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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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den Gaben die der H. Geist den Glaubigen zur Zier / Erbauung/ und Fortpflantzung der Christlichen Kirchen unterschiedlich und ungleich hat mitgetheilet. Und in diesem Sinn redet ebenfals Paulus I. Cor. 12. da er spricht: Die Gaben GOttes seyn mancherley.

VI. Befiehlt uns doch GOttes Wort/ daß wir um Vermehrung der göttlichen Gaben bitten sollen. Wie dan auch die Aposteln selbsten zu Christo sprachen: Mehre oder stärcke uns den Glauben/ Luc. 17. v. 5. Wozu nutzte dieses/ wan der schwache Glaube eben so vollkommen rechtfertiger als der starcke?

Antwort. Um Vermehrung des neuen Gehorsams oder Willfährigkeit und Fortgang im Christlichen Tugend-Wandel sollen wir bitten/ daß wir nemlich im gottseligen Wandel immerdar wachsen mögen/ auch GOtt bitten/ daß er den rechtfertigenden Glauben in uns also stärcke/ daß er denselbigen in uns nicht ersterben lasse: daß aber GOtt durch einen stärckeren Glauben uns solle vollkommentlicher rechtfertigen/ und die Sünde vollkommentlicher erlassen/ solches bitten wir nicht. Die Aposteln aber am gemelten Ort haben nicht gebehten um Vermehrung des für GOtt rechtfertigenden Glaubens hierdurch vollkommentlicher rechtfertiget zu werden: sondern sie haben gebehten um die Stärckung des Wunder-wirckenden Glaubens/ wie es der Text ausweiset.

VII. Betet doch David von GOtt Ps. 51. Er möchte ihn noch mehr waschen von seiner Missethat/ und reinigen von seinen Sünden: So begehret er ja noch mehr gerechtfertiget zu werden.

Antwort. David begehrte GOtt möchte mit seiner Straff-Ruhte gnädiglich einhalten/ und die Väterliche Züchtigung wegen seines Verbrechens immerhin mehr und mehr miltiglich abkehren. Wie aber GOtt die Sünde vollkommentlich so wohl was die eigendliche Straffe als Schuld belanget/ verzeihe/ und dannoch die Väterliche Züchtigung unterweilen ihm vorbehalte/ solches soll bewiesen werden im zweyten Theil dieses Tractats vom Irrthum der Päbstischen Busse.

VIII. S. Petrus spricht: Wachst in der Gnade/ 2. Pet. 3. v. 18. So ist ja die Gnade der Rechtfertigung in dem einen grösser als in dem andern.

Antwort. S. Lucas spricht auch cap. 2. v. 52. JEsus nahm zu an Gnade bey GOtt und den Menschen/ und dannoch lehren die Päbstische Theologi mit ihrem Redelführer Thoma von Aquin 3. p. q. 7. a. 12. wegen der Verknüpffung mit der Göttlichen Person seye Christus von dem ersten Anbegin seiner Menschwerdung mit solcher heiligmachenden Gnade im höchsten Grad angefüllet gewesen/ daß er in Zunehmung derselben nicht habe wachsen können. Gleichwie dan Christus ist gewachsen in Ubung der herrlichsten Tugenden/ so will auch Petrus haben/ daß ein Christ immer wachsen solle in Ubung seines Christlichen gerechten Wandels durch die Gnade GOttes. Und in diesem Verstand redet auch S. Paulus Eph. 4. v. 15. Lasset uns rechtschaffen seyn in der Liebe/ und wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haupt ist Christus.

IX. GOtt sprach vom Job zum Satan: Hast du nicht acht gehabt auff meinen Knecht Job? dann es ist seines gleichen nicht auff Erden: ein schlechter und gerechter Mensch / gottsförchtig/ und der vom Bösen abweichet/ Job. I. v. 8. So war ja Job mehr gerechtferliget als alle andere/ weilen er seines gleichen nicht hatte.

