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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
zu veranschaulichen, als die Keramik. Aus ihren Produkten beurteilen
wir den nicht hohen Culturzustand der Trojaner, erkennen und be-
wundern wir den entwickelten Kunst- und Schönheitssinn der Griechen
und Etrusker. Unter Ruinen und Schutt jahrtausendelang begraben,
bewahrten sie Form und Verzierung und wurden, als man sie in
neuerer Zeit daraus hervorzog, nicht nur eine reiche Quelle archäo-
logischer Forschung, sondern vielfach auch die nachahmenswerthesten
Muster für unsere heutige Industrie.

Angesichts der Thatsache, dass die Thonwaaren-Industrie vieler
Länder und Völker der Erde bis in die vorgeschichtliche Zeit zurück-
reicht, dass ihre Gefässe den Menschen fast unentbehrlich wurden,
können wir uns kaum den Culturzustand unserer Vorfahren ohne solche
richtig vorstellen. Und doch gab es in Deutschland eine Zeit, wo die
Bewohner in Höhlen lebten, sich von der Jagd auf Rennthiere, Bären
und andere Vierfüssler nährten, wo sie, gleich den Südsee-Insulanern
bei ihrer ersten Berührung mit Europäern, weder Metalle noch Thon-
waaren kannten, und ihre Speisen, statt in Töpfen und Pfannen,
auf erhitzten Schiefer- und Sandsteinplatten zubereiteten.

Kehren wir jedoch zur Keramik Japans zurück. Zur besseren
Orientierung in derselben schicke ich eine Uebersicht der dabei in
Betracht kommenden Produkte voraus. Nach dem Vorgang von Brog-
niart werden die verschiedenen Thonwaaren gewöhnlich in 2 grosse
Gruppen gebracht und als weiche und harte unterschieden, denen
auch die japanischen Benennungen Tsuchi-yaki und Ishi-yaki,
d. h. "Erd-Gebranntes" und "Stein-Gebranntes" entsprechen. Man brennt
die weichen Thonwaaren meist bei geringerer Hitze, da sie im Feuer
des Porzellanofens zusammensintern oder schmelzen würden. Ihr
Scherben ist undurchsichtig, zeigt einen erdigen Bruch, lässt sich
mit dem Messer ritzen, ist porös und gestattet gewöhnlich den Flüssig-
keiten langsamen Durchgang. Die Glasur, welche angewandt wird,
um dies zu verhüten und zugleich als Grundlage weiterer Verzierung
zu dienen, ist entweder Alkali- oder Bleiglasur und verglast mit einem
Theil der Kieselsäure der Waare zu einer dünnen durchsichtigen
Rinde, oder es ist Zinnglasur, welche ein opakes, milchweisses Email
bildet und ziemlich dick aufliegt.

In diese grosse Abteilung gehören alle Irdenwaaren vom Ziegel-
stein bis zum feinsten Steingut. Bei den meisten Unterabteilungen
werden Thone (Tsuchi) verwandt, welche in Folge mineralischer Ver-
unreinigungen sich grau, gelb, roth, braun oder schwarz brennen, so
dass die Farbe des Bruches scharf absticht gegenüber derjenigen der
Glasur. Dem geringeren Werth solcher Waaren entspricht die weniger

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
zu veranschaulichen, als die Keramik. Aus ihren Produkten beurteilen
wir den nicht hohen Culturzustand der Trojaner, erkennen und be-
wundern wir den entwickelten Kunst- und Schönheitssinn der Griechen
und Etrusker. Unter Ruinen und Schutt jahrtausendelang begraben,
bewahrten sie Form und Verzierung und wurden, als man sie in
neuerer Zeit daraus hervorzog, nicht nur eine reiche Quelle archäo-
logischer Forschung, sondern vielfach auch die nachahmenswerthesten
Muster für unsere heutige Industrie.

Angesichts der Thatsache, dass die Thonwaaren-Industrie vieler
Länder und Völker der Erde bis in die vorgeschichtliche Zeit zurück-
reicht, dass ihre Gefässe den Menschen fast unentbehrlich wurden,
können wir uns kaum den Culturzustand unserer Vorfahren ohne solche
richtig vorstellen. Und doch gab es in Deutschland eine Zeit, wo die
Bewohner in Höhlen lebten, sich von der Jagd auf Rennthiere, Bären
und andere Vierfüssler nährten, wo sie, gleich den Südsee-Insulanern
bei ihrer ersten Berührung mit Europäern, weder Metalle noch Thon-
waaren kannten, und ihre Speisen, statt in Töpfen und Pfannen,
auf erhitzten Schiefer- und Sandsteinplatten zubereiteten.

