mehr dem rationellen Garten- und Gemüsebau in der Nähe unserer grossen Städte vergleichbar. Japan besitzt alle Bedingungen für die geeignete Durchführung einer solchen Betriebsweise, nämlich Ver- theilung des Culturlandes unter viele kleine Besitzer, reiche Be- wässerung durch Niederschläge und Canäle, und vor allen Dingen zahlreiche willige und billige Arbeitskräfte, wozu auch die Frauen und Kinder zu rechnen sind.
Durch diese vielen, dem Bauer in Japan zur Verfügung stehenden Hände mit einem hohen Maass von Arbeitsamkeit und Geschick, wird es ihm möglich, sein wenig umfangreiches Besitzthum stets locker und von Unkraut frei zu halten, sowie seine verschiedenartigen Dung- stoffe in rationeller Weise anzuwenden, so dass von denselben möglichst viel zur Wirkung kommt. Dieser Betrieb der Landwirth- schaft bringt es natürlich nie zur Massenproduktion, wie der exten- sive Raubbau.
Kämpfer und Thunberg, wie nicht minder verschiedene neuere Reisende in Japan haben die irrige Meinung verbreitet, als ob die Terrassierung des Bodens eine viel grössere Ausdehnung, wie irgend wo in Europa erlangt habe und hoch an den Bergabhängen hinauf- ragte. Zu diesem Irrthum konnte die Umgebung von Nagasaki und der Omura-Bucht leicht Anlass geben. Die Basalt- und Trachytge- steine dieser Gegenden mit ihrer starken Verwitterung und sphärischen Abschalung dabei liefern einen so fruchtbaren Boden, dass die ziemlich mühsame Anlage und Cultur von Terrassen durch reiche Ernten belohnt wird. Ganz anders liegt dagegen die Sache in vulkanischen Gebieten mit Bimssteinasche oder in Schiefergebirgen. Hier steigen nur aus- nahmsweise Terrassen an den Thalwänden höher empor, weil der wenig fruchtbare Boden nur magere Ernten liefert. Auch nehmen gen Norden die Terrassenanlagen überhaupt mehr und mehr ab. Nirgends aber überbieten, ja erreichen sie an Ausdehnung, systema- tischer Durchführung und den dabei überwundenen Schwierigkeiten diejenigen, welche unsere Winzer am Rhein und in verschiedenen seiner Seitenthäler, wie z. B. an der Mosel und im Ahrthale oberhalb Walporz- heim, durchgeführt haben.
Die Terrassierung des Bodens erfolgt in Japan wie auch ander- wärts in erster Linie, um zu verhüten, dass die Ackerkrume steilerer Bergabhänge durch heftige Regengüsse weggespült werde, dann aber auch, um eine leichtere Bebauung und Bewässerung zu ermöglichen. Da nun letztere für den Reisbau unumgänglich nöthig, aber nur auf horizontalem Felde durchführbar ist, so werden für ihn Terrassen selbst da angelegt, wo die natürliche Neigung des Bodens so gering ist, dass
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
mehr dem rationellen Garten- und Gemüsebau in der Nähe unserer grossen Städte vergleichbar. Japan besitzt alle Bedingungen für die geeignete Durchführung einer solchen Betriebsweise, nämlich Ver- theilung des Culturlandes unter viele kleine Besitzer, reiche Be- wässerung durch Niederschläge und Canäle, und vor allen Dingen zahlreiche willige und billige Arbeitskräfte, wozu auch die Frauen und Kinder zu rechnen sind.
Durch diese vielen, dem Bauer in Japan zur Verfügung stehenden Hände mit einem hohen Maass von Arbeitsamkeit und Geschick, wird es ihm möglich, sein wenig umfangreiches Besitzthum stets locker und von Unkraut frei zu halten, sowie seine verschiedenartigen Dung- stoffe in rationeller Weise anzuwenden, so dass von denselben möglichst viel zur Wirkung kommt. Dieser Betrieb der Landwirth- schaft bringt es natürlich nie zur Massenproduktion, wie der exten- sive Raubbau.