Antwort. Wan gute Wercke und ein gottseliger gerechter Wandel rechtfer-

den Gaben die der H. Geist den Glaubigen zur Zier / Erbauung/ und Fortpflantzung der Christlichen Kirchen unterschiedlich und ungleich hat mitgetheilet. Und in diesem Sinn redet ebenfals Paulus I. Cor. 12. da er spricht: Die Gaben GOttes seyn mancherley.

VI. Befiehlt uns doch GOttes Wort/ daß wir um Vermehrung der göttlichen Gaben bitten sollen. Wie dan auch die Aposteln selbsten zu Christo sprachen: Mehre oder stärcke uns den Glauben/ Luc. 17. v. 5. Wozu nutzte dieses/ wan der schwache Glaube eben so vollkommen rechtfertiger als der starcke?

Antwort. Um Vermehrung des neuen Gehorsams oder Willfährigkeit und Fortgang im Christlichen Tugend-Wandel sollen wir bitten/ daß wir nemlich im gottseligen Wandel immerdar wachsen mögen/ auch GOtt bitten/ daß er den rechtfertigenden Glauben in uns also stärcke/ daß er denselbigen in uns nicht ersterben lasse: daß aber GOtt durch einen stärckeren Glauben uns solle vollkommentlicher rechtfertigen/ und die Sünde vollkommentlicher erlassen/ solches bitten wir nicht. Die Aposteln aber am gemelten Ort haben nicht gebehten um Vermehrung des für GOtt rechtfertigenden Glaubens hierdurch vollkommentlicher rechtfertiget zu werden: sondern sie haben gebehten um die Stärckung des Wunder-wirckenden Glaubens/ wie es der Text ausweiset.

VII. Betet doch David von GOtt Ps. 51. Er möchte ihn noch mehr waschen von seiner Missethat/ und reinigen von seinen Sünden: So begehret er ja noch mehr gerechtfertiget zu werden.

Antwort. David begehrte GOtt möchte mit seiner Straff-Ruhte gnädiglich einhalten/ und die Väterliche Züchtigung wegen seines Verbrechens immerhin mehr und mehr miltiglich abkehren. Wie aber GOtt die Sünde vollkommentlich so wohl was die eigendliche Straffe als Schuld belanget/ verzeihe/ und dannoch die Väterliche Züchtigung unterweilen ihm vorbehalte/ solches soll bewiesen werden im zweyten Theil dieses Tractats vom Irrthum der Päbstischen Busse.

VIII. S. Petrus spricht: Wachst in der Gnade/ 2. Pet. 3. v. 18. So ist ja die Gnade der Rechtfertigung in dem einen grösser als in dem andern.

Antwort. S. Lucas spricht auch cap. 2. v. 52. JEsus nahm zu an Gnade bey GOtt und den Menschen/ und dannoch lehren die Päbstische Theologi mit ihrem Redelführer Thoma von Aquin 3. p. q. 7. a. 12. wegen der Verknüpffung mit der Göttlichen Person seye Christus von dem ersten Anbegin seiner Menschwerdung mit solcher heiligmachenden Gnade im höchsten Grad angefüllet gewesen/ daß er in Zunehmung derselben nicht habe wachsen köñen. Gleichwie dan Christus ist gewachsen in Ubung der herrlichsten Tugenden/ so will auch Petrus haben/ daß ein Christ immer wachsen solle in Ubung seines Christlichen gerechten Wandels durch die Gnade GOttes. Und in diesem Verstand redet auch S. Paulus Eph. 4. v. 15. Lasset uns rechtschaffen seyn in der Liebe/ und wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haupt ist Christus.

IX. GOtt sprach vom Job zum Satan: Hast du nicht acht gehabt auff meinen Knecht Job? dann es ist seines gleichen nicht auff Erden: ein schlechter und gerechter Mensch / gottsförchtig/ und der vom Bösen abweichet/ Job. I. v. 8. So war ja Job mehr gerechtferliget als alle andere/ weilen er seines gleichen nicht hatte.

