Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.man getröstet sprechen aus der Epistel zun Hebreern: Lasset uns halten an der Bekäntnüß der Hoffnung/ und nicht wancken Hebr. 10. v. 23. XX. Warum spricht dann Salomon: Wohl dem/ der sich allwegen förchtet/ Proverb. 28. v. 14. Antwort. Salomon redet daselbst von fleischlicher Sicherheit/ da einer auf sich vertrauend die Forcht zu sündigen/ und die Gerechtigkeit zu verspielen ausschlaget. Wir aber handlen von Gewißheit des Glaubens/ die nicht aus dem Fleisch/ sondern aus dem Geist Gottes herrühret: Welcher dann unserm Geist Zeugnüß gibt/ daß wir Gottes Kinder seyn. Rom. 8. v. 16. Von der fleischlichen Sicherheit aber redet Paulus Rom. II. v. 20. Du stehest durch den Glauben: seye nicht stoltz: sondern förchte dich. XXI. Spricht doch Salomon: Es weiß der Mensch nicht ob er Liebe oder Hasses würdig seye. Eccles. 9. v. I. Antwort. Salomon will/ man soll aus äusserlichem Glück oder Unglück eines Menschen nicht urtheilen/ wie er mit GOtt daran seye/ in Betrachtung/ daß (wie seine Wort daselbsten lauten) es einem begegnet wie dem andern/ dem Gerechten wie dem Gottlosen/ dem der opffert/ wie dem der nicht opffert/ wie es dem Guten gehet/ so gehet es auch dem Sünder etc. Eben als wie die Freunde Hiobs ihm mit Ungrund zumessen wolten/ weil ihn solch Creutz betreffe/ müste er etwan GOtt den HErrn in etwas sehr und insonderheit erzürnet haben. Wie reimet sich aber das auf die Ungewißheit des Glaubens? XXII. Spricht doch auch Sirach: Von der versöhnten Sünde seye nicht ohne Forcht. Eccl. 5. v. 5. Antwort. Der gantze context der Wort Sirachs bringt mit sich/ daß er vermahnen und warnen wil: Wann schon die Sünde von GOtt verziehen und nachgelassen ist/ so soll man doch auf Tröstung der Gnaden Gottes nicht sündigen: Und also ohne Forcht zaum- und zügel-loß in neue Sünden hinein stolpern. Drum stehet kurtz zuvor v. 4. dencke nicht/ ich habe wohl mehr gesündiget/ und ist mir nichts Böses wiederfahren/ etc. Summa, alle Wort gehen dahin/ daß wir nicht blind hinein sündigen/ und der Barmhertzigkeit Gottes ja nicht muhtwillig mißbrauchen sollen. XXIII. Es können aber einem Menschen etliche Sünden/ so er begangen/ unbewust / verborgen und vergessen seyn. Dann wer kan sagen mein Hertz ist rein/ und ich bin lauter von Sünden prov. 20. v. 9.? Weil dann ihm disfals viele Sünden verborgen bleiben/ wie kan er dann gewiß seyn/ daß ihm dieselbige seyn vergeben und nachgelassen? Antwort. Was die grobe muhtwillige Sünden betrifft/ die einer wider das Gewissen begehet / und wodurch der heil. Geist vertrieben wird: Die können einem ja nicht verborgen bleiben / und durch solche gehet der Glaube verlohren/ und hierauf gehört eine hertzliche Reu / Busse und Abbitt für GOTT. Was aber die unerkannte geringere Sünden betrifft/ so hat uns GOtt bereitet das köstliche Blut-Bad/ welches uns reiniget nicht allein von groben und erkannten: sondern auch von unerkannten Sünden I. Joh. I. v. 7. Daß also nichts verdammliches ist an denen die in Christo JEsu seyn/ Rom. 8. v. I. Und weil wir täglich für der Gnaden-Pforten Gottes seufzen Vergib man getröstet sprechen aus der Epistel zun Hebreern: Lasset uns halten an der Bekäntnüß der Hoffnung/ und nicht wancken Hebr. 10. v. 23. XX. Warum spricht dann Salomon: Wohl dem/ der sich allwegen förchtet/ Proverb. 