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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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IX. S. Paulus spricht Rom. 8. v. 4. GOtt sandte seinen Sohn in der Gestalt des süudlichen Fleisches/ auff daß die Gerechtigkeit des Gesetzes erfüllet würde in uns/ die wir nicht nach dem Fleisch wanderen: Sondern nach dem Geist. Wann nun die Gerechtigkeit des Gesetzes kan erfüllet werden/ so muß man ja das Gesetz vollkommentlich halten können.

Antwort. Aus diesem Spruch folget gerad das Wiederspiel: Dann S. Paulus will sagen: Weilen es unmöglich war/ daß der Mensch durch eigene vollkommene Haltung des Gesetzes würde gerechtfertiget/ so hat Christus durch sein Leiden/ die Gerechtigkeit/ so dem Gesetz unmöglich war/ erfüllet/ und seine Gerechtigkeit dem Menschen zugewendet.

X. Joannes spricht: Wer da sagt/ er habe GOtt erkannt/ und hält seine Gebott nicht / der ist ein Lügner. I. Joh. 2. v. 4. Nun aber die Evangelischen geben für/ sie erkennen GOtt/ gestehen aber zugleich daß sie seine Gebott nicht halten/ weilen es/ gemäß ihrer Geständnüß/ unmöglich ist selbige zu halten; So müssen sie ja nohtwendig Lügner seyn.

Antwort. Ihr folgert etwas grob/ und stolpert mit Holtz-Schuhen herein. Im übrigen machen die Evangelischen weniger Pochens von ihrer Haltung der Geboten Gottes: Halten sie aber in der That besser als die Papisten: Dann sie halten selbige nach ihrer Möglichkeit / tragen auch ein Belieben daran: Bekennen aber auch zugleich ihre Schwachheit und Unvermögenheit zur vollkommenen Haltung/ und geben Christo die Ehr durch demühtigste Bekentnüß/ daß sie/ bey Abgang ihrer eigenen Kräfften/ und Mangel der vollkommenen Haltung der Geboten/ der Gerechtigkeit Christi immer bedürfftig seyn und bleiben.

XI. Ey solte dann GOtt etwas befehlen daß unmöglich seye zu halten? Das lautet gar ungereimt/ und ist der Göttlichen Weißheit gar unanständig. So müssen ja zum wenigsten die Wiedergebohrnen und Gerechtfertigten die Gebott GOttes vollkommentlich halten und erfüllen können.

Antwort. S. Paulus spricht deutlich gnug/ das Gesetz GOttes seye zu halten unmöglich Rom. 8. v. 3. Daß dem Gesetz unmöglich war (sintemahl es durch das Fleisch geschwächet war) das thäte GOtt/ und sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches sc. Wessen ist aber die Schuld? Freylich nicht GOttes: Sondern des Menschen: Dann GOtt hat den ersten Menschen also erschaffen/ daß er das Gesetz GOttes vollkommentlich hätte halten können: Nun aber der Mensch solche anerschaffene Herrlichkeit und Vermögen durch muhtwillige Ubertretung im Paradeiß verlohren/ so bleibt er dannoch nichts destoweniger dem Gesetz Gottes verpflichtet und verbunden: Und ist GOtt eben so wenig verbunden/ daß er/ von wegen des Menschen muhtwilligen Abfalls/ sein Gesetz und Verbindung zur vollkommenen Haltung seiner Geboten/ änderen solte/ als ein Herr seinem verschwändischen Hauß-Halter/ der nicht bezahlen und auffrichtige Rechnung abstatten kan/ schuldig ist alles in Gnaden nachzusehen. Und heisset es demnach zwar/ wo nichts ist/ auch niemahls etwas gewesen ist/ da hat des Käysers Recht nichts zu forderen und zu gewalten: Wo aber etwas gewesen ist/ und liederlich durchgebracht/ da bleibt dem Käyser sein Recht unverrücket/ und kan er einen solchen Freffler für treuloß halten/ und in Ungnaden ansehen/ biß daß er seine Richtigkeit abstatte/ obschon selbige abzustatten ihm unmöglich fällt/ und seine Kräfften übersteiget.

