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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
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5. Zone des Knieholzes,
von 2000 Meter an aufwärts, die
Region der kriechenden Ericineen
und hochalpinen Kräuter.

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5. Die Zone der Krumm-
holzkiefern
, 2400--2800 m. Hier
findet Pinus parviflora ihre Heimat
und darin kommen verkümmerte
Alnus viridis, Sorbus aucuparia,
Betula alba, Alnus firma etc. vor.

Der grosse Einfluss der Wälder auf das Klima ist wieder-
holt in Zweifel gezogen, noch öfter aber in überschwänglicher Weise
gepriesen worden. Eine kurze, sachgemässe und auf viele zuver-
lässige Beobachtungen sich stützende Darlegung der Verhältnisse von
so competenter Seite, wie die des russischen Meteorologen A. Woeikof
in Petermann's Mittheilungen*), war desshalb gewiss Vielen willkommen.
Das Resultat dieser Untersuchung bestätigt die herrschende, und
namentlich auch Seitens unserer Forstwirthe stets vertretene Ansicht,
dass Wälder in der That für ein Land von hoher klimatischer Bedeu-
tung sind. Auch nach Ansicht der hervorragendsten französischen Ge-
lehrten, welche sich mit der Frage der Wiederbewaldung der Gebirge
in Südfrankreich und Algerien eingehend befasst haben, üben Wälder
unter allen Vegetationsformen auf das Klima den grössten Einfluss
aus. Sie reinigen die Luft, kühlen sie im Sommer ab, mässigen die
Kälte im Winter, condensieren in vielen Fällen den Wasserdampf der
Atmosphäre**) und bewirken die verschiedensten Formen von Nieder-
schlägen. In ihrer Laub-, Moos- und Humusdecke saugen sie, wie
der trockne, schwammige Torf das Regen- und Schneewasser auf,***)
vermindern die Schluchtenbildung durch Erosion und beeinflussen die
Flüsse, indem sie einerseits zur Zeit heftiger Regen und der Schnee-
schmelze das rasche Ansammeln des Wassers in den Thalsohlen ver-
hindern, anderseits das aufgesogene und aufgespeicherte Wasser erst
allmählich abgeben und so mittelbar auch in trockner Zeit die Quellen
speisen. So ist der Wald also ein Wassersammler und eine uner-
schöpfliche Feuchtigkeitsquelle, durch welche der Wasserstand der
Flüsse bis zu einem gewissen Grade geregelt und erhalten wird.

Darum zeigen sich die Folgen der Waldvernichtung nicht blos im
Mangel an Brenn-, Bau- und Werkholz, sondern in noch höherem

*) P. M. 31. Bd. 1885. pg. 81--87.
**) "Jedes Moos, welches wir zerstören, bildet wie die ganze Laubdecke ein
Reservoir für das Wasser", sagt Göppert.
***) Wälder ziehen nicht die Wolken an, wie eine weit verbreitete Volksan-
sicht nach dem täuschenden Augenschein annimmt, sondern rufen sie durch Ab-
kühlung der durch und über sie hinwegziehenden Luft hervor.
I. Land- und Forstwirthschaft.
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5. Zone des Knieholzes,
von 2000 Meter an aufwärts, die
Region der kriechenden Ericineen
und hochalpinen Kräuter.

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5. Die Zone der Krumm-
holzkiefern
, 2400—2800 m. Hier
findet Pinus parviflora ihre Heimat
und darin kommen verkümmerte
Alnus viridis, Sorbus aucuparia,
Betula alba, Alnus firma etc. vor.

Der grosse Einfluss der Wälder auf das Klima ist wieder-
holt in Zweifel gezogen, noch öfter aber in überschwänglicher Weise
gepriesen worden. Eine kurze, sachgemässe und auf viele zuver-
lässige Beobachtungen sich stützende Darlegung der Verhältnisse von
so competenter Seite, wie die des russischen Meteorologen A. Woeikof
in Petermann’s Mittheilungen*), war desshalb gewiss Vielen willkommen.
Das Resultat dieser Untersuchung bestätigt die herrschende, und
namentlich auch Seitens unserer Forstwirthe stets vertretene Ansicht,
dass Wälder in der That für ein Land von hoher klimatischer Bedeu-
tung sind. Auch nach Ansicht der hervorragendsten französischen Ge-
lehrten, welche sich mit der Frage der Wiederbewaldung der Gebirge
in Südfrankreich und Algerien eingehend befasst haben, üben Wälder
unter allen Vegetationsformen auf das Klima den grössten Einfluss
aus. Sie reinigen die Luft, kühlen sie im Sommer ab, mässigen die
Kälte im Winter, condensieren in vielen Fällen den Wasserdampf der
Atmosphäre**) und bewirken die verschiedensten Formen von Nieder-
schlägen. In ihrer Laub-, Moos- und Humusdecke saugen sie, wie
der trockne, schwammige Torf das Regen- und Schneewasser auf,***)
vermindern die Schluchtenbildung durch Erosion und beeinflussen die
Flüsse, indem sie einerseits zur Zeit heftiger Regen und der Schnee-
schmelze das rasche Ansammeln des Wassers in den Thalsohlen ver-
hindern, anderseits das aufgesogene und aufgespeicherte Wasser erst
allmählich abgeben und so mittelbar auch in trockner Zeit die Quellen
speisen. So ist der Wald also ein Wassersammler und eine uner-
schöpfliche Feuchtigkeitsquelle, durch welche der Wasserstand der
Flüsse bis zu einem gewissen Grade geregelt und erhalten wird.

