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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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7. Metallindustrie.
in auffälliger Weise die Nachbildung des Elefantenrüssels. Die in
vielen Fällen recht geschmackvolle Verzierung ist sehr einfach, meist
im Flachrelief ausgeführt, vornehmlich durch Ciselierung und Gravie-
rung. Als vorherrschende Motive finden wir Arabesken und die
Elemente des Mäander in mancherlei Combinationen; auch Wolken und
Wellen kommen vor, ferner kleine Landschaften. Die Hauptwirkung
wird durch geeignete Abwechselung und symmetrische Anordnung er-
reicht. Tauschierung und Email fehlen vollständig. *)

Eine zweite Geschmacksrichtung ging ebenfalls von China aus,
wurde in Japan während der letzten hundert Jahre herrschend und
ragt noch in die Jetztzeit hinein. Dieselbe unterscheidet sich von der
ersten nicht sowohl in der Legierung und Gestalt der Vasen, als viel-
mehr in ihrer Ausstattung. Es ist durch Guss und Ciselierung erzieltes
Hochrelief, mit welchem die Vasen nicht selten in wildem Durch-
einander überwuchert und überladen sind, etwa wie manche unserer
Porzellanvasen durch die aufgesetzten modellierten Blumen, welche
einzeln betrachtet oft grosses künstlerisches Geschick verrathen und
für sich auf einem geeigneten dunkeln Hintergrunde sich prächtig ab-
heben würden, die aber so durch die Ueberfüllung verwirren und
Charakter und Gestalt der Vase selbst gar nicht zur Geltung kommen
lassen.

Die neueste Zeit, deren Anfänge nicht weit hinter die Erschlies-
sung des Landes durch Perry zurückgehen, weist in der japanischen
Bronzeindustrie unverkennbar grosse Fortschritte auf. Dieselben zeigen
sich vornehmlich in der geschmackvollen Anordnung der Farben und
in einem besseren Gefühl für das richtige Maass der Verzierung. Die
hohen Reliefverzierungen treten mehr zurück, zur Ciselierung und Gra-
vierung gesellt sich in wirksamer Weise das Tauschieren und In-
crustieren. Diese Arbeiten auf dunkler, bleihaltiger Bronze gingen
von den Nachbarstädten Kanazawa und Takaoka in Kaga und Echiu
aus, werden jetzt aber auch in Tokio viel gemacht. Kioto, die alte

*) Die hier angegebenen Charaktere der alten japanischen Bronzevasen stim-
men mit den chinesischen aus dem Mittelalter überein. Ich besitze eine solche
aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist nur 18,5 cm hoch, hat im allgemeinen eine vier-
seitig prismatische Gestalt mit einem Rechteck als Querschnitt, erweitert sich von
der Mitte aus nach oben, mehr noch nach unten, ist hier mit abgerundeten Kanten
versehen und endet in einen schmalen Fuss. Elefantenrüssel als Henkel um-
spannen 2/3 der Schmalseiten von oben nach unten. Die Decoration besteht aus
zweierlei Mäanderfiguren, die durch ein glattes Band an der schmalsten Stelle
geschieden sind. Die Inschrift auf derselben lautet im Sinico-Japanischen: "Dai-
Min-Sen-Tok-Nen-Sei", d. h. Verfertigt in der Sen-tok-Periode (1426--1435 n. Chr.)
der grossen Ming-Dynastie.
Rein, Japan. II. 34

7. Metallindustrie.
in auffälliger Weise die Nachbildung des Elefantenrüssels. Die in
vielen Fällen recht geschmackvolle Verzierung ist sehr einfach, meist
im Flachrelief ausgeführt, vornehmlich durch Ciselierung und Gravie-
rung. Als vorherrschende Motive finden wir Arabesken und die
Elemente des Mäander in mancherlei Combinationen; auch Wolken und
Wellen kommen vor, ferner kleine Landschaften. Die Hauptwirkung
wird durch geeignete Abwechselung und symmetrische Anordnung er-
reicht. Tauschierung und Email fehlen vollständig. *)

Eine zweite Geschmacksrichtung ging ebenfalls von China aus,
wurde in Japan während der letzten hundert Jahre herrschend und
ragt noch in die Jetztzeit hinein. Dieselbe unterscheidet sich von der
ersten nicht sowohl in der Legierung und Gestalt der Vasen, als viel-
mehr in ihrer Ausstattung. Es ist durch Guss und Ciselierung erzieltes
Hochrelief, mit welchem die Vasen nicht selten in wildem Durch-
einander überwuchert und überladen sind, etwa wie manche unserer
Porzellanvasen durch die aufgesetzten modellierten Blumen, welche
einzeln betrachtet oft grosses künstlerisches Geschick verrathen und
für sich auf einem geeigneten dunkeln Hintergrunde sich prächtig ab-
heben würden, die aber so durch die Ueberfüllung verwirren und
Charakter und Gestalt der Vase selbst gar nicht zur Geltung kommen
lassen.

