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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.

8) Tofu, engl. Bean-curd, deutsch und franz. weniger passend
Bohnenkäse und Fromage de Pois*) genannt, ist ein in Japan und
China aus gelben Sojabohnen dargestelltes, werthvolles Nahrungs-
mittel, das aus frischem geronnenen Legumin besteht, so dass die
englische Bezeichnung zutreffender ist, als die unsrige. Folgendes ist
die einfache Bereitungsweise desselben:

Die gelben Sojabohnen werden während 12--24 Stunden in kaltem
Wasser, oder eine kürzere Zeit hindurch in warmem zum Aufquellen
gebracht und dann zwischen den Steinen einer Handmühle unter Zu-
fügung von Wasser, das zur Maceration diente, zu einem dünnen
Brei zerrieben, bei welchem die Wassermenge etwa zehnmal die der
Bohnen übersteigt. Hierauf filtriert oder presst man das Ganze durch
ein feines Sieb und bringt den Rückstand zum zweiten Mal in die
Mühle. 10 Volumina dieses Filtrats fügt man nun zu 3 Vol. heissen
Wassers in einem Kessel, der dadurch etwa zur Hälfte voll wird,
und erhitzt bis zum Kochen. Nach dem Erkalten filtriert man durch
einen Sack aus Baumwollzeug und schliesst durch Drücken unter der
Hebelpresse.

Wie bei unsern Suppen aus Hülsenfrüchten, befindet sich nun das
Legumin gelöst im Filtrat. Zu seiner Coagulierung und Abscheidung
wird demselben Shio-no-nigari (Salzbitter), d. h. die vornehmlich aus
Chlormagnesium bestehende Mutterlauge von der Seesalzgewinnung zu-
gesetzt und dabei beachtet, dass der Niederschlag sich allmählich und
ruhig absetzt. (In China setzt man nach den Angaben von St. Ju-
lien noch gebrannten Gips zu.) Hat sich die Flüssigkeit geklärt, so
wird sie behutsam abgeschöpft, darauf der Niederschlag in viereckige
Holzformen mit durchlöcherten, beweglichen Wänden gebracht, die mit
einem Tuche ausgelegt sind. Dasselbe faltet man über dem Tofu zu-
sammen, legt dann ein Brett darüber und presst durch mässige Be-
lastung mit Steinen den Tofu aus. Endlich schneidet man durch
breite Messer aus Messingblech die weiche, grauweisse Masse in Tafeln
und bewahrt dieselben unter Wasser auf. Im Sommer kann dies nur
für sehr kurze Zeit geschehen. Eine längere Conservierung wird
durch Einlegen in Shoyau, Einsalzen und andere Mittel erzielt.

Kori-tofu, gefrorener oder Eis-Tofu ist der schwammige, hornige
Rückstand, welcher bleibt, wenn man gewöhnlichen Tofu gefrieren
lässt und dann an der Sonne aufthaut und trocknet, wodurch der
Wassergehalt grösstentheils schwindet. Unter Yuba versteht man

*) Siehe Ritter: Mittheil. der deutsch. Ges. Ostasiens. 5. Heft pag. 4, und St.
Julien
, Industries de l'Empire Chinois. Paris 1869.
I. Land- und Forstwirthschaft.

8) Tôfu, engl. Bean-curd, deutsch und franz. weniger passend
Bohnenkäse und Fromage de Pois*) genannt, ist ein in Japan und
China aus gelben Sojabohnen dargestelltes, werthvolles Nahrungs-
mittel, das aus frischem geronnenen Legumin besteht, so dass die
englische Bezeichnung zutreffender ist, als die unsrige. Folgendes ist
die einfache Bereitungsweise desselben:

Die gelben Sojabohnen werden während 12—24 Stunden in kaltem
Wasser, oder eine kürzere Zeit hindurch in warmem zum Aufquellen
gebracht und dann zwischen den Steinen einer Handmühle unter Zu-
fügung von Wasser, das zur Maceration diente, zu einem dünnen
Brei zerrieben, bei welchem die Wassermenge etwa zehnmal die der
Bohnen übersteigt. Hierauf filtriert oder presst man das Ganze durch
ein feines Sieb und bringt den Rückstand zum zweiten Mal in die
Mühle. 10 Volumina dieses Filtrats fügt man nun zu 3 Vol. heissen
Wassers in einem Kessel, der dadurch etwa zur Hälfte voll wird,
und erhitzt bis zum Kochen. Nach dem Erkalten filtriert man durch
einen Sack aus Baumwollzeug und schliesst durch Drücken unter der
Hebelpresse.

