Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.XXXIII. David spricht: Ps. 119. v. I. Wohl denen die ohne Mackel seyn auff dem Wege/ die im Gesetz des HErren wandelen: So seynd ja die Gerechfertigten ohne alle Mackel. Antwort. David redet von solchen/ die durch freywillige Boßheit muhtwillig und freffentlich mitsolchen Sünden sich nicht bemackelen/ dardurch der H. Geist vertrieben wird: Sondern ein Belieben tragen am Gesetz GOttes/ und im Christlichen Tugend-Wandel immerhin suchen fort zuschreiten. Daß aber solche auf dem Wege des HErrn sich nimmer verstossen solten/ solches sagt David nirgend: Sondern bittet flehentlich/ GOtt solle mit seinem Knecht nicht ins Gerichte treten Ps. 143. v. 2. sondern ihn rein machen von seinen verborgenen Sünden Ps. 19. XXXIV. S. Paulus spricht: Christus hat geliebet die Kirche/ und hat sich selbst für sie gegeben/ auf daß er sie heiligte/ und hat sie gereiniget/ daß er ihm darstellete eine herrliche Kirche/ die nicht habe eine Mackel: Sondern daß sie heilig seye und unbefleckt Eph 5. v. 25. So seynd ja die Gerechtfertigten ohne Mackel der Sünden. Antwort. S. Paulus redet von der Kirchen oder Versammlung der Auserwehlten im Himmel: Selbige ist ohne Mackel: Aber in dem sterblichen sündhafften Leib wils sich nicht thun lassen: Dann auch der Gerechte fällt des Tages siebenmahl Prov. 14. v. 16. Und begehen die Gerechtfertigten in diesem Leben freylich Sünde: Aber daß die Mackel der Sünden ihnen nicht anklebt/ daß müssen sie dancken dem kostbaren Purpur des Bluhts Christi/ welches immerhin etwas an ihnen zu waschen findet. XXXV. Salomon spricht: Du bist gantz schön meine Freundinn/ und ist kein Flecken an dir Cant 4. v. 7. So ist ja eine gerechtfertigte Seele ohne Sünde. Antwort. Wann ihr ja diesen Spruch auff die Seele eines Gerechtfertigten ausdeuten wollet / so ist diese Braut Christi gantz schön im Himmel: Auff Erden aber ist sie/ bey ihren Sünden/ schön durch die Zierde des kostbaren Bluhts Christi. Haben demnach auch die Gerechtfertigten Sünde: Daß sie aber dardurch nicht bemackelt werden/ darzu dienet daß schöne Gnaden-Bad des kostbaren Bluhts Christi: Davon Joannes spricht/ Das Bluht Christi macht uns rein von allen Sünden I. Joh. I. v. 7. XXXVI. Man muß einen Unterscheid machen zwischen den schweren Sünden/ wodurch GOtt gröblich erzürnet wird/ und zwischem den Geringen und Leßlichen/ wodurch nur die Liebe zwischen GOtt und den Menschen etwas vergeringert wird. Diese kleine Sünden befinden sich auch bey den Gerechtfertigten: Keines Weges aber die Grobe. Antwort. Es gibt auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden/ daß/ wann sie GOtt wegen der Verdiensten Christi/ so durch den Glauben ergriffen werden/ nicht gnädigst nachsähe / Sondern nach seiner Schärffe darwieder verfahren wolte/ er in Ewigkeit seine Rach üben könte/ und auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden antreffen würde/ davon S. Paulus ohne Unterscheid spricht Rom. 6. v. 23. Der Sünden Gold ist der Todt. Und Ezechiel cap. 14. v. 4. Welche Seele sündiget die soll sterben. XXXVII. Spricht doch Salomon Prov. 24. v. 16. Ein Gerechter fällt im Tag sieben mahl / und stehet wieder auff: So seynds ja nur leßliche oder geringe Sünden bey den Gerechtfertigten. XXXIII. David spricht: Ps. 119. v. I. Wohl denen die ohne Mackel seyn auff dem