Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.um den Himmel und Erlassung der Sünden/ daran man doch nicht zweiffelt: Dann das glaubige auf Christi Verdienst gegründetes/ und auf ihn mit tröstlicher Zuversicht sich steurendes Gebeht ist eine Ubung des Glaubens/ so uns des Himmels versichert/ und befreyet von Sünden: Davon S. Jacob spricht: Ein Behtender bitte im Glauben/ und zweiffele nicht Jacob. I. v. 6. Zudem weilen auch bey einem Gerechtfertigten immerhin die tägliche Sünden einschleichen / so behtet er auch täglich und nützlich um Verzeihung derselben/ nicht zweifflend an Vergebung derselben/ und seiner ewigen Seeligkeit. Wiedrum warum solte der/ so an seinem wahren Glauben nicht zweiffelt/ um den wahren Glauben nicht behten können? Behten doch wohl Käyser und Könige so des Tages an ihrer Nahrung nicht zweiffeln/ dannoch um das tägliche Brod. Wiedrum/ wann man auf theologisch reden wolte/ hat nicht Christus durch sein Gebeht und Leyden allen Gerechten im alten Testament ihre Gerechtfertigung und ewige Seligkeit erworben? Und dannoch waren sie schon viele hundert Jahr zuvor ihrer Gerechtfertigung und Seligkeit versichert/ bevor dis Gebeht und Leyden Christi vollzogen war/ dann obschon das Gebeht und Leyden/ der Zeit nach/ folgete/ so ginge es doch vor / in der Allwissenheit und Annehmung Gottes. Wann man also auch reden wolte von dem Gebeth eines Evangelischen Christen/ was wäre es dann ungewöhnliches? so behten auch die Papisten in ihren Seel-Messen ad offertorium, GOtt wölle die Seelen der glaubigen Abgestorbenen befreyen von der Höllen/ damit selbige der Abgrund der Höllen nicht verschlinge: Und seynd dannoch solche Seelen ihrer ewigen Seeligkeit vergewissert: Und weiß Adamus Burghaber. in Theol. polem. diesen Aberglauben nicht anders zu beschönen/ als mit fürgeben: Gott habe von Ewigkeit dis zukünfftige Gebeht fürgesehen/ und in Ansehung dessen solche Seelen in vorhergehender Zeit von der Höllen befreyet. Aber was thuts noht / so weit gesuchter Ausflüchten bey dem Gebeht eines Evangelischen Christen sich zu bedienen? XIV: Es ist aber ein Anzeichen grosser Demuht/ wann einer bekennet/ daß er/ in Betrachtung seiner Unwürdigkeit/ in Ungewißheit seiner Seligkeit schwebe: Und ist hingegen eine grosse Vermessenheit/ wann einer unzweiffentlich darfür halten wolte/ daß er bey GOtt in Gnaden stehe/ und unfehlbarlich seye ein Kind Gottes und Erbe des ewigen Lebens. Antwort: Wann der Glaube und das Vertrauen auf unsere eignene Verdienst/ Wercke/ und Thun sich gründete (wie der Papisten Wesen auf eigene Verdienste gebauet ist) so wäre es freylich eine gantz verdammliche Vermessenheit: Dieweilen er aber einen unbeweglichen Grund hat/ darauf er stehet und sich lehnet: Nemlich JEsum Christum/ so kan es keine Vermessenheit seyn. Ja je fester/ steiffer/ gewisser und stärcker der Glaube und das Vertrauen ist/ je mehr es GOtt gefält: Dann solches seine Güte/ Gnade/ und Barmhertzigkeit mehr rühmet und preiset/ als der Zweiffel/ welcher so viel als an ihm ist/ GOtt zum Lügner machet I. 5. v. 10. Uber daß/ so seynd es keine gegen einander streitende Sachen/ daß einer eines Dings gewiß/ und doch darneben auch von Hertzen demühtig ist: Dann der wahren Demuht Eigenschafft ist/ daß sie ihre eigene Unwürdigkeit erkenne und sich solcher grossen Gnaden nicht werth schätze: Es glaubt aber dannoch nichts desto weniger der demühtige Mensch festiglich/ daß ihm seine Sünde gewißlich vergeben und nachgelassen seyn: Gleich wie einer/ so von einem reichen Herrn zum Erben seiner Güter eingesetzet ist/ wohl weiß/ und festiglich glaubt/ daß er vermög des um den Himmel und Erlassung der Sünden/ daran man doch nicht zweiffelt: Dann das glaubige auf Christi Verdienst gegründetes/ und auf ihn mit tröstlicher Zuversicht sich steurendes Gebeht ist eine Ubung des Glaubens/ so uns des Himmels versichert/ und befreyet von Sünden: Davon S. Jacob spricht: Ein Behtender