Wie bei unsern Suppen aus Hülsenfrüchten, befindet sich nun das
Legumin gelöst im Filtrat. Zu seiner Coagulierung und Abscheidung
wird demselben Shio-no-nigari (Salzbitter), d. h. die vornehmlich aus
Chlormagnesium bestehende Mutterlauge von der Seesalzgewinnung zu-
gesetzt und dabei beachtet, dass der Niederschlag sich allmählich und
ruhig absetzt. (In China setzt man nach den Angaben von St. Ju-
lien noch gebrannten Gips zu.) Hat sich die Flüssigkeit geklärt, so
wird sie behutsam abgeschöpft, darauf der Niederschlag in viereckige
Holzformen mit durchlöcherten, beweglichen Wänden gebracht, die mit
einem Tuche ausgelegt sind. Dasselbe faltet man über dem Tôfu zu-
sammen, legt dann ein Brett darüber und presst durch mässige Be-
lastung mit Steinen den Tôfu aus. Endlich schneidet man durch
breite Messer aus Messingblech die weiche, grauweisse Masse in Tafeln
und bewahrt dieselben unter Wasser auf. Im Sommer kann dies nur
für sehr kurze Zeit geschehen. Eine längere Conservierung wird
durch Einlegen in Shôyû, Einsalzen und andere Mittel erzielt.

Kori-tôfu, gefrorener oder Eis-Tôfu ist der schwammige, hornige
Rückstand, welcher bleibt, wenn man gewöhnlichen Tôfu gefrieren
lässt und dann an der Sonne aufthaut und trocknet, wodurch der
Wassergehalt grösstentheils schwindet. Unter Yuba versteht man

*) Siehe Ritter: Mittheil. der deutsch. Ges. Ostasiens. 5. Heft pag. 4, und St.
Julien
, Industries de l’Empire Chinois. Paris 1869.
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[126/0146] I. Land- und Forstwirthschaft. 8) Tôfu, engl. Bean-curd, deutsch und franz. weniger passend Bohnenkäse und Fromage de Pois *) genannt, ist ein in Japan und China aus gelben Sojabohnen dargestelltes, werthvolles Nahrungs- mittel, das aus frischem geronnenen Legumin besteht, so dass die englische Bezeichnung zutreffender ist, als die unsrige. Folgendes ist die einfache Bereitungsweise desselben: Die gelben Sojabohnen werden während 12—24 Stunden in kaltem Wasser, oder eine kürzere Zeit hindurch in warmem zum Aufquellen gebracht und dann zwischen den Steinen einer Handmühle unter Zu- fügung von Wasser, das zur Maceration diente, zu einem dünnen Brei zerrieben, bei welchem die Wassermenge etwa zehnmal die der Bohnen übersteigt. Hierauf filtriert oder presst man das Ganze durch ein feines Sieb und bringt den Rückstand zum zweiten Mal in die Mühle. 10 Volumina dieses Filtrats fügt man nun zu 3 Vol. heissen Wassers in einem Kessel, der dadurch etwa zur Hälfte voll wird, und erhitzt bis zum Kochen. Nach dem Erkalten filtriert man durch einen Sack aus Baumwollzeug und schliesst durch Drücken unter der Hebelpresse. Wie bei unsern Suppen aus Hülsenfrüchten, befindet sich nun das Legumin gelöst im Filtrat. Zu seiner Coagulierung und Abscheidung wird demselben Shio-no-nigari (Salzbitter), d. h. die vornehmlich aus Chlormagnesium bestehende Mutterlauge von der Seesalzgewinnung zu- gesetzt und dabei beachtet, dass der Niederschlag sich allmählich und ruhig absetzt. (In China setzt man nach den Angaben von St. Ju- lien noch gebrannten Gips zu.) Hat sich die Flüssigkeit geklärt, so wird sie behutsam abgeschöpft, darauf der Niederschlag in viereckige Holzformen mit durchlöcherten, beweglichen Wänden gebracht, die mit einem Tuche ausgelegt sind. Dasselbe faltet man über dem Tôfu zu- sammen, legt dann ein Brett darüber und presst durch mässige Be- lastung mit Steinen den Tôfu aus. Endlich schneidet man durch breite Messer aus Messingblech die weiche, grauweisse Masse in Tafeln und bewahrt dieselben unter Wasser auf. Im Sommer kann dies nur für sehr kurze Zeit geschehen. Eine längere Conservierung wird durch Einlegen in Shôyû, Einsalzen und andere Mittel erzielt. Kori-tôfu, gefrorener oder Eis-Tôfu ist der schwammige, hornige Rückstand, welcher bleibt, wenn man gewöhnlichen Tôfu gefrieren lässt und dann an der Sonne aufthaut und trocknet, wodurch der Wassergehalt grösstentheils schwindet. Unter Yuba versteht man *) Siehe Ritter: Mittheil. der deutsch. Ges. Ostasiens. 5. Heft pag. 4, und St. Julien, Industries de l’Empire Chinois. Paris 1869.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/146>, abgerufen am 22.11.2024.