Kämpfer und Thunberg, wie nicht minder verschiedene neuere Reisende in Japan haben die irrige Meinung verbreitet, als ob die Terrassierung des Bodens eine viel grössere Ausdehnung, wie irgend wo in Europa erlangt habe und hoch an den Bergabhängen hinauf- ragte. Zu diesem Irrthum konnte die Umgebung von Nagasáki und der Ômura-Bucht leicht Anlass geben. Die Basalt- und Trachytge- steine dieser Gegenden mit ihrer starken Verwitterung und sphärischen Abschalung dabei liefern einen so fruchtbaren Boden, dass die ziemlich mühsame Anlage und Cultur von Terrassen durch reiche Ernten belohnt wird. Ganz anders liegt dagegen die Sache in vulkanischen Gebieten mit Bimssteinasche oder in Schiefergebirgen. Hier steigen nur aus- nahmsweise Terrassen an den Thalwänden höher empor, weil der wenig fruchtbare Boden nur magere Ernten liefert. Auch nehmen gen Norden die Terrassenanlagen überhaupt mehr und mehr ab. Nirgends aber überbieten, ja erreichen sie an Ausdehnung, systema- tischer Durchführung und den dabei überwundenen Schwierigkeiten diejenigen, welche unsere Winzer am Rhein und in verschiedenen seiner Seitenthäler, wie z. B. an der Mosel und im Ahrthale oberhalb Walporz- heim, durchgeführt haben.
Die Terrassierung des Bodens erfolgt in Japan wie auch ander- wärts in erster Linie, um zu verhüten, dass die Ackerkrume steilerer Bergabhänge durch heftige Regengüsse weggespült werde, dann aber auch, um eine leichtere Bebauung und Bewässerung zu ermöglichen. Da nun letztere für den Reisbau unumgänglich nöthig, aber nur auf horizontalem Felde durchführbar ist, so werden für ihn Terrassen selbst da angelegt, wo die natürliche Neigung des Bodens so gering ist, dass
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1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
mehr dem rationellen Garten- und Gemüsebau in der Nähe unserer
grossen Städte vergleichbar. Japan besitzt alle Bedingungen für die
geeignete Durchführung einer solchen Betriebsweise, nämlich Ver-
theilung des Culturlandes unter viele kleine Besitzer, reiche Be-
wässerung durch Niederschläge und Canäle, und vor allen Dingen
zahlreiche willige und billige Arbeitskräfte, wozu auch die Frauen und
Kinder zu rechnen sind.
Durch diese vielen, dem Bauer in Japan zur Verfügung stehenden
Hände mit einem hohen Maass von Arbeitsamkeit und Geschick, wird
es ihm möglich, sein wenig umfangreiches Besitzthum stets locker und
von Unkraut frei zu halten, sowie seine verschiedenartigen Dung-
stoffe in rationeller Weise anzuwenden, so dass von denselben
möglichst viel zur Wirkung kommt. Dieser Betrieb der Landwirth-
schaft bringt es natürlich nie zur Massenproduktion, wie der exten-
sive Raubbau.
Kämpfer und Thunberg, wie nicht minder verschiedene neuere
Reisende in Japan haben die irrige Meinung verbreitet, als ob die
Terrassierung des Bodens eine viel grössere Ausdehnung, wie irgend
wo in Europa erlangt habe und hoch an den Bergabhängen hinauf-
ragte. Zu diesem Irrthum konnte die Umgebung von Nagasáki und
der Ômura-Bucht leicht Anlass geben. Die Basalt- und Trachytge-
steine dieser Gegenden mit ihrer starken Verwitterung und sphärischen
Abschalung dabei liefern einen so fruchtbaren Boden, dass die ziemlich
mühsame Anlage und Cultur von Terrassen durch reiche Ernten belohnt
wird. Ganz anders liegt dagegen die Sache in vulkanischen Gebieten
mit Bimssteinasche oder in Schiefergebirgen. Hier steigen nur aus-
nahmsweise Terrassen an den Thalwänden höher empor, weil der
wenig fruchtbare Boden nur magere Ernten liefert. Auch nehmen
gen Norden die Terrassenanlagen überhaupt mehr und mehr ab.
Nirgends aber überbieten, ja erreichen sie an Ausdehnung, systema-
tischer Durchführung und den dabei überwundenen Schwierigkeiten
diejenigen, welche unsere Winzer am Rhein und in verschiedenen seiner
Seitenthäler, wie z. B. an der Mosel und im Ahrthale oberhalb Walporz-
heim, durchgeführt haben.
Die Terrassierung des Bodens erfolgt in Japan wie auch ander-
wärts in erster Linie, um zu verhüten, dass die Ackerkrume steilerer
Bergabhänge durch heftige Regengüsse weggespült werde, dann aber
auch, um eine leichtere Bebauung und Bewässerung zu ermöglichen.
Da nun letztere für den Reisbau unumgänglich nöthig, aber nur auf
horizontalem Felde durchführbar ist, so werden für ihn Terrassen selbst
da angelegt, wo die natürliche Neigung des Bodens so gering ist, dass
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/43>, abgerufen am 24.11.2024.
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