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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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7. Metallindustrie.
dem prächtig gelegenen alten Kloster der Tendai-Sekte bei Otsu am
Biwa-See. Diese grosse Glocke soll von Hidesato, einem berühmten
Helden des 10. Jahrhunderts herrühren; sie ist mit der reichen Ge-
schichte und den Sagen der Gegend vielfach verflochten. Ihre herr-
lichen Töne gehören zu den acht Wundern (Anziehungsmitteln) des
Biwa-Sees. Wenn dieselben an einem schönen Sommerabend weit
über den See durch die friedliche Landschaft erklingen, machen sie
auch auf das Gemüth des fremden Wanderers einen unvergesslichen
Eindruck.

Diese riesigen Tempelglocken und eine Menge kleinerer sind ge-
wöhnlich mit chinesischen Denksprüchen, mit Ten-nin (Engeln in
Nirwana), in Reihen geordneten Buckeln und auf sonstige Weise nach
aussen verziert. In der Regel bilden mehrere Drachenköpfe das Ohr,
an welchem sie sehr niedrig aufgehängt werden, und zwar unter einem
Balkengerüst und Dach im Tempelhofe. Sie haben keine Klöppel,
sondern werden von aussen durch einen an zwei Seilen wagrecht auf-
gehängten und schwingenden Balken angeschlagen, an einer Stelle,
welche zu dem Zweck im Guss scheibenartig erhöht wurde.

Ueberraschen diese zum Theil schon sehr alten Tsuri-gane durch
ihren vorzüglichen Guss und ihre Grösse, so vermögen 16 kleinere
Glöckchen (Kane) in einem Nebengebäude des Tempelgrundes von Nikko
nicht minder unser Erstaunen zu erwecken. Dieselben stimmen äusserlich
in Gestalt und Grösse völlig überein, geben aber beim Anschlagen
deutlich und höchst klangvoll sämmtliche Töne zweier Octaven an.

Spiegel, japanisch Kagami, werden in den Ländern des chi-
nesischen Culturkreises in Ermangelung geeigneten Glases von alten
Zeiten her in der Regel aus Bronze gegossen, dabei auf der Rück-
seite mit Reliefverzierungen, wie mythologischen Personen, Vögeln,
Blumen, Wappen und Denksprüchen versehen, nach dem Guss auf der
Vorderseite bis auf 0,5--2,5 mm Dicke abgeschliffen und hier endlich
mit einem Amalgam überzogen, welches aus 1--2 Teilen Zinn und einem
Teil Quecksilber zusammengesetzt ist. Diese Metallspiegel sind in
der Regel kreisförmig mit 15,5--16 cm Durchmesser. Auf einer Seite
befindet sich ein stabförmiger Griff, mit dem man sie anfasst und
befestigt.

Es war den Chinesen schon seit vielen Jahrhunderten bekannt,
dass einzelne dieser Spiegel, wenn sie das Sonnenlicht auf eine Wand
reflectierten, dabei zugleich die erhabenen Figuren auf ihrer Rückseite
mehr oder weniger deutlich abspiegelten.

Solche Spiegel findet man auch in Japan. Die erwähnte Eigen-
schaft war längst durch Zufall von japanischen Damen beobachtet

7. Metallindustrie.
dem prächtig gelegenen alten Kloster der Tendai-Sekte bei Otsu am
Biwa-See. Diese grosse Glocke soll von Hidesato, einem berühmten
Helden des 10. Jahrhunderts herrühren; sie ist mit der reichen Ge-
schichte und den Sagen der Gegend vielfach verflochten. Ihre herr-
lichen Töne gehören zu den acht Wundern (Anziehungsmitteln) des
Biwa-Sees. Wenn dieselben an einem schönen Sommerabend weit
über den See durch die friedliche Landschaft erklingen, machen sie
auch auf das Gemüth des fremden Wanderers einen unvergesslichen
Eindruck.

Diese riesigen Tempelglocken und eine Menge kleinerer sind ge-
wöhnlich mit chinesischen Denksprüchen, mit Ten-nin (Engeln in
Nirwana), in Reihen geordneten Buckeln und auf sonstige Weise nach
aussen verziert. In der Regel bilden mehrere Drachenköpfe das Ohr,
an welchem sie sehr niedrig aufgehängt werden, und zwar unter einem
Balkengerüst und Dach im Tempelhofe. Sie haben keine Klöppel,
sondern werden von aussen durch einen an zwei Seilen wagrecht auf-
gehängten und schwingenden Balken angeschlagen, an einer Stelle,
welche zu dem Zweck im Guss scheibenartig erhöht wurde.

