sorgfältige Zubereitung der Masse durch Auswahl und Schlemmen. Es gehören in diese Gruppe:
a) Unglasierte Irdenwaare, japanisch Kawarake, Backsteine oder Renga-seki, und Ziegeln, Kawara. Aus ziegelroth gebrannter Kawa- rake, der einfachsten und billigsten Thonwaare Japans, bestehen die Schüsseln zum Rösten der Bohnen, die kleinen flachen Tellerchen, auf welchen man den Shintogöttern Reis und andere Speisen opfert, Töpfe zur Bereitung gewisser Arzeneien. Die meisten Ziegeln, zumal die in einer Vorstadt von Tokio gebrannten, haben eine schwarzgraue Farbe.
b) Terracotten und andere antike Geschirre mit dünner alka- lischer Glasur, welche an der Oberfläche durch anfangendes Schmelzen hervorgebracht wird. In der sorgfältigeren Schlemmung und Zube- reitung des Rohmaterials, in den edlen Formen und Verzierungen unter- scheiden sich diese Produkte der Griechen und Römer von denen anderer Völker. Die grössten irdenen Hohlgefässe der Mittelmeer- länder gehören hierher, z. B. die urnenförmigen Tinaja's der Spanier, welche zum Aufbewahren des Olivenöls dienen und oft 100 Aroben a 25 l fassen können. In der Krimm und in Kleinasien dienen ähnliche zur Aufbewahrung des Weins, in Japan benutzt man die ebenso ge- stalteten Tsubo als Receptacula der Latrinenstoffe. Nach Thunberg lieferte Swota an der Bucht von Shimabara sehr grosse irdene Urnen, die ebenfalls statt der Fässer zur Aufnahme der Fäcalstoffe dienten.
c) Gewöhnliche Töpferwaaren mit Blei- oder Kochsalzglasur. Ein grosser Teil der irdenen Geschirre gehört, wie bei uns, so auch in Japan hierher. Auch das sogenannte Toyosuke-yaki von Nagoya, welchem man durch Lackmalerei äusserlich ein prächtiges Aussehen gibt, ist solche Irdenwaare.
d) Gemeine, emaillierte Faience und Majolica. Sie hat einen lockeren, erdigen Bruch von anderer Farbe als die undurchsichtige Glasur oder das dick aufgetragene Zinnemail, welches als scharfabge- grenzte weisse Kruste darauf ruht. Viel vom gewöhnlichen Tisch- geräthe mit porzellanähnlichem Aussehen, aber ohne Durchsichtigkeit, die im 17. Jahrhundert so berühmte Delfter Waare mit ihrer blauen Kobaltverzierung, die emaillierte Faience des ganzen Mittelalters und die Majolica gehören hierher. Japan hat wenig Waaren aufzuweisen, welche sich anreihen. Der Majolica muss man jene grauen, braunen und grünen Teller und Vasen mit erhabener Emailverzierung zuzählen, welche in der Provinz Ise dargestellt und oft neben Steinzeug eben- falls als Banko-yaki bezeichnet werden.
e) Steingut, Halbporzellan oder feine (edle) Faience, wurde lange Zeit auch als Henri II bezeichnet. Steingut steht in der
8. Keramik.
sorgfältige Zubereitung der Masse durch Auswahl und Schlemmen. Es gehören in diese Gruppe:
a) Unglasierte Irdenwaare, japanisch Kawarake, Backsteine oder Renga-seki, und Ziegeln, Kawara. Aus ziegelroth gebrannter Kawa- rake, der einfachsten und billigsten Thonwaare Japans, bestehen die Schüsseln zum Rösten der Bohnen, die kleinen flachen Tellerchen, auf welchen man den Shintôgöttern Reis und andere Speisen opfert, Töpfe zur Bereitung gewisser Arzeneien. Die meisten Ziegeln, zumal die in einer Vorstadt von Tokio gebrannten, haben eine schwarzgraue Farbe.
b) Terracotten und andere antike Geschirre mit dünner alka- lischer Glasur, welche an der Oberfläche durch anfangendes Schmelzen hervorgebracht wird. In der sorgfältigeren Schlemmung und Zube- reitung des Rohmaterials, in den edlen Formen und Verzierungen unter- scheiden sich diese Produkte der Griechen und Römer von denen anderer Völker. Die grössten irdenen Hohlgefässe der Mittelmeer- länder gehören hierher, z. B. die urnenförmigen Tinaja’s der Spanier, welche zum Aufbewahren des Olivenöls dienen und oft 100 Aroben à 25 l fassen können. In der Krimm und in Kleinasien dienen ähnliche zur Aufbewahrung des Weins, in Japan benutzt man die ebenso ge- stalteten Tsubo als Receptacula der Latrinenstoffe. Nach Thunberg lieferte Swota an der Bucht von Shimabara sehr grosse irdene Urnen, die ebenfalls statt der Fässer zur Aufnahme der Fäcalstoffe dienten.