Die neueste Zeit, deren Anfänge nicht weit hinter die Erschlies-
sung des Landes durch Perry zurückgehen, weist in der japanischen
Bronzeindustrie unverkennbar grosse Fortschritte auf. Dieselben zeigen
sich vornehmlich in der geschmackvollen Anordnung der Farben und
in einem besseren Gefühl für das richtige Maass der Verzierung. Die
hohen Reliefverzierungen treten mehr zurück, zur Ciselierung und Gra-
vierung gesellt sich in wirksamer Weise das Tauschieren und In-
crustieren. Diese Arbeiten auf dunkler, bleihaltiger Bronze gingen
von den Nachbarstädten Kanazawa und Takaoka in Kaga und Echiu
aus, werden jetzt aber auch in Tôkio viel gemacht. Kiôto, die alte

*) Die hier angegebenen Charaktere der alten japanischen Bronzevasen stim-
men mit den chinesischen aus dem Mittelalter überein. Ich besitze eine solche
aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist nur 18,5 cm hoch, hat im allgemeinen eine vier-
seitig prismatische Gestalt mit einem Rechteck als Querschnitt, erweitert sich von
der Mitte aus nach oben, mehr noch nach unten, ist hier mit abgerundeten Kanten
versehen und endet in einen schmalen Fuss. Elefantenrüssel als Henkel um-
spannen ⅔ der Schmalseiten von oben nach unten. Die Decoration besteht aus
zweierlei Mäanderfiguren, die durch ein glattes Band an der schmalsten Stelle
geschieden sind. Die Inschrift auf derselben lautet im Sinico-Japanischen: »Dai-
Min-Sen-Tok-Nen-Sei«, d. h. Verfertigt in der Sen-tok-Periode (1426—1435 n. Chr.)
der grossen Ming-Dynastie.
Rein, Japan. II. 34
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[529/0579] 7. Metallindustrie. in auffälliger Weise die Nachbildung des Elefantenrüssels. Die in vielen Fällen recht geschmackvolle Verzierung ist sehr einfach, meist im Flachrelief ausgeführt, vornehmlich durch Ciselierung und Gravie- rung. Als vorherrschende Motive finden wir Arabesken und die Elemente des Mäander in mancherlei Combinationen; auch Wolken und Wellen kommen vor, ferner kleine Landschaften. Die Hauptwirkung wird durch geeignete Abwechselung und symmetrische Anordnung er- reicht. Tauschierung und Email fehlen vollständig. *) Eine zweite Geschmacksrichtung ging ebenfalls von China aus, wurde in Japan während der letzten hundert Jahre herrschend und ragt noch in die Jetztzeit hinein. Dieselbe unterscheidet sich von der ersten nicht sowohl in der Legierung und Gestalt der Vasen, als viel- mehr in ihrer Ausstattung. Es ist durch Guss und Ciselierung erzieltes Hochrelief, mit welchem die Vasen nicht selten in wildem Durch- einander überwuchert und überladen sind, etwa wie manche unserer Porzellanvasen durch die aufgesetzten modellierten Blumen, welche einzeln betrachtet oft grosses künstlerisches Geschick verrathen und für sich auf einem geeigneten dunkeln Hintergrunde sich prächtig ab- heben würden, die aber so durch die Ueberfüllung verwirren und Charakter und Gestalt der Vase selbst gar nicht zur Geltung kommen lassen. Die neueste Zeit, deren Anfänge nicht weit hinter die Erschlies- sung des Landes durch Perry zurückgehen, weist in der japanischen Bronzeindustrie unverkennbar grosse Fortschritte auf. Dieselben zeigen sich vornehmlich in der geschmackvollen Anordnung der Farben und in einem besseren Gefühl für das richtige Maass der Verzierung. Die hohen Reliefverzierungen treten mehr zurück, zur Ciselierung und Gra- vierung gesellt sich in wirksamer Weise das Tauschieren und In- crustieren. Diese Arbeiten auf dunkler, bleihaltiger Bronze gingen von den Nachbarstädten Kanazawa und Takaoka in Kaga und Echiu aus, werden jetzt aber auch in Tôkio viel gemacht. Kiôto, die alte *) Die hier angegebenen Charaktere der alten japanischen Bronzevasen stim- men mit den chinesischen aus dem Mittelalter überein. Ich besitze eine solche aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist nur 18,5 cm hoch, hat im allgemeinen eine vier- seitig prismatische Gestalt mit einem Rechteck als Querschnitt, erweitert sich von der Mitte aus nach oben, mehr noch nach unten, ist hier mit abgerundeten Kanten versehen und endet in einen schmalen Fuss. Elefantenrüssel als Henkel um- spannen ⅔ der Schmalseiten von oben nach unten. Die Decoration besteht aus zweierlei Mäanderfiguren, die durch ein glattes Band an der schmalsten Stelle geschieden sind. Die Inschrift auf derselben lautet im Sinico-Japanischen: »Dai- Min-Sen-Tok-Nen-Sei«, d. h. Verfertigt in der Sen-tok-Periode (1426—1435 n. Chr.) der grossen Ming-Dynastie. Rein, Japan. II. 34

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/579>, abgerufen am 25.11.2024.