welche zwischen der im Atlantischen Waldgebiet Nordamerikas wachsen- den Kastanie, der in Japan heimischen und der im Westen der alten Welt gefundenen für zu geringwerthig, um daraus einen specifischen Unterschied abzuleiten. Wir betrachten somit C. vesca L. nur als die Culturform von C. vulgaris Lamk., welche aus dieser nicht blos in Europa und Vorderasien, sondern unabhängig davon auch in Japan hervorgegangen ist.
Was Radde über das Vorkommen der Kastanie in Kaukasien sagt, gilt auch zum Theil mit Bezug auf Japan. Der Baum sucht das Licht und meidet die heisse Ebene. Er bildet selten reine, ge- schlossene Bestände und erscheint in eingesprengten Gruppen im Jungholz und Gebüsch. In Japan bildet er namentlich an den Ab- hängen der Gebirgsthäler und in Anschluss an den höher gelegenen buntgemischten Laubwald lichte Haine und steigt bis zu mehr als 800 m Seehöhe empor. Im Juni, wenn die weissgelben Blüthen- kätzchen entwickelt sind, heben sich diese lichten Kastanienwälder überall scharf und vortheilhaft von dem übrigen Laubwald ab, wie man es ähnlich auch am Heidelberger Schloss beobachten kann. Die Kastanien werden in Japan nicht in dem Maasse als Nahrung benutzt, wie anderwärts, und fallen zum grössten Theil den Wildschweinen an- heim. Nur im nördlichen Hondo fand ich sie auch hier und da an- gebaut (einmal sogar als Alleebaum in einem Dorfe), am häufigsten in Yonezawa, wo auch diejenige Varietät sich entwickelt hat, welche wir Marronen nennen, die sich bekanntlich dadurch auszeichnet, dass jede Kapsel statt 2--3 Samen nur einen, aber dafür um so grösseren enthält.
39) Juglans regia L. (Pterocarya japonica) und
40) Juglans Sieboldiana Maxim. (J. nigra Thunb., J. mandschu- rica Miq.). Beide Arten Wallnüsse heissen in Japan Kurumi und werden vielleicht nur angebaut gefunden. Ihre Cultur ist verbreitet, doch nirgends ausgedehnt.
41) Corylus heterophylla Fisch. (C. Avellana Thunb.), jap. Ha- shibami, meist wild wachsend, doch auch cultiviert. Seltener ist C. rostrata Ait.
42) Quercus cuspidata Thunb., jap. Shii. Die kleinen Eicheln dieser sehr verbreiteten immergrünen Art werden unter dem Namen Shii-no-mi (Shii-Samen) verkauft und geröstet gegessen.
43) Pinus koraiensis S. & Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Goyo-no- matsu. Die Samen dieser wohl nur cultivierten Kiefer werden wie die der Pinien gegessen. Zu dem Zweck wurde z. B. die Ernte an Zapfen auf dem Schloss zu Morioka in Nambu öffentlich versteigert.
I. Land- und Forstwirthschaft.
welche zwischen der im Atlantischen Waldgebiet Nordamerikas wachsen- den Kastanie, der in Japan heimischen und der im Westen der alten Welt gefundenen für zu geringwerthig, um daraus einen specifischen Unterschied abzuleiten. Wir betrachten somit C. vesca L. nur als die Culturform von C. vulgaris Lamk., welche aus dieser nicht blos in Europa und Vorderasien, sondern unabhängig davon auch in Japan hervorgegangen ist.
Was Radde über das Vorkommen der Kastanie in Kaukasien sagt, gilt auch zum Theil mit Bezug auf Japan. Der Baum sucht das Licht und meidet die heisse Ebene. Er bildet selten reine, ge- schlossene Bestände und erscheint in eingesprengten Gruppen im Jungholz und Gebüsch. In Japan bildet er namentlich an den Ab- hängen der Gebirgsthäler und in Anschluss an den höher gelegenen buntgemischten Laubwald lichte Haine und steigt bis zu mehr als 800 m Seehöhe empor. Im Juni, wenn die weissgelben Blüthen- kätzchen entwickelt sind, heben sich diese lichten Kastanienwälder überall scharf und vortheilhaft von dem übrigen Laubwald ab, wie man es ähnlich auch am Heidelberger Schloss beobachten kann. Die Kastanien werden in Japan nicht in dem Maasse als Nahrung benutzt, wie anderwärts, und fallen zum grössten Theil den Wildschweinen an- heim. Nur im nördlichen Hondo fand ich sie auch hier und da an- gebaut (einmal sogar als Alleebaum in einem Dorfe), am häufigsten in Yonezawa, wo auch diejenige Varietät sich entwickelt hat, welche wir Marronen nennen, die sich bekanntlich dadurch auszeichnet, dass jede Kapsel statt 2—3 Samen nur einen, aber dafür um so grösseren enthält.