XII. Spricht doch S. Joannes: Seine Gebott seynd nicht Schwer I. Joan. 5. v. 3. Und Christus spricht selbst: Mein Joch ist sanfft/ und meine Lastist leicht Matt. II. v. 30. So kan man ja die Gebot GOttes vollkommentlich halten.

IX. S. Paulus spricht Rom. 8. v. 4. GOtt sandte seinen Sohn in der Gestalt des süudlichen Fleisches/ auff daß die Gerechtigkeit des Gesetzes erfüllet würde in uns/ die wir nicht nach dem Fleisch wanderen: Sondern nach dem Geist. Wann nun die Gerechtigkeit des Gesetzes kan erfüllet werden/ so muß man ja das Gesetz vollkommentlich halten können.

Antwort. Aus diesem Spruch folget gerad das Wiederspiel: Dann S. Paulus will sagen: Weilen es unmöglich war/ daß der Mensch durch eigene vollkommene Haltung des Gesetzes würde gerechtfertiget/ so hat Christus durch sein Leiden/ die Gerechtigkeit/ so dem Gesetz unmöglich war/ erfüllet/ und seine Gerechtigkeit dem Menschen zugewendet.

X. Joannes spricht: Wer da sagt/ er habe GOtt erkannt/ und hält seine Gebott nicht / der ist ein Lügner. I. Joh. 2. v. 4. Nun aber die Evangelischen geben für/ sie erkennen GOtt/ gestehen aber zugleich daß sie seine Gebott nicht halten/ weilen es/ gemäß ihrer Geständnüß/ unmöglich ist selbige zu halten; So müssen sie ja nohtwendig Lügner seyn.

Antwort. Ihr folgert etwas grob/ und stolpert mit Holtz-Schuhen herein. Im übrigen machen die Evangelischen weniger Pochens von ihrer Haltung der Geboten Gottes: Halten sie aber in der That besser als die Papisten: Dann sie halten selbige nach ihrer Möglichkeit / tragen auch ein Belieben daran: Bekennen aber auch zugleich ihre Schwachheit und Unvermögenheit zur vollkommenen Haltung/ und geben Christo die Ehr durch demühtigste Bekentnüß/ daß sie/ bey Abgang ihrer eigenen Kräfften/ und Mangel der vollkommenen Haltung der Geboten/ der Gerechtigkeit Christi immer bedürfftig seyn und bleiben.

XI. Ey solte dann GOtt etwas befehlen daß unmöglich seye zu halten? Das lautet gar ungereimt/ und ist der Göttlichen Weißheit gar unanständig. So müssen ja zum wenigsten die Wiedergebohrnen und Gerechtfertigten die Gebott GOttes vollkommentlich halten und erfüllen können.

Antwort. S. Paulus spricht deutlich gnug/ das Gesetz GOttes seye zu halten unmöglich Rom. 8. v. 3. Daß dem Gesetz unmöglich war (sintemahl es durch das Fleisch geschwächet war) das thäte GOtt/ und sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches sc. Wessen ist aber die Schuld? Freylich nicht GOttes: Sondern des Menschen: Dann GOtt hat den ersten Menschen also erschaffen/ daß er das Gesetz GOttes vollkommentlich hätte halten können: Nun aber der Mensch solche anerschaffene Herrlichkeit und Vermögen durch muhtwillige Ubertretung im Paradeiß verlohren/ so bleibt er dannoch nichts destoweniger dem Gesetz Gottes verpflichtet und verbunden: Und ist GOtt eben so wenig verbunden/ daß er/ von wegen des Menschen muhtwilligen Abfalls/ sein Gesetz und Verbindung zur vollkommenen Haltung seiner Geboten/ änderen solte/ als ein Herr seinem verschwändischen Hauß-Halter/ der nicht bezahlen und auffrichtige Rechnung abstatten kan/ schuldig ist alles in Gnaden nachzusehen. Und heisset es demnach zwar/ wo nichts ist/ auch niemahls etwas gewesen ist/ da hat des Käysers Recht nichts zu forderen und zu gewalten: Wo aber etwas gewesen ist/ und liederlich durchgebracht/ da bleibt dem Käyser sein Recht unverrücket/ und kan er einen solchen Freffler für treuloß halten/ und in Ungnaden ansehen/ biß daß er seine Richtigkeit abstatte/ obschon selbige abzustatten ihm unmöglich fällt/ und seine Kräfften übersteiget.

