbahrte/ so ist doch alles umsonst: sondern es muß der Ober auch selbst um diese Sünde wissen/ und den Historischen Verlauff berichtlich einnehmen: hätte sich aber einer zu nahe bey einer Nonnen oder geistlichen Kloster-Jungfrauen gewaget/ und sich an diesem Heiligthum vergriffen/ das möchte wohl gar ein dem Pabst selbsten vorbehaltener Mißtritt seyen müssen. Wie aber nur hiedurch ohn eintziges Anzeichen des Göttlichen Willens in H. Schrifft die Seelen in die Verwirrung und dem Satan ins Netz gebracht werden/ lehrt die Vernunfft.

Einrede der Papisten.

I. Spricht doch Christus ausdrücklich zu Petro und in dessen Persohn zu allen Päbsten und Vorstehern der Kirchen und Geistlichen Orden: Alles was du binden wirst auf Erden/ soll auch gebunden seyen im Himmel/ Matth. 16. v. 19. So wird ja durch diese Gewalt zu binden auch verstanden die Vorbehaltung gewisser Sünden nach Belieben und Gutdüncken der geistlichen Obrigkeit.

Antwort. So gehts/ wann man sich an die H. Schrifft nicht wil binden lassen/ sondern auf dem erdichteten päbstischen Felsen die Unfehlbarkeit der Kirchen steuern und gründen will/ dann wird den Pfaffen freye Gewalt gegeben über die bedrängte Gewissen Tyrannischer Weise zu herrschen/ und hat der Pabst eine uneingeschränckte Vollmacht zu schalten nach belieben: also daß Marius Altierius Tom. I. de censuris f. 25. schreiben darff: durch diese dem Petro aufgetragene Gewalt zu binden und zu lösen/ seye den Römischen Päbsten zugewachsen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0342" n="42"/>
oder man            sagt: die Papisten habens ertichtet/ und hierdurch die Berdiensten Christi            verkleinert.</p>
        <p>X. Sagen doch die H. Vätter: als namentlich Augustinus tr. 124. in Joh. h. c.            Chrysostomus conc. 4. de Lazaro &amp;c. Daß GOtt auch die vergebene Sünde zeitlich            straffet so wil ja GOtt/ daß der Mensch durch die zeitliche Straffe für die verübte Sünde            gnug thue.</p>
        <p>Antwort. Freylich strafft GOtt die Sunde: aber nicht/ daß der Mensch durch diese Straff            für GOTT gnug thue: sondern wie auch Augustinus am gemelten Ort redet: velad            demonstrationem debitae miseriae vel ad emendationem labilis vitae &amp;c. Um dem Sünder            zu zeigen die ihm der begangenen Sünden halber gebührende Armseeligkeit/ oder auch ihn            anzutreiben zur Besserung des sündhafftigen Lebens sc. Ist also die von den Pfaffen zur            Gnugthuung der Sünden in der Beicht auferlegte Buß nichts anders/ als ein dem Verdienst            Christi gar nachtheiliger Greuel für GOtt.</p>
        <p>Vierdter Irrthum.</p>
        <p>Wegen gewisser in der Beicht vorbehaltenen Sünden.</p>
        <p>DAmit der Römische Antichrist die arme Gewissen möchte aufs höchste und grausamste qvälen            und martyren/ hat ihm der Satan in den Sinn gegeben die Vrbehaltung etlicher gewisser            Sünden/ welche von den Papisten genennet werden casus reservati; Also hat der Pabst/ die            Bischöffe/ die Obern in den Klöstern ihre Casus reservator oder vorbehaltene Süden/ von            welchen keiner kan loßsprechen/ als eben sie. Zum Exempel/ wann ein Geistlicher in            etlichen Orden mit einer Weibes-Persohn etwas zu weit gegen das Gelübd der Keuschheit sich            hätte eingelassen/ und ein solcher schon mit wahrer Reu für tausend andern Priestern sich            einstellete/ und ihnen seine Sünde in der Beicht offenbahrte/ so ist doch alles umsonst:            sondern es muß der Ober auch selbst um diese Sünde wissen/ und den Historischen Verlauff            berichtlich einnehmen: hätte sich aber einer zu nahe bey einer Nonnen oder geistlichen            Kloster-Jungfrauen gewaget/ und sich an diesem Heiligthum vergriffen/ das möchte wohl            gar ein dem Pabst selbsten vorbehaltener Mißtritt seyen müssen. Wie aber nur hiedurch ohn            eintziges Anzeichen des Göttlichen Willens in H. Schrifft die Seelen in die Verwirrung und            dem Satan ins Netz gebracht werden/ lehrt die Vernunfft.</p>
        <p>Einrede der Papisten.</p>