Antwort. Wan gute Wercke und ein gottseliger gerechter Wandel rechtfer-

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        <p>VI. Befiehlt uns doch GOttes Wort/ daß wir um Vermehrung der göttlichen Gaben bitten            sollen. Wie dan auch die Aposteln selbsten zu Christo sprachen: Mehre oder stärcke uns den            Glauben/ Luc. 17. v. 5. Wozu nutzte dieses/ wan der schwache Glaube eben so vollkommen            rechtfertiger als der starcke?</p>
        <p>Antwort. Um Vermehrung des neuen Gehorsams oder Willfährigkeit und Fortgang im            Christlichen Tugend-Wandel sollen wir bitten/ daß wir nemlich im gottseligen Wandel            immerdar wachsen mögen/ auch GOtt bitten/ daß er den rechtfertigenden Glauben in uns            also stärcke/ daß er denselbigen in uns nicht ersterben lasse: daß aber GOtt durch einen            stärckeren Glauben uns solle vollkommentlicher rechtfertigen/ und die Sünde            vollkommentlicher erlassen/ solches bitten wir nicht. Die Aposteln aber am gemelten Ort            haben nicht gebehten um Vermehrung des für GOtt rechtfertigenden Glaubens hierdurch            vollkommentlicher rechtfertiget zu werden: sondern sie haben gebehten um die Stärckung des            Wunder-wirckenden Glaubens/ wie es der Text ausweiset.</p>
        <p>VII. Betet doch David von GOtt Ps. 51. Er möchte ihn noch mehr waschen von seiner            Missethat/ und reinigen von seinen Sünden: So begehret er ja noch mehr gerechtfertiget zu            werden.</p>
        <p>Antwort. David begehrte GOtt möchte mit seiner Straff-Ruhte gnädiglich einhalten/ und            die Väterliche Züchtigung wegen seines Verbrechens immerhin mehr und mehr miltiglich            abkehren. Wie aber GOtt die Sünde vollkommentlich so wohl was die eigendliche Straffe als            Schuld belanget/ verzeihe/ und dannoch die Väterliche Züchtigung unterweilen ihm            vorbehalte/ solches soll bewiesen werden im zweyten Theil dieses Tractats vom Irrthum der            Päbstischen Busse.</p>
        <p>VIII. S. Petrus spricht: Wachst in der Gnade/ 2. Pet. 3. v. 18. So ist ja die Gnade der            Rechtfertigung in dem einen grösser als in dem andern.</p>
        <p>Antwort. S. Lucas spricht auch cap. 2. v. 52. JEsus nahm zu an Gnade bey GOtt und den            Menschen/ und dannoch lehren die Päbstische Theologi mit ihrem Redelführer Thoma von            Aquin 3. p. q. 7. a. 12. wegen der Verknüpffung mit der Göttlichen Person seye Christus            von dem ersten Anbegin seiner Menschwerdung mit solcher heiligmachenden Gnade im höchsten            Grad angefüllet gewesen/ daß er in Zunehmung derselben nicht habe wachsen kön&#x0303;en.            Gleichwie dan Christus ist gewachsen in Ubung der herrlichsten Tugenden/ so will auch            Petrus haben/ daß ein Christ immer wachsen solle in Ubung seines Christlichen gerechten            Wandels durch die Gnade GOttes. Und in diesem Verstand redet auch S. Paulus Eph. 4. v. 15.            Lasset uns rechtschaffen seyn in der Liebe/ und wachsen in allen Stücken/ an dem/ der            das Haupt ist Christus.</p>
        <p>IX. GOtt sprach vom Job zum Satan: Hast du nicht acht gehabt auff meinen Knecht Job? dann            es ist seines gleichen nicht auff Erden: ein schlechter und gerechter Mensch /            gottsförchtig/ und der vom Bösen abweichet/ Job. I. v. 8. So war ja Job mehr            gerechtferliget als alle andere/ weilen er seines gleichen nicht hatte.</p>
