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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Quantum Salz und Wasser hinzu und erhält durch innige Vermengung
einen Brei, welcher in grosse offene Bottiche übergeführt wird, die
an die Maischbütten der Bierbrauer erinnern. Nach Hoffmann*) kann
ein jeder derselben 20--30 000 Liter fassen; ich fand sie in Kioto
wesentlich kleiner, etwa 2 m tief und 1,2 bis 1,6 m weit.

In diesen Kufen wird nun der anfangs dicke Brei den Winter
über täglich einmal mehrere Minuten lang gründlich durch- und um-
gerührt. In der heissen Jahreszeit, wo die Fermentation rascher ver-
läuft und die festen Theile sich mehr an der Oberfläche sammeln, ist
ein zwei- bis viermaliges Umrühren täglich geboten. Der Arbeiter
bewirkt dasselbe mit einer Art hölzerner Schaufel an langem Stiele
und steht dabei auf dem Rand der Bütte.

Eine landläufige Redensart sagt, Shoyau werde um so besser, je
mehr Ratten in den Bütten ihren Tod fänden, und drückt, wenn sie
auch nicht wörtlich zu nehmen ist, doch immerhin die lange Zeit aus,
welche man zur Shoyaufabrikation braucht. In der That schwankt dieser
Zeitraum, der in der Regel im Herbst nach der Ernte der Sojabohnen
beginnt, zwischen 20 Monaten und 5 Jahren. Bei diesem langsamen
und eigenartigen Gährungsprocess wird ein ansehnlicher Theil der
Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt, daneben aber auch Milch-
und Essigsäure gebildet. Der anfangs dicke Brei wird im Laufe des-
selben immer dünner und flüssiger, zugleich geht seine graue Farbe
allmählich in eine trübbraune und schliesslich in eine rein dunkel-
braune über. Die letztere Farbe und das angenehme Aroma ent-
wickeln sich gleichzeitig mit einem bitteren Geschmack vornehmlich
zwischen dem dritten und fünften Jahr. Die nach Aussehen, Geruch
und Geschmack am meisten geschätzte Shoyau wird nur durch Mischung
gleicher Quantitäten des dreijährigen und des fünfjährigen Produkts
erhalten. Man trägt das Gemisch in grobe, starke, dichtgewobene
baumwollene oder hanfleinene Beutel, die man durch Eintauchen in
Shibu (siehe dieses) noch dichter gemacht hat. Diese 60--70 cm
langen und 18 cm breiten Beutel werden schlaff gefüllt und dann in
einen grossen viereckigen Kasten schicht- und kreuzweise neben und
über einander gelegt. Ist derselbe auf diese Weise gefüllt, so wird
ein schwerer Holzdeckel aufgelegt und nun diese Vorrichtung der Wir-
kung einer sehr einfachen Winkelpresse ausgesetzt, wobei man das
Ende des 4--5 m. langen Hebelarms mit Steinen beschwert. Die
ausgepresste Shoyau fliesst durch eine Oeffnung auf dem Boden des
Kastens in ein Bambusrohr und durch dieses nach einem in der Erde

*) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Heft 6.

I. Land- und Forstwirthschaft.
Quantum Salz und Wasser hinzu und erhält durch innige Vermengung
einen Brei, welcher in grosse offene Bottiche übergeführt wird, die
an die Maischbütten der Bierbrauer erinnern. Nach Hoffmann*) kann
ein jeder derselben 20—30 000 Liter fassen; ich fand sie in Kiôto
wesentlich kleiner, etwa 2 m tief und 1,2 bis 1,6 m weit.

In diesen Kufen wird nun der anfangs dicke Brei den Winter
über täglich einmal mehrere Minuten lang gründlich durch- und um-
gerührt. In der heissen Jahreszeit, wo die Fermentation rascher ver-
läuft und die festen Theile sich mehr an der Oberfläche sammeln, ist
ein zwei- bis viermaliges Umrühren täglich geboten. Der Arbeiter
bewirkt dasselbe mit einer Art hölzerner Schaufel an langem Stiele
und steht dabei auf dem Rand der Bütte.

