Pyrus japonica Thunb., jap. Boke und Yama-boke. Schö- ner und ausdauernder in seinem Blüthenschmuck als Forsythia, zu- gleich viel härter und verbreiteter, erscheint dieser echt japanische, 2--3 m hohe Quittenstrauch als eine der ersten und grössten Zierden unserer Gärten. Seine grossen, feuerrothen Blüthen bedecken die sparrigen Aeste und entwickeln sich vor oder mit den Blättern. Ausser dieser ursprünglichen Form, die im mittleren Japan in Hainen und Buschwaldungen, wie bei uns im April zur Blüthe kommt (einen Mo- nat früher im Süden, später im Gebirge), gibt es bei uns verschiedene Spielarten mit hellfarbigeren Blüthen, die jedoch der ursprünglichen Form an Schönheit nachstehen. Der Strauch ist von bester Wirkung, wenn er freistehend sich allseitig entwickeln kann. Er wurde 1796 durch Sir Joseph Banks in England eingeführt und hat sich von hier aus weiter verbreitet. Die Häufigkeit des Vorkommens nimmt jedoch jenseits der Alpen und Pyrenäen rasch ab, obgleich er auch noch im Süden gut fortkommt und beispielsweise in verschiedenen parkartigen Gartenanlagen bei Malaga gegen Ende März ebenso schön und reich- lich blüht, wie bei uns und um Tokio einen Monat später.
Wistaria chinensis S. & Z. (Glycine chinensis Sims), jap. Fuji. Kaum ist im Frühjahr die Obstbaumblüthe vorbei, so er- scheinen mitten im wonnigen Mai und gleichzeitig mit der Blüthen- pracht der Syringa, Rosskastanie und Strauchpäonie die schönen blauen Blüthentrauben der Glycine. In den milderen Gegenden Deutschlands, zumal im Gebiet des Rhein und Main, hält die Wistaria den Winter vortrefflich im Freien aus, wird viel den Häusern hinan, sowie in Lauben gezogen und zeichnet sich wie allenthalben durch raschen Wuchs und die grosse Neigung zum Drehen ihrer schlanken Aeste von links nach rechts aus. Begegnen sich mehrere gleich starke Triebe, so drehen sie sich zu einem regelmässigen Seil, das mit zu- nehmendem Wachsthum unauflöslich wird.
Die Wistaria gedeiht auch vortrefflich in den Gärten der Mittel- meerregion. Oft schlingt sie sich hier um die Stämme anderer Zier- gehölze, z. B. von Shinus molle, und wenn sich im März und April ihr hellgrünes, junges Blattwerk mit dem dunkelgrünen Laube ihrer Stützen mischt und aus den Kronen der letzteren ihre zahlreichen Blü- thentrauben herabhängen, so ist der Anblick eigenartig und oft sehr schön. Die Pflanze entwickelt bei uns im Nachsommer häufig zum zweitenmal Blüthentrauben, doch in viel geringerer Zahl als im Frühjahr.
Der lateinische Beiname weist auf China als erste Bezugsquelle der Glycine hin. Sie ist jedoch in Japan, wie bereits früher hervor- gehoben wurde, nicht blos eine alte, beliebte Zierpflanze, sondern
I. Land- und Forstwirthschaft.
Pyrus japonica Thunb., jap. Boke und Yama-boke. Schö- ner und ausdauernder in seinem Blüthenschmuck als Forsythia, zu- gleich viel härter und verbreiteter, erscheint dieser echt japanische, 2—3 m hohe Quittenstrauch als eine der ersten und grössten Zierden unserer Gärten. Seine grossen, feuerrothen Blüthen bedecken die sparrigen Aeste und entwickeln sich vor oder mit den Blättern. Ausser dieser ursprünglichen Form, die im mittleren Japan in Hainen und Buschwaldungen, wie bei uns im April zur Blüthe kommt (einen Mo- nat früher im Süden, später im Gebirge), gibt es bei uns verschiedene Spielarten mit hellfarbigeren Blüthen, die jedoch der ursprünglichen Form an Schönheit nachstehen. Der Strauch ist von bester Wirkung, wenn er freistehend sich allseitig entwickeln kann. Er wurde 1796 durch Sir Joseph Banks in England eingeführt und hat sich von hier aus weiter verbreitet. Die Häufigkeit des Vorkommens nimmt jedoch jenseits der Alpen und Pyrenäen rasch ab, obgleich er auch noch im Süden gut fortkommt und beispielsweise in verschiedenen parkartigen Gartenanlagen bei Malaga gegen Ende März ebenso schön und reich- lich blüht, wie bei uns und um Tôkio einen Monat später.
