so dass das kleine, blühende Reis wie ein selbständiges Bäumchen erscheint.
Panachierung. Mancher Leser dieser Zeilen wird sich gleich mir noch der Zeit erinnern, wo in unsern Gärten und öffentlichen An- lagen ausser dem bekannten Bandgrase (Phalaris arundinacea L. var. picta) nur wenige Gewächse zu finden waren, deren Blätter von der normalen grünen Färbung abwichen. Heutzutage gibt es viele Dutzende von Arten, welche die sogenannte Panachierung aufweisen, die bald in dieser, bald in jener Weise auftritt, in Form von weissen, gelben und braunen Flecken und Streifen auf dem sonst grünen Blattgrunde. Kein anderes Land hat nur annähernd eine so grosse Zahl derartiger Spielarten geliefert, wie Japan. Diese auffällige Neigung vieler seiner Zierpflanzen dauert auch bei uns fort und hat schon durch manche neue Art der Panachierung unsere Gärten bereichert. Siebold schreibt sie dem Einfluss der Nachtfröste zu, ohne diese Ansicht näher zu be- gründen. *)
Aus der grossen Zahl solcher japanischer Gewächse mit auffallen- der Panachierung nenne ich nur Kiefern, Wachholder, Retinisporen, Thujopsis, Podocarpus, Eurya, Laurus, Elaeagnus, Aucuba, Pittospo- rum, Aralia, Salisburia, Evonymus, Sciadopitys, Eulalia, Weigelia. Auf der Pariser Weltausstellung von 1878 überraschten die Japaner weiter durch panachierte Eriobotrya und Andromeda japonica.
Zierpflanzen sind gleich andern Liebhabereien der Mode unterwor- fen. Zu den Modeartikeln unserer heutigen Kunstgärtnerei gehört nun unstreitig auch die Gruppe der panachierten Blattpflanzen. In der Landschaftsgärtnerei müssen dieselben jedoch sparsam und mit Ge- schmack verwendet werden, sonst wird man ihrer leicht überdrüssig; denn viele derselben sind keineswegs schön und als wirkliche Be- reicherung zu betrachten. So war letzten Sommer im Park der Welt- ausstellung zu Antwerpen ein Beet mit Büschen von Evonymus japo- nicus zu sehen, von denen jeder neben vielen einfach grünen Blättern auch weiss- oder gelbgefleckte aufwies, wodurch die Gesammtwirkung auf Leute mit ausgebildeterem Schönheitssinn keineswegs so günstig war, wie die einer gleichen Gruppe ohne solche scheckige Beimischung entarteter Blätter.
*) "C'est surtout l'influence du froid, qui a produit les varietes nombreuses des plantes panachees de blanc et de jaune. C'est la gelee, qui, n'etant pas assez forte pour detrouire toute vegetation des plantes sus-tropicales, change le coloris de leur feuillage et meme de leurs tiges; c'est donc la gelee, qui couvre les feuilles de flocons d'une neige perpetuelle -- qui produit des plantes panachees." Sur l'etat de l'horticulture au Japon. pg. 2. Leide 1863.
7. Gartenbau.
so dass das kleine, blühende Reis wie ein selbständiges Bäumchen erscheint.
Panachierung. Mancher Leser dieser Zeilen wird sich gleich mir noch der Zeit erinnern, wo in unsern Gärten und öffentlichen An- lagen ausser dem bekannten Bandgrase (Phalaris arundinacea L. var. picta) nur wenige Gewächse zu finden waren, deren Blätter von der normalen grünen Färbung abwichen. Heutzutage gibt es viele Dutzende von Arten, welche die sogenannte Panachierung aufweisen, die bald in dieser, bald in jener Weise auftritt, in Form von weissen, gelben und braunen Flecken und Streifen auf dem sonst grünen Blattgrunde. Kein anderes Land hat nur annähernd eine so grosse Zahl derartiger Spielarten geliefert, wie Japan. Diese auffällige Neigung vieler seiner Zierpflanzen dauert auch bei uns fort und hat schon durch manche neue Art der Panachierung unsere Gärten bereichert. Siebold schreibt sie dem Einfluss der Nachtfröste zu, ohne diese Ansicht näher zu be- gründen. *)
Aus der grossen Zahl solcher japanischer Gewächse mit auffallen- der Panachierung nenne ich nur Kiefern, Wachholder, Retinisporen, Thujopsis, Podocarpus, Eurya, Laurus, Elaeagnus, Aucuba, Pittospo- rum, Aralia, Salisburia, Evonymus, Sciadopitys, Eulalia, Weigelia. Auf der Pariser Weltausstellung von 1878 überraschten die Japaner weiter durch panachierte Eriobotrya und Andromeda japonica.
