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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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III. Topographie.
Yotsuya-mon. Von nennenswerthen Gebäuden dieses Distriktes gibt
unser Plan an: die deutsche Legation (2) und das viel grössere
Terrain der englischen Gesandtschaft (3), beide schraffiert; ferner die
beiden Shintotempel Shokonsha (4) im Kudan (5) (vergl. pag. 515),
dem höchsten Stadttheile, und Sanno (1), das Gaimusho oder aus-
wärtige Amt (7) und das Kogakurio oder Polytechnicum (8), sowie
das Hakurankai oder Museum (13).

Die drei Stadttheile Kiyo-bashi, Nihon-bashi und Kanda zeigen
schon durch ihre Häuserzahl auf verhältnissmässig beschränktem Areal
eine dichte Bevölkerung an. Im Osten der Schlossstadt, nach Süden
und Norden durch die beiden schon erwähnten, östlich auslaufenden
Canalarme, gen Osten vom Sumida-gawa begrenzt, bilden sie die
eigentliche Machi oder commerzielle Stadt, das Centrum des Verkehrs.
Von Schimbashi (Neubrücke), in der Nähe des Bahnhofs, führt die
Hauptstrasse von Tokio, Tori (Dori) genannt, 90 Fuss breit ostwärts,
tritt nach Ueberschreitung der Kiyo-bashi, d. h. Kiyotobrücke (1) ins
Gebiet von Nihon-bashi (1) und dann jenseits der gleichnamigen Brücke
in das von Kanda. Die Sonnenaufgangsbrücke (Nihon-bashi) ist das
Centrum der Residenz, deren Entfernungen von hier berechnet werden:
auf ihr enden Angesichts des Fuji-san die bedeutendsten Landstrassen.
Shimbashi-dori, der erste Theil jener grossen Verkehrsader vom Bahn-
hof aus, ist ein Boulevard von 90 Fuss Breite mit gefälligen Back-
steinhäusern zu beiden Seiten. Es ist dies die Neustadt, bis jetzt
einzig in ihrer Art in Japan, da man sonst allenthalben Holzbauten
findet. Shimbashi-dori und ein weites Revier ringsum brannte 1872
ab und wurde dann nach einem neuen Plane wieder aufgebaut. In
diesem Viertel liegt auch das Fremdenquartier Tsukiji (2) mit dem
berühmten Tempel der Shinsecte Nishi-Honguwanji, und anstossend
daran die Militärschule. Im folgenden Ku ist ausser der Nihon-
bashi (1) noch die weiter östlich gelegene Yedo-bashi (2) zu nennen,
eine Brücke, in deren Nähe der Fischmarkt abgehalten wird. Im
Stadttheile Kanda, den nach Norden der Kanda-gawa begrenzt, ein
Canal, der rechtwinkelig in den Sumida mündet, sind Kanda-bashi (1)
und das Universitätsgebäude oder Kai-sei-gakko (2) zu erwähnen.
Shiba-ku stösst südwärts an Kiyo-bashi und das Meer, dem entlang
die Eisenbahn und der Tokaido zur Vorstadt Shinagawa führen.
Neben dem Bahnhof liegt auf einer Insel das Lustschloss O-hama-
goten (4), wo der Mikado schon so oft Fremde von Distinction be-
wirthen liess. Bemerkenswerther ist der Park und Tempelgrund von
Shiba mit den Shogun-Gräbern, einer von den fünf grossen öffent-
lichen Plätzen. Hier stand der berühmteste Buddhatempel der Stadt,

III. Topographie.
Yotsuya-mon. Von nennenswerthen Gebäuden dieses Distriktes gibt
unser Plan an: die deutsche Legation (2) und das viel grössere
Terrain der englischen Gesandtschaft (3), beide schraffiert; ferner die
beiden Shintôtempel Shôkonsha (4) im Kudan (5) (vergl. pag. 515),
dem höchsten Stadttheile, und Sanno (1), das Gaimusho oder aus-
wärtige Amt (7) und das Kogakurio oder Polytechnicum (8), sowie
das Hakurankai oder Museum (13).

