hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin- gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (To- morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten. Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito Keiske's und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold's Liste japa- nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*). Dagegen muss der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen hierher gerechnet werden.
Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide- arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata, Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri- gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen über die übrigen Halmfrüchte an.
1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.). Auf einem 50--120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über- hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30--60, ja zuweilen 100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200 Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen, gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch- tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5--6) hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis
*) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant. Oec. Univ. Regni Jap.
2. Nährpflanzen.
hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin- gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô- morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten. Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito Keiske’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa- nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*). Dagegen muss der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen hierher gerechnet werden.
Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide- arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata, Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri- gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen über die übrigen Halmfrüchte an.
1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.). Auf einem 50—120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über- hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30—60, ja zuweilen 100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200 Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen, gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch- tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5—6) hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis
*) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant. Oec. Univ. Regni Jap.
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hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin-
gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô-
morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser
Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn
dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da
angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf
neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten.
Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito
Keiske’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem
Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa-
nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält *). Dagegen muss
der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie
angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen
hierher gerechnet werden.
Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide-
arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata,
Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art
Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie
der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri-
gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung
des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben
und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen
über die übrigen Halmfrüchte an.
1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.).
Auf einem 50—120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme
entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über-
hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30—60, ja zuweilen
100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200
Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen,
gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät
reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana
Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern
Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch-
tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte
begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden
wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5—6)
hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den
gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis
*) Verhandl. van het Batav. Genotschap XII deel. Batav. 1830. Synopsis Plant.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/63>, abgerufen am 23.11.2024.
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