Zierpflanzen sind gleich andern Liebhabereien der Mode unterwor- fen. Zu den Modeartikeln unserer heutigen Kunstgärtnerei gehört nun unstreitig auch die Gruppe der panachierten Blattpflanzen. In der Landschaftsgärtnerei müssen dieselben jedoch sparsam und mit Ge- schmack verwendet werden, sonst wird man ihrer leicht überdrüssig; denn viele derselben sind keineswegs schön und als wirkliche Be- reicherung zu betrachten. So war letzten Sommer im Park der Welt- ausstellung zu Antwerpen ein Beet mit Büschen von Evonymus japo- nicus zu sehen, von denen jeder neben vielen einfach grünen Blättern auch weiss- oder gelbgefleckte aufwies, wodurch die Gesammtwirkung auf Leute mit ausgebildeterem Schönheitssinn keineswegs so günstig war, wie die einer gleichen Gruppe ohne solche scheckige Beimischung entarteter Blätter.
*) »C’est surtout l’influence du froid, qui a produit les variétés nombreuses des plantes panachées de blanc et de jaune. C’est la gelée, qui, n’étant pas assez forte pour détrouire toute végétation des plantes sus-tropicales, change le coloris de leur feuillage et même de leurs tiges; c’est donc la gelée, qui couvre les feuilles de flocons d’une neige perpétuelle — qui produit des plantes panachées.« Sur l’état de l’horticulture au Japon. pg. 2. Leide 1863.
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7. Gartenbau.
so dass das kleine, blühende Reis wie ein selbständiges Bäumchen
erscheint.
Panachierung. Mancher Leser dieser Zeilen wird sich gleich
mir noch der Zeit erinnern, wo in unsern Gärten und öffentlichen An-
lagen ausser dem bekannten Bandgrase (Phalaris arundinacea L. var.
picta) nur wenige Gewächse zu finden waren, deren Blätter von der
normalen grünen Färbung abwichen. Heutzutage gibt es viele Dutzende
von Arten, welche die sogenannte Panachierung aufweisen, die bald
in dieser, bald in jener Weise auftritt, in Form von weissen, gelben
und braunen Flecken und Streifen auf dem sonst grünen Blattgrunde.
Kein anderes Land hat nur annähernd eine so grosse Zahl derartiger
Spielarten geliefert, wie Japan. Diese auffällige Neigung vieler seiner
Zierpflanzen dauert auch bei uns fort und hat schon durch manche
neue Art der Panachierung unsere Gärten bereichert. Siebold schreibt
sie dem Einfluss der Nachtfröste zu, ohne diese Ansicht näher zu be-
gründen. *)
Aus der grossen Zahl solcher japanischer Gewächse mit auffallen-
der Panachierung nenne ich nur Kiefern, Wachholder, Retinisporen,
Thujopsis, Podocarpus, Eurya, Laurus, Elaeagnus, Aucuba, Pittospo-
rum, Aralia, Salisburia, Evonymus, Sciadopitys, Eulalia, Weigelia. Auf
der Pariser Weltausstellung von 1878 überraschten die Japaner weiter
durch panachierte Eriobotrya und Andromeda japonica.
Zierpflanzen sind gleich andern Liebhabereien der Mode unterwor-
fen. Zu den Modeartikeln unserer heutigen Kunstgärtnerei gehört nun
unstreitig auch die Gruppe der panachierten Blattpflanzen. In der
Landschaftsgärtnerei müssen dieselben jedoch sparsam und mit Ge-
schmack verwendet werden, sonst wird man ihrer leicht überdrüssig;
denn viele derselben sind keineswegs schön und als wirkliche Be-
reicherung zu betrachten. So war letzten Sommer im Park der Welt-
ausstellung zu Antwerpen ein Beet mit Büschen von Evonymus japo-
nicus zu sehen, von denen jeder neben vielen einfach grünen Blättern
auch weiss- oder gelbgefleckte aufwies, wodurch die Gesammtwirkung
auf Leute mit ausgebildeterem Schönheitssinn keineswegs so günstig
war, wie die einer gleichen Gruppe ohne solche scheckige Beimischung
entarteter Blätter.
*) »C’est surtout l’influence du froid, qui a produit les variétés nombreuses
des plantes panachées de blanc et de jaune. C’est la gelée, qui, n’étant pas assez
forte pour détrouire toute végétation des plantes sus-tropicales, change le coloris
de leur feuillage et même de leurs tiges; c’est donc la gelée, qui couvre les
feuilles de flocons d’une neige perpétuelle — qui produit des plantes panachées.«
Sur l’état de l’horticulture au Japon. pg. 2. Leide 1863.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/341>, abgerufen am 22.11.2024.
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