c) Gewöhnliche Töpferwaaren mit Blei- oder Kochsalzglasur. Ein grosser Teil der irdenen Geschirre gehört, wie bei uns, so auch in Japan hierher. Auch das sogenannte Toyosuke-yaki von Nagoya, welchem man durch Lackmalerei äusserlich ein prächtiges Aussehen gibt, ist solche Irdenwaare.
d) Gemeine, emaillierte Faience und Majolica. Sie hat einen lockeren, erdigen Bruch von anderer Farbe als die undurchsichtige Glasur oder das dick aufgetragene Zinnemail, welches als scharfabge- grenzte weisse Kruste darauf ruht. Viel vom gewöhnlichen Tisch- geräthe mit porzellanähnlichem Aussehen, aber ohne Durchsichtigkeit, die im 17. Jahrhundert so berühmte Delfter Waare mit ihrer blauen Kobaltverzierung, die emaillierte Faience des ganzen Mittelalters und die Majolica gehören hierher. Japan hat wenig Waaren aufzuweisen, welche sich anreihen. Der Majolica muss man jene grauen, braunen und grünen Teller und Vasen mit erhabener Emailverzierung zuzählen, welche in der Provinz Ise dargestellt und oft neben Steinzeug eben- falls als Banko-yaki bezeichnet werden.
e) Steingut, Halbporzellan oder feine (edle) Faience, wurde lange Zeit auch als Henri II bezeichnet. Steingut steht in der
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8. Keramik.
sorgfältige Zubereitung der Masse durch Auswahl und Schlemmen. Es
gehören in diese Gruppe:
a) Unglasierte Irdenwaare, japanisch Kawarake, Backsteine oder
Renga-seki, und Ziegeln, Kawara. Aus ziegelroth gebrannter Kawa-
rake, der einfachsten und billigsten Thonwaare Japans, bestehen die
Schüsseln zum Rösten der Bohnen, die kleinen flachen Tellerchen, auf
welchen man den Shintôgöttern Reis und andere Speisen opfert, Töpfe
zur Bereitung gewisser Arzeneien. Die meisten Ziegeln, zumal die in
einer Vorstadt von Tokio gebrannten, haben eine schwarzgraue Farbe.
b) Terracotten und andere antike Geschirre mit dünner alka-
lischer Glasur, welche an der Oberfläche durch anfangendes Schmelzen
hervorgebracht wird. In der sorgfältigeren Schlemmung und Zube-
reitung des Rohmaterials, in den edlen Formen und Verzierungen unter-
scheiden sich diese Produkte der Griechen und Römer von denen
anderer Völker. Die grössten irdenen Hohlgefässe der Mittelmeer-
länder gehören hierher, z. B. die urnenförmigen Tinaja’s der Spanier,
welche zum Aufbewahren des Olivenöls dienen und oft 100 Aroben
à 25 l fassen können. In der Krimm und in Kleinasien dienen ähnliche
zur Aufbewahrung des Weins, in Japan benutzt man die ebenso ge-
stalteten Tsubo als Receptacula der Latrinenstoffe. Nach Thunberg
lieferte Swota an der Bucht von Shimabara sehr grosse irdene Urnen,
die ebenfalls statt der Fässer zur Aufnahme der Fäcalstoffe dienten.
c) Gewöhnliche Töpferwaaren mit Blei- oder Kochsalzglasur. Ein
grosser Teil der irdenen Geschirre gehört, wie bei uns, so auch in
Japan hierher. Auch das sogenannte Toyosuke-yaki von Nagoya,
welchem man durch Lackmalerei äusserlich ein prächtiges Aussehen
gibt, ist solche Irdenwaare.
d) Gemeine, emaillierte Faience und Majolica. Sie hat einen
lockeren, erdigen Bruch von anderer Farbe als die undurchsichtige
Glasur oder das dick aufgetragene Zinnemail, welches als scharfabge-
grenzte weisse Kruste darauf ruht. Viel vom gewöhnlichen Tisch-
geräthe mit porzellanähnlichem Aussehen, aber ohne Durchsichtigkeit,
die im 17. Jahrhundert so berühmte Delfter Waare mit ihrer blauen
Kobaltverzierung, die emaillierte Faience des ganzen Mittelalters und
die Majolica gehören hierher. Japan hat wenig Waaren aufzuweisen,
welche sich anreihen. Der Majolica muss man jene grauen, braunen
und grünen Teller und Vasen mit erhabener Emailverzierung zuzählen,
welche in der Provinz Ise dargestellt und oft neben Steinzeug eben-
falls als Banko-yaki bezeichnet werden.
e) Steingut, Halbporzellan oder feine (edle) Faience,
wurde lange Zeit auch als Henri II bezeichnet. Steingut steht in der
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/591>, abgerufen am 22.11.2024.
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