Wege/ die im Gesetz des HErren wandelen: So seynd ja die Gerechfertigten ohne alle Mackel. Antwort. David redet von solchen/ die durch freywillige Boßheit muhtwillig und freffentlich mitsolchen Sünden sich nicht bemackelen/ dardurch der H. Geist vertrieben wird: Sondern ein Belieben tragen am Gesetz GOttes/ und im Christlichen Tugend-Wandel immerhin suchen fort zuschreiten. Daß aber solche auf dem Wege des HErrn sich nimmer verstossen solten/ solches sagt David nirgend: Sondern bittet flehentlich/ GOtt solle mit seinem Knecht nicht ins Gerichte treten Ps. 143. v. 2. sondern ihn rein machen von seinen verborgenen Sünden Ps. 19. XXXIV. S. Paulus spricht: Christus hat geliebet die Kirche/ und hat sich selbst für sie gegeben/ auf daß er sie heiligte/ und hat sie gereiniget/ daß er ihm darstellete eine herrliche Kirche/ die nicht habe eine Mackel: Sondern daß sie heilig seye und unbefleckt Eph 5. v. 25. So seynd ja die Gerechtfertigten ohne Mackel der Sünden. Antwort. S. Paulus redet von der Kirchen oder Versammlung der Auserwehlten im Himmel: Selbige ist ohne Mackel: Aber in dem sterblichen sündhafften Leib wils sich nicht thun lassen: Dann auch der Gerechte fällt des Tages siebenmahl Prov. 14. v. 16. Und begehen die Gerechtfertigten in diesem Leben freylich Sünde: Aber daß die Mackel der Sünden ihnen nicht anklebt/ daß müssen sie dancken dem kostbaren Purpur des Bluhts Christi/ welches immerhin etwas an ihnen zu waschen findet. XXXV. Salomon spricht: Du bist gantz schön meine Freundinn/ und ist kein Flecken an dir Cant 4. v. 7. So ist ja eine gerechtfertigte Seele ohne Sünde. Antwort. Wann ihr ja diesen Spruch auff die Seele eines Gerechtfertigten ausdeuten wollet / so ist diese Braut Christi gantz schön im Himmel: Auff Erden aber ist sie/ bey ihren Sünden/ schön durch die Zierde des kostbaren Bluhts Christi. Haben demnach auch die Gerechtfertigten Sünde: Daß sie aber dardurch nicht bemackelt werden/ darzu dienet daß schöne Gnaden-Bad des kostbaren Bluhts Christi: Davon Joannes spricht/ Das Bluht Christi macht uns rein von allen Sünden I. Joh. I. v. 7. XXXVI. Man muß einen Unterscheid machen zwischen den schweren Sünden/ wodurch GOtt gröblich erzürnet wird/ und zwischem den Geringen und Leßlichen/ wodurch nur die Liebe zwischen GOtt und den Menschen etwas vergeringert wird. Diese kleine Sünden befinden sich auch bey den Gerechtfertigten: Keines Weges aber die Grobe. Antwort. Es gibt auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden/ daß/ wann sie GOtt wegen der Verdiensten Christi/ so durch den Glauben ergriffen werden/ nicht gnädigst nachsähe / Sondern nach seiner Schärffe darwieder verfahren wolte/ er in Ewigkeit seine Rach üben könte/ und auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden antreffen würde/ davon S. Paulus ohne Unterscheid spricht Rom. 6. v. 23. Der Sünden Gold ist der Todt. Und Ezechiel cap. 14. v. 4. Welche Seele sündiget die soll sterben. XXXVII. Spricht doch Salomon Prov. 24. v. 16. Ein Gerechter fällt im Tag sieben mahl / und stehet wieder auff: So seynds ja nur leßliche oder geringe Sünden bey den Gerechtfertigten. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0294" n="274"/> <p>XXXIII. David spricht: Ps. 119. v. I. Wohl denen die ohne Mackel seyn auff dem Wege/ die im Gesetz des HErren wandelen: So seynd ja die Gerechfertigten ohne alle Mackel.