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[157/0177] den Gaben die der H. Geist den Glaubigen zur Zier / Erbauung/ und Fortpflantzung der Christlichen Kirchen unterschiedlich und ungleich hat mitgetheilet. Und in diesem Sinn redet ebenfals Paulus I. Cor. 12. da er spricht: Die Gaben GOttes seyn mancherley. VI. Befiehlt uns doch GOttes Wort/ daß wir um Vermehrung der göttlichen Gaben bitten sollen. Wie dan auch die Aposteln selbsten zu Christo sprachen: Mehre oder stärcke uns den Glauben/ Luc. 17. v. 5. Wozu nutzte dieses/ wan der schwache Glaube eben so vollkommen rechtfertiger als der starcke? Antwort. Um Vermehrung des neuen Gehorsams oder Willfährigkeit und Fortgang im Christlichen Tugend-Wandel sollen wir bitten/ daß wir nemlich im gottseligen Wandel immerdar wachsen mögen/ auch GOtt bitten/ daß er den rechtfertigenden Glauben in uns also stärcke/ daß er denselbigen in uns nicht ersterben lasse: daß aber GOtt durch einen stärckeren Glauben uns solle vollkommentlicher rechtfertigen/ und die Sünde vollkommentlicher erlassen/ solches bitten wir nicht. Die Aposteln aber am gemelten Ort haben nicht gebehten um Vermehrung des für GOtt rechtfertigenden Glaubens hierdurch vollkommentlicher rechtfertiget zu werden: sondern sie haben gebehten um die Stärckung des Wunder-wirckenden Glaubens/ wie es der Text ausweiset. VII. Betet doch David von GOtt Ps. 51. Er möchte ihn noch mehr waschen von seiner Missethat/ und reinigen von seinen Sünden: So begehret er ja noch mehr gerechtfertiget zu werden. Antwort. David begehrte GOtt möchte mit seiner Straff-Ruhte gnädiglich einhalten/ und die Väterliche Züchtigung wegen seines Verbrechens immerhin mehr und mehr miltiglich abkehren. Wie aber GOtt die Sünde vollkommentlich so wohl was die eigendliche Straffe als Schuld belanget/ verzeihe/ und dannoch die Väterliche Züchtigung unterweilen ihm vorbehalte/ solches soll bewiesen werden im zweyten Theil dieses Tractats vom Irrthum der Päbstischen Busse. VIII. S. Petrus spricht: Wachst in der Gnade/ 2. Pet. 3. v. 18. So ist ja die Gnade der Rechtfertigung in dem einen grösser als in dem andern. Antwort. S. Lucas spricht auch cap. 2. v. 52. JEsus nahm zu an Gnade bey GOtt und den Menschen/ und dannoch lehren die Päbstische Theologi mit ihrem Redelführer Thoma von Aquin 3. p. q. 7. a. 12. wegen der Verknüpffung mit der Göttlichen Person seye Christus von dem ersten Anbegin seiner Menschwerdung mit solcher heiligmachenden Gnade im höchsten Grad angefüllet gewesen/ daß er in Zunehmung derselben nicht habe wachsen köñen. Gleichwie dan Christus ist gewachsen in Ubung der herrlichsten Tugenden/ so will auch Petrus haben/ daß ein Christ immer wachsen solle in Ubung seines Christlichen gerechten Wandels durch die Gnade GOttes. Und in diesem Verstand redet auch S. Paulus Eph. 4. v. 15. Lasset uns rechtschaffen seyn in der Liebe/ und wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haupt ist Christus. IX. GOtt sprach vom Job zum Satan: Hast du nicht acht gehabt auff meinen Knecht Job? dann es ist seines gleichen nicht auff Erden: ein schlechter und gerechter Mensch / gottsförchtig/ und der vom Bösen abweichet/ Job. I. v. 8. So war ja Job mehr gerechtferliget als alle andere/ weilen er seines gleichen nicht hatte. Antwort. Wan gute Wercke und ein gottseliger gerechter Wandel rechtfer-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/177>, abgerufen am 28.11.2024.