Soleymann, welcher um die Mitte des 9. Jahrhunderts China bereiste. W. Williams, *) ein vortrefflicher Kenner Chinas, hebt ausdrücklich hervor, dass King-te-tschin erst seit dem Jahre 1000 n. Chr. besseres Porzellan liefert. Es ist die Zeit, in der man zuerst die Kobaltver- zierung unter der Glasur anwandte, welche von da an bis zur Gegen- wart in der Ausschmückung des chinesischen Porzellans, namentlich für den häuslichen Gebrauch der Chinesen, immer eine hervorragende Rolle gespielt hat.
Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass Sir Harry Parkes, der verstorbene englische Gesandte in China, immer die Ansicht vertrat, das Porzellan sei erst im 12. oder zu Anfang des 13. Jahrhunderts aufgekommen. Damit stände denn die Thatsache im Einklang, dass chinesisches Porzellan erst im 13. Jahrhundert in Japan bekannt wurde. Mit Recht macht Capt. Brinckley in seiner Abhandlung über die Ge- schichte der japanischen Keramik hierauf aufmerksam, indem er hervor- hebt, dass Japan seit seinen ältesten Verbindungen mit China theils direkt, theils über Korea, die verschiedenartigsten Erzeugnisse des chinesischen Gewerbfleisses schätzte und einführte, es also doppelt auf- fallen muss, dass Porzellan aus älterer Zeit nicht vorkommt.
Im 13. Jahrhundert kamen jene prächtigen farbigen Grundtöne in Anwendung, welche wie celadongrün, mattviolett, gelb, türkisblau von Sammlern so geschätzt werden. Aber die Blüthezeit der chinesischen Porzellanindustrie fällt, wie die der meisten Zweige seines Kunst- gewerbes in die Periode der Ming-Dynastie, vornehmlich in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. In dieser Zeit trat die Porzellan- fabrikation durch die Anwendung polychromer Verzierungen auf der Glasur in ein neues Stadium. Man verwandte dazu die sogenannten fünf Hauptfarben der Chinesen, nämlich Grün (Osten), Roth (Süden), Weiss (Westen), Schwarz (Norden) und Gelb (Erde), wozu noch als sechste das Blau des Himmels kam. Gold und Goldpurpur kamen erst vom Jahre 1690 an in Gebrauch.
Chinesisches Porzellan war in einzelnen Stücken durch die Araber und Perser allmählich nach den Ländern Süd- und Westasiens und bis nach Aegypten gelangt. Die Verbreitung in Europa fiel nach Ent- deckung des Seewegs nach Indien zunächst den Portugiesen, später deren Nachfolgern im Handel mit Ostasien, den Holländern und Eng- ländern zu. Wie bereits S. 390 hervorgehoben wurde, entlehnte man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht blos zu Meissen (Böttger), sondern auch zu Sevres, zu Stoke-upon-Trent (Wedgewood) und ander-
*) The Middle Kingdom, Vol. II pg. 23. London 1883.
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Soleymann, welcher um die Mitte des 9. Jahrhunderts China bereiste. W. Williams, *) ein vortrefflicher Kenner Chinas, hebt ausdrücklich hervor, dass King-te-tschin erst seit dem Jahre 1000 n. Chr. besseres Porzellan liefert. Es ist die Zeit, in der man zuerst die Kobaltver- zierung unter der Glasur anwandte, welche von da an bis zur Gegen- wart in der Ausschmückung des chinesischen Porzellans, namentlich für den häuslichen Gebrauch der Chinesen, immer eine hervorragende Rolle gespielt hat.
Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass Sir Harry Parkes, der verstorbene englische Gesandte in China, immer die Ansicht vertrat, das Porzellan sei erst im 12. oder zu Anfang des 13. Jahrhunderts aufgekommen. Damit stände denn die Thatsache im Einklang, dass chinesisches Porzellan erst im 13. Jahrhundert in Japan bekannt wurde. Mit Recht macht Capt. Brinckley in seiner Abhandlung über die Ge- schichte der japanischen Keramik hierauf aufmerksam, indem er hervor- hebt, dass Japan seit seinen ältesten Verbindungen mit China theils direkt, theils über Korea, die verschiedenartigsten Erzeugnisse des chinesischen Gewerbfleisses schätzte und einführte, es also doppelt auf- fallen muss, dass Porzellan aus älterer Zeit nicht vorkommt.
