Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Bösen/ er versuchet niemand. So bitten wir dann GOtt/ er wolle mit seinem kräfftigen Beystand uns durch die Versuchung nicht in die Sünde sincken lassen: Gleich wie eine vom Feind belägerte Stadt zu ihrem mächtigen Schutz-herren schreyet und behtet/ er wölle sie doch nicht liefferen in die Händ der Feinde: Daß ist: Er möge durch seinen mächtigen Schutz nicht zugeben/ daß sie gerahte unter die Gewalt und Slaverey der Feinden. XXIX. S. Paulus spricht Rom. I. v. 28. GOtt hat die Gottlosen gegeben in einen verkehrten Sinn. Item David spricht Ps. 105. v. 25. von den aegyptiern: GOtt verwandelte ihr Hertz / daß sie seinem Volck gram wurden/ und tückisch handelten mit seinen Knechten. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen solcher Sünden. Antwort. GOtt hat die Gottlosen in einen verkehrten Sinn gegeben/ gleich wie einer/ so einem Krancken/ der muhtwilliger weise seine Gesundheit verdorben/ und selbigen nicht schuldig ist zu helffen/ dem Tod übergibt/ indem er ihm aus billiger Ursach kein unfehlbares Mittel darreichet. So hat auch GOtt den aegyptiern das Hertz zum Bösen verwandelt/ gleichwie einer den Wein in Eßig verwandelt/ wann er nicht verhütet/ daß glüende Kohlen hinein fallen/ wodurch der Wein die Säurigkeit annimmt. Daraus dann keines weges folget/ daß GOtt mit seinem Wohlgefallen und austrücklichem Vorsatz sie habe zur Sünden angetrieben: sondern nur/ daß er die Sünde aus erheblichen Ursachen/ und heiliger Absicht nicht habe verhindert. XXX. S. Paulus Rom. 9. v. II. schreibt von Esau und Jacob: Ehe die Kinder gebohren waren / und weder Guts noch Böses gethan hatten/ auf daß der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl/ ward zu ihr (der Rebecca) gesagt: der Grössere soll dienstbar werden dem Kleineren: Wie dann geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet: aber Esau hab ich gehasset. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen der Sünden/ und der Verwerffung des Esau. Antwort. Diese Verwerffung des Esau könte man wohl füglich ausdeuten auf die Verwerffung vom zeitlichen Seegen und Wohlfart/ davon Gott spricht Malach. I. v. 3. Ich hasse Esau / und dessentwegen hab ich sein Gebirg öde gemacht/ und seine Erde den Drachen zur Wüsten. Hat also GOtt den Esau gehasset/ das ist: weniger geliebet als den Jacob: Wie dann auch Christus spricht Luc. 14. v. 26. So jemand seinen Vater/ Mutter/ Weib/ Kind/ auch darzu sein eigen Leben nicht hasset (das ist: mehr liebet als mich) kan nicht mein Jünger seyn. Wann mans aber ja auf die Gnadenwahl und Verordnung zur ewigen Seligkeit will ausdeuten/ so hat GOtt den Esau weniger geliebet als den Jacob/ indem er ihm zwar zu keiner Sünd gezwungen/ dannoch auch nicht mit so kräfftiger Gnade umgeben/ und gegen die Sünde beschützet/ und vom Fall erhalten hat/ als den Jacob: wozu dann auch GOtt keines weges war verpflichtet und verbunden. XXXI. Es hat doch GOtt von Ewigkeit die Sünde des Menschen vorgesehen: so kan ja der Mensch unmöglich die Sünde lassen: dann sonsten würde GOtt in seiner Vorsehung fehlen und betrogen werden: So ist ja GOtt durch seine Vorsehung eine Ursach und Urheber der Sünden. Antwort. Weilen der Mensch freywillig sündigen wird/ drum hat GOtt die Sünde vorgesehen / und wann der Mensch nicht freywillig sündigen würde/ so sähe auch GOtt die Sünde nicht vor: dieweilen aber der Mensch freywillig sündigen wird/ so kan er bey dieser Freywilliger Ubung der Sünden/ die Sünde nicht lassen: gleich wie der/ so freywillig sitzet/ kan zu gleich nicht stehen. Bösen/ er versuchet niemand. So bitten wir dann GOtt/ er wolle mit seinem kräfftigen Beystand uns durch die Versuchung nicht in die Sünde sincken lassen: Gleich wie eine vom Feind belägerte Stadt zu ihrem mächtigen Schutz-herren schreyet und behtet/ er wölle sie doch nicht liefferen in die Händ der Feinde: Daß ist: Er möge durch seinen mächtigen Schutz nicht zugeben/ daß sie gerahte unter die Gewalt und Slaverey der Feinden. XXIX. S. Paulus spricht Rom. I. v. 28. GOtt hat die Gottlosen gegeben in einen verkehrten Sinn. Item David spricht Ps. 105. v. 25. von den aegyptiern: GOtt verwandelte ihr Hertz / daß sie seinem Volck gram wurden/ und tückisch handelten mit seinen Knechten. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen solcher Sünden. Antwort. GOtt hat die Gottlosen in einen verkehrten Sinn gegeben/ gleich wie einer/ so einem Krancken/ der muhtwilliger weise seine Gesundheit verdorben/ und selbigen nicht schuldig ist zu helffen/ dem Tod übergibt/ indem er ihm aus billiger Ursach kein unfehlbares Mittel darreichet. So hat auch GOtt den aegyptiern das Hertz zum Bösen verwandelt/ gleichwie einer den Wein in Eßig verwandelt/ wann er nicht verhütet/ daß glüende Kohlen hinein fallen/ wodurch der Wein die Säurigkeit annimmt. Daraus dann keines weges folget/ daß GOtt mit seinem Wohlgefallen und austrücklichem Vorsatz sie habe zur Sünden angetrieben: sondern nur/ daß er die Sünde aus erheblichen Ursachen/ und heiliger Absicht nicht habe verhindert. XXX. S. Paulus Rom. 9. v. II. schreibt von Esau und Jacob: Ehe die Kinder gebohren waren / und weder Guts noch Böses gethan hatten/ auf daß der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl/ ward zu ihr (der Rebecca) gesagt: der Grössere soll dienstbar werden dem Kleineren: Wie dann geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet: aber Esau hab ich gehasset. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen der Sünden/ und der Verwerffung des Esau. Antwort. Diese Verwerffung des Esau könte man wohl füglich ausdeuten auf die Verwerffung vom zeitlichen Seegen und Wohlfart/ davon Gott spricht Malach. I. v. 3. Ich hasse Esau / und dessentwegen hab ich sein Gebirg öde gemacht/ und seine Erde den Drachen zur Wüsten. Hat also GOtt den Esau gehasset/ das ist: weniger geliebet als den Jacob: Wie dann auch Christus spricht Luc. 14. v. 26. So jemand seinen Vater/ Mutter/ Weib/ Kind/ auch darzu sein eigen Leben nicht hasset (das ist: mehr liebet als mich) kan nicht mein Jünger seyn. Wann mans aber ja auf die Gnadenwahl und Verordnung zur ewigen Seligkeit will ausdeuten/ so hat GOtt den Esau weniger geliebet als den Jacob/ indem er ihm zwar zu keiner Sünd gezwungen/ dannoch auch nicht mit so kräfftiger Gnade umgeben/ und gegen die Sünde beschützet/ und vom Fall erhalten hat/ als den Jacob: wozu dann auch GOtt keines weges war verpflichtet und verbunden. XXXI. Es hat doch GOtt von Ewigkeit die Sünde des Menschen vorgesehen: so kan ja der Mensch unmöglich die Sünde lassen: dann sonsten würde GOtt in seiner Vorsehung fehlen und betrogen werden: So ist ja GOtt durch seine Vorsehung eine Ursach und Urheber der Sünden. Antwort. Weilen der Mensch freywillig sündigen wird/ drum hat GOtt die Sünde vorgesehen / und wann der Mensch nicht freywillig sündigen würde/ so sähe auch GOtt die Sünde nicht vor: dieweilen aber der Mensch freywillig sündigen wird/ so kan er bey dieser Freywilliger Ubung der Sünden/ die Sünde nicht lassen: gleich wie der/ so freywillig sitzet/ kan zu gleich nicht stehen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0222" n="202"/> Bösen/ er versuchet niemand. So bitten wir dann GOtt/ er wolle mit seinem kräfftigen Beystand uns durch die Versuchung nicht in die Sünde sincken lassen: Gleich wie eine vom Feind belägerte Stadt zu ihrem mächtigen Schutz-herren schreyet und behtet/ er wölle sie doch nicht liefferen in die Händ der Feinde: Daß ist: Er möge durch seinen mächtigen Schutz nicht zugeben/ daß sie gerahte unter die Gewalt und Slaverey der Feinden.