Schiffen der Nanbanleute gebracht und bei Nagasaki gesät. Die Be- wohner der Hauptstadt (Kioto) wetteifern mit einander im Rauchen und die Sitte verbreitet sich rasch über das Land." *) Wir dürfen an- nehmen, dass in Bungo, dieser Hauptstütze der Portugiesen von An- fang an, und in Satsuma, das noch heutzutage in ganz Japan seines Tabaks wegen hohen Ruf hat und ebenfalls schon von Pinto, wie von Xavier besucht worden war, der neue Artikel bekannt war, bevor er nach Nagasaki gelangte. Auch scheint es kaum einem Zweifel zu unter- liegen, dass das Rauchen zu den Koreanern und benachbarten Man- dschu von Japan aus kam, und zwar zur Zeit des Hideyoshi durch die Expedition und Nachschübe aus Kiushiu zwischen den Jahren 1592 und 1597. Dagegen wurde das eigentliche China von Luzon aus mit dem Tabak beglückt, wie dies von mehreren Seiten, so namentlich von Satow nachgewiesen werden konnte.
In China, wie in Japan verbreitete sich das Rauchen unter allen Bevölkerungsklassen und beiden Geschlechtern mit unglaublicher Schnel- ligkeit. Vergeblich, wie das Bemühen Pabst Urban VII und James I in Europa, dem Rauchen zu steuern, waren auch die Verordnungen ihrer mächtigen Zeitgenossen aus der Mingdynastie in China und des Iyeyasu in Japan gegen diese neue Macht, ja von allen Gesetzen des Begründers der Tokugawa-Herrschaft ist wohl keins so wirkungs- los geblieben, als das Verbot vom Jahre 1612 gegen das Rauchen und Pflanzen des Tabaks. --
Kiseru, die japanische Pfeife, mit ihrer blanken Metallspitze und dem zierlichen Köpfchen am andern Ende, aus Messing oder Silber -- das Rohrstück ist von einem dünnen Bambus --, ist ein ganz anderer Apparat und erfordert auch eine andere Behandlung, wie unsere Rauch- werkzeuge. Der kleine Ballen feingeschnittenen Tabaks, womit ihr Besitzer das Köpfchen, welches an Gestalt und Grösse sich mit der Kapsel einer grösseren Eichel vergleichen lässt, füllt, reicht nur für 2--3 Züge; dann muss der Kopf am Rande des Aschenbechers aus- geklopft und neu gestopft werden. Zierlich, wie das Pfeifchen, und nicht selten kunstvoll mit Lack- oder Silberarbeit geschmückt, wie nachstehende Abbildung es zeigt, ist auch das Futteral und der Ta- baksbeutel aus gepresstem Lederpapier. Beide werden mittelst eines Nedzuke (Näheres hierüber beim Kunstgewerbe), einer Art ge- schnitzten Knopfes, am Gürteltuch aufgehängt. Die Beschaffenheit eines solchen Pfeifchens, das nebst Tabak ein Jeder mit sich führt,
*) Es sei hier ausdrücklich bemerkt, dass andere narkotische Genussmittel, wie Opium- oder Hanfrauchen und Betelkauen unbekannt sind.
3. Handelsgewächse.
Schiffen der Nanbanleute gebracht und bei Nagasáki gesät. Die Be- wohner der Hauptstadt (Kiôto) wetteifern mit einander im Rauchen und die Sitte verbreitet sich rasch über das Land.« *) Wir dürfen an- nehmen, dass in Bungo, dieser Hauptstütze der Portugiesen von An- fang an, und in Satsuma, das noch heutzutage in ganz Japan seines Tabaks wegen hohen Ruf hat und ebenfalls schon von Pinto, wie von Xavier besucht worden war, der neue Artikel bekannt war, bevor er nach Nagasáki gelangte. Auch scheint es kaum einem Zweifel zu unter- liegen, dass das Rauchen zu den Koreanern und benachbarten Man- dschu von Japan aus kam, und zwar zur Zeit des Hideyoshi durch die Expedition und Nachschübe aus Kiushiu zwischen den Jahren 1592 und 1597. Dagegen wurde das eigentliche China von Luzon aus mit dem Tabak beglückt, wie dies von mehreren Seiten, so namentlich von Satow nachgewiesen werden konnte.