39) Juglans regia L. (Pterocarya japonica) und
40) Juglans Sieboldiana Maxim. (J. nigra Thunb., J. mandschu- rica Miq.). Beide Arten Wallnüsse heissen in Japan Kurumi und werden vielleicht nur angebaut gefunden. Ihre Cultur ist verbreitet, doch nirgends ausgedehnt.
41) Corylus heterophylla Fisch. (C. Avellana Thunb.), jap. Ha- shibami, meist wild wachsend, doch auch cultiviert. Seltener ist C. rostrata Ait.
42) Quercus cuspidata Thunb., jap. Shii. Die kleinen Eicheln dieser sehr verbreiteten immergrünen Art werden unter dem Namen Shii-no-mi (Shii-Samen) verkauft und geröstet gegessen.
43) Pinus koraiensis S. & Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Goyô-no- matsu. Die Samen dieser wohl nur cultivierten Kiefer werden wie die der Pinien gegessen. Zu dem Zweck wurde z. B. die Ernte an Zapfen auf dem Schloss zu Morioka in Nambu öffentlich versteigert.
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I. Land- und Forstwirthschaft.
welche zwischen der im Atlantischen Waldgebiet Nordamerikas wachsen-
den Kastanie, der in Japan heimischen und der im Westen der alten
Welt gefundenen für zu geringwerthig, um daraus einen specifischen
Unterschied abzuleiten. Wir betrachten somit C. vesca L. nur als die
Culturform von C. vulgaris Lamk., welche aus dieser nicht blos in
Europa und Vorderasien, sondern unabhängig davon auch in Japan
hervorgegangen ist.
Was Radde über das Vorkommen der Kastanie in Kaukasien sagt,
gilt auch zum Theil mit Bezug auf Japan. Der Baum sucht das
Licht und meidet die heisse Ebene. Er bildet selten reine, ge-
schlossene Bestände und erscheint in eingesprengten Gruppen im
Jungholz und Gebüsch. In Japan bildet er namentlich an den Ab-
hängen der Gebirgsthäler und in Anschluss an den höher gelegenen
buntgemischten Laubwald lichte Haine und steigt bis zu mehr als
800 m Seehöhe empor. Im Juni, wenn die weissgelben Blüthen-
kätzchen entwickelt sind, heben sich diese lichten Kastanienwälder
überall scharf und vortheilhaft von dem übrigen Laubwald ab, wie
man es ähnlich auch am Heidelberger Schloss beobachten kann. Die
Kastanien werden in Japan nicht in dem Maasse als Nahrung benutzt,
wie anderwärts, und fallen zum grössten Theil den Wildschweinen an-
heim. Nur im nördlichen Hondo fand ich sie auch hier und da an-
gebaut (einmal sogar als Alleebaum in einem Dorfe), am häufigsten
in Yonezawa, wo auch diejenige Varietät sich entwickelt hat, welche
wir Marronen nennen, die sich bekanntlich dadurch auszeichnet, dass
jede Kapsel statt 2—3 Samen nur einen, aber dafür um so grösseren
enthält.
39) Juglans regia L. (Pterocarya japonica) und
40) Juglans Sieboldiana Maxim. (J. nigra Thunb., J. mandschu-
rica Miq.). Beide Arten Wallnüsse heissen in Japan Kurumi und
werden vielleicht nur angebaut gefunden. Ihre Cultur ist verbreitet,
doch nirgends ausgedehnt.
41) Corylus heterophylla Fisch. (C. Avellana Thunb.), jap. Ha-
shibami, meist wild wachsend, doch auch cultiviert. Seltener ist C.
rostrata Ait.
42) Quercus cuspidata Thunb., jap. Shii. Die kleinen Eicheln
dieser sehr verbreiteten immergrünen Art werden unter dem Namen
Shii-no-mi (Shii-Samen) verkauft und geröstet gegessen.
43) Pinus koraiensis S. & Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Goyô-no-
matsu. Die Samen dieser wohl nur cultivierten Kiefer werden wie
die der Pinien gegessen. Zu dem Zweck wurde z. B. die Ernte an
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/130>, abgerufen am 24.11.2024.
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