</p> <p>XXIX. S. Paulus spricht Rom. I. v. 28. GOtt hat die Gottlosen gegeben in einen verkehrten Sinn. Item David spricht Ps. 105. v. 25. von den aegyptiern: GOtt verwandelte ihr Hertz / daß sie seinem Volck gram wurden/ und tückisch handelten mit seinen Knechten. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen solcher Sünden.</p> <p>Antwort. GOtt hat die Gottlosen in einen verkehrten Sinn gegeben/ gleich wie einer/ so einem Krancken/ der muhtwilliger weise seine Gesundheit verdorben/ und selbigen nicht schuldig ist zu helffen/ dem Tod übergibt/ indem er ihm aus billiger Ursach kein unfehlbares Mittel darreichet. So hat auch GOtt den aegyptiern das Hertz zum Bösen verwandelt/ gleichwie einer den Wein in Eßig verwandelt/ wann er nicht verhütet/ daß glüende Kohlen hinein fallen/ wodurch der Wein die Säurigkeit annimmt. Daraus dann keines weges folget/ daß GOtt mit seinem Wohlgefallen und austrücklichem Vorsatz sie habe zur Sünden angetrieben: sondern nur/ daß er die Sünde aus erheblichen Ursachen/ und heiliger Absicht nicht habe verhindert.</p> <p>XXX. S. Paulus Rom. 9. v. II. schreibt von Esau und Jacob: Ehe die Kinder gebohren waren / und weder Guts noch Böses gethan hatten/ auf daß der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl/ ward zu ihr (der Rebecca) gesagt: der Grössere soll dienstbar werden dem Kleineren: Wie dann geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet: aber Esau hab ich gehasset. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen der Sünden/ und der Verwerffung des Esau.</p> <p>Antwort. Diese Verwerffung des Esau könte man wohl füglich ausdeuten auf die Verwerffung vom zeitlichen Seegen und Wohlfart/ davon Gott spricht Malach. I. v. 3. Ich hasse Esau / und dessentwegen hab ich sein Gebirg öde gemacht/ und seine Erde den Drachen zur Wüsten. Hat also GOtt den Esau gehasset/ das ist: weniger geliebet als den Jacob: Wie dann auch Christus spricht Luc. 14. v. 26. So jemand seinen Vater/ Mutter/ Weib/ Kind/ auch darzu sein eigen Leben nicht hasset (das ist: mehr liebet als mich) kan nicht mein Jünger seyn. Wann mans aber ja auf die Gnadenwahl und Verordnung zur ewigen Seligkeit will ausdeuten/ so hat GOtt den Esau weniger geliebet als den Jacob/ indem er ihm zwar zu keiner Sünd gezwungen/ dannoch auch nicht mit so kräfftiger Gnade umgeben/ und gegen die Sünde beschützet/ und vom Fall erhalten hat/ als den Jacob: wozu dann auch GOtt keines weges war verpflichtet und verbunden.</p> <p>XXXI. Es hat doch GOtt von Ewigkeit die Sünde des Menschen vorgesehen: so kan ja der Mensch unmöglich die Sünde lassen: dann sonsten würde GOtt in seiner Vorsehung fehlen und betrogen werden: So ist ja GOtt durch seine Vorsehung eine Ursach und Urheber der Sünden.</p> <p>Antwort. Weilen der Mensch freywillig sündigen wird/ drum hat GOtt die Sünde vorgesehen / und wann der Mensch nicht freywillig sündigen würde/ so sähe auch GOtt die Sünde nicht vor: dieweilen aber der Mensch freywillig sündigen wird/ so kan er bey dieser Freywilliger Ubung der Sünden/ die Sünde nicht lassen: gleich wie der/ so freywillig sitzet/ kan zu gleich nicht stehen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0222]
Bösen/ er versuchet niemand. So bitten wir dann GOtt/ er wolle mit seinem kräfftigen Beystand uns durch die Versuchung nicht in die Sünde sincken lassen: Gleich wie eine vom Feind belägerte Stadt zu ihrem mächtigen Schutz-herren schreyet und behtet/ er wölle sie doch nicht liefferen in die Händ der Feinde: Daß ist: Er möge durch seinen mächtigen Schutz nicht zugeben/ daß sie gerahte unter die Gewalt und Slaverey der Feinden.