        <p>I. Spricht doch Christus ausdrücklich zu Petro und in dessen Persohn zu allen Päbsten und            Vorstehern der Kirchen und Geistlichen Orden: Alles was du binden wirst auf Erden/ soll            auch gebunden seyen im Himmel/ Matth. 16. v. 19. So wird ja durch diese Gewalt zu binden            auch verstanden die Vorbehaltung gewisser Sünden nach Belieben und Gutdüncken der            geistlichen Obrigkeit.</p>
        <p>Antwort. So gehts/ wann man sich an die H. Schrifft nicht wil binden lassen/ sondern            auf dem erdichteten päbstischen Felsen die Unfehlbarkeit der Kirchen steuern und gründen            will/ dann wird den Pfaffen freye Gewalt gegeben über die bedrängte Gewissen Tyrannischer            Weise zu herrschen/ und hat der Pabst eine uneingeschränckte Vollmacht zu schalten nach            belieben: also daß Marius Altierius Tom. I. de censuris f. 25. schreiben darff: durch            diese dem Petro aufgetragene Gewalt zu binden und zu lösen/ seye den Römischen Päbsten              zugewachsen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0342] oder man sagt: die Papisten habens ertichtet/ und hierdurch die Berdiensten Christi verkleinert. X. Sagen doch die H. Vätter: als namentlich Augustinus tr. 124. in Joh. h. c. Chrysostomus conc. 4. de Lazaro &c. Daß GOtt auch die vergebene Sünde zeitlich straffet so wil ja GOtt/ daß der Mensch durch die zeitliche Straffe für die verübte Sünde gnug thue. Antwort. Freylich strafft GOtt die Sunde: aber nicht/ daß der Mensch durch diese Straff für GOTT gnug thue: sondern wie auch Augustinus am gemelten Ort redet: velad demonstrationem debitae miseriae vel ad emendationem labilis vitae &c. Um dem Sünder zu zeigen die ihm der begangenen Sünden halber gebührende Armseeligkeit/ oder auch ihn anzutreiben zur Besserung des sündhafftigen Lebens sc. Ist also die von den Pfaffen zur Gnugthuung der Sünden in der Beicht auferlegte Buß nichts anders/ als ein dem Verdienst Christi gar nachtheiliger Greuel für GOtt. Vierdter Irrthum. Wegen gewisser in der Beicht vorbehaltenen Sünden. DAmit der Römische Antichrist die arme Gewissen möchte aufs höchste und grausamste qvälen und martyren/ hat ihm der Satan in den Sinn gegeben die Vrbehaltung etlicher gewisser Sünden/ welche von den Papisten genennet werden casus reservati; Also hat der Pabst/ die Bischöffe/ die Obern in den Klöstern ihre Casus reservator oder vorbehaltene Süden/ von welchen keiner kan loßsprechen/ als eben sie. Zum Exempel/ wann ein Geistlicher in etlichen Orden mit einer Weibes-Persohn etwas zu weit gegen das Gelübd der Keuschheit sich hätte eingelassen/ und ein solcher schon mit wahrer Reu für tausend andern Priestern sich einstellete/ und ihnen seine Sünde in der Beicht offenbahrte/ so ist doch alles umsonst: sondern es muß der Ober auch selbst um diese Sünde wissen/ und den Historischen Verlauff berichtlich einnehmen: hätte sich aber einer zu nahe bey einer Nonnen oder geistlichen Kloster-Jungfrauen gewaget/ und sich an diesem Heiligthum vergriffen/ das möchte wohl gar ein dem Pabst selbsten vorbehaltener Mißtritt seyen müssen. Wie aber nur hiedurch ohn eintziges Anzeichen des Göttlichen Willens in H. Schrifft die Seelen in die Verwirrung und dem Satan ins Netz gebracht werden/ lehrt die Vernunfft. Einrede der Papisten. I. Spricht doch Christus ausdrücklich zu Petro und in dessen Persohn zu allen Päbsten und Vorstehern der Kirchen und Geistlichen Orden: Alles was du binden wirst auf Erden/ soll auch gebunden seyen im Himmel/ Matth. 16. v. 19. So wird ja durch diese Gewalt zu binden auch verstanden die Vorbehaltung gewisser Sünden nach Belieben und Gutdüncken der geistlichen Obrigkeit. Antwort. So gehts/ wann man sich an die H. Schrifft nicht wil binden lassen/ sondern auf dem erdichteten päbstischen Felsen die Unfehlbarkeit der Kirchen steuern und gründen will/ dann wird den Pfaffen freye Gewalt gegeben über die bedrängte Gewissen Tyrannischer Weise zu herrschen/ und hat der Pabst eine uneingeschränckte Vollmacht zu schalten nach belieben: also daß Marius Altierius Tom. I. de censuris f. 25. schreiben darff: durch diese dem Petro aufgetragene Gewalt zu binden und zu lösen/ seye den Römischen Päbsten zugewachsen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/342
Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/342>, abgerufen am 23.11.2024.