Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.auff den päbstischen Conciliis und Kirchen-Versammlungen bevor der unfehlbahre Pabst etwas in Glaubens-sachen schliesset / erforschet er vernünfftig der Väter und Bischöffen Meinung und Gutgedüncken: dan wan selbige in den Irrthum bewilligen/ so bleibt die Unfehlbarkeit des Pabstes ausser Gefahr. VIII. Haben doch die Hohe-priester im Alten Testament nicht irren können; dan diejenige so des Priesters Ausspruch nicht gehorchen wolten/ musten des Tods sterben Deut. 17. v. 12. Drum dan auch Christus spricht Matt. 23. v. 2. Auf dem Stuel Moysis sitzen die Schrifft-gelehrteu und Pharisäer: drum alles was sie euch sagen das haltet und thut; Warum solle dan nicht ebenfals im Neuen Testament der Römische Pabst in seiner Lehr unfehlbar und von aller Gefahr zu irren seyn entäussert? Antwort. Ob die Priester des Alten Testaments und die Jüdische Synagog haben irren können oder nicht/ ist noch bey den Papisten selbst nicht ausgemacht. Es will zwar Becanus in analogia utrius[unleserliches Material] Testamenti c. 6. q. z. Und Tannerus in apologetico Colliquii Ratisbonnensis c. II. selbige von aller Fehlbarkeit frey-sprechen: aber Bellarminus l. 2. de Concil. c. 6. mit anderen sagt das Gegentheil/ und diese Meinung bestätiget Gott selbsten Esa. 56. v. II. da er spricht: Die Hirten haben keinen Verstand gehabt/ und haben sich abgewandt ein ieglicher seinem Geitz nach/ vom grösten an biß zum kleinsten. Item Jer. 6. v. 13. Von dem mindesten an biß auff den grösseten hangen allesampt dem Geitz an/ und von dem Propheten an diß auff den Priester seynd allesampt mit Falschheit und Betrug umgeben. Item Ezech. 22. v. 26. Ihre Priester haben meine Gesetze verachtet/ und entheiliget/ was mir geheiliget ist. Zwischen dem Heiligen und Unheiligen haben sie kein Unterscheid/ und lehren nicht was rein oder unrein sey. So hat auch gröblich im Alten Testament geirret der Hohe-priester Aaron Ex. 32. da er das güldene Kalb anzubethen dem Israelitischen Volck hat fürgestellt. Geirret hat ebenfals der Priester Urias 4. Reg. 16. da er dem König Achaz zu Gefallen ein unheiliges Altar hat auffgerichtet. So haben auch endlich die Hohe-priester am schändlichsten geirret Ioan. II. v. 47. alwo sie nicht allein die Lehr Christi haben verworffen: sondern auch Christum selbst dem Tod zuerkannt. So kan man dan aus dem/ daß derjenige/ so des Priesters Ausspruch sich widersetzte/ sterben muste/ nicht beweisen des Priesters Unfehlbarkeit; dan es musten auch/ aus Geheiß Gottes / die ungehorsame Söhn/ so ihrer Elteren Stimm nicht gehorchten/ zu Tod gesteiniget werden Deut. 21. v. 18. und dannoch folget nicht/ daß die Elteren in ihrer Stimm und Geboten nicht haben fehlen können. Im übrigen will Christus in dem obangezogenen Spruch sagen: Alles das/ was die Schrifftgelehrten/ so auf dem Stuel Moysis sitzen/ nach dem Gesetz Moysis sagen und fürtragen/ solle man halten/ und in so weit können sie auch nicht irren; Wan aber auch diejenigen/ so auff dem Stuel Moysis sassen ausser dem Gesetz Moysis mit ertichteten Menschen-Satzungen (wie ietzund die Päbste) ihre Lehr verfälschten / warnete Christus treulich gnug Matt. 16. v. 12. daß man sich hüten solle für dem Saurteig oder Lehr der Pharisäer Und also auch in so weit/ als der Pabst seine Lehr an das Wort GOttes anbindet/ kan er nicht fehlen/ weilen er aber sich an dasselbige nicht will anstrengen lassen: sondern seines Gefallens in Glaubens-sachen Zaum- und Zügel-loß herrschen will/ so stolpert er nohtwendig in die abergläubische Irrthümer/ und auff den päbstischen Conciliis und Kirchen-Versammlungen bevor der unfehlbahre Pabst etwas in Glaubens-sachen