lich von den kurzen Macerationsprocessen, durch welche man ander- wärts aus andern Gewächsen Indigo gewinnt. Es ist eine Art Gäh- rungsprocess, welcher mit viel Aufmerksamkeit und Geschick geleitet werden muss. Dabei werden die Blätter mit einer bestimmten Menge Wasser benetzt und gemengt, dann ausgebreitet und 3--5 Tage lang mit Matten bedeckt sich selbst überlassen. Hierauf wiederholt man dies Verfahren im Ganzen 9--20 mal, bringt die Blätter schliesslich in einen hölzernen Mörser, in welchem man sie während zweier Tage in eine teigige Masse von dunkelblauer Farbe verarbeitet. Man macht daraus Ballen von der Dicke der Billardkugeln und darüber und bringt sie so in den Binnenhandel. Es ist dies Indigo mit vielerlei Verun- reinigungen, wie er allgemein zum Blaufärben dient. Ruri-kon, ein nach violett oder braun neigendes dunkles Indigobraun, wird aus Ai unter Zusatz von Aku, der Asche aus Indigoabfällen, und Kalk bereitet. Vor 10 Jahren wurden mit Unterstützung der Regierung Versuche an- gestellt, um mit Hülfe von Schwefelsäure aus diesen Ai-tama (In- digokugeln) Indigoblau abzuscheiden und zur Ausfuhr zu bringen. Dieselben scheiterten aber an der Kostspieligkeit des Verfahrens. Den geschätztesten japanischen Indigo liefert die Provinz Awa auf der Insel Shikoku an der Linschotenstrasse.
Im Jahre 1776 kam der Knöterig-Indigo aus China zuerst nach England, wo ihn die Färber unter dem Namen Persicaria verwen- den lernten. Später hörte diese Einfuhr jedoch wieder auf, als eine bessere Waare zu annehmbaren Preisen von der zunehmenden Cultur der Indigofera Anil und anderer Arten aus Bengalen und Java ge- liefert wurde.
Im Jahre 1826 lenkte in Frankreich Saint-Hilaire die Aufmerk- samkeit auf den Färberknöterig. Zehn Jahre später baute man die Pflanze in grösserer Menge in den botanischen Gärten zu Montpellier und Paris und gewann so frisches Material für die zahlreichen Unter- suchungen, welche von 1838--40 folgten. Botaniker, Chemiker, Land- wirthe und Industrielle wetteiferten im Studium ihrer Eigenschaften.*) Es galt die Pflanze und ihr Produkt für die Landwirthschaft und Fär- berei zu erproben, weil man der Hoffnung lebte, dem Lande eine neue Nutzpflanze zuzuführen und durch sie den Bedarf an Indigo zu decken. Dieselbe hat sich nicht erfüllt. Von hervorragenden Gelehrten, welche sich mit dieser Indigofrage damals befassten, nenne ich: Saint Hilaire,
*) Siehe u. A. Turpin: "Etudes microscopiques sur le gisement de la matiere bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium etc. Comptes Rendus VII pg. 806 --824 (1838).
I. Land- und Forstwirthschaft.
lich von den kurzen Macerationsprocessen, durch welche man ander- wärts aus andern Gewächsen Indigo gewinnt. Es ist eine Art Gäh- rungsprocess, welcher mit viel Aufmerksamkeit und Geschick geleitet werden muss. Dabei werden die Blätter mit einer bestimmten Menge Wasser benetzt und gemengt, dann ausgebreitet und 3—5 Tage lang mit Matten bedeckt sich selbst überlassen. Hierauf wiederholt man dies Verfahren im Ganzen 9—20 mal, bringt die Blätter schliesslich in einen hölzernen Mörser, in welchem man sie während zweier Tage in eine teigige Masse von dunkelblauer Farbe verarbeitet. Man macht daraus Ballen von der Dicke der Billardkugeln und darüber und bringt sie so in den Binnenhandel. Es ist dies Indigo mit vielerlei Verun- reinigungen, wie er allgemein zum Blaufärben dient. Ruri-kon, ein nach violett oder braun neigendes dunkles Indigobraun, wird aus Ai unter Zusatz von Aku, der Asche aus Indigoabfällen, und Kalk bereitet. Vor 10 Jahren wurden mit Unterstützung der Regierung Versuche an- gestellt, um mit Hülfe von Schwefelsäure aus diesen Ai-tama (In- digokugeln) Indigoblau abzuscheiden und zur Ausfuhr zu bringen. Dieselben scheiterten aber an der Kostspieligkeit des Verfahrens. Den geschätztesten japanischen Indigo liefert die Provinz Awa auf der Insel Shikoku an der Linschotenstrasse.