XII. Spricht doch S. Joannes: Seine Gebott seynd nicht Schwer I. Joan. 5. v. 3. Und Christus spricht selbst: Mein Joch ist sanfft/ und meine Lastist leicht Matt. II. v. 30. So kan man ja die Gebot GOttes vollkommentlich halten.

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        <p>Antwort. Aus diesem Spruch folget gerad das Wiederspiel: Dann S. Paulus will sagen:            Weilen es unmöglich war/ daß der Mensch durch eigene vollkommene Haltung des Gesetzes            würde gerechtfertiget/ so hat Christus durch sein Leiden/ die Gerechtigkeit/ so dem            Gesetz unmöglich war/ erfüllet/ und seine Gerechtigkeit dem Menschen zugewendet.</p>
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        <p>Antwort. Ihr folgert etwas grob/ und stolpert mit Holtz-Schuhen herein. Im übrigen            machen die Evangelischen weniger Pochens von ihrer Haltung der Geboten Gottes: Halten sie            aber in der That besser als die Papisten: Dann sie halten selbige nach ihrer Möglichkeit /            tragen auch ein Belieben daran: Bekennen aber auch zugleich ihre Schwachheit und            Unvermögenheit zur vollkommenen Haltung/ und geben Christo die Ehr durch demühtigste            Bekentnüß/ daß sie/ bey Abgang ihrer eigenen Kräfften/ und Mangel der vollkommenen            Haltung der Geboten/ der Gerechtigkeit Christi immer bedürfftig seyn und bleiben.</p>
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        <p>Antwort. S. Paulus spricht deutlich gnug/ das Gesetz GOttes seye zu halten unmöglich            Rom. 8. v. 3. Daß dem Gesetz unmöglich war (sintemahl es durch das Fleisch geschwächet            war) das thäte GOtt/ und sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches sc.            Wessen ist aber die Schuld? Freylich nicht GOttes: Sondern des Menschen: Dann GOtt hat den            ersten Menschen also erschaffen/ daß er das Gesetz GOttes vollkommentlich hätte halten            können: Nun aber der Mensch solche anerschaffene Herrlichkeit und Vermögen durch            muhtwillige Ubertretung im Paradeiß verlohren/ so bleibt er dannoch nichts destoweniger            dem Gesetz Gottes verpflichtet und verbunden: Und ist GOtt eben so wenig verbunden/ daß            er/ von wegen des Menschen muhtwilligen Abfalls/ sein Gesetz und Verbindung zur            vollkommenen Haltung seiner Geboten/ änderen solte/ als ein Herr seinem verschwändischen            Hauß-Halter/ der nicht bezahlen und auffrichtige Rechnung abstatten kan/ schuldig ist            alles in Gnaden nachzusehen. Und heisset es demnach zwar/ wo nichts ist/ auch niemahls            etwas gewesen ist/ da hat des Käysers Recht nichts zu forderen und zu gewalten: Wo aber            etwas gewesen ist/ und liederlich durchgebracht/ da bleibt dem Käyser sein Recht            unverrücket/ und kan er einen solchen Freffler für treuloß halten/ und in Ungnaden            ansehen/ biß daß er seine Richtigkeit abstatte/ obschon selbige abzustatten ihm            unmöglich fällt/ und seine Kräfften übersteiget.</p>
        <p>XII. Spricht doch S. Joannes: Seine Gebott seynd nicht Schwer I. Joan. 5. v. 3. Und            Christus spricht selbst: Mein Joch ist sanfft/ und meine Lastist leicht Matt. II. v. 30.            So kan man ja die Gebot GOttes vollkommentlich halten.</p>