schliesset / erforschet er vernünfftig der Väter und Bischöffen Meinung und Gutgedüncken: dan wan selbige in den Irrthum bewilligen/ so bleibt die Unfehlbarkeit des Pabstes ausser Gefahr. VIII. Haben doch die Hohe-priester im Alten Testament nicht irren können; dan diejenige so des Priesters Ausspruch nicht gehorchen wolten/ musten des Tods sterben Deut. 17. v. 12. Drum dan auch Christus spricht Matt. 23. v. 2. Auf dem Stuel Moysis sitzen die Schrifft-gelehrteu und Pharisäer: drum alles was sie euch sagen das haltet und thut; Warum solle dan nicht ebenfals im Neuen Testament der Römische Pabst in seiner Lehr unfehlbar und von aller Gefahr zu irren seyn entäussert? Antwort. Ob die Priester des Alten Testaments und die Jüdische Synagog haben irren können oder nicht/ ist noch bey den Papisten selbst nicht ausgemacht. Es will zwar Becanus in analogia utrius[unleserliches Material] Testamenti c. 6. q. z. Und Tannerus in apologetico Colliquii Ratisbonnensis c. II. selbige von aller Fehlbarkeit frey-sprechen: aber Bellarminus l. 2. de Concil. c. 6. mit anderen sagt das Gegentheil/ und diese Meinung bestätiget Gott selbsten Esa. 56. v. II. da er spricht: Die Hirten haben keinen Verstand gehabt/ und haben sich abgewandt ein ieglicher seinem Geitz nach/ vom grösten an biß zum kleinsten. Item Jer. 6. v. 13. Von dem mindesten an biß auff den grösseten hangen allesampt dem Geitz an/ und von dem Propheten an diß auff den Priester seynd allesampt mit Falschheit und Betrug umgeben. Item Ezech. 22. v. 26. Ihre Priester haben meine Gesetze verachtet/ und entheiliget/ was mir geheiliget ist. Zwischen dem Heiligen und Unheiligen haben sie kein Unterscheid/ und lehren nicht was rein oder unrein sey. So hat auch gröblich im Alten Testament geirret der Hohe-priester Aaron Ex. 32. da er das güldene Kalb anzubethen dem Israelitischen Volck hat fürgestellt. Geirret hat ebenfals der Priester Urias 4. Reg. 16. da er dem König Achaz zu Gefallen ein unheiliges Altar hat auffgerichtet. So haben auch endlich die Hohe-priester am schändlichsten geirret Ioan. II. v. 47. alwo sie nicht allein die Lehr Christi haben verworffen: sondern auch Christum selbst dem Tod zuerkannt. So kan man dan aus dem/ daß derjenige/ so des Priesters Ausspruch sich widersetzte/ sterben muste/ nicht beweisen des Priesters Unfehlbarkeit; dan es musten auch/ aus Geheiß Gottes / die ungehorsame Söhn/ so ihrer Elteren Stimm nicht gehorchten/ zu Tod gesteiniget werden Deut. 21. v. 18. und dannoch folget nicht/ daß die Elteren in ihrer Stimm und Geboten nicht haben fehlen können. Im übrigen will Christus in dem obangezogenen Spruch sagen: Alles das/ was die Schrifftgelehrten/ so auf dem Stuel Moysis sitzen/ nach dem Gesetz Moysis sagen und fürtragen/ solle man halten/ und in so weit können sie auch nicht irren; Wan aber auch diejenigen/ so auff dem Stuel Moysis sassen ausser dem Gesetz Moysis mit ertichteten Menschen-Satzungen (wie ietzund die Päbste) ihre Lehr verfälschten / warnete Christus treulich gnug Matt. 16. v. 12. daß man sich hüten solle für dem Saurteig oder Lehr der Pharisäer Und also auch in so weit/ als der Pabst seine Lehr an das Wort GOttes anbindet/ kan er nicht fehlen/ weilen er aber sich an dasselbige nicht will anstrengen lassen: sondern seines Gefallens in Glaubens-sachen Zaum- und Zügel-loß herrschen will/ so stolpert er nohtwendig in die abergläubische Irrthümer/ und <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0127" n="107"/> auff den päbstischen Conciliis und Kirchen-Versammlungen bevor der unfehlbahre Pabst etwas in Glaubens-sachen schliesset / erforschet er vernünfftig der Väter und Bischöffen Meinung und Gutgedüncken: dan wan selbige in den Irrthum bewilligen/ so bleibt die Unfehlbarkeit des Pabstes ausser Gefahr.