Im Jahre 1776 kam der Knöterig-Indigo aus China zuerst nach England, wo ihn die Färber unter dem Namen Persicaria verwen- den lernten. Später hörte diese Einfuhr jedoch wieder auf, als eine bessere Waare zu annehmbaren Preisen von der zunehmenden Cultur der Indigofera Anil und anderer Arten aus Bengalen und Java ge- liefert wurde.
Im Jahre 1826 lenkte in Frankreich Saint-Hilaire die Aufmerk- samkeit auf den Färberknöterig. Zehn Jahre später baute man die Pflanze in grösserer Menge in den botanischen Gärten zu Montpellier und Paris und gewann so frisches Material für die zahlreichen Unter- suchungen, welche von 1838—40 folgten. Botaniker, Chemiker, Land- wirthe und Industrielle wetteiferten im Studium ihrer Eigenschaften.*) Es galt die Pflanze und ihr Produkt für die Landwirthschaft und Fär- berei zu erproben, weil man der Hoffnung lebte, dem Lande eine neue Nutzpflanze zuzuführen und durch sie den Bedarf an Indigo zu decken. Dieselbe hat sich nicht erfüllt. Von hervorragenden Gelehrten, welche sich mit dieser Indigofrage damals befassten, nenne ich: Saint Hilaire,
*) Siehe u. A. Turpin: »Etudes microscopiques sur le gisement de la matière bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium etc. Comptes Rendus VII pg. 806 —824 (1838).
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I. Land- und Forstwirthschaft.
lich von den kurzen Macerationsprocessen, durch welche man ander-
wärts aus andern Gewächsen Indigo gewinnt. Es ist eine Art Gäh-
rungsprocess, welcher mit viel Aufmerksamkeit und Geschick geleitet
werden muss. Dabei werden die Blätter mit einer bestimmten Menge
Wasser benetzt und gemengt, dann ausgebreitet und 3—5 Tage lang
mit Matten bedeckt sich selbst überlassen. Hierauf wiederholt man
dies Verfahren im Ganzen 9—20 mal, bringt die Blätter schliesslich
in einen hölzernen Mörser, in welchem man sie während zweier Tage
in eine teigige Masse von dunkelblauer Farbe verarbeitet. Man macht
daraus Ballen von der Dicke der Billardkugeln und darüber und bringt
sie so in den Binnenhandel. Es ist dies Indigo mit vielerlei Verun-
reinigungen, wie er allgemein zum Blaufärben dient. Ruri-kon, ein
nach violett oder braun neigendes dunkles Indigobraun, wird aus Ai unter
Zusatz von Aku, der Asche aus Indigoabfällen, und Kalk bereitet.
Vor 10 Jahren wurden mit Unterstützung der Regierung Versuche an-
gestellt, um mit Hülfe von Schwefelsäure aus diesen Ai-tama (In-
digokugeln) Indigoblau abzuscheiden und zur Ausfuhr zu bringen.
Dieselben scheiterten aber an der Kostspieligkeit des Verfahrens. Den
geschätztesten japanischen Indigo liefert die Provinz Awa auf der Insel
Shikoku an der Linschotenstrasse.
Im Jahre 1776 kam der Knöterig-Indigo aus China zuerst nach
England, wo ihn die Färber unter dem Namen Persicaria verwen-
den lernten. Später hörte diese Einfuhr jedoch wieder auf, als eine
bessere Waare zu annehmbaren Preisen von der zunehmenden Cultur
der Indigofera Anil und anderer Arten aus Bengalen und Java ge-
liefert wurde.
Im Jahre 1826 lenkte in Frankreich Saint-Hilaire die Aufmerk-
samkeit auf den Färberknöterig. Zehn Jahre später baute man die
Pflanze in grösserer Menge in den botanischen Gärten zu Montpellier
und Paris und gewann so frisches Material für die zahlreichen Unter-
suchungen, welche von 1838—40 folgten. Botaniker, Chemiker, Land-
wirthe und Industrielle wetteiferten im Studium ihrer Eigenschaften. *)
Es galt die Pflanze und ihr Produkt für die Landwirthschaft und Fär-
berei zu erproben, weil man der Hoffnung lebte, dem Lande eine neue
Nutzpflanze zuzuführen und durch sie den Bedarf an Indigo zu decken.
Dieselbe hat sich nicht erfüllt. Von hervorragenden Gelehrten, welche
sich mit dieser Indigofrage damals befassten, nenne ich: Saint Hilaire,
*) Siehe u. A. Turpin: »Etudes microscopiques sur le gisement de la matière
bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium etc. Comptes Rendus VII pg. 806
—824 (1838).
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/228>, abgerufen am 22.07.2024.
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