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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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4. Japan im Weltverkehr.
in der ersten Tuchfabrik Japans seit Oktober 1879 verarbeitet wird.
Dieselbe befindet sich zu Senji in der Nähe von Tokio. Sie wurde
von der Hartmann'schen Maschinenfabrik in Chemnitz im Auftrage der
Regierung eingerichtet und steht unter deutscher Leitung.

Als Japan dem fremden Verkehr eröffnet wurde, versprach man
sich in den christlichen Industrie- und Handelsstaaten von diesem
neuen Absatzgebiete vielfach goldene Berge. Man hoffte, das Be-
streben der Japaner, sich abendländische Bildungs-, Verkehrs- und
Schutzmittel anzueignen, werde sich auch bald auf ihre Lebensweise,
Hauseinrichtung und Kleidung erstrecken, und unternahm darauf hin
die gewagtesten Speculationen, ohne zu berücksichtigen, dass die
grosse Menge weder Neigung noch Mittel besass, ihre alten Gewohn-
heiten zu verlassen. Neben hochachtbaren Häusern etablierten sich
in den Vertragshäfen auch manche Leute ohne Mittel und Erfahrung,
oder mit einem weiten Gewissen. Als Agenten nahmen, erhielten und
lagerten sie die verschiedensten europäischen und nordamerikanischen
Fabrikate in Consignation, bei sehr geringer Aussicht auf baldigen Ver-
kauf. Hierdurch wuchsen die Lagerspesen enorm, der Fabrikant drang
auf Verkauf und so wurden die Waaren in häufigen öffentlichen Auc-
tionen zu Preisen losgeschlagen, die oft kaum die Kosten deckten.
Infolge dieser ungesunden Verhältnisse konnte man manche Gegen-
stände, wie Regenschirme, Hüte, Flanelle, beim japanischen Krämer
billiger kaufen, als im Produktionslande. Dazu kam, dass vielfach
auch die schlechtesten Waaren auf diesem Wege ins Land kamen,
wie z. B. erbärmliches Schuhwerk, das nach mehrmaligem Tragen
schon auseinander ging. Diese und verschiedene andere Erscheinungen
standen einer gesunden Entwickelung des Einfuhrhandels lange im
Wege. Für den Export gab es wieder mancherlei andere Störungen.

In seinem Aussenhandel erscheint Japan wie eine junge Colonie
in raschem Wechsel ihrer wirtschaftlichen Zustände. Es hat in den
drei Jahrzehnten seiner freieren Entwickelung manche aussergewöhn-
lichen Schwierigkeiten in überraschender Weise überwunden und eine
Lebensfähigkeit entwickelt, die in Erstaunen setzt. Verschiedene Er-
scheinungen liessen mehrmals den politischen und wirtschaftlichen
Bankerott befürchten. Statt seiner sind mehr und mehr Gesundung
und Kräftigung des Staatskörpers eingetreten und die Aussichten auf
eine gedeihliche Fortentwickelung des intellectuellen und materiellen
Lebens sind grösser, denn je zuvor. Die finanziellen Schwierigkeiten
häuften sich zur Zeit des Aufstandes von Satsuma (1877), als die
Staatskassen leer waren und die vieljährigen negativen Handelsab-
schlüsse den Abfluss des früher vorhandenen Baargeldes bis zur Neige

4. Japan im Weltverkehr.
in der ersten Tuchfabrik Japans seit Oktober 1879 verarbeitet wird.
Dieselbe befindet sich zu Senji in der Nähe von Tôkio. Sie wurde
von der Hartmann’schen Maschinenfabrik in Chemnitz im Auftrage der
Regierung eingerichtet und steht unter deutscher Leitung.

Als Japan dem fremden Verkehr eröffnet wurde, versprach man
sich in den christlichen Industrie- und Handelsstaaten von diesem
neuen Absatzgebiete vielfach goldene Berge. Man hoffte, das Be-
streben der Japaner, sich abendländische Bildungs-, Verkehrs- und
Schutzmittel anzueignen, werde sich auch bald auf ihre Lebensweise,
Hauseinrichtung und Kleidung erstrecken, und unternahm darauf hin
die gewagtesten Speculationen, ohne zu berücksichtigen, dass die
grosse Menge weder Neigung noch Mittel besass, ihre alten Gewohn-
heiten zu verlassen. Neben hochachtbaren Häusern etablierten sich
in den Vertragshäfen auch manche Leute ohne Mittel und Erfahrung,
oder mit einem weiten Gewissen. Als Agenten nahmen, erhielten und
lagerten sie die verschiedensten europäischen und nordamerikanischen
Fabrikate in Consignation, bei sehr geringer Aussicht auf baldigen Ver-
kauf. Hierdurch wuchsen die Lagerspesen enorm, der Fabrikant drang
auf Verkauf und so wurden die Waaren in häufigen öffentlichen Auc-
tionen zu Preisen losgeschlagen, die oft kaum die Kosten deckten.
Infolge dieser ungesunden Verhältnisse konnte man manche Gegen-
stände, wie Regenschirme, Hüte, Flanelle, beim japanischen Krämer
billiger kaufen, als im Produktionslande. Dazu kam, dass vielfach
auch die schlechtesten Waaren auf diesem Wege ins Land kamen,
wie z. B. erbärmliches Schuhwerk, das nach mehrmaligem Tragen
schon auseinander ging. Diese und verschiedene andere Erscheinungen
standen einer gesunden Entwickelung des Einfuhrhandels lange im
Wege. Für den Export gab es wieder mancherlei andere Störungen.