</p> <p>VIII. Haben doch die Hohe-priester im Alten Testament nicht irren können; dan diejenige so des Priesters Ausspruch nicht gehorchen wolten/ musten des Tods sterben Deut. 17. v. 12. Drum dan auch Christus spricht Matt. 23. v. 2. Auf dem Stuel Moysis sitzen die Schrifft-gelehrteu und Pharisäer: drum alles was sie euch sagen das haltet und thut; Warum solle dan nicht ebenfals im Neuen Testament der Römische Pabst in seiner Lehr unfehlbar und von aller Gefahr zu irren seyn entäussert?</p> <p>Antwort. Ob die Priester des Alten Testaments und die Jüdische Synagog haben irren können oder nicht/ ist noch bey den Papisten selbst nicht ausgemacht. Es will zwar Becanus in analogia utrius<gap reason="illegible"/> Testamenti c. 6. q. z. Und Tannerus in apologetico Colliquii Ratisbonnensis c. II. selbige von aller Fehlbarkeit frey-sprechen: aber Bellarminus l. 2. de Concil. c. 6. mit anderen sagt das Gegentheil/ und diese Meinung bestätiget Gott selbsten Esa. 56. v. II. da er spricht: Die Hirten haben keinen Verstand gehabt/ und haben sich abgewandt ein ieglicher seinem Geitz nach/ vom grösten an biß zum kleinsten. Item Jer. 6. v. 13. Von dem mindesten an biß auff den grösseten hangen allesampt dem Geitz an/ und von dem Propheten an diß auff den Priester seynd allesampt mit Falschheit und Betrug umgeben. Item Ezech. 22. v. 26. Ihre Priester haben meine Gesetze verachtet/ und entheiliget/ was mir geheiliget ist. Zwischen dem Heiligen und Unheiligen haben sie kein Unterscheid/ und lehren nicht was rein oder unrein sey. So hat auch gröblich im Alten Testament geirret der Hohe-priester Aaron Ex. 32. da er das güldene Kalb anzubethen dem Israelitischen Volck hat fürgestellt. Geirret hat ebenfals der Priester Urias 4. Reg. 16. da er dem König Achaz zu Gefallen ein unheiliges Altar hat auffgerichtet. So haben auch endlich die Hohe-priester am schändlichsten geirret Ioan. II. v. 47. alwo sie nicht allein die Lehr Christi haben verworffen: sondern auch Christum selbst dem Tod zuerkannt. So kan man dan aus dem/ daß derjenige/ so des Priesters Ausspruch sich widersetzte/ sterben muste/ nicht beweisen des Priesters Unfehlbarkeit; dan es musten auch/ aus Geheiß Gottes / die ungehorsame Söhn/ so ihrer Elteren Stimm nicht gehorchten/ zu Tod gesteiniget werden Deut. 21. v. 18. und dannoch folget nicht/ daß die Elteren in ihrer Stimm und Geboten nicht haben fehlen können. Im übrigen will Christus in dem obangezogenen Spruch sagen: Alles das/ was die Schrifftgelehrten/ so auf dem Stuel Moysis sitzen/ nach dem Gesetz Moysis sagen und fürtragen/ solle man halten/ und in so weit können sie auch nicht irren; Wan aber auch diejenigen/ so auff dem Stuel Moysis sassen ausser dem Gesetz Moysis mit ertichteten Menschen-Satzungen (wie ietzund die Päbste) ihre Lehr verfälschten / warnete Christus treulich gnug Matt. 16. v. 12. daß man sich hüten solle für dem Saurteig oder Lehr der Pharisäer Und also auch in so weit/ als der Pabst seine Lehr an das Wort GOttes anbindet/ kan er nicht fehlen/ weilen er aber sich an dasselbige nicht will anstrengen lassen: sondern seines Gefallens in Glaubens-sachen Zaum- und Zügel-loß herrschen will/ so stolpert er nohtwendig in die abergläubische Irrthümer/ und </p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0127]
auff den päbstischen Conciliis und Kirchen-Versammlungen bevor der unfehlbahre Pabst etwas in Glaubens-sachen schliesset / erforschet er vernünfftig der Väter und Bischöffen Meinung und Gutgedüncken: dan wan selbige in den Irrthum bewilligen/ so bleibt die Unfehlbarkeit des Pabstes ausser Gefahr.