Im 13. Jahrhundert kamen jene prächtigen farbigen Grundtöne in Anwendung, welche wie celadongrün, mattviolett, gelb, türkisblau von Sammlern so geschätzt werden. Aber die Blüthezeit der chinesischen Porzellanindustrie fällt, wie die der meisten Zweige seines Kunst- gewerbes in die Periode der Ming-Dynastie, vornehmlich in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. In dieser Zeit trat die Porzellan- fabrikation durch die Anwendung polychromer Verzierungen auf der Glasur in ein neues Stadium. Man verwandte dazu die sogenannten fünf Hauptfarben der Chinesen, nämlich Grün (Osten), Roth (Süden), Weiss (Westen), Schwarz (Norden) und Gelb (Erde), wozu noch als sechste das Blau des Himmels kam. Gold und Goldpurpur kamen erst vom Jahre 1690 an in Gebrauch.
Chinesisches Porzellan war in einzelnen Stücken durch die Araber und Perser allmählich nach den Ländern Süd- und Westasiens und bis nach Aegypten gelangt. Die Verbreitung in Europa fiel nach Ent- deckung des Seewegs nach Indien zunächst den Portugiesen, später deren Nachfolgern im Handel mit Ostasien, den Holländern und Eng- ländern zu. Wie bereits S. 390 hervorgehoben wurde, entlehnte man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht blos zu Meissen (Böttger), sondern auch zu Sèvres, zu Stoke-upon-Trent (Wedgewood) und ander-
*) The Middle Kingdom, Vol. II pg. 23. London 1883.
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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Soleymann, welcher um die Mitte des 9. Jahrhunderts China bereiste.
W. Williams, *) ein vortrefflicher Kenner Chinas, hebt ausdrücklich
hervor, dass King-te-tschin erst seit dem Jahre 1000 n. Chr. besseres
Porzellan liefert. Es ist die Zeit, in der man zuerst die Kobaltver-
zierung unter der Glasur anwandte, welche von da an bis zur Gegen-
wart in der Ausschmückung des chinesischen Porzellans, namentlich
für den häuslichen Gebrauch der Chinesen, immer eine hervorragende
Rolle gespielt hat.
Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass Sir Harry Parkes, der
verstorbene englische Gesandte in China, immer die Ansicht vertrat,
das Porzellan sei erst im 12. oder zu Anfang des 13. Jahrhunderts
aufgekommen. Damit stände denn die Thatsache im Einklang, dass
chinesisches Porzellan erst im 13. Jahrhundert in Japan bekannt wurde.
Mit Recht macht Capt. Brinckley in seiner Abhandlung über die Ge-
schichte der japanischen Keramik hierauf aufmerksam, indem er hervor-
hebt, dass Japan seit seinen ältesten Verbindungen mit China theils
direkt, theils über Korea, die verschiedenartigsten Erzeugnisse des
chinesischen Gewerbfleisses schätzte und einführte, es also doppelt auf-
fallen muss, dass Porzellan aus älterer Zeit nicht vorkommt.
Im 13. Jahrhundert kamen jene prächtigen farbigen Grundtöne in
Anwendung, welche wie celadongrün, mattviolett, gelb, türkisblau von
Sammlern so geschätzt werden. Aber die Blüthezeit der chinesischen
Porzellanindustrie fällt, wie die der meisten Zweige seines Kunst-
gewerbes in die Periode der Ming-Dynastie, vornehmlich in die zweite
Hälfte des 15. Jahrhunderts. In dieser Zeit trat die Porzellan-
fabrikation durch die Anwendung polychromer Verzierungen auf der
Glasur in ein neues Stadium. Man verwandte dazu die sogenannten
fünf Hauptfarben der Chinesen, nämlich Grün (Osten), Roth (Süden),
Weiss (Westen), Schwarz (Norden) und Gelb (Erde), wozu noch als
sechste das Blau des Himmels kam. Gold und Goldpurpur kamen
erst vom Jahre 1690 an in Gebrauch.
Chinesisches Porzellan war in einzelnen Stücken durch die Araber
und Perser allmählich nach den Ländern Süd- und Westasiens und
bis nach Aegypten gelangt. Die Verbreitung in Europa fiel nach Ent-
deckung des Seewegs nach Indien zunächst den Portugiesen, später
deren Nachfolgern im Handel mit Ostasien, den Holländern und Eng-
ländern zu. Wie bereits S. 390 hervorgehoben wurde, entlehnte man
in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht blos zu Meissen (Böttger),
sondern auch zu Sèvres, zu Stoke-upon-Trent (Wedgewood) und ander-
*) The Middle Kingdom, Vol. II pg. 23. London 1883.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/600>, abgerufen am 25.11.2024.
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