Darum zeigen sich die Folgen der Waldvernichtung nicht blos im
Mangel an Brenn-, Bau- und Werkholz, sondern in noch höherem

*) P. M. 31. Bd. 1885. pg. 81—87.
**) »Jedes Moos, welches wir zerstören, bildet wie die ganze Laubdecke ein
Reservoir für das Wasser«, sagt Göppert.
***) Wälder ziehen nicht die Wolken an, wie eine weit verbreitete Volksan-
sicht nach dem täuschenden Augenschein annimmt, sondern rufen sie durch Ab-
kühlung der durch und über sie hinwegziehenden Luft hervor.
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[264/0288] I. Land- und Forstwirthschaft. 5. Zone des Knieholzes, von 2000 Meter an aufwärts, die Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter. 5. Die Zone der Krumm- holzkiefern, 2400—2800 m. Hier findet Pinus parviflora ihre Heimat und darin kommen verkümmerte Alnus viridis, Sorbus aucuparia, Betula alba, Alnus firma etc. vor. Der grosse Einfluss der Wälder auf das Klima ist wieder- holt in Zweifel gezogen, noch öfter aber in überschwänglicher Weise gepriesen worden. Eine kurze, sachgemässe und auf viele zuver- lässige Beobachtungen sich stützende Darlegung der Verhältnisse von so competenter Seite, wie die des russischen Meteorologen A. Woeikof in Petermann’s Mittheilungen *), war desshalb gewiss Vielen willkommen. Das Resultat dieser Untersuchung bestätigt die herrschende, und namentlich auch Seitens unserer Forstwirthe stets vertretene Ansicht, dass Wälder in der That für ein Land von hoher klimatischer Bedeu- tung sind. Auch nach Ansicht der hervorragendsten französischen Ge- lehrten, welche sich mit der Frage der Wiederbewaldung der Gebirge in Südfrankreich und Algerien eingehend befasst haben, üben Wälder unter allen Vegetationsformen auf das Klima den grössten Einfluss aus. Sie reinigen die Luft, kühlen sie im Sommer ab, mässigen die Kälte im Winter, condensieren in vielen Fällen den Wasserdampf der Atmosphäre **) und bewirken die verschiedensten Formen von Nieder- schlägen. In ihrer Laub-, Moos- und Humusdecke saugen sie, wie der trockne, schwammige Torf das Regen- und Schneewasser auf, ***) vermindern die Schluchtenbildung durch Erosion und beeinflussen die Flüsse, indem sie einerseits zur Zeit heftiger Regen und der Schnee- schmelze das rasche Ansammeln des Wassers in den Thalsohlen ver- hindern, anderseits das aufgesogene und aufgespeicherte Wasser erst allmählich abgeben und so mittelbar auch in trockner Zeit die Quellen speisen. So ist der Wald also ein Wassersammler und eine uner- schöpfliche Feuchtigkeitsquelle, durch welche der Wasserstand der Flüsse bis zu einem gewissen Grade geregelt und erhalten wird. Darum zeigen sich die Folgen der Waldvernichtung nicht blos im Mangel an Brenn-, Bau- und Werkholz, sondern in noch höherem *) P. M. 31. Bd. 1885. pg. 81—87. **) »Jedes Moos, welches wir zerstören, bildet wie die ganze Laubdecke ein Reservoir für das Wasser«, sagt Göppert. ***) Wälder ziehen nicht die Wolken an, wie eine weit verbreitete Volksan- sicht nach dem täuschenden Augenschein annimmt, sondern rufen sie durch Ab- kühlung der durch und über sie hinwegziehenden Luft hervor.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/288>, abgerufen am 22.11.2024.