In seinem Aussenhandel erscheint Japan wie eine junge Colonie
in raschem Wechsel ihrer wirtschaftlichen Zustände. Es hat in den
drei Jahrzehnten seiner freieren Entwickelung manche aussergewöhn-
lichen Schwierigkeiten in überraschender Weise überwunden und eine
Lebensfähigkeit entwickelt, die in Erstaunen setzt. Verschiedene Er-
scheinungen liessen mehrmals den politischen und wirtschaftlichen
Bankerott befürchten. Statt seiner sind mehr und mehr Gesundung
und Kräftigung des Staatskörpers eingetreten und die Aussichten auf
eine gedeihliche Fortentwickelung des intellectuellen und materiellen
Lebens sind grösser, denn je zuvor. Die finanziellen Schwierigkeiten
häuften sich zur Zeit des Aufstandes von Satsuma (1877), als die
Staatskassen leer waren und die vieljährigen negativen Handelsab-
schlüsse den Abfluss des früher vorhandenen Baargeldes bis zur Neige

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[637/0697] 4. Japan im Weltverkehr. in der ersten Tuchfabrik Japans seit Oktober 1879 verarbeitet wird. Dieselbe befindet sich zu Senji in der Nähe von Tôkio. Sie wurde von der Hartmann’schen Maschinenfabrik in Chemnitz im Auftrage der Regierung eingerichtet und steht unter deutscher Leitung. Als Japan dem fremden Verkehr eröffnet wurde, versprach man sich in den christlichen Industrie- und Handelsstaaten von diesem neuen Absatzgebiete vielfach goldene Berge. Man hoffte, das Be- streben der Japaner, sich abendländische Bildungs-, Verkehrs- und Schutzmittel anzueignen, werde sich auch bald auf ihre Lebensweise, Hauseinrichtung und Kleidung erstrecken, und unternahm darauf hin die gewagtesten Speculationen, ohne zu berücksichtigen, dass die grosse Menge weder Neigung noch Mittel besass, ihre alten Gewohn- heiten zu verlassen. Neben hochachtbaren Häusern etablierten sich in den Vertragshäfen auch manche Leute ohne Mittel und Erfahrung, oder mit einem weiten Gewissen. Als Agenten nahmen, erhielten und lagerten sie die verschiedensten europäischen und nordamerikanischen Fabrikate in Consignation, bei sehr geringer Aussicht auf baldigen Ver- kauf. Hierdurch wuchsen die Lagerspesen enorm, der Fabrikant drang auf Verkauf und so wurden die Waaren in häufigen öffentlichen Auc- tionen zu Preisen losgeschlagen, die oft kaum die Kosten deckten. Infolge dieser ungesunden Verhältnisse konnte man manche Gegen- stände, wie Regenschirme, Hüte, Flanelle, beim japanischen Krämer billiger kaufen, als im Produktionslande. Dazu kam, dass vielfach auch die schlechtesten Waaren auf diesem Wege ins Land kamen, wie z. B. erbärmliches Schuhwerk, das nach mehrmaligem Tragen schon auseinander ging. Diese und verschiedene andere Erscheinungen standen einer gesunden Entwickelung des Einfuhrhandels lange im Wege. Für den Export gab es wieder mancherlei andere Störungen. In seinem Aussenhandel erscheint Japan wie eine junge Colonie in raschem Wechsel ihrer wirtschaftlichen Zustände. Es hat in den drei Jahrzehnten seiner freieren Entwickelung manche aussergewöhn- lichen Schwierigkeiten in überraschender Weise überwunden und eine Lebensfähigkeit entwickelt, die in Erstaunen setzt. Verschiedene Er- scheinungen liessen mehrmals den politischen und wirtschaftlichen Bankerott befürchten. Statt seiner sind mehr und mehr Gesundung und Kräftigung des Staatskörpers eingetreten und die Aussichten auf eine gedeihliche Fortentwickelung des intellectuellen und materiellen Lebens sind grösser, denn je zuvor. Die finanziellen Schwierigkeiten häuften sich zur Zeit des Aufstandes von Satsuma (1877), als die Staatskassen leer waren und die vieljährigen negativen Handelsab- schlüsse den Abfluss des früher vorhandenen Baargeldes bis zur Neige

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/697>, abgerufen am 23.11.2024.