VIII. Haben doch die Hohe-priester im Alten Testament nicht irren können; dan diejenige so des Priesters Ausspruch nicht gehorchen wolten/ musten des Tods sterben Deut. 17. v. 12. Drum dan auch Christus spricht Matt. 23. v. 2. Auf dem Stuel Moysis sitzen die Schrifft-gelehrteu und Pharisäer: drum alles was sie euch sagen das haltet und thut; Warum solle dan nicht ebenfals im Neuen Testament der Römische Pabst in seiner Lehr unfehlbar und von aller Gefahr zu irren seyn entäussert?
Antwort. Ob die Priester des Alten Testaments und die Jüdische Synagog haben irren können oder nicht/ ist noch bey den Papisten selbst nicht ausgemacht. Es will zwar Becanus in analogia utrius_ Testamenti c. 6. q. z. Und Tannerus in apologetico Colliquii Ratisbonnensis c. II. selbige von aller Fehlbarkeit frey-sprechen: aber Bellarminus l. 2. de Concil. c. 6. mit anderen sagt das Gegentheil/ und diese Meinung bestätiget Gott selbsten Esa. 56. v. II. da er spricht: Die Hirten haben keinen Verstand gehabt/ und haben sich abgewandt ein ieglicher seinem Geitz nach/ vom grösten an biß zum kleinsten. Item Jer. 6. v. 13. Von dem mindesten an biß auff den grösseten hangen allesampt dem Geitz an/ und von dem Propheten an diß auff den Priester seynd allesampt mit Falschheit und Betrug umgeben. Item Ezech. 22. v. 26. Ihre Priester haben meine Gesetze verachtet/ und entheiliget/ was mir geheiliget ist. Zwischen dem Heiligen und Unheiligen haben sie kein Unterscheid/ und lehren nicht was rein oder unrein sey. So hat auch gröblich im Alten Testament geirret der Hohe-priester Aaron Ex. 32. da er das güldene Kalb anzubethen dem Israelitischen Volck hat fürgestellt. Geirret hat ebenfals der Priester Urias 4. Reg. 16. da er dem König Achaz zu Gefallen ein unheiliges Altar hat auffgerichtet. So haben auch endlich die Hohe-priester am schändlichsten geirret Ioan. II. v. 47. alwo sie nicht allein die Lehr Christi haben verworffen: sondern auch Christum selbst dem Tod zuerkannt. So kan man dan aus dem/ daß derjenige/ so des Priesters Ausspruch sich widersetzte/ sterben muste/ nicht beweisen des Priesters Unfehlbarkeit; dan es musten auch/ aus Geheiß Gottes / die ungehorsame Söhn/ so ihrer Elteren Stimm nicht gehorchten/ zu Tod gesteiniget werden Deut. 21. v. 18. und dannoch folget nicht/ daß die Elteren in ihrer Stimm und Geboten nicht haben fehlen können. Im übrigen will Christus in dem obangezogenen Spruch sagen: Alles das/ was die Schrifftgelehrten/ so auf dem Stuel Moysis sitzen/ nach dem Gesetz Moysis sagen und fürtragen/ solle man halten/ und in so weit können sie auch nicht irren; Wan aber auch diejenigen/ so auff dem Stuel Moysis sassen ausser dem Gesetz Moysis mit ertichteten Menschen-Satzungen (wie ietzund die Päbste) ihre Lehr verfälschten / warnete Christus treulich gnug Matt. 16. v. 12. daß man sich hüten solle für dem Saurteig oder Lehr der Pharisäer Und also auch in so weit/ als der Pabst seine Lehr an das Wort GOttes anbindet/ kan er nicht fehlen/ weilen er aber sich an dasselbige nicht will anstrengen lassen: sondern seines Gefallens in Glaubens-sachen Zaum- und Zügel-loß herrschen will/ so stolpert er nohtwendig in die abergläubische Irrthümer/ und
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/127>, abgerufen am 31.07.2024. |