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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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4. Textilindustrie.
echten Gold- und Silberpapiere werden mittelst einer Maschine in
schmale Streifen geschnitten, die Kin-shi und Gin-shi, d. h. Gold-
und Silberfäden, mit denen man Seiden- oder Baumwollfäden umspinnt.
Selbstverständlich wendet man bei werthvollem Brocat stets echtes Blatt-
gold, resp. Blattsilber an. Bei diesem Umspinnen läuft der Faden von
einem kleinen Haspel zu einer hängenden Spindel über ein Stativ.
Der Streifen Gold- oder Silberpapier wird mit der Papierseite an einem
Ende gegen den Faden gehalten und die Spindel in rotierende Be-
wegung gesetzt, wobei sich der schmale Streifen um den Faden dreht
und fest anlegt. Ist dies geschehen, so reiht man einen zweiten
Streifen Goldpapier an und verfährt eben so, und so fort.*)

Tsudzu-re-no-nishiki, d. h. stückweise Brocat-Arbeit. Unter
diesem Namen stellte im Jahre 1875 Yasuda Mosaburo in Kioto
eine Art Brocat nach einem eigenthümlichen Verfahren dar. Kette und
Einschlag bestanden aus starken, gezwirnten Seidenfäden und Gold-
papierfäden. Dabei fehlte den Webstühlen die Lade; es fand desshalb
kein eigentliches Anschlagen statt, die Querfäden wurden vielmehr
mit den Fingern eingelegt und mit Hülfe eines Kammes aus freier Hand
beigeschoben, wie dies in alter Zeit allgemein geschah. Das auf Papier
vorgezeichnete Muster lag unter der Kette. Die gefärbten Schussfäden
werden danach gewählt, gehen nicht durch die ganze Bahn, sondern
nur soweit, als man ihrer für die betreffende Figur bedarf, während
daneben liegende Teile mit andern Farben später oder früher ausge-
füllt werden. Auf diese Weise wurden schöne Tischdecken, auch
Fukusa, d. h. Gewebe zum Einhüllen und Bedecken, z. B. von Ge-
schenken, feinen Lackwaaren und anderen Gegenständen dargestellt,
ferner Stoffe für Täschchen, insbesondere die Tabako-ire zum Aufbe-
wahren des geschnittenen Tabaks. Ihr Werth und Preis steht echten
Brocatgeweben natürlich weit nach. --

Hier ist auch noch des Yuzen-some zu gedenken, einer eigen-
thümlichen Kunst, welche Hata Zenshiki und Andere in Kioto
betreiben, und die darin besteht, die Muster auf das fertige Seiden-

*) Interessierte erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass das
Königliche Kunstgewerbemuseum in Berlin nicht blos Proben verschiedener Bro-
cate, sondern auch die hier erwähnten Papiermetallfäden aufweist. Die Samm-
lung enthält: Hon-kin-gami, echtes Goldpapier, und Usu-kin-gami, dünnes
Goldpapier, Shari-gin-gami, Zinn-Silberpapier, Shari-kin-gami, Zinn-
Goldpapier, sowie dasselbe mit grünlichem Schein, ferner Hon-kin-shi, wirk-
lichen Goldpapierfaden über Seide, Iro-hon-kin-shi, Gold-Silberfaden auf Seide,
Iro-kin-shi, Stanniolgold auf Baumwolle, Kiri-kin-shi, geschnittene Zinn-
Goldpapierstreifen, und andere Proben.

4. Textilindustrie.
echten Gold- und Silberpapiere werden mittelst einer Maschine in
schmale Streifen geschnitten, die Kin-shi und Gin-shi, d. h. Gold-
und Silberfäden, mit denen man Seiden- oder Baumwollfäden umspinnt.
Selbstverständlich wendet man bei werthvollem Brocat stets echtes Blatt-
gold, resp. Blattsilber an. Bei diesem Umspinnen läuft der Faden von
einem kleinen Haspel zu einer hängenden Spindel über ein Stativ.
Der Streifen Gold- oder Silberpapier wird mit der Papierseite an einem
Ende gegen den Faden gehalten und die Spindel in rotierende Be-
wegung gesetzt, wobei sich der schmale Streifen um den Faden dreht
und fest anlegt. Ist dies geschehen, so reiht man einen zweiten
Streifen Goldpapier an und verfährt eben so, und so fort.*)

Tsudzu-re-no-nishiki, d. h. stückweise Brocat-Arbeit. Unter
diesem Namen stellte im Jahre 1875 Yasuda Mosaburo in Kiôto
eine Art Brocat nach einem eigenthümlichen Verfahren dar. Kette und
Einschlag bestanden aus starken, gezwirnten Seidenfäden und Gold-
papierfäden. Dabei fehlte den Webstühlen die Lade; es fand desshalb
kein eigentliches Anschlagen statt, die Querfäden wurden vielmehr
mit den Fingern eingelegt und mit Hülfe eines Kammes aus freier Hand
beigeschoben, wie dies in alter Zeit allgemein geschah. Das auf Papier
vorgezeichnete Muster lag unter der Kette. Die gefärbten Schussfäden
werden danach gewählt, gehen nicht durch die ganze Bahn, sondern
nur soweit, als man ihrer für die betreffende Figur bedarf, während
daneben liegende Teile mit andern Farben später oder früher ausge-
füllt werden. Auf diese Weise wurden schöne Tischdecken, auch
Fukusa, d. h. Gewebe zum Einhüllen und Bedecken, z. B. von Ge-
schenken, feinen Lackwaaren und anderen Gegenständen dargestellt,
ferner Stoffe für Täschchen, insbesondere die Tabako-ire zum Aufbe-
wahren des geschnittenen Tabaks. Ihr Werth und Preis steht echten
Brocatgeweben natürlich weit nach. —