28. v. 14. Antwort. Salomon redet daselbst von fleischlicher Sicherheit/ da einer auf sich vertrauend die Forcht zu sündigen/ und die Gerechtigkeit zu verspielen ausschlaget. Wir aber handlen von Gewißheit des Glaubens/ die nicht aus dem Fleisch/ sondern aus dem Geist Gottes herrühret: Welcher dann unserm Geist Zeugnüß gibt/ daß wir Gottes Kinder seyn. Rom. 8. v. 16. Von der fleischlichen Sicherheit aber redet Paulus Rom. II. v. 20. Du stehest durch den Glauben: seye nicht stoltz: sondern förchte dich. XXI. Spricht doch Salomon: Es weiß der Mensch nicht ob er Liebe oder Hasses würdig seye. Eccles. 9. v. I. Antwort. Salomon will/ man soll aus äusserlichem Glück oder Unglück eines Menschen nicht urtheilen/ wie er mit GOtt daran seye/ in Betrachtung/ daß (wie seine Wort daselbsten lauten) es einem begegnet wie dem andern/ dem Gerechten wie dem Gottlosen/ dem der opffert/ wie dem der nicht opffert/ wie es dem Guten gehet/ so gehet es auch dem Sünder etc. Eben als wie die Freunde Hiobs ihm mit Ungrund zumessen wolten/ weil ihn solch Creutz betreffe/ müste er etwan GOtt den HErrn in etwas sehr und insonderheit erzürnet haben. Wie reimet sich aber das auf die Ungewißheit des Glaubens? XXII. Spricht doch auch Sirach: Von der versöhnten Sünde seye nicht ohne Forcht. Eccl. 5. v. 5. Antwort. Der gantze context der Wort Sirachs bringt mit sich/ daß er vermahnen und warnen wil: Wann schon die Sünde von GOtt verziehen und nachgelassen ist/ so soll man doch auf Tröstung der Gnaden Gottes nicht sündigen: Und also ohne Forcht zaum- und zügel-loß in neue Sünden hinein stolpern. Drum stehet kurtz zuvor v. 4. dencke nicht/ ich habe wohl mehr gesündiget/ und ist mir nichts Böses wiederfahren/ etc. Summa, alle Wort gehen dahin/ daß wir nicht blind hinein sündigen/ und der Barmhertzigkeit Gottes ja nicht muhtwillig mißbrauchen sollen. XXIII. Es können aber einem Menschen etliche Sünden/ so er begangen/ unbewust / verborgen und vergessen seyn. Dann wer kan sagen mein Hertz ist rein/ und ich bin lauter von Sünden prov. 20. v. 9.? Weil dann ihm disfals viele Sünden verborgen bleiben/ wie kan er dann gewiß seyn/ daß ihm dieselbige seyn vergeben und nachgelassen? Antwort. Was die grobe muhtwillige Sünden betrifft/ die einer wider das Gewissen begehet / und wodurch der heil. Geist vertrieben wird: Die können einem ja nicht verborgen bleiben / und durch solche gehet der Glaube verlohren/ und hierauf gehört eine hertzliche Reu / Busse und Abbitt für GOTT. Was aber die unerkannte geringere Sünden betrifft/ so hat uns GOtt bereitet das köstliche Blut-Bad/ welches uns reiniget nicht allein von groben und erkannten: sondern auch von unerkannten Sünden I. Joh. I. v. 7. Daß also nichts verdammliches ist an denen die in Christo JEsu seyn/ Rom. 8. v. I. Und weil wir täglich für der Gnaden-Pforten Gottes seufzen Vergib <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0219" n="199"/> man getröstet sprechen aus der Epistel zun Hebreern: Lasset uns halten an der Bekäntnüß der Hoffnung/ und nicht wancken Hebr. 10. v. 23.