Kehren wir jedoch zur Keramik Japans zurück. Zur besseren
Orientierung in derselben schicke ich eine Uebersicht der dabei in
Betracht kommenden Produkte voraus. Nach dem Vorgang von Brog-
niart werden die verschiedenen Thonwaaren gewöhnlich in 2 grosse
Gruppen gebracht und als weiche und harte unterschieden, denen
auch die japanischen Benennungen Tsuchi-yaki und Ishi-yaki,
d. h. »Erd-Gebranntes« und »Stein-Gebranntes« entsprechen. Man brennt
die weichen Thonwaaren meist bei geringerer Hitze, da sie im Feuer
des Porzellanofens zusammensintern oder schmelzen würden. Ihr
Scherben ist undurchsichtig, zeigt einen erdigen Bruch, lässt sich
mit dem Messer ritzen, ist porös und gestattet gewöhnlich den Flüssig-
keiten langsamen Durchgang. Die Glasur, welche angewandt wird,
um dies zu verhüten und zugleich als Grundlage weiterer Verzierung
zu dienen, ist entweder Alkali- oder Bleiglasur und verglast mit einem
Theil der Kieselsäure der Waare zu einer dünnen durchsichtigen
Rinde, oder es ist Zinnglasur, welche ein opakes, milchweisses Email
bildet und ziemlich dick aufliegt.

In diese grosse Abteilung gehören alle Irdenwaaren vom Ziegel-
stein bis zum feinsten Steingut. Bei den meisten Unterabteilungen
werden Thone (Tsuchi) verwandt, welche in Folge mineralischer Ver-
unreinigungen sich grau, gelb, roth, braun oder schwarz brennen, so
dass die Farbe des Bruches scharf absticht gegenüber derjenigen der
Glasur. Dem geringeren Werth solcher Waaren entspricht die weniger

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[540/0590] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. zu veranschaulichen, als die Keramik. Aus ihren Produkten beurteilen wir den nicht hohen Culturzustand der Trojaner, erkennen und be- wundern wir den entwickelten Kunst- und Schönheitssinn der Griechen und Etrusker. Unter Ruinen und Schutt jahrtausendelang begraben, bewahrten sie Form und Verzierung und wurden, als man sie in neuerer Zeit daraus hervorzog, nicht nur eine reiche Quelle archäo- logischer Forschung, sondern vielfach auch die nachahmenswerthesten Muster für unsere heutige Industrie. Angesichts der Thatsache, dass die Thonwaaren-Industrie vieler Länder und Völker der Erde bis in die vorgeschichtliche Zeit zurück- reicht, dass ihre Gefässe den Menschen fast unentbehrlich wurden, können wir uns kaum den Culturzustand unserer Vorfahren ohne solche richtig vorstellen. Und doch gab es in Deutschland eine Zeit, wo die Bewohner in Höhlen lebten, sich von der Jagd auf Rennthiere, Bären und andere Vierfüssler nährten, wo sie, gleich den Südsee-Insulanern bei ihrer ersten Berührung mit Europäern, weder Metalle noch Thon- waaren kannten, und ihre Speisen, statt in Töpfen und Pfannen, auf erhitzten Schiefer- und Sandsteinplatten zubereiteten. Kehren wir jedoch zur Keramik Japans zurück. Zur besseren Orientierung in derselben schicke ich eine Uebersicht der dabei in Betracht kommenden Produkte voraus. Nach dem Vorgang von Brog- niart werden die verschiedenen Thonwaaren gewöhnlich in 2 grosse Gruppen gebracht und als weiche und harte unterschieden, denen auch die japanischen Benennungen Tsuchi-yaki und Ishi-yaki, d. h. »Erd-Gebranntes« und »Stein-Gebranntes« entsprechen. Man brennt die weichen Thonwaaren meist bei geringerer Hitze, da sie im Feuer des Porzellanofens zusammensintern oder schmelzen würden. Ihr Scherben ist undurchsichtig, zeigt einen erdigen Bruch, lässt sich mit dem Messer ritzen, ist porös und gestattet gewöhnlich den Flüssig- keiten langsamen Durchgang. Die Glasur, welche angewandt wird, um dies zu verhüten und zugleich als Grundlage weiterer Verzierung zu dienen, ist entweder Alkali- oder Bleiglasur und verglast mit einem Theil der Kieselsäure der Waare zu einer dünnen durchsichtigen Rinde, oder es ist Zinnglasur, welche ein opakes, milchweisses Email bildet und ziemlich dick aufliegt. In diese grosse Abteilung gehören alle Irdenwaaren vom Ziegel- stein bis zum feinsten Steingut. Bei den meisten Unterabteilungen werden Thone (Tsuchi) verwandt, welche in Folge mineralischer Ver- unreinigungen sich grau, gelb, roth, braun oder schwarz brennen, so dass die Farbe des Bruches scharf absticht gegenüber derjenigen der Glasur. Dem geringeren Werth solcher Waaren entspricht die weniger

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/590>, abgerufen am 22.11.2024.