Die drei Stadttheile Kiyo-bashi, Nihon-bashi und Kanda zeigen
schon durch ihre Häuserzahl auf verhältnissmässig beschränktem Areal
eine dichte Bevölkerung an. Im Osten der Schlossstadt, nach Süden
und Norden durch die beiden schon erwähnten, östlich auslaufenden
Canalarme, gen Osten vom Sumida-gawa begrenzt, bilden sie die
eigentliche Machi oder commerzielle Stadt, das Centrum des Verkehrs.
Von Schimbashi (Neubrücke), in der Nähe des Bahnhofs, führt die
Hauptstrasse von Tôkio, Tori (Dori) genannt, 90 Fuss breit ostwärts,
tritt nach Ueberschreitung der Kiyo-bashi, d. h. Kiyôtobrücke (1) ins
Gebiet von Nihon-bashi (1) und dann jenseits der gleichnamigen Brücke
in das von Kanda. Die Sonnenaufgangsbrücke (Nihon-bashi) ist das
Centrum der Residenz, deren Entfernungen von hier berechnet werden:
auf ihr enden Angesichts des Fuji-san die bedeutendsten Landstrassen.
Shimbashi-dori, der erste Theil jener grossen Verkehrsader vom Bahn-
hof aus, ist ein Boulevard von 90 Fuss Breite mit gefälligen Back-
steinhäusern zu beiden Seiten. Es ist dies die Neustadt, bis jetzt
einzig in ihrer Art in Japan, da man sonst allenthalben Holzbauten
findet. Shimbashi-dori und ein weites Revier ringsum brannte 1872
ab und wurde dann nach einem neuen Plane wieder aufgebaut. In
diesem Viertel liegt auch das Fremdenquartier Tsukiji (2) mit dem
berühmten Tempel der Shinsecte Nishi-Honguwanji, und anstossend
daran die Militärschule. Im folgenden Ku ist ausser der Nihon-
bashi (1) noch die weiter östlich gelegene Yedo-bashi (2) zu nennen,
eine Brücke, in deren Nähe der Fischmarkt abgehalten wird. Im
Stadttheile Kanda, den nach Norden der Kanda-gawa begrenzt, ein
Canal, der rechtwinkelig in den Sumida mündet, sind Kanda-bashi (1)
und das Universitätsgebäude oder Kai-sei-gakkô (2) zu erwähnen.
Shiba-ku stösst südwärts an Kiyo-bashi und das Meer, dem entlang
die Eisenbahn und der Tôkaido zur Vorstadt Shinagawa führen.
Neben dem Bahnhof liegt auf einer Insel das Lustschloss O-hama-
goten (4), wo der Mikado schon so oft Fremde von Distinction be-
wirthen liess. Bemerkenswerther ist der Park und Tempelgrund von
Shiba mit den Shôgun-Gräbern, einer von den fünf grossen öffent-
lichen Plätzen. Hier stand der berühmteste Buddhatempel der Stadt,

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[552/0594] III. Topographie. Yotsuya-mon. Von nennenswerthen Gebäuden dieses Distriktes gibt unser Plan an: die deutsche Legation (2) und das viel grössere Terrain der englischen Gesandtschaft (3), beide schraffiert; ferner die beiden Shintôtempel Shôkonsha (4) im Kudan (5) (vergl. pag. 515), dem höchsten Stadttheile, und Sanno (1), das Gaimusho oder aus- wärtige Amt (7) und das Kogakurio oder Polytechnicum (8), sowie das Hakurankai oder Museum (13). Die drei Stadttheile Kiyo-bashi, Nihon-bashi und Kanda zeigen schon durch ihre Häuserzahl auf verhältnissmässig beschränktem Areal eine dichte Bevölkerung an. Im Osten der Schlossstadt, nach Süden und Norden durch die beiden schon erwähnten, östlich auslaufenden Canalarme, gen Osten vom Sumida-gawa begrenzt, bilden sie die eigentliche Machi oder commerzielle Stadt, das Centrum des Verkehrs. Von Schimbashi (Neubrücke), in der Nähe des Bahnhofs, führt die Hauptstrasse von Tôkio, Tori (Dori) genannt, 90 Fuss breit ostwärts, tritt nach Ueberschreitung der Kiyo-bashi, d. h. Kiyôtobrücke (1) ins Gebiet von Nihon-bashi (1) und dann jenseits der gleichnamigen Brücke in das von Kanda. Die Sonnenaufgangsbrücke (Nihon-bashi) ist das Centrum der Residenz, deren Entfernungen von hier berechnet werden: auf ihr enden Angesichts des Fuji-san die bedeutendsten Landstrassen. Shimbashi-dori, der erste Theil jener grossen Verkehrsader vom Bahn- hof aus, ist ein Boulevard von 90 Fuss Breite mit gefälligen Back- steinhäusern zu beiden Seiten. Es ist dies die Neustadt, bis jetzt einzig in ihrer Art in Japan, da man sonst allenthalben Holzbauten findet. Shimbashi-dori und ein weites Revier ringsum brannte 1872 ab und wurde dann nach einem neuen Plane wieder aufgebaut. In diesem Viertel liegt auch das Fremdenquartier Tsukiji (2) mit dem berühmten Tempel der Shinsecte Nishi-Honguwanji, und anstossend daran die Militärschule. Im folgenden Ku ist ausser der Nihon- bashi (1) noch die weiter östlich gelegene Yedo-bashi (2) zu nennen, eine Brücke, in deren Nähe der Fischmarkt abgehalten wird. Im Stadttheile Kanda, den nach Norden der Kanda-gawa begrenzt, ein Canal, der rechtwinkelig in den Sumida mündet, sind Kanda-bashi (1) und das Universitätsgebäude oder Kai-sei-gakkô (2) zu erwähnen. Shiba-ku stösst südwärts an Kiyo-bashi und das Meer, dem entlang die Eisenbahn und der Tôkaido zur Vorstadt Shinagawa führen. Neben dem Bahnhof liegt auf einer Insel das Lustschloss O-hama- goten (4), wo der Mikado schon so oft Fremde von Distinction be- wirthen liess. Bemerkenswerther ist der Park und Tempelgrund von Shiba mit den Shôgun-Gräbern, einer von den fünf grossen öffent- lichen Plätzen. Hier stand der berühmteste Buddhatempel der Stadt,

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/594>, abgerufen am 22.11.2024.