Hier ist auch noch des Yuzen-some zu gedenken, einer eigen-
thümlichen Kunst, welche Hata Zenshiki und Andere in Kiôto
betreiben, und die darin besteht, die Muster auf das fertige Seiden-

*) Interessierte erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass das
Königliche Kunstgewerbemuseum in Berlin nicht blos Proben verschiedener Bro-
cate, sondern auch die hier erwähnten Papiermetallfäden aufweist. Die Samm-
lung enthält: Hon-kin-gami, echtes Goldpapier, und Usu-kin-gami, dünnes
Goldpapier, Shari-gin-gami, Zinn-Silberpapier, Shari-kin-gami, Zinn-
Goldpapier, sowie dasselbe mit grünlichem Schein, ferner Hon-kin-shi, wirk-
lichen Goldpapierfaden über Seide, Iro-hon-kin-shi, Gold-Silberfaden auf Seide,
Iro-kin-shi, Stanniolgold auf Baumwolle, Kiri-kin-shi, geschnittene Zinn-
Goldpapierstreifen, und andere Proben.
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[461/0493] 4. Textilindustrie. echten Gold- und Silberpapiere werden mittelst einer Maschine in schmale Streifen geschnitten, die Kin-shi und Gin-shi, d. h. Gold- und Silberfäden, mit denen man Seiden- oder Baumwollfäden umspinnt. Selbstverständlich wendet man bei werthvollem Brocat stets echtes Blatt- gold, resp. Blattsilber an. Bei diesem Umspinnen läuft der Faden von einem kleinen Haspel zu einer hängenden Spindel über ein Stativ. Der Streifen Gold- oder Silberpapier wird mit der Papierseite an einem Ende gegen den Faden gehalten und die Spindel in rotierende Be- wegung gesetzt, wobei sich der schmale Streifen um den Faden dreht und fest anlegt. Ist dies geschehen, so reiht man einen zweiten Streifen Goldpapier an und verfährt eben so, und so fort. *) Tsudzu-re-no-nishiki, d. h. stückweise Brocat-Arbeit. Unter diesem Namen stellte im Jahre 1875 Yasuda Mosaburo in Kiôto eine Art Brocat nach einem eigenthümlichen Verfahren dar. Kette und Einschlag bestanden aus starken, gezwirnten Seidenfäden und Gold- papierfäden. Dabei fehlte den Webstühlen die Lade; es fand desshalb kein eigentliches Anschlagen statt, die Querfäden wurden vielmehr mit den Fingern eingelegt und mit Hülfe eines Kammes aus freier Hand beigeschoben, wie dies in alter Zeit allgemein geschah. Das auf Papier vorgezeichnete Muster lag unter der Kette. Die gefärbten Schussfäden werden danach gewählt, gehen nicht durch die ganze Bahn, sondern nur soweit, als man ihrer für die betreffende Figur bedarf, während daneben liegende Teile mit andern Farben später oder früher ausge- füllt werden. Auf diese Weise wurden schöne Tischdecken, auch Fukusa, d. h. Gewebe zum Einhüllen und Bedecken, z. B. von Ge- schenken, feinen Lackwaaren und anderen Gegenständen dargestellt, ferner Stoffe für Täschchen, insbesondere die Tabako-ire zum Aufbe- wahren des geschnittenen Tabaks. Ihr Werth und Preis steht echten Brocatgeweben natürlich weit nach. — Hier ist auch noch des Yuzen-some zu gedenken, einer eigen- thümlichen Kunst, welche Hata Zenshiki und Andere in Kiôto betreiben, und die darin besteht, die Muster auf das fertige Seiden- *) Interessierte erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass das Königliche Kunstgewerbemuseum in Berlin nicht blos Proben verschiedener Bro- cate, sondern auch die hier erwähnten Papiermetallfäden aufweist. Die Samm- lung enthält: Hon-kin-gami, echtes Goldpapier, und Usu-kin-gami, dünnes Goldpapier, Shari-gin-gami, Zinn-Silberpapier, Shari-kin-gami, Zinn- Goldpapier, sowie dasselbe mit grünlichem Schein, ferner Hon-kin-shi, wirk- lichen Goldpapierfaden über Seide, Iro-hon-kin-shi, Gold-Silberfaden auf Seide, Iro-kin-shi, Stanniolgold auf Baumwolle, Kiri-kin-shi, geschnittene Zinn- Goldpapierstreifen, und andere Proben.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/493>, abgerufen am 25.11.2024.