</p> <p>Antwort. David redet von solchen/ die durch freywillige Boßheit muhtwillig und freffentlich mitsolchen Sünden sich nicht bemackelen/ dardurch der H. Geist vertrieben wird: Sondern ein Belieben tragen am Gesetz GOttes/ und im Christlichen Tugend-Wandel immerhin suchen fort zuschreiten. Daß aber solche auf dem Wege des HErrn sich nimmer verstossen solten/ solches sagt David nirgend: Sondern bittet flehentlich/ GOtt solle mit seinem Knecht nicht ins Gerichte treten Ps. 143. v. 2. sondern ihn rein machen von seinen verborgenen Sünden Ps. 19.</p> <p>XXXIV. S. Paulus spricht: Christus hat geliebet die Kirche/ und hat sich selbst für sie gegeben/ auf daß er sie heiligte/ und hat sie gereiniget/ daß er ihm darstellete eine herrliche Kirche/ die nicht habe eine Mackel: Sondern daß sie heilig seye und unbefleckt Eph 5. v. 25. So seynd ja die Gerechtfertigten ohne Mackel der Sünden.</p> <p>Antwort. S. Paulus redet von der Kirchen oder Versammlung der Auserwehlten im Himmel: Selbige ist ohne Mackel: Aber in dem sterblichen sündhafften Leib wils sich nicht thun lassen: Dann auch der Gerechte fällt des Tages siebenmahl Prov. 14. v. 16. Und begehen die Gerechtfertigten in diesem Leben freylich Sünde: Aber daß die Mackel der Sünden ihnen nicht anklebt/ daß müssen sie dancken dem kostbaren Purpur des Bluhts Christi/ welches immerhin etwas an ihnen zu waschen findet.</p> <p>XXXV. Salomon spricht: Du bist gantz schön meine Freundinn/ und ist kein Flecken an dir Cant 4. v. 7. So ist ja eine gerechtfertigte Seele ohne Sünde.</p> <p>Antwort. Wann ihr ja diesen Spruch auff die Seele eines Gerechtfertigten ausdeuten wollet / so ist diese Braut Christi gantz schön im Himmel: Auff Erden aber ist sie/ bey ihren Sünden/ schön durch die Zierde des kostbaren Bluhts Christi. Haben demnach auch die Gerechtfertigten Sünde: Daß sie aber dardurch nicht bemackelt werden/ darzu dienet daß schöne Gnaden-Bad des kostbaren Bluhts Christi: Davon Joannes spricht/ Das Bluht Christi macht uns rein von allen Sünden I. Joh. I. v. 7.</p> <p>XXXVI. Man muß einen Unterscheid machen zwischen den schweren Sünden/ wodurch GOtt gröblich erzürnet wird/ und zwischem den Geringen und Leßlichen/ wodurch nur die Liebe zwischen GOtt und den Menschen etwas vergeringert wird. Diese kleine Sünden befinden sich auch bey den Gerechtfertigten: Keines Weges aber die Grobe.</p> <p>Antwort. Es gibt auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden/ daß/ wann sie GOtt wegen der Verdiensten Christi/ so durch den Glauben ergriffen werden/ nicht gnädigst nachsähe / Sondern nach seiner Schärffe darwieder verfahren wolte/ er in Ewigkeit seine Rach üben könte/ und auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden antreffen würde/ davon S. Paulus ohne Unterscheid spricht Rom. 6. v. 23. Der Sünden Gold ist der Todt. Und Ezechiel cap. 14. v. 4. Welche Seele sündiget die soll sterben.</p> <p>XXXVII. Spricht doch Salomon Prov. 24. v. 16. Ein Gerechter fällt im Tag sieben mahl / und stehet wieder auff: So seynds ja nur leßliche oder geringe Sünden bey den Gerechtfertigten.</p> </div> </body> </text> </TEI> [274/0294]
XXXIII. David spricht: Ps. 119. v. I. Wohl denen die ohne Mackel seyn auff dem Wege/ die im Gesetz des HErren wandelen: So seynd ja die Gerechfertigten ohne alle Mackel.