Eine landläufige Redensart sagt, Shôyû werde um so besser, je
mehr Ratten in den Bütten ihren Tod fänden, und drückt, wenn sie
auch nicht wörtlich zu nehmen ist, doch immerhin die lange Zeit aus,
welche man zur Shôyûfabrikation braucht. In der That schwankt dieser
Zeitraum, der in der Regel im Herbst nach der Ernte der Sojabohnen
beginnt, zwischen 20 Monaten und 5 Jahren. Bei diesem langsamen
und eigenartigen Gährungsprocess wird ein ansehnlicher Theil der
Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt, daneben aber auch Milch-
und Essigsäure gebildet. Der anfangs dicke Brei wird im Laufe des-
selben immer dünner und flüssiger, zugleich geht seine graue Farbe
allmählich in eine trübbraune und schliesslich in eine rein dunkel-
braune über. Die letztere Farbe und das angenehme Aroma ent-
wickeln sich gleichzeitig mit einem bitteren Geschmack vornehmlich
zwischen dem dritten und fünften Jahr. Die nach Aussehen, Geruch
und Geschmack am meisten geschätzte Shôyû wird nur durch Mischung
gleicher Quantitäten des dreijährigen und des fünfjährigen Produkts
erhalten. Man trägt das Gemisch in grobe, starke, dichtgewobene
baumwollene oder hanfleinene Beutel, die man durch Eintauchen in
Shibu (siehe dieses) noch dichter gemacht hat. Diese 60—70 cm
langen und 18 cm breiten Beutel werden schlaff gefüllt und dann in
einen grossen viereckigen Kasten schicht- und kreuzweise neben und
über einander gelegt. Ist derselbe auf diese Weise gefüllt, so wird
ein schwerer Holzdeckel aufgelegt und nun diese Vorrichtung der Wir-
kung einer sehr einfachen Winkelpresse ausgesetzt, wobei man das
Ende des 4—5 m. langen Hebelarms mit Steinen beschwert. Die
ausgepresste Shôyû fliesst durch eine Oeffnung auf dem Boden des
Kastens in ein Bambusrohr und durch dieses nach einem in der Erde

*) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Heft 6.
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[124/0144] I. Land- und Forstwirthschaft. Quantum Salz und Wasser hinzu und erhält durch innige Vermengung einen Brei, welcher in grosse offene Bottiche übergeführt wird, die an die Maischbütten der Bierbrauer erinnern. Nach Hoffmann *) kann ein jeder derselben 20—30 000 Liter fassen; ich fand sie in Kiôto wesentlich kleiner, etwa 2 m tief und 1,2 bis 1,6 m weit. In diesen Kufen wird nun der anfangs dicke Brei den Winter über täglich einmal mehrere Minuten lang gründlich durch- und um- gerührt. In der heissen Jahreszeit, wo die Fermentation rascher ver- läuft und die festen Theile sich mehr an der Oberfläche sammeln, ist ein zwei- bis viermaliges Umrühren täglich geboten. Der Arbeiter bewirkt dasselbe mit einer Art hölzerner Schaufel an langem Stiele und steht dabei auf dem Rand der Bütte. Eine landläufige Redensart sagt, Shôyû werde um so besser, je mehr Ratten in den Bütten ihren Tod fänden, und drückt, wenn sie auch nicht wörtlich zu nehmen ist, doch immerhin die lange Zeit aus, welche man zur Shôyûfabrikation braucht. In der That schwankt dieser Zeitraum, der in der Regel im Herbst nach der Ernte der Sojabohnen beginnt, zwischen 20 Monaten und 5 Jahren. Bei diesem langsamen und eigenartigen Gährungsprocess wird ein ansehnlicher Theil der Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt, daneben aber auch Milch- und Essigsäure gebildet. Der anfangs dicke Brei wird im Laufe des- selben immer dünner und flüssiger, zugleich geht seine graue Farbe allmählich in eine trübbraune und schliesslich in eine rein dunkel- braune über. Die letztere Farbe und das angenehme Aroma ent- wickeln sich gleichzeitig mit einem bitteren Geschmack vornehmlich zwischen dem dritten und fünften Jahr. Die nach Aussehen, Geruch und Geschmack am meisten geschätzte Shôyû wird nur durch Mischung gleicher Quantitäten des dreijährigen und des fünfjährigen Produkts erhalten. Man trägt das Gemisch in grobe, starke, dichtgewobene baumwollene oder hanfleinene Beutel, die man durch Eintauchen in Shibu (siehe dieses) noch dichter gemacht hat. Diese 60—70 cm langen und 18 cm breiten Beutel werden schlaff gefüllt und dann in einen grossen viereckigen Kasten schicht- und kreuzweise neben und über einander gelegt. Ist derselbe auf diese Weise gefüllt, so wird ein schwerer Holzdeckel aufgelegt und nun diese Vorrichtung der Wir- kung einer sehr einfachen Winkelpresse ausgesetzt, wobei man das Ende des 4—5 m. langen Hebelarms mit Steinen beschwert. Die ausgepresste Shôyû fliesst durch eine Oeffnung auf dem Boden des Kastens in ein Bambusrohr und durch dieses nach einem in der Erde *) Mitth. d. deutsch. Gesellschaft Ostasiens. Heft 6.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/144>, abgerufen am 22.11.2024.