weisse, an den Rändern oft vergoldete, zusammenhängende und aus einem Stück geschnittene Papierstreifen, deren Bedeutung zweifelhaft ist, von denen aber angenommen wird, dass der Kami oder Geist des Gottes sich darauf niederlasse. Spiegel und Gohei an einem Stabe oder an der Wand fehlen keinem Shintotempel. Ein drittes, häufiges Symbol, welches Reinheit, Tiefe und Macht der Kami vorstellen soll, ist ein Edelstein, oder gewöhnlich eine Kugel aus Bergkrystall*). Gewöhnlich sieht man seitwärts von diesen Dingen und etwas tiefer auch zwei Vasen mit beblätterten Zweigen des immergrünen Sakaki (Cleyera japonica Thunbg.), welches hier das Illicium religiosum der Buddhatempel vertritt und aus dessen Holz auch der Stab für das Gohei, sowie die Essstäbchen für die Speisopfer ursprünglich und ausschliesslich verfertigt wurden.
[Abbildung]
DER SHINTOTEMPEL SHOKONSHA ZU KUDAN IN TOKIO.
Der einfache, reine Shintotempel ist einschliesslich des Torii aus dem weissen Holze des Hinoki (Chamaecyparis obtusa S. und Z.) gebaut und mit der Rinde dieses Baumes überdacht, so auch das Schloss des Mikado in Kioto, als eines auf Erden wandelnden Kami und Vermittlers zwischen dem japanischen Volke und den Göttern. Hinoki und Sakaki sind die dem Kamidienste besonders geheiligten Gewächse. Kein Lack, kein Metallzierrath ist in der reinen Miya
*) Spiegel, Edelstein und Schwert, wozu später noch das Brocat-Banner kam, gelten auch als Insignien der kaiserlichen Macht.
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6. Religiöse Zustände.
weisse, an den Rändern oft vergoldete, zusammenhängende und aus einem Stück geschnittene Papierstreifen, deren Bedeutung zweifelhaft ist, von denen aber angenommen wird, dass der Kami oder Geist des Gottes sich darauf niederlasse. Spiegel und Gôhei an einem Stabe oder an der Wand fehlen keinem Shintôtempel. Ein drittes, häufiges Symbol, welches Reinheit, Tiefe und Macht der Kami vorstellen soll, ist ein Edelstein, oder gewöhnlich eine Kugel aus Bergkrystall*). Gewöhnlich sieht man seitwärts von diesen Dingen und etwas tiefer auch zwei Vasen mit beblätterten Zweigen des immergrünen Sakaki (Cleyera japonica Thunbg.), welches hier das Illicium religiosum der Buddhatempel vertritt und aus dessen Holz auch der Stab für das Gôhei, sowie die Essstäbchen für die Speisopfer ursprünglich und ausschliesslich verfertigt wurden.
[Abbildung]
DER SHINTÔTEMPEL SHOKONSHA ZU KUDAN IN TÔKIO.
Der einfache, reine Shintôtempel ist einschliesslich des Torii aus dem weissen Holze des Hinoki (Chamaecyparis obtusa S. und Z.) gebaut und mit der Rinde dieses Baumes überdacht, so auch das Schloss des Mikado in Kiôto, als eines auf Erden wandelnden Kami und Vermittlers zwischen dem japanischen Volke und den Göttern. Hinoki und Sakaki sind die dem Kamidienste besonders geheiligten Gewächse. Kein Lack, kein Metallzierrath ist in der reinen Miya
*) Spiegel, Edelstein und Schwert, wozu später noch das Brocat-Banner kam, gelten auch als Insignien der kaiserlichen Macht.
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6. Religiöse Zustände.
weisse, an den Rändern oft vergoldete, zusammenhängende und aus
einem Stück geschnittene Papierstreifen, deren Bedeutung zweifelhaft
ist, von denen aber angenommen wird, dass der Kami oder Geist
des Gottes sich darauf niederlasse. Spiegel und Gôhei an einem Stabe
oder an der Wand fehlen keinem Shintôtempel. Ein drittes, häufiges
Symbol, welches Reinheit, Tiefe und Macht der Kami vorstellen soll,
ist ein Edelstein, oder gewöhnlich eine Kugel aus Bergkrystall *).
Gewöhnlich sieht man seitwärts von diesen Dingen und etwas tiefer
auch zwei Vasen mit beblätterten Zweigen des immergrünen Sakaki
(Cleyera japonica Thunbg.), welches hier das Illicium religiosum der
Buddhatempel vertritt und aus dessen Holz auch der Stab für das
Gôhei, sowie die Essstäbchen für die Speisopfer ursprünglich und
ausschliesslich verfertigt wurden.
[Abbildung DER SHINTÔTEMPEL SHOKONSHA ZU KUDAN IN TÔKIO.]
Der einfache, reine Shintôtempel ist einschliesslich des Torii aus
dem weissen Holze des Hinoki (Chamaecyparis obtusa S. und Z.)
gebaut und mit der Rinde dieses Baumes überdacht, so auch das
Schloss des Mikado in Kiôto, als eines auf Erden wandelnden Kami
und Vermittlers zwischen dem japanischen Volke und den Göttern.
Hinoki und Sakaki sind die dem Kamidienste besonders geheiligten
Gewächse. Kein Lack, kein Metallzierrath ist in der reinen Miya
*) Spiegel, Edelstein und Schwert, wozu später noch das Brocat-Banner
kam, gelten auch als Insignien der kaiserlichen Macht.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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