bitte im Glauben/ und zweiffele nicht Jacob. I. v. 6. Zudem weilen auch bey einem Gerechtfertigten immerhin die tägliche Sünden einschleichen / so behtet er auch täglich und nützlich um Verzeihung derselben/ nicht zweifflend an Vergebung derselben/ und seiner ewigen Seeligkeit. Wiedrum warum solte der/ so an seinem wahren Glauben nicht zweiffelt/ um den wahren Glauben nicht behten können? Behten doch wohl Käyser und Könige so des Tages an ihrer Nahrung nicht zweiffeln/ dannoch um das tägliche Brod. Wiedrum/ wann man auf theologisch reden wolte/ hat nicht Christus durch sein Gebeht und Leyden allen Gerechten im alten Testament ihre Gerechtfertigung und ewige Seligkeit erworben? Und dannoch waren sie schon viele hundert Jahr zuvor ihrer Gerechtfertigung und Seligkeit versichert/ bevor dis Gebeht und Leyden Christi vollzogen war/ dann obschon das Gebeht und Leyden/ der Zeit nach/ folgete/ so ginge es doch vor / in der Allwissenheit und Annehmung Gottes. Wann man also auch reden wolte von dem Gebeth eines Evangelischen Christen/ was wäre es dann ungewöhnliches? so behten auch die Papisten in ihren Seel-Messen ad offertorium, GOtt wölle die Seelen der glaubigen Abgestorbenen befreyen von der Höllen/ damit selbige der Abgrund der Höllen nicht verschlinge: Und seynd dannoch solche Seelen ihrer ewigen Seeligkeit vergewissert: Und weiß Adamus Burghaber. in Theol. polem. diesen Aberglauben nicht anders zu beschönen/ als mit fürgeben: Gott habe von Ewigkeit dis zukünfftige Gebeht fürgesehen/ und in Ansehung dessen solche Seelen in vorhergehender Zeit von der Höllen befreyet. Aber was thuts noht / so weit gesuchter Ausflüchten bey dem Gebeht eines Evangelischen Christen sich zu bedienen? XIV: Es ist aber ein Anzeichen grosser Demuht/ wann einer bekennet/ daß er/ in Betrachtung seiner Unwürdigkeit/ in Ungewißheit seiner Seligkeit schwebe: Und ist hingegen eine grosse Vermessenheit/ wann einer unzweiffentlich darfür halten wolte/ daß er bey GOtt in Gnaden stehe/ und unfehlbarlich seye ein Kind Gottes und Erbe des ewigen Lebens. Antwort: Wann der Glaube und das Vertrauen auf unsere eignene Verdienst/ Wercke/ und Thun sich gründete (wie der Papisten Wesen auf eigene Verdienste gebauet ist) so wäre es freylich eine gantz verdammliche Vermessenheit: Dieweilen er aber einen unbeweglichen Grund hat/ darauf er stehet und sich lehnet: Nemlich JEsum Christum/ so kan es keine Vermessenheit seyn. Ja je fester/ steiffer/ gewisser und stärcker der Glaube und das Vertrauen ist/ je mehr es GOtt gefält: Dann solches seine Güte/ Gnade/ und Barmhertzigkeit mehr rühmet und preiset/ als der Zweiffel/ welcher so viel als an ihm ist/ GOtt zum Lügner machet I. 5. v. 10. Uber daß/ so seynd es keine gegen einander streitende Sachen/ daß einer eines Dings gewiß/ und doch darneben auch von Hertzen demühtig ist: Dann der wahren Demuht Eigenschafft ist/ daß sie ihre eigene Unwürdigkeit erkenne und sich solcher grossen Gnaden nicht werth schätze: Es glaubt aber dannoch nichts desto weniger der demühtige Mensch festiglich/ daß ihm seine Sünde gewißlich vergeben und nachgelassen seyn: Gleich wie einer/ so von einem reichen Herrn zum Erben seiner Güter eingesetzet ist/ wohl weiß/ und festiglich glaubt/ daß er vermög des <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0217" n="197"/> um den Himmel und Erlassung der Sünden/ daran man doch nicht zweiffelt: Dann das glaubige auf Christi Verdienst gegründetes/ und auf ihn mit tröstlicher Zuversicht sich steurendes Gebeht ist eine Ubung des Glaubens/ so uns des Himmels versichert/ und befreyet von Sünden: Davon S. Jacob spricht: Ein Behtender bitte im Glauben/ und zweiffele nicht Jacob. I. v. 6. Zudem weilen auch bey einem Gerechtfertigten immerhin die tägliche Sünden einschleichen / so behtet er auch täglich und nützlich um Verzeihung derselben/ nicht zweifflend an Vergebung derselben/ und seiner ewigen Seeligkeit. Wiedrum