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[265/0285] IX. S. Paulus spricht Rom. 8. v. 4. GOtt sandte seinen Sohn in der Gestalt des süudlichen Fleisches/ auff daß die Gerechtigkeit des Gesetzes erfüllet würde in uns/ die wir nicht nach dem Fleisch wanderen: Sondern nach dem Geist. Wann nun die Gerechtigkeit des Gesetzes kan erfüllet werden/ so muß man ja das Gesetz vollkommentlich halten können. Antwort. Aus diesem Spruch folget gerad das Wiederspiel: Dann S. Paulus will sagen: Weilen es unmöglich war/ daß der Mensch durch eigene vollkommene Haltung des Gesetzes würde gerechtfertiget/ so hat Christus durch sein Leiden/ die Gerechtigkeit/ so dem Gesetz unmöglich war/ erfüllet/ und seine Gerechtigkeit dem Menschen zugewendet. X. Joannes spricht: Wer da sagt/ er habe GOtt erkannt/ und hält seine Gebott nicht / der ist ein Lügner. I. Joh. 2. v. 4. Nun aber die Evangelischen geben für/ sie erkennen GOtt/ gestehen aber zugleich daß sie seine Gebott nicht halten/ weilen es/ gemäß ihrer Geständnüß/ unmöglich ist selbige zu halten; So müssen sie ja nohtwendig Lügner seyn. Antwort. Ihr folgert etwas grob/ und stolpert mit Holtz-Schuhen herein. Im übrigen machen die Evangelischen weniger Pochens von ihrer Haltung der Geboten Gottes: Halten sie aber in der That besser als die Papisten: Dann sie halten selbige nach ihrer Möglichkeit / tragen auch ein Belieben daran: Bekennen aber auch zugleich ihre Schwachheit und Unvermögenheit zur vollkommenen Haltung/ und geben Christo die Ehr durch demühtigste Bekentnüß/ daß sie/ bey Abgang ihrer eigenen Kräfften/ und Mangel der vollkommenen Haltung der Geboten/ der Gerechtigkeit Christi immer bedürfftig seyn und bleiben. XI. Ey solte dann GOtt etwas befehlen daß unmöglich seye zu halten? Das lautet gar ungereimt/ und ist der Göttlichen Weißheit gar unanständig. So müssen ja zum wenigsten die Wiedergebohrnen und Gerechtfertigten die Gebott GOttes vollkommentlich halten und erfüllen können. Antwort. S. Paulus spricht deutlich gnug/ das Gesetz GOttes seye zu halten unmöglich Rom. 8. v. 3. Daß dem Gesetz unmöglich war (sintemahl es durch das Fleisch geschwächet war) das thäte GOtt/ und sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündlichen Fleisches sc. Wessen ist aber die Schuld? Freylich nicht GOttes: Sondern des Menschen: Dann GOtt hat den ersten Menschen also erschaffen/ daß er das Gesetz GOttes vollkommentlich hätte halten können: Nun aber der Mensch solche anerschaffene Herrlichkeit und Vermögen durch muhtwillige Ubertretung im Paradeiß verlohren/ so bleibt er dannoch nichts destoweniger dem Gesetz Gottes verpflichtet und verbunden: Und ist GOtt eben so wenig verbunden/ daß er/ von wegen des Menschen muhtwilligen Abfalls/ sein Gesetz und Verbindung zur vollkommenen Haltung seiner Geboten/ änderen solte/ als ein Herr seinem verschwändischen Hauß-Halter/ der nicht bezahlen und auffrichtige Rechnung abstatten kan/ schuldig ist alles in Gnaden nachzusehen. Und heisset es demnach zwar/ wo nichts ist/ auch niemahls etwas gewesen ist/ da hat des Käysers Recht nichts zu forderen und zu gewalten: Wo aber etwas gewesen ist/ und liederlich durchgebracht/ da bleibt dem Käyser sein Recht unverrücket/ und kan er einen solchen Freffler für treuloß halten/ und in Ungnaden ansehen/ biß daß er seine Richtigkeit abstatte/ obschon selbige abzustatten ihm unmöglich fällt/ und seine Kräfften übersteiget. XII. Spricht doch S. Joannes: Seine Gebott seynd nicht Schwer I. Joan. 5. v. 3. Und Christus spricht selbst: Mein Joch ist sanfft/ und meine Lastist leicht Matt. II. v. 30. So kan man ja die Gebot GOttes vollkommentlich halten.

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/285>, abgerufen am 22.11.2024.