Antwort. David redet von solchen/ die durch freywillige Boßheit muhtwillig und freffentlich mitsolchen Sünden sich nicht bemackelen/ dardurch der H. Geist vertrieben wird: Sondern ein Belieben tragen am Gesetz GOttes/ und im Christlichen Tugend-Wandel immerhin suchen fort zuschreiten. Daß aber solche auf dem Wege des HErrn sich nimmer verstossen solten/ solches sagt David nirgend: Sondern bittet flehentlich/ GOtt solle mit seinem Knecht nicht ins Gerichte treten Ps. 143. v. 2. sondern ihn rein machen von seinen verborgenen Sünden Ps. 19.
XXXIV. S. Paulus spricht: Christus hat geliebet die Kirche/ und hat sich selbst für sie gegeben/ auf daß er sie heiligte/ und hat sie gereiniget/ daß er ihm darstellete eine herrliche Kirche/ die nicht habe eine Mackel: Sondern daß sie heilig seye und unbefleckt Eph 5. v. 25. So seynd ja die Gerechtfertigten ohne Mackel der Sünden.
Antwort. S. Paulus redet von der Kirchen oder Versammlung der Auserwehlten im Himmel: Selbige ist ohne Mackel: Aber in dem sterblichen sündhafften Leib wils sich nicht thun lassen: Dann auch der Gerechte fällt des Tages siebenmahl Prov. 14. v. 16. Und begehen die Gerechtfertigten in diesem Leben freylich Sünde: Aber daß die Mackel der Sünden ihnen nicht anklebt/ daß müssen sie dancken dem kostbaren Purpur des Bluhts Christi/ welches immerhin etwas an ihnen zu waschen findet.
XXXV. Salomon spricht: Du bist gantz schön meine Freundinn/ und ist kein Flecken an dir Cant 4. v. 7. So ist ja eine gerechtfertigte Seele ohne Sünde.
Antwort. Wann ihr ja diesen Spruch auff die Seele eines Gerechtfertigten ausdeuten wollet / so ist diese Braut Christi gantz schön im Himmel: Auff Erden aber ist sie/ bey ihren Sünden/ schön durch die Zierde des kostbaren Bluhts Christi. Haben demnach auch die Gerechtfertigten Sünde: Daß sie aber dardurch nicht bemackelt werden/ darzu dienet daß schöne Gnaden-Bad des kostbaren Bluhts Christi: Davon Joannes spricht/ Das Bluht Christi macht uns rein von allen Sünden I. Joh. I. v. 7.
XXXVI. Man muß einen Unterscheid machen zwischen den schweren Sünden/ wodurch GOtt gröblich erzürnet wird/ und zwischem den Geringen und Leßlichen/ wodurch nur die Liebe zwischen GOtt und den Menschen etwas vergeringert wird. Diese kleine Sünden befinden sich auch bey den Gerechtfertigten: Keines Weges aber die Grobe.
Antwort. Es gibt auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden/ daß/ wann sie GOtt wegen der Verdiensten Christi/ so durch den Glauben ergriffen werden/ nicht gnädigst nachsähe / Sondern nach seiner Schärffe darwieder verfahren wolte/ er in Ewigkeit seine Rach üben könte/ und auch bey den Gerechtfertigten solche Sünden antreffen würde/ davon S. Paulus ohne Unterscheid spricht Rom. 6. v. 23. Der Sünden Gold ist der Todt. Und Ezechiel cap. 14. v. 4. Welche Seele sündiget die soll sterben.
XXXVII. Spricht doch Salomon Prov. 24. v. 16. Ein Gerechter fällt im Tag sieben mahl / und stehet wieder auff: So seynds ja nur leßliche oder geringe Sünden bey den Gerechtfertigten.
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/294>, abgerufen am 31.07.2024. |