Wistaria chinensis S. & Z. (Glycine chinensis Sims), jap. Fuji. Kaum ist im Frühjahr die Obstbaumblüthe vorbei, so er- scheinen mitten im wonnigen Mai und gleichzeitig mit der Blüthen- pracht der Syringa, Rosskastanie und Strauchpäonie die schönen blauen Blüthentrauben der Glycine. In den milderen Gegenden Deutschlands, zumal im Gebiet des Rhein und Main, hält die Wistaria den Winter vortrefflich im Freien aus, wird viel den Häusern hinan, sowie in Lauben gezogen und zeichnet sich wie allenthalben durch raschen Wuchs und die grosse Neigung zum Drehen ihrer schlanken Aeste von links nach rechts aus. Begegnen sich mehrere gleich starke Triebe, so drehen sie sich zu einem regelmässigen Seil, das mit zu- nehmendem Wachsthum unauflöslich wird.
Die Wistaria gedeiht auch vortrefflich in den Gärten der Mittel- meerregion. Oft schlingt sie sich hier um die Stämme anderer Zier- gehölze, z. B. von Shinus molle, und wenn sich im März und April ihr hellgrünes, junges Blattwerk mit dem dunkelgrünen Laube ihrer Stützen mischt und aus den Kronen der letzteren ihre zahlreichen Blü- thentrauben herabhängen, so ist der Anblick eigenartig und oft sehr schön. Die Pflanze entwickelt bei uns im Nachsommer häufig zum zweitenmal Blüthentrauben, doch in viel geringerer Zahl als im Frühjahr.
Der lateinische Beiname weist auf China als erste Bezugsquelle der Glycine hin. Sie ist jedoch in Japan, wie bereits früher hervor- gehoben wurde, nicht blos eine alte, beliebte Zierpflanze, sondern
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I. Land- und Forstwirthschaft.
Pyrus japonica Thunb., jap. Boke und Yama-boke. Schö-
ner und ausdauernder in seinem Blüthenschmuck als Forsythia, zu-
gleich viel härter und verbreiteter, erscheint dieser echt japanische,
2—3 m hohe Quittenstrauch als eine der ersten und grössten Zierden
unserer Gärten. Seine grossen, feuerrothen Blüthen bedecken die
sparrigen Aeste und entwickeln sich vor oder mit den Blättern. Ausser
dieser ursprünglichen Form, die im mittleren Japan in Hainen und
Buschwaldungen, wie bei uns im April zur Blüthe kommt (einen Mo-
nat früher im Süden, später im Gebirge), gibt es bei uns verschiedene
Spielarten mit hellfarbigeren Blüthen, die jedoch der ursprünglichen
Form an Schönheit nachstehen. Der Strauch ist von bester Wirkung,
wenn er freistehend sich allseitig entwickeln kann. Er wurde 1796
durch Sir Joseph Banks in England eingeführt und hat sich von hier
aus weiter verbreitet. Die Häufigkeit des Vorkommens nimmt jedoch
jenseits der Alpen und Pyrenäen rasch ab, obgleich er auch noch im
Süden gut fortkommt und beispielsweise in verschiedenen parkartigen
Gartenanlagen bei Malaga gegen Ende März ebenso schön und reich-
lich blüht, wie bei uns und um Tôkio einen Monat später.
Wistaria chinensis S. & Z. (Glycine chinensis Sims),
jap. Fuji. Kaum ist im Frühjahr die Obstbaumblüthe vorbei, so er-
scheinen mitten im wonnigen Mai und gleichzeitig mit der Blüthen-
pracht der Syringa, Rosskastanie und Strauchpäonie die schönen blauen
Blüthentrauben der Glycine. In den milderen Gegenden Deutschlands,
zumal im Gebiet des Rhein und Main, hält die Wistaria den Winter
vortrefflich im Freien aus, wird viel den Häusern hinan, sowie in
Lauben gezogen und zeichnet sich wie allenthalben durch raschen
Wuchs und die grosse Neigung zum Drehen ihrer schlanken Aeste
von links nach rechts aus. Begegnen sich mehrere gleich starke
Triebe, so drehen sie sich zu einem regelmässigen Seil, das mit zu-
nehmendem Wachsthum unauflöslich wird.
Die Wistaria gedeiht auch vortrefflich in den Gärten der Mittel-
meerregion. Oft schlingt sie sich hier um die Stämme anderer Zier-
gehölze, z. B. von Shinus molle, und wenn sich im März und April ihr
hellgrünes, junges Blattwerk mit dem dunkelgrünen Laube ihrer
Stützen mischt und aus den Kronen der letzteren ihre zahlreichen Blü-
thentrauben herabhängen, so ist der Anblick eigenartig und oft sehr
schön. Die Pflanze entwickelt bei uns im Nachsommer häufig zum
zweitenmal Blüthentrauben, doch in viel geringerer Zahl als im Frühjahr.
Der lateinische Beiname weist auf China als erste Bezugsquelle
der Glycine hin. Sie ist jedoch in Japan, wie bereits früher hervor-
gehoben wurde, nicht blos eine alte, beliebte Zierpflanze, sondern
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/358>, abgerufen am 25.11.2024.
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