Ueberraschen diese zum Theil schon sehr alten Tsuri-gane durch
ihren vorzüglichen Guss und ihre Grösse, so vermögen 16 kleinere
Glöckchen (Kane) in einem Nebengebäude des Tempelgrundes von Nikkô
nicht minder unser Erstaunen zu erwecken. Dieselben stimmen äusserlich
in Gestalt und Grösse völlig überein, geben aber beim Anschlagen
deutlich und höchst klangvoll sämmtliche Töne zweier Octaven an.

Spiegel, japanisch Kagami, werden in den Ländern des chi-
nesischen Culturkreises in Ermangelung geeigneten Glases von alten
Zeiten her in der Regel aus Bronze gegossen, dabei auf der Rück-
seite mit Reliefverzierungen, wie mythologischen Personen, Vögeln,
Blumen, Wappen und Denksprüchen versehen, nach dem Guss auf der
Vorderseite bis auf 0,5—2,5 mm Dicke abgeschliffen und hier endlich
mit einem Amalgam überzogen, welches aus 1—2 Teilen Zinn und einem
Teil Quecksilber zusammengesetzt ist. Diese Metallspiegel sind in
der Regel kreisförmig mit 15,5—16 cm Durchmesser. Auf einer Seite
befindet sich ein stabförmiger Griff, mit dem man sie anfasst und
befestigt.

Es war den Chinesen schon seit vielen Jahrhunderten bekannt,
dass einzelne dieser Spiegel, wenn sie das Sonnenlicht auf eine Wand
reflectierten, dabei zugleich die erhabenen Figuren auf ihrer Rückseite
mehr oder weniger deutlich abspiegelten.

Solche Spiegel findet man auch in Japan. Die erwähnte Eigen-
schaft war längst durch Zufall von japanischen Damen beobachtet

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[533/0583] 7. Metallindustrie. dem prächtig gelegenen alten Kloster der Tendai-Sekte bei Otsu am Biwa-See. Diese grosse Glocke soll von Hidesato, einem berühmten Helden des 10. Jahrhunderts herrühren; sie ist mit der reichen Ge- schichte und den Sagen der Gegend vielfach verflochten. Ihre herr- lichen Töne gehören zu den acht Wundern (Anziehungsmitteln) des Biwa-Sees. Wenn dieselben an einem schönen Sommerabend weit über den See durch die friedliche Landschaft erklingen, machen sie auch auf das Gemüth des fremden Wanderers einen unvergesslichen Eindruck. Diese riesigen Tempelglocken und eine Menge kleinerer sind ge- wöhnlich mit chinesischen Denksprüchen, mit Ten-nin (Engeln in Nirwana), in Reihen geordneten Buckeln und auf sonstige Weise nach aussen verziert. In der Regel bilden mehrere Drachenköpfe das Ohr, an welchem sie sehr niedrig aufgehängt werden, und zwar unter einem Balkengerüst und Dach im Tempelhofe. Sie haben keine Klöppel, sondern werden von aussen durch einen an zwei Seilen wagrecht auf- gehängten und schwingenden Balken angeschlagen, an einer Stelle, welche zu dem Zweck im Guss scheibenartig erhöht wurde. Ueberraschen diese zum Theil schon sehr alten Tsuri-gane durch ihren vorzüglichen Guss und ihre Grösse, so vermögen 16 kleinere Glöckchen (Kane) in einem Nebengebäude des Tempelgrundes von Nikkô nicht minder unser Erstaunen zu erwecken. Dieselben stimmen äusserlich in Gestalt und Grösse völlig überein, geben aber beim Anschlagen deutlich und höchst klangvoll sämmtliche Töne zweier Octaven an. Spiegel, japanisch Kagami, werden in den Ländern des chi- nesischen Culturkreises in Ermangelung geeigneten Glases von alten Zeiten her in der Regel aus Bronze gegossen, dabei auf der Rück- seite mit Reliefverzierungen, wie mythologischen Personen, Vögeln, Blumen, Wappen und Denksprüchen versehen, nach dem Guss auf der Vorderseite bis auf 0,5—2,5 mm Dicke abgeschliffen und hier endlich mit einem Amalgam überzogen, welches aus 1—2 Teilen Zinn und einem Teil Quecksilber zusammengesetzt ist. Diese Metallspiegel sind in der Regel kreisförmig mit 15,5—16 cm Durchmesser. Auf einer Seite befindet sich ein stabförmiger Griff, mit dem man sie anfasst und befestigt. Es war den Chinesen schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, dass einzelne dieser Spiegel, wenn sie das Sonnenlicht auf eine Wand reflectierten, dabei zugleich die erhabenen Figuren auf ihrer Rückseite mehr oder weniger deutlich abspiegelten. Solche Spiegel findet man auch in Japan. Die erwähnte Eigen- schaft war längst durch Zufall von japanischen Damen beobachtet

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/583>, abgerufen am 22.11.2024.