XXIX. S. Paulus spricht Rom. I. v. 28. GOtt hat die Gottlosen gegeben in einen verkehrten Sinn. Item David spricht Ps. 105. v. 25. von den aegyptiern: GOtt verwandelte ihr Hertz / daß sie seinem Volck gram wurden/ und tückisch handelten mit seinen Knechten. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen solcher Sünden.
Antwort. GOtt hat die Gottlosen in einen verkehrten Sinn gegeben/ gleich wie einer/ so einem Krancken/ der muhtwilliger weise seine Gesundheit verdorben/ und selbigen nicht schuldig ist zu helffen/ dem Tod übergibt/ indem er ihm aus billiger Ursach kein unfehlbares Mittel darreichet. So hat auch GOtt den aegyptiern das Hertz zum Bösen verwandelt/ gleichwie einer den Wein in Eßig verwandelt/ wann er nicht verhütet/ daß glüende Kohlen hinein fallen/ wodurch der Wein die Säurigkeit annimmt. Daraus dann keines weges folget/ daß GOtt mit seinem Wohlgefallen und austrücklichem Vorsatz sie habe zur Sünden angetrieben: sondern nur/ daß er die Sünde aus erheblichen Ursachen/ und heiliger Absicht nicht habe verhindert.
XXX. S. Paulus Rom. 9. v. II. schreibt von Esau und Jacob: Ehe die Kinder gebohren waren / und weder Guts noch Böses gethan hatten/ auf daß der Vorsatz Gottes bestünde nach der Wahl/ ward zu ihr (der Rebecca) gesagt: der Grössere soll dienstbar werden dem Kleineren: Wie dann geschrieben stehet: Jacob hab ich geliebet: aber Esau hab ich gehasset. So ist ja GOtt ein Urheber gewesen der Sünden/ und der Verwerffung des Esau.
Antwort. Diese Verwerffung des Esau könte man wohl füglich ausdeuten auf die Verwerffung vom zeitlichen Seegen und Wohlfart/ davon Gott spricht Malach. I. v. 3. Ich hasse Esau / und dessentwegen hab ich sein Gebirg öde gemacht/ und seine Erde den Drachen zur Wüsten. Hat also GOtt den Esau gehasset/ das ist: weniger geliebet als den Jacob: Wie dann auch Christus spricht Luc. 14. v. 26. So jemand seinen Vater/ Mutter/ Weib/ Kind/ auch darzu sein eigen Leben nicht hasset (das ist: mehr liebet als mich) kan nicht mein Jünger seyn. Wann mans aber ja auf die Gnadenwahl und Verordnung zur ewigen Seligkeit will ausdeuten/ so hat GOtt den Esau weniger geliebet als den Jacob/ indem er ihm zwar zu keiner Sünd gezwungen/ dannoch auch nicht mit so kräfftiger Gnade umgeben/ und gegen die Sünde beschützet/ und vom Fall erhalten hat/ als den Jacob: wozu dann auch GOtt keines weges war verpflichtet und verbunden.
XXXI. Es hat doch GOtt von Ewigkeit die Sünde des Menschen vorgesehen: so kan ja der Mensch unmöglich die Sünde lassen: dann sonsten würde GOtt in seiner Vorsehung fehlen und betrogen werden: So ist ja GOtt durch seine Vorsehung eine Ursach und Urheber der Sünden.
Antwort. Weilen der Mensch freywillig sündigen wird/ drum hat GOtt die Sünde vorgesehen / und wann der Mensch nicht freywillig sündigen würde/ so sähe auch GOtt die Sünde nicht vor: dieweilen aber der Mensch freywillig sündigen wird/ so kan er bey dieser Freywilliger Ubung der Sünden/ die Sünde nicht lassen: gleich wie der/ so freywillig sitzet/ kan zu gleich nicht stehen.
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/222>, abgerufen am 31.07.2024. |