In China, wie in Japan verbreitete sich das Rauchen unter allen Bevölkerungsklassen und beiden Geschlechtern mit unglaublicher Schnel- ligkeit. Vergeblich, wie das Bemühen Pabst Urban VII und James I in Europa, dem Rauchen zu steuern, waren auch die Verordnungen ihrer mächtigen Zeitgenossen aus der Mingdynastie in China und des Iyeyasu in Japan gegen diese neue Macht, ja von allen Gesetzen des Begründers der Tokugawa-Herrschaft ist wohl keins so wirkungs- los geblieben, als das Verbot vom Jahre 1612 gegen das Rauchen und Pflanzen des Tabaks. —
Kiseru, die japanische Pfeife, mit ihrer blanken Metallspitze und dem zierlichen Köpfchen am andern Ende, aus Messing oder Silber — das Rohrstück ist von einem dünnen Bambus —, ist ein ganz anderer Apparat und erfordert auch eine andere Behandlung, wie unsere Rauch- werkzeuge. Der kleine Ballen feingeschnittenen Tabaks, womit ihr Besitzer das Köpfchen, welches an Gestalt und Grösse sich mit der Kapsel einer grösseren Eichel vergleichen lässt, füllt, reicht nur für 2—3 Züge; dann muss der Kopf am Rande des Aschenbechers aus- geklopft und neu gestopft werden. Zierlich, wie das Pfeifchen, und nicht selten kunstvoll mit Lack- oder Silberarbeit geschmückt, wie nachstehende Abbildung es zeigt, ist auch das Futteral und der Ta- baksbeutel aus gepresstem Lederpapier. Beide werden mittelst eines Nedzuke (Näheres hierüber beim Kunstgewerbe), einer Art ge- schnitzten Knopfes, am Gürteltuch aufgehängt. Die Beschaffenheit eines solchen Pfeifchens, das nebst Tabak ein Jeder mit sich führt,
*) Es sei hier ausdrücklich bemerkt, dass andere narkotische Genussmittel, wie Opium- oder Hanfrauchen und Betelkauen unbekannt sind.
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3. Handelsgewächse.
Schiffen der Nanbanleute gebracht und bei Nagasáki gesät. Die Be-
wohner der Hauptstadt (Kiôto) wetteifern mit einander im Rauchen
und die Sitte verbreitet sich rasch über das Land.« *) Wir dürfen an-
nehmen, dass in Bungo, dieser Hauptstütze der Portugiesen von An-
fang an, und in Satsuma, das noch heutzutage in ganz Japan seines
Tabaks wegen hohen Ruf hat und ebenfalls schon von Pinto, wie von
Xavier besucht worden war, der neue Artikel bekannt war, bevor er
nach Nagasáki gelangte. Auch scheint es kaum einem Zweifel zu unter-
liegen, dass das Rauchen zu den Koreanern und benachbarten Man-
dschu von Japan aus kam, und zwar zur Zeit des Hideyoshi durch die
Expedition und Nachschübe aus Kiushiu zwischen den Jahren 1592 und
1597. Dagegen wurde das eigentliche China von Luzon aus mit dem
Tabak beglückt, wie dies von mehreren Seiten, so namentlich von
Satow nachgewiesen werden konnte.
In China, wie in Japan verbreitete sich das Rauchen unter allen
Bevölkerungsklassen und beiden Geschlechtern mit unglaublicher Schnel-
ligkeit. Vergeblich, wie das Bemühen Pabst Urban VII und James I
in Europa, dem Rauchen zu steuern, waren auch die Verordnungen
ihrer mächtigen Zeitgenossen aus der Mingdynastie in China und des
Iyeyasu in Japan gegen diese neue Macht, ja von allen Gesetzen
des Begründers der Tokugawa-Herrschaft ist wohl keins so wirkungs-
los geblieben, als das Verbot vom Jahre 1612 gegen das Rauchen und
Pflanzen des Tabaks. —
Kiseru, die japanische Pfeife, mit ihrer blanken Metallspitze und
dem zierlichen Köpfchen am andern Ende, aus Messing oder Silber —
das Rohrstück ist von einem dünnen Bambus —, ist ein ganz anderer
Apparat und erfordert auch eine andere Behandlung, wie unsere Rauch-
werkzeuge. Der kleine Ballen feingeschnittenen Tabaks, womit ihr
Besitzer das Köpfchen, welches an Gestalt und Grösse sich mit der
Kapsel einer grösseren Eichel vergleichen lässt, füllt, reicht nur für
2—3 Züge; dann muss der Kopf am Rande des Aschenbechers aus-
geklopft und neu gestopft werden. Zierlich, wie das Pfeifchen, und
nicht selten kunstvoll mit Lack- oder Silberarbeit geschmückt, wie
nachstehende Abbildung es zeigt, ist auch das Futteral und der Ta-
baksbeutel aus gepresstem Lederpapier. Beide werden mittelst eines
Nedzuke (Näheres hierüber beim Kunstgewerbe), einer Art ge-
schnitzten Knopfes, am Gürteltuch aufgehängt. Die Beschaffenheit
eines solchen Pfeifchens, das nebst Tabak ein Jeder mit sich führt,
*) Es sei hier ausdrücklich bemerkt, dass andere narkotische Genussmittel,
wie Opium- oder Hanfrauchen und Betelkauen unbekannt sind.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/177>, abgerufen am 24.11.2024.
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