</p> <p>XX. Warum spricht dann Salomon: Wohl dem/ der sich allwegen förchtet/ Proverb. 28. v. 14.</p> <p>Antwort. Salomon redet daselbst von fleischlicher Sicherheit/ da einer auf sich vertrauend die Forcht zu sündigen/ und die Gerechtigkeit zu verspielen ausschlaget. Wir aber handlen von Gewißheit des Glaubens/ die nicht aus dem Fleisch/ sondern aus dem Geist Gottes herrühret: Welcher dann unserm Geist Zeugnüß gibt/ daß wir Gottes Kinder seyn. Rom. 8. v. 16. Von der fleischlichen Sicherheit aber redet Paulus Rom. II. v. 20. Du stehest durch den Glauben: seye nicht stoltz: sondern förchte dich.</p> <p>XXI. Spricht doch Salomon: Es weiß der Mensch nicht ob er Liebe oder Hasses würdig seye. Eccles. 9. v. I.</p> <p>Antwort. Salomon will/ man soll aus äusserlichem Glück oder Unglück eines Menschen nicht urtheilen/ wie er mit GOtt daran seye/ in Betrachtung/ daß (wie seine Wort daselbsten lauten) es einem begegnet wie dem andern/ dem Gerechten wie dem Gottlosen/ dem der opffert/ wie dem der nicht opffert/ wie es dem Guten gehet/ so gehet es auch dem Sünder etc. Eben als wie die Freunde Hiobs ihm mit Ungrund zumessen wolten/ weil ihn solch Creutz betreffe/ müste er etwan GOtt den HErrn in etwas sehr und insonderheit erzürnet haben. Wie reimet sich aber das auf die Ungewißheit des Glaubens?</p> <p>XXII. Spricht doch auch Sirach: Von der versöhnten Sünde seye nicht ohne Forcht. Eccl. 5. v. 5.</p> <p>Antwort. Der gantze context der Wort Sirachs bringt mit sich/ daß er vermahnen und warnen wil: Wann schon die Sünde von GOtt verziehen und nachgelassen ist/ so soll man doch auf Tröstung der Gnaden Gottes nicht sündigen: Und also ohne Forcht zaum- und zügel-loß in neue Sünden hinein stolpern. Drum stehet kurtz zuvor v. 4. dencke nicht/ ich habe wohl mehr gesündiget/ und ist mir nichts Böses wiederfahren/ etc. Summa, alle Wort gehen dahin/ daß wir nicht blind hinein sündigen/ und der Barmhertzigkeit Gottes ja nicht muhtwillig mißbrauchen sollen.</p> <p>XXIII. Es können aber einem Menschen etliche Sünden/ so er begangen/ unbewust / verborgen und vergessen seyn. Dann wer kan sagen mein Hertz ist rein/ und ich bin lauter von Sünden prov. 20. v. 9.? Weil dann ihm disfals viele Sünden verborgen bleiben/ wie kan er dann gewiß seyn/ daß ihm dieselbige seyn vergeben und nachgelassen?</p> <p>Antwort. Was die grobe muhtwillige Sünden betrifft/ die einer wider das Gewissen begehet / und wodurch der heil. Geist vertrieben wird: Die können einem ja nicht verborgen bleiben / und durch solche gehet der Glaube verlohren/ und hierauf gehört eine hertzliche Reu / Busse und Abbitt für GOTT. Was aber die unerkannte geringere Sünden betrifft/ so hat uns GOtt bereitet das köstliche Blut-Bad/ welches uns reiniget nicht allein von groben und erkannten: sondern auch von unerkannten Sünden I. Joh. I. v. 7. Daß also nichts verdammliches ist an denen die in Christo JEsu seyn/ Rom. 8. v. I. Und weil wir täglich für der Gnaden-Pforten Gottes seufzen Vergib </p> </div> </body> </text> </TEI> [199/0219]
man getröstet sprechen aus der Epistel zun Hebreern: Lasset uns halten an der Bekäntnüß der Hoffnung/ und nicht wancken Hebr. 10. v. 23.
