koku war hiernach derjenige Feudalherr, dessen Herrschaft auf einen Gesammtertrag von 10000 koku Reis eingeschätzt worden war, mochte auch ein ansehnlicher Theil dieser Menge nur das Aequivalent für andere Feldfrüchte sein. Den festgesetzten hohen Procentsatz ( 1/3 , 1/2 oder mehr) von dieser Menge mussten ihm die Bauern nach der Ernte abliefern, der Rest verblieb ihnen. Diese Reissteuer aber wanderte in das Magazin, aus dem nicht blos der Daimio und seine Familie, sondern auch der Shogun, die Samurai und Priester ihre genau be- stimmten Bezüge erhielten. 10000 koku war übrigens der Ertrag der kleinsten Daimioherrschaften, während z. B. die grösste, Kaga, mit dem ausgedehntesten Besitz (nächst dem des Shogun) auf 1027000 koku geschätzt wurde.
Eine der ersten Sorgen der neuen Regierung nach der Restaura- tion der Mikadoherrschaft war die, eine gerechtere und gleichmässi- gere Besteuerung des Grundbesitzes herbeizuführen und für die Ab- gaben in Natur solche in Geld zu substituieren. Es geschah dies im Jahre 1872 durch eine Proclamation, von der sich die Urheber den besten Erfolg versprachen, die aber auf den Bauernstand die ent- gegengesetzte Wirkung übte, allgemeine Unzufriedenheit, passiven Widerstand gegen die grosse Neuerung und in den beiden folgenden Jahren in einzelnen Provinzen sogar offene Empörungen hervorrief. Letztere wurden allerdings bald unterdrückt, auch legte sich die grosse Abneigung gegen die Neuerungen allmählich bei den Besonneneren wieder. Immerhin ist die Frage nach der Ursache dieses Benehmens bei einer sonst so unterwürfigen und folgsamen Bevölkerungsklasse nicht ohne Interesse. Die richtige Antwort darauf gab im Jahre 1873 Kido, einer der hervorragendsten und einsichtsvollsten Stützen und Berather des Mikado zur Zeit der Restauration, in einem Memoran- dum, worin er die Ueberstürzung mit neuen Gesetzen und Verord- nungen geisselt, indem er schreibt: "Ein weiteres Uebel ist, dass die Gesetze aufgehoben werden, ohne genügende Ueberlegung. Was gestern für recht galt, wird heute verurtheilt; noch bevor eine neue Bestimmung in Kraft tritt, folgt ihr eine andere und hebt sie theil- weise auf. Es muss natürlich dem Volke sehr schwer werden, sich in all das zu finden." Zu den neuen und durchgreifenden Gesetzen, wie die Steuerreform, die neue Rekrutirung, welche alle Klassen der Gesellschaft zum Militärdienst heranzog, während derselbe bislang als Pflicht und Vorrecht der Samurai gegolten hatte, und andere mehr, hatten sich eine Menge, zum Theil höchst lächerlicher Maassregeln in einzelnen Ken gesellt und die Köpfe vollends verwirrt. Kein Wunder darum, dass der Bauer die neue Art der Besteuerung als eine weitere
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
koku war hiernach derjenige Feudalherr, dessen Herrschaft auf einen Gesammtertrag von 10000 koku Reis eingeschätzt worden war, mochte auch ein ansehnlicher Theil dieser Menge nur das Aequivalent für andere Feldfrüchte sein. Den festgesetzten hohen Procentsatz (⅓, ½ oder mehr) von dieser Menge mussten ihm die Bauern nach der Ernte abliefern, der Rest verblieb ihnen. Diese Reissteuer aber wanderte in das Magazin, aus dem nicht blos der Daimiô und seine Familie, sondern auch der Shôgun, die Samurai und Priester ihre genau be- stimmten Bezüge erhielten. 10000 koku war übrigens der Ertrag der kleinsten Daimiôherrschaften, während z. B. die grösste, Kaga, mit dem ausgedehntesten Besitz (nächst dem des Shôgun) auf 1027000 koku geschätzt wurde.
