"Quam quisque norit artem in hac se exerceat". Cic. Tusc. I. 18, 41.
1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Neubelebung des europäischen Kunstgewerbes. Wachsendes Interesse für die Er- zeugnisse des chinesischen und japanischen. China Lehrmeister und Vorbild Japans. Charakteristische Züge des japanischen Kunsthandwerks und seiner Pro- ducte. Förderungsmittel und Blüthezeit desselben. Sein Einfluss auf dasjenige des christlichen Abendlandes.
Eine der hervorragendsten und nachhaltigsten Wirkungen, welche man den grossen internationalen Kunst- und Gewerbe-Ausstellungen der letzten drei Jahrzehnte nachrühmen kann, ist unstreitig ihr Ein- fluss auf die Neubelebung des Interesses für das Kunstgewerbe. Wie die erste Idee zu jenen grossen Weltausstellungen von England aus- ging, so haben sich auch Sinn und Verständniss für die hohen Auf- gaben der Kunstindustrie von dort aus über die christlichen Cultur- staaten des Abendlandes rasch verbreitet. In Schulen und Museen, durch Wort und Bild suchte man seitdem das vielfach gesunkene und entartete Kunsthandwerk wieder neu zu beleben, das Gefühl für das wahrhaft Schöne seiner Erzeugnisse in der Industrie zu wecken oder, wie man sich auch ausdrückt, den Geschmack zu veredeln und da- durch Gewerbe und Industrie zu fördern.
Vor allem galt es Ebenmaass und Harmonie zu schaffen und zu pflegen, zwei, wie für jede Kunst, so auch für das Kunstgewerbe sehr wichtige und weitragende Begriffe, die alles umfassen, was Gestalt und Ausschmückung bieten müssen, um unserm idealen Schönheits- begriff zu entsprechen, den Platon so hoch stellt, dass er ihm gött- lichen Ursprung beimisst.
III. Kunstgewerbe und verwandte Industriezweige.
»Quam quisque norit artem in hac se exerceat«. Cic. Tusc. I. 18, 41.
1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Neubelebung des europäischen Kunstgewerbes. Wachsendes Interesse für die Er- zeugnisse des chinesischen und japanischen. China Lehrmeister und Vorbild Japans. Charakteristische Züge des japanischen Kunsthandwerks und seiner Pro- ducte. Förderungsmittel und Blüthezeit desselben. Sein Einfluss auf dasjenige des christlichen Abendlandes.
Eine der hervorragendsten und nachhaltigsten Wirkungen, welche man den grossen internationalen Kunst- und Gewerbe-Ausstellungen der letzten drei Jahrzehnte nachrühmen kann, ist unstreitig ihr Ein- fluss auf die Neubelebung des Interesses für das Kunstgewerbe. Wie die erste Idee zu jenen grossen Weltausstellungen von England aus- ging, so haben sich auch Sinn und Verständniss für die hohen Auf- gaben der Kunstindustrie von dort aus über die christlichen Cultur- staaten des Abendlandes rasch verbreitet. In Schulen und Museen, durch Wort und Bild suchte man seitdem das vielfach gesunkene und entartete Kunsthandwerk wieder neu zu beleben, das Gefühl für das wahrhaft Schöne seiner Erzeugnisse in der Industrie zu wecken oder, wie man sich auch ausdrückt, den Geschmack zu veredeln und da- durch Gewerbe und Industrie zu fördern.
Vor allem galt es Ebenmaass und Harmonie zu schaffen und zu pflegen, zwei, wie für jede Kunst, so auch für das Kunstgewerbe sehr wichtige und weitragende Begriffe, die alles umfassen, was Gestalt und Ausschmückung bieten müssen, um unserm idealen Schönheits- begriff zu entsprechen, den Platon so hoch stellt, dass er ihm gött- lichen Ursprung beimisst.
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III.
Kunstgewerbe und verwandte Industriezweige.
»Quam quisque norit artem in hac se exerceat«.
Cic. Tusc. I. 18, 41.
1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Neubelebung des europäischen Kunstgewerbes. Wachsendes Interesse für die Er-
zeugnisse des chinesischen und japanischen. China Lehrmeister und Vorbild
Japans. Charakteristische Züge des japanischen Kunsthandwerks und seiner Pro-
ducte. Förderungsmittel und Blüthezeit desselben. Sein Einfluss auf dasjenige
des christlichen Abendlandes.
Eine der hervorragendsten und nachhaltigsten Wirkungen, welche
man den grossen internationalen Kunst- und Gewerbe-Ausstellungen
der letzten drei Jahrzehnte nachrühmen kann, ist unstreitig ihr Ein-
fluss auf die Neubelebung des Interesses für das Kunstgewerbe. Wie
die erste Idee zu jenen grossen Weltausstellungen von England aus-
ging, so haben sich auch Sinn und Verständniss für die hohen Auf-
gaben der Kunstindustrie von dort aus über die christlichen Cultur-
staaten des Abendlandes rasch verbreitet. In Schulen und Museen,
durch Wort und Bild suchte man seitdem das vielfach gesunkene und
entartete Kunsthandwerk wieder neu zu beleben, das Gefühl für das
wahrhaft Schöne seiner Erzeugnisse in der Industrie zu wecken oder,
wie man sich auch ausdrückt, den Geschmack zu veredeln und da-
durch Gewerbe und Industrie zu fördern.
Vor allem galt es Ebenmaass und Harmonie zu schaffen und zu
pflegen, zwei, wie für jede Kunst, so auch für das Kunstgewerbe sehr
wichtige und weitragende Begriffe, die alles umfassen, was Gestalt
und Ausschmückung bieten müssen, um unserm idealen Schönheits-
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. [373]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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