XX. Warum spricht dann Salomon: Wohl dem/ der sich allwegen förchtet/ Proverb. 28. v. 14.
Antwort. Salomon redet daselbst von fleischlicher Sicherheit/ da einer auf sich vertrauend die Forcht zu sündigen/ und die Gerechtigkeit zu verspielen ausschlaget. Wir aber handlen von Gewißheit des Glaubens/ die nicht aus dem Fleisch/ sondern aus dem Geist Gottes herrühret: Welcher dann unserm Geist Zeugnüß gibt/ daß wir Gottes Kinder seyn. Rom. 8. v. 16. Von der fleischlichen Sicherheit aber redet Paulus Rom. II. v. 20. Du stehest durch den Glauben: seye nicht stoltz: sondern förchte dich.
XXI. Spricht doch Salomon: Es weiß der Mensch nicht ob er Liebe oder Hasses würdig seye. Eccles. 9. v. I.
Antwort. Salomon will/ man soll aus äusserlichem Glück oder Unglück eines Menschen nicht urtheilen/ wie er mit GOtt daran seye/ in Betrachtung/ daß (wie seine Wort daselbsten lauten) es einem begegnet wie dem andern/ dem Gerechten wie dem Gottlosen/ dem der opffert/ wie dem der nicht opffert/ wie es dem Guten gehet/ so gehet es auch dem Sünder etc. Eben als wie die Freunde Hiobs ihm mit Ungrund zumessen wolten/ weil ihn solch Creutz betreffe/ müste er etwan GOtt den HErrn in etwas sehr und insonderheit erzürnet haben. Wie reimet sich aber das auf die Ungewißheit des Glaubens?
XXII. Spricht doch auch Sirach: Von der versöhnten Sünde seye nicht ohne Forcht. Eccl. 5. v. 5.
Antwort. Der gantze context der Wort Sirachs bringt mit sich/ daß er vermahnen und warnen wil: Wann schon die Sünde von GOtt verziehen und nachgelassen ist/ so soll man doch auf Tröstung der Gnaden Gottes nicht sündigen: Und also ohne Forcht zaum- und zügel-loß in neue Sünden hinein stolpern. Drum stehet kurtz zuvor v. 4. dencke nicht/ ich habe wohl mehr gesündiget/ und ist mir nichts Böses wiederfahren/ etc. Summa, alle Wort gehen dahin/ daß wir nicht blind hinein sündigen/ und der Barmhertzigkeit Gottes ja nicht muhtwillig mißbrauchen sollen.
XXIII. Es können aber einem Menschen etliche Sünden/ so er begangen/ unbewust / verborgen und vergessen seyn. Dann wer kan sagen mein Hertz ist rein/ und ich bin lauter von Sünden prov. 20. v. 9.? Weil dann ihm disfals viele Sünden verborgen bleiben/ wie kan er dann gewiß seyn/ daß ihm dieselbige seyn vergeben und nachgelassen?
Antwort. Was die grobe muhtwillige Sünden betrifft/ die einer wider das Gewissen begehet / und wodurch der heil. Geist vertrieben wird: Die können einem ja nicht verborgen bleiben / und durch solche gehet der Glaube verlohren/ und hierauf gehört eine hertzliche Reu / Busse und Abbitt für GOTT. Was aber die unerkannte geringere Sünden betrifft/ so hat uns GOtt bereitet das köstliche Blut-Bad/ welches uns reiniget nicht allein von groben und erkannten: sondern auch von unerkannten Sünden I. Joh. I. v. 7. Daß also nichts verdammliches ist an denen die in Christo JEsu seyn/ Rom. 8. v. I. Und weil wir täglich für der Gnaden-Pforten Gottes seufzen Vergib
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/219>, abgerufen am 31.07.2024. |