warum solte der/ so an seinem wahren Glauben nicht zweiffelt/ um den wahren Glauben nicht behten können? Behten doch wohl Käyser und Könige so des Tages an ihrer Nahrung nicht zweiffeln/ dannoch um das tägliche Brod. Wiedrum/ wann man auf theologisch reden wolte/ hat nicht Christus durch sein Gebeht und Leyden allen Gerechten im alten Testament ihre Gerechtfertigung und ewige Seligkeit erworben? Und dannoch waren sie schon viele hundert Jahr zuvor ihrer Gerechtfertigung und Seligkeit versichert/ bevor dis Gebeht und Leyden Christi vollzogen war/ dann obschon das Gebeht und Leyden/ der Zeit nach/ folgete/ so ginge es doch vor / in der Allwissenheit und Annehmung Gottes. Wann man also auch reden wolte von dem Gebeth eines Evangelischen Christen/ was wäre es dann ungewöhnliches? so behten auch die Papisten in ihren Seel-Messen ad offertorium, GOtt wölle die Seelen der glaubigen Abgestorbenen befreyen von der Höllen/ damit selbige der Abgrund der Höllen nicht verschlinge: Und seynd dannoch solche Seelen ihrer ewigen Seeligkeit vergewissert: Und weiß Adamus Burghaber. in Theol. polem. diesen Aberglauben nicht anders zu beschönen/ als mit fürgeben: Gott habe von Ewigkeit dis zukünfftige Gebeht fürgesehen/ und in Ansehung dessen solche Seelen in vorhergehender Zeit von der Höllen befreyet. 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Ja je fester/ steiffer/ gewisser und stärcker der Glaube und das Vertrauen ist/ je mehr es GOtt gefält: Dann solches seine Güte/ Gnade/ und Barmhertzigkeit mehr rühmet und preiset/ als der Zweiffel/ welcher so viel als an ihm ist/ GOtt zum Lügner machet I. 5. v. 10. Uber daß/ so seynd es keine gegen einander streitende Sachen/ daß einer eines Dings gewiß/ und doch darneben auch von Hertzen demühtig ist: Dann der wahren Demuht Eigenschafft ist/ daß sie ihre eigene Unwürdigkeit erkenne und sich solcher grossen Gnaden nicht werth schätze: Es glaubt aber dannoch nichts desto weniger der demühtige Mensch festiglich/ daß ihm seine Sünde gewißlich vergeben und nachgelassen seyn: Gleich wie einer/ so von einem reichen Herrn zum Erben seiner Güter eingesetzet ist/ wohl weiß/ und festiglich glaubt/ daß er vermög des </p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0217]
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XIV: Es ist aber ein Anzeichen grosser Demuht/ wann einer bekennet/ daß er/ in Betrachtung seiner Unwürdigkeit/ in Ungewißheit seiner Seligkeit schwebe: Und ist hingegen eine grosse Vermessenheit/ wann einer unzweiffentlich darfür halten wolte/ daß er bey GOtt in Gnaden stehe/ und unfehlbarlich seye ein Kind Gottes und Erbe des ewigen Lebens.
Antwort: Wann der Glaube und das Vertrauen auf unsere eignene Verdienst/ Wercke/ und Thun sich gründete (wie der Papisten Wesen auf eigene Verdienste gebauet ist) so wäre es freylich eine gantz verdammliche Vermessenheit: Dieweilen er aber einen unbeweglichen Grund hat/ darauf er stehet und sich lehnet: Nemlich JEsum Christum/ so kan es keine Vermessenheit seyn. Ja je fester/ steiffer/ gewisser und stärcker der Glaube und das Vertrauen ist/ je mehr es GOtt gefält: Dann solches seine Güte/ Gnade/ und Barmhertzigkeit mehr rühmet und preiset/ als der Zweiffel/ welcher so viel als an ihm ist/ GOtt zum Lügner machet I. 5. v. 10. Uber daß/ so seynd es keine gegen einander streitende Sachen/ daß einer eines Dings gewiß/ und doch darneben auch von Hertzen demühtig ist: Dann der wahren Demuht Eigenschafft ist/ daß sie ihre eigene Unwürdigkeit erkenne und sich solcher grossen Gnaden nicht werth schätze: Es glaubt aber dannoch nichts desto weniger der demühtige Mensch festiglich/ daß ihm seine Sünde gewißlich vergeben und nachgelassen seyn: Gleich wie einer/ so von einem reichen Herrn zum Erben seiner Güter eingesetzet ist/ wohl weiß/ und festiglich glaubt/ daß er vermög des
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/217>, abgerufen am 31.07.2024. |