Eine der ersten Sorgen der neuen Regierung nach der Restaura- tion der Mikadoherrschaft war die, eine gerechtere und gleichmässi- gere Besteuerung des Grundbesitzes herbeizuführen und für die Ab- gaben in Natur solche in Geld zu substituieren. Es geschah dies im Jahre 1872 durch eine Proclamation, von der sich die Urheber den besten Erfolg versprachen, die aber auf den Bauernstand die ent- gegengesetzte Wirkung übte, allgemeine Unzufriedenheit, passiven Widerstand gegen die grosse Neuerung und in den beiden folgenden Jahren in einzelnen Provinzen sogar offene Empörungen hervorrief. Letztere wurden allerdings bald unterdrückt, auch legte sich die grosse Abneigung gegen die Neuerungen allmählich bei den Besonneneren wieder. Immerhin ist die Frage nach der Ursache dieses Benehmens bei einer sonst so unterwürfigen und folgsamen Bevölkerungsklasse nicht ohne Interesse. Die richtige Antwort darauf gab im Jahre 1873 Kidô, einer der hervorragendsten und einsichtsvollsten Stützen und Berather des Mikado zur Zeit der Restauration, in einem Memoran- dum, worin er die Ueberstürzung mit neuen Gesetzen und Verord- nungen geisselt, indem er schreibt: »Ein weiteres Uebel ist, dass die Gesetze aufgehoben werden, ohne genügende Ueberlegung. Was gestern für recht galt, wird heute verurtheilt; noch bevor eine neue Bestimmung in Kraft tritt, folgt ihr eine andere und hebt sie theil- weise auf. Es muss natürlich dem Volke sehr schwer werden, sich in all das zu finden.« Zu den neuen und durchgreifenden Gesetzen, wie die Steuerreform, die neue Rekrutirung, welche alle Klassen der Gesellschaft zum Militärdienst heranzog, während derselbe bislang als Pflicht und Vorrecht der Samurai gegolten hatte, und andere mehr, hatten sich eine Menge, zum Theil höchst lächerlicher Maassregeln in einzelnen Ken gesellt und die Köpfe vollends verwirrt. Kein Wunder darum, dass der Bauer die neue Art der Besteuerung als eine weitere
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1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
koku war hiernach derjenige Feudalherr, dessen Herrschaft auf einen
Gesammtertrag von 10000 koku Reis eingeschätzt worden war, mochte
auch ein ansehnlicher Theil dieser Menge nur das Aequivalent für
andere Feldfrüchte sein. Den festgesetzten hohen Procentsatz (⅓, ½
oder mehr) von dieser Menge mussten ihm die Bauern nach der Ernte
abliefern, der Rest verblieb ihnen. Diese Reissteuer aber wanderte
in das Magazin, aus dem nicht blos der Daimiô und seine Familie,
sondern auch der Shôgun, die Samurai und Priester ihre genau be-
stimmten Bezüge erhielten. 10000 koku war übrigens der Ertrag der
kleinsten Daimiôherrschaften, während z. B. die grösste, Kaga, mit
dem ausgedehntesten Besitz (nächst dem des Shôgun) auf 1027000
koku geschätzt wurde.
Eine der ersten Sorgen der neuen Regierung nach der Restaura-
tion der Mikadoherrschaft war die, eine gerechtere und gleichmässi-
gere Besteuerung des Grundbesitzes herbeizuführen und für die Ab-
gaben in Natur solche in Geld zu substituieren. Es geschah dies im
Jahre 1872 durch eine Proclamation, von der sich die Urheber den
besten Erfolg versprachen, die aber auf den Bauernstand die ent-
gegengesetzte Wirkung übte, allgemeine Unzufriedenheit, passiven
Widerstand gegen die grosse Neuerung und in den beiden folgenden
Jahren in einzelnen Provinzen sogar offene Empörungen hervorrief.
Letztere wurden allerdings bald unterdrückt, auch legte sich die grosse
Abneigung gegen die Neuerungen allmählich bei den Besonneneren
wieder. Immerhin ist die Frage nach der Ursache dieses Benehmens
bei einer sonst so unterwürfigen und folgsamen Bevölkerungsklasse
nicht ohne Interesse. Die richtige Antwort darauf gab im Jahre 1873
Kidô, einer der hervorragendsten und einsichtsvollsten Stützen und
Berather des Mikado zur Zeit der Restauration, in einem Memoran-
dum, worin er die Ueberstürzung mit neuen Gesetzen und Verord-
nungen geisselt, indem er schreibt: »Ein weiteres Uebel ist, dass die
Gesetze aufgehoben werden, ohne genügende Ueberlegung. Was
gestern für recht galt, wird heute verurtheilt; noch bevor eine neue
Bestimmung in Kraft tritt, folgt ihr eine andere und hebt sie theil-
weise auf. Es muss natürlich dem Volke sehr schwer werden, sich
in all das zu finden.« Zu den neuen und durchgreifenden Gesetzen,
wie die Steuerreform, die neue Rekrutirung, welche alle Klassen der
Gesellschaft zum Militärdienst heranzog, während derselbe bislang als
Pflicht und Vorrecht der Samurai gegolten hatte, und andere mehr,
hatten sich eine Menge, zum Theil höchst lächerlicher Maassregeln in
einzelnen Ken gesellt und die Köpfe vollends verwirrt. Kein Wunder
darum, dass